Thomas Rietzschel / 22.10.2021 / 17:00 / 28 / Seite ausdrucken

Besuch der alten Dame

Merkel räumt noch einmal ab: scheinheilige Lobhudelei, wohin sie kommt auf ihrer Abschiedstour durch Europa und weiter entfernte Länder. Ob und von wem sie zu dieser Tournee aufgeforderte wurde, ist bisher nicht bekannt. Sie kommt einfach, nicht allen zur Freude. Weshalb sollten die Regierenden ihre Zeit mit einer Frau verplaudern, die schon heute, obwohl noch im Amt, de facto nichts mehr zu melden hat, nichts, worum man sich in Zukunft kümmern müsste. Der polnische Präsident Andrzej Duda hat sie denn auch gar nicht erst empfangen. Keine Zeit für Aufdringlichkeiten.  

Diejenigen, die sie dennoch vorließen, dürften ihren Spaß gehabt haben. Zum Beispiel Recep Tayyip Erdogan, der vor der „werten Freundin“ dienerte, was ja auch heißt, dass deren gelegentlichen Einsprüche gegen seine Politik ihn nie gejuckt haben oder dass der Mann genug Anstand besitzt, sich zu bedanken – für die sechs Milliarden Euro als Lohn für das Abfangen von Flüchtlingen an der EU-Außengrenze. Auf die Deutsche war immer Verlass. Dass sie von türkischen Menschenrechtsverletzungen und der widerrechtlichen Inhaftierung deutscher Staatsbürger ein großes Aufheben machen würde, damit musste er nie rechnen. Zwischen dem Autokraten und der Frau, die angetreten ist, die Demokratie ebenfalls in eine Autokratie umzubauen, stimmte die Chemie.  

Die Journalisten hatten dann oftmals alle Mühe, der guten Ordnung halber gelegentlich einen Dissens in das Verhältnis hineinzuinterpretieren.  Die Bundeskanzlerin genoss „Hohes Ansehen“, schrieb die Welt am Sonntag, man verbinde mit ihr „Ehrlichkeit, Loyalität und Bescheidenheit“ – wohl gemerkt, in der Türkei. Empfindsamere Gemüter als Merkel würden sich durch eine solche Verehrung in dem Land moslemischer Kraftmeierei womöglich vor Scham im Boden verkriechen. Auch von Boris Johnson ließ sie sich einseifen, weismachen, das Königreich beabsichtige ein „neues Kapitel in den deutsch-britischen Beziehungen zu öffnen“.

Gute Miene zum eitlen Spiel

Alles Mimikry gegenüber einer Frau, von der niemand noch etwas will. Dass sie das nicht begreift. könnte einen fast mitleidig stimmen. Wie ist sie nur auf die Idee gekommen, irgend jemand könne Wert darauf legen, dass sie sich persönlich verabschiedet? Nicht einmal von ihren Kumpanen aus dem Osten, in Moskau oder Peking, wurde das erwartet. Selbst die Treuesten der Treuen, die deutschen Journalisten, sind es inzwischen leid, weiter Hofberichte über ihre triumphalen Empfänge in der Welt zu verbreiten. Die Frau ist durch, wieder das Mauerblümchen aus der Uckermark, leicht angejahrt. 

Die sie heute noch mit großen Ehren empfangen, machen lediglich gute Miene zum eitlen Spiel, wenn sie nicht gar Mitleid haben mit der alten Dame, die da so unverhofft hereinschneit.  Jedes weitere Wort würde sich erübrigen, würden wir für die Abschiedstour nicht zur Kasse gebeten.

Zwar steht es Angela Merkel wie jedem älteren Menschen frei, noch einmal nostalgisch auf den verwehten Spuren des eigenen Lebens zu wandeln. Doch mit welchem Recht nimmt sie dafür die Flugbereitschaft der Bundesregierung in Anspruch? Es gibt wahrlich keinen Grund mehr, die Reisekosten für eine Tasse Tee in Windsor Castle oder eine Privataudienz beim Papst staatlich zu schultern.

Das alles sind Privatangelegenheiten, bei denen „Mutti“ nur noch selbst peinlich auffallen und nicht das Land zum Gespött der Welt machen kann. Höchste Zeit also, dass die bescheidene Frau für ihr persönliches Vergnügen auch in die eigene Tasche greift. Der Schuldenberg, den sie dem Land hinterlässt, ist schon groß genug.

