Besser retten mit der EKD

Man musste seinerzeit lange kämpfen, um den Gedanken zu ersticken, es könne sich bei dem per Video präsentierten Lied „Sie suchen nach dem Morgen“ nur um Ironie handeln. Auch der Name der präsentierenden Formation „Five 4 Refugees“ legte dies nahe, handelt es sich doch ausweislich der Bilder durchweg um Erwachsene. Raffinierte Englisch-Wortspiele à la „4 entspricht ‚four‘ und das klingt fast wie ‚for‘“ finden eigentlich nur sehr jugendliche Jugendliche spannend.

Nein, das war alles ernst gemeint. Donato Plögert (Sänger, Texter etc.) hatte Vertreter dreier Parteien (Bündnis 90/Grüne, Linke, Piraten) sowie einen Repräsentanten einer als „Companies for Refugees“ (ohne 4/four/for, sondern direkt for) firmierenden Vereinigung dazu bewegen können, zu singen (nun ja). Zu singen (nun ja) über die, „die der Hass zu Opfern macht“ und deren Morgen begonnen habe, „wenn sie ihre Kinder wieder lachen sehen“. Und ganz klar geht es an den Zuhörer/-schauer – der soll sich nämlich ordentlich an die eigene Nase fassen: „Wie die Zukunft für sie [gemeint sind die, die der Hass zu Opfern macht] aussieht, das entscheiden wir allein, denn wir können jetzt beweisen, was es heißt, ein Mensch zu sein.“ Der Großmachtlapsus („das entscheiden wir allein“) wird definitiv durch das Ohrwurm-Träller-Potential ausgeglichen. Einfach mal mitsingen.

Derartige Beiträge sollten unbedingt dokumentiert und konserviert werden. Die Bereitschaft zu glauben, so etwas habe es tatsächlich gegeben, dürfte in nachfolgenden Generationen nicht allzu groß sein. Das Zeitalter der diesbezüglich Ungläubigen liegt allerdings noch ein Stück weit in der Zukunft. Die „Sie suchen nach dem Morgen“-Aufnahme stammt aus dem Jahr 2015 und stellt zweifelsfrei einen Höhepunkt für alle Liebhaber derartiger Dinge dar. Wer allerdings geglaubt hat, Ende 2019 ginge da nicht noch was, der irrt gewaltig!

Hohe und höchste Amtsträger, in deren Selbstverständnis die Vertreterschaft des Höchsten selbst eine erhebliche Rolle spielen dürfte, stellen Herrn Plögert und dessen Mitstreiter mittels aktuellem „Sea-Eye e.V.“-Video deutlich in den Schatten. Wer nie Mitglied einer christlichen Kirche war, kann das Ganze als groteskes Schauspiel über sich ergehen lassen. Wer ausgetreten ist, fühlt sich einmal mehr bestätigt. Und wer bislang noch immer gute Gründe findet, der Institution nicht den Rücken zu kehren, muss stark sein und bleiben, wenn er sich auf die dreieinhalb Minuten einlässt. Oder er sieht die Angelegenheiten so, wie sie hier dargeboten werden – was allerdings nur schwer vorstellbar ist.

Oskar Schindler des Mittelmeers?

Illustriert mit erwartbaren Bildern, unterlegt mit erwartbarer Musik (wenn auch weniger fluffig als Herr Plögert und Mitstreiter), nehmen Kirchenvertreter zu den „Seenotrettern“ Stellung. Als Repräsentant der katholischen Seite dankt Roman Gerl, im Bistum Regensburg zu verortender Dekan, den als „liebe Seenotretter, liebe Crew“ Angesprochenen für ihren „Einsatz für die Menschlichkeit“. Mit ihrem Tun setzten sie „ein starkes Zeichen für die Nächstenliebe“. Sie sollten sich nicht von Stimmen „entmutigen oder beirren“ lassen, die ihren Einsatz schlechtredeten.

Das ist noch recht allgemein. Da haben die Evangelischen mehr zu bieten. Der historische Vergleich muss ran. Doris Hege, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden, verweist auf Geschichten aus der Vergangenheit dieser Freikirche. Von „Menschen aus unseren Gemeinden, die im Zweiten Weltkrieg geflohen sind und von Menschen erzählen, die sie unterstützt haben… und die diese Menschen als großen Segen erlebt haben“. Dann vollzieht Frau Hege einen Zeitsprung, der sich schon durch die Bildunterlage angekündigt hat. In Richtung „Seenotretter“ heißt es: „Sie sind ein Segen für die Menschen, die auf dem Mittelmeer Hilfe suchen.“

Noch nicht verquer genug? Dann eben großes Kino. Präses Michael Diener, EKD-Ratsmitglied: „Eines der mich am meisten bewegendsten Filme in meinem Leben ist Schindlers Liste.“ Bei so viel Bewegung kann auch mal die Grammatik holpern. Am Ende des Films falle der Satz: „Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt.“ Andere Theologen vermuten den Ursprung des Satzes nicht unbedingt bei Steven Spielberg, aber sei‘s drum. Dieser Satz, so Diener, begleite ihn „immer wieder“. Im Film sage Itzhak Stern zu Oskar Schindler, dass dessen Liste das Leben sei. In genau diesem Sinne sei – Zeitsprung – nun das Tun der Seenotretter. Herr Diener weiