Volker Seitz / 23.11.2018 / 16:00 / Foto: Pixabay / 9 / Seite ausdrucken

Botswana – eine afrikanische Erfolgsgeschichte

Vor ein paar Tagen war Bundespräsident Steinmeier in Botswana. Botswana gilt als das Vorzeigeland für eine nachhaltige und reformorientierte Politik in Afrika. Botswana ist eine Erfolgsstory, die sich jeder für Afrika wünscht.

Im nachhaltigen Sinne positiv fallen unter den 55 afrikanischen Nationen eher wenige auf. Doch es gibt einige Länder, die man – mit Einschränkungen – die Musterstaaten nennen könnte. Es sind Staaten, die alle ihren eigenen Weg gefunden haben, um mit den Problemen Armut und politischer wie wirtschaftlicher Instabilität umzugehen. Das Musterland Botswana ist das wohl beste Beispiel. Die sogenannte „Schweiz Afrikas“ ist nicht auf Entwicklungshilfe angewiesen. Niemand dort will das Land in Richtung Europa verlassen.

In Botswana wird mit dem Segen der Diamantenfunde verantwortungsvoll umgegangen. Als 1967 die ersten Diamanten in der Heimatregion des damaligen Präsidenten Seretse Khama entdeckt wurden, erklärte er sie sofort zu Allgemeinbesitz. Das kann man sich in anderen afrikanischen Staaten nicht vorstellen. Mit guter Regierungsführung und dem Diamantenabbau hat sich Botswana von einer armen, von der Viehzucht lebenden Gesellschaft in eine afrikanische Erfolgsgeschichte verwandelt.

Es gibt ein wirtschaftsfreundliches Investitionsklima, zudem ist die Korruption so gering wie in kaum einem anderen afrikanischen Land. Die Institutionen sind stabil – und das ist entscheidend. Die Bürokratie für Importe und Exporte wurde deutlich abgebaut, das Land bemüht sich auch um neue Infrastruktur in der verarbeitenden Industrie und im Dienstleistungssektor. Das Land ist Maßstab für wirtschaftliche Entwicklung, Wohlstand sowie politische und soziale Stabilität in Afrika. Das heißt auch vorbildliche Fiskalpolitik, Bildung und Gesundheitsversorgung. Der Staat finanziert zahlreiche Auslandsstipendien, in erster Linie nach Südafrika. Mit acht Prozent des BIP gehören die Bildungsausgaben zu den höchsten der Welt.

Ob und wie Staatswesen in Afrika funktionieren, sollte uns nicht gleichgültig sein. Dort, wo ambitionierte Politiker konsequent und zielgerichtet Mittel in Bildung, Familienplanung und wirtschaftliche Dynamik gesteckt haben, wird auch die Armut verringert.

Die älteste Demokratie des Kontinents

Botswana ist die älteste Demokratie des Kontinents. Das Land von der Größe Frankreichs spielt eine Vorreiterrolle bei gutem Regierungsmanagement. Mit guter Regierungsführung und dem Diamantenabbau hat sich Botswana von einer armen, von der Viehzucht lebenden Gesellschaft in einen prosperierenden Staat verwandelt. Durch gute Bildungschancen konnte die Geburtenrate nach unten gedrückt werden: Sie sank in den letzten Jahren auf 2,9 Kinder pro Frau. Gleichzeitig konnte die Sterblichkeitsrate bei Kindern reduziert werden.

Es gibt eine weitgehend funktionierende Infrastruktur, die allerdings in einigen Regionen noch verbessert werden muss. Seit über 30 Jahren – Ausnahme die Krisenjahre 2008/2009 – hat Botswana ein positives Wirtschaftswachstum. Es wies für das Jahr 2017 ein Pro-Kopf-Einkommen von 7.877 US-Dollar auf, und es hat keine Schulden. Einige Ratingagenturen stufen das Land in puncto Bonität auf vergleichbarem Niveau mit Slowenien und Polen ein.

Die Staatsführung investiert die hohen Einnahmen aus den Diamantenvorkommen in die Infrastruktur, besonders in die Sektoren Gesundheit und Telekommunikation, und lässt die Gelder nicht, wie andernorts in Afrika, in den Taschen der Machthaber verschwinden. Es gibt ein soziales Sicherheitsnetz. Arbeitslose erhalten Grundnahrungsmittel. Ein soziales Entwicklungsprogramm bietet beispielsweise kurzfristige Beschäftigung für Arbeitslose an. Außerdem gibt es ein Rentensystem. Die Rohstoffeinnahmen fließen in einen Staatsfonds – ähnlich dem Fonds in Norwegen. Dieses Geld soll zukünftigen Generationen erhalten bleiben, angespart für eine Zeit, wenn die Diamantenquellen einmal versiegt sein werden. Es besteht Konsens, den Fonds im Wesentlichen unangetastet zu lassen.

De Beers ist in Botswana der größte Steuerzahler

Botswana zeigt durch kluge Verträge, dass Afrika sich nicht mit der Rolle als Rohstofflieferant begnügen muss. Die enormen Einkommen aus dem Diamantenabbau fördern die langfristige ökonomische und soziale Entwicklung. Das ist in Afrika bei zahlreichen anderen rohstoffreichen Ländern nicht der Fall. 15 Prozent der Diamanten gehören heute dem Staat, der diese Steine auf eigene Rechnung verkauft. Vor zehn Jahren begnügte man sich noch mit Steuern und Lizenzeinnahmen. Seit 2013 lässt De Beers, der größte Diamantenkonzern der Welt, sein gesamtes Angebot an Rohdiamanten aus aller Welt in Gaborone – statt bisher in London – sortieren und handeln. Gut ausgebildete Fachkräfte und gute Infrastrukturen sind vorhanden. Bereits heute gibt es dort 16 Schleif- und Polierstätten. Wie im benachbarten Namibia ist De Beers in Botswana der größte Steuerzahler.

Seit einigen Jahren ist die Regierung dabei, die Wirtschaft zu diversifizieren. Neben dem Bergbau-Sektor wird das Wachstum mittlerweile auch von den Bereichen Logistik sowie Kommunikations- und Finanzdienstleistungen gestützt. Unternehmerische Tätigkeit wird finanziell gefördert. Seit längerem konzentriert sich Botswana auf den Hochpreis-Tourismus. Weltbekannt ist das Okawango-Delta, wo der gleichnamige Fluss, aus dem angolanischen Hochland kommend, spektakulär im Wüstensand versickert. Mit mehr als 20.000 Quadratkilometern ist dort inmitten der Kalahari-Wüste eines der größten und tierreichsten Feuchtgebiete der Welt entstanden. Ein weiteres wichtiges Touristenziel ist der Nationalpark Chobe im Norden, wo der weltgrößte Elefantenbestand von etwa 200.000 Tieren zu finden ist. Seit 2016 ist die Jagd in ganz Botswana untersagt. Seit 2005 sind die Touristeneinnahmen stetig gestiegen. Der Sektor beschäftigt direkt und indirekt 200.000 Menschen.

Botswana ist in vieler Hinsicht ein nachahmenswertes Beispiel dafür, wie sich Afrika aus der Misere befreien könnte. Es zeigt, dass es nicht auf die Größe eines Landes ankommt, sondern darauf, was man damit macht.

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Buches „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.

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Nico Schmidt / 23.11.2018

Sehr geehrter Herr Seitz, Botswana und Ruanda sind die einzigen Leuchttürme in Afrika. Es sei den, Sie hören DLF. Diese zwei Länder haben keine kge und das ist sehr gut so. MFG Nico Schmidt

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