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Leserpost

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R. Wagner / 22.10.2021

Ich darf den Vorschlag machen, dieser alten Frau endlich das Scheckheft wegzunehmen - dagegen sind die Reisekosten doch nur Erdnüsschen…

Florian Bode / 22.10.2021

Wen interessieren die Winde der Person M noch?

Albert Pelka / 22.10.2021

Ab mit ihr auf ihre Hazienda, weit, weit weg, j. w. d.  in den Pampas: Ich glaub das ja erst, wenn sie dort auch durch Fakten belegbar angekommen ist und, sagen wir, einige längerschondortlebende Gauchos , Flachland-Indigene, “Bevölkerungen” halt dann sich plötzlich durch Massen von Schutzsuchende “bereichert” und um ihr privates und öffentliches Eigentum gründlich beraubt wiederfinden, wie gewohnt eben durch ihren Genius Loci Aintschii, als Ausweis ihrer weisen politischen Gegenwärtigkeit und mir zum vagen Beweis, dass sie es tatsächlich ist, die dort sich als Merkel ausgibt und ihr Mutti-(Un-)Wesen halt so treibt. - Und gerne schmeiß ich diese paar Millionen-Kröten, die   sie jetzt für ihre rocky-horror-Abschieds-Tourneen (mit und ohne Wckelblues) zusätzlich verschwendet ,  ihr hinterher, denn auch das ist ein kleiner Beweis dafür, dass ihr Verschwinden wohl nicht virtueller Schein sein mag . Und überdies wäre diese Verschwendung dann das Geringste dessen, was diese Person, dieses Subjekt, diese kalte FDJ-Agitprop-Offiziers-Mamsell uns so alles angetan hat, als Staat, als Gemeinwesen, als Bürger, wie nicht zuletzt als ziviliserte Kulturwesen und politisch zugerichtete TV-Untertanen letzlich. Von Hosenanzügen, Rauten, halt Geschmacksdingen oder eigentlich Úndingen rund um dieses Wesen gar nicht zu reden: Ein Königreich dafür , was noch billig ist, dass es verschwindet.

Dr,H.Böttger / 22.10.2021

Chapeau Herr Rietzschel. Sie sind in meiner Beobachtung der erste, der auf die einfache Frage nach den Reisekosten für Festessen, Doktorhüte, warme Worte, Händedrücke, Pressephotos usw- usf. gekommen ist. Völlig sinnlos danach zu fragen. In einem monarchisch autoritären Staatswesen ist die Kostenstelle dafür selbstverständlich vorhanden. Das Verfassungsgericht oder der Bundestag oder die Parteipresse wird danach niemals fragen. Früher konnte man das vielleicht dem Rechnungshof zutrauen. Heutzutage gewiß nicht mehr.

P. F. Hilker / 22.10.2021

Ich würde sie als Präsidentin der FFF-Bewegung vorschlagen.

giesemann gerhard / 22.10.2021

Ach komm, was ist das alles gegen die Invasionskosten?

Dr. med. Jesko Matthes / 22.10.2021

Och, noch läuft das mit der Hofberichterstattung! NDR Info vermeldete vor einem Stündchen stehende Ovulationen (oder so ähnlich) in Brüssel, und einer der Claqueure habe gesagt, ein politischer Höhepunkt (Gipfel, oder so ähnlich) ohne Angie sei so wie Rom ohne den Vatikan oder Paris ohne den Eiffelturm. Sowas muss man als Staatsfunker melden, und recht hat der Mann! Ein Leben nach Angie ist bedauerlich, aber vorstellbar. So wie Görlitz ohne Grenzen, Recklinghausen ohne Renten, Stuttgart ohne Strom.

Helmut Bühler / 22.10.2021

Das halte ich für eine grobe Fehlinterpretation. Die alte Dame ist auf Promotionstour für eine Anschlußverwertung bei den Globalisten und deren Vorfeldorganisationen. Wie lange hat denn der aktuelle Generalsekretär der UNO noch? Mindestens ein wichtig-wichtig-Pöstchen in einer der One-World-Stiftungen dürfte drin sein.

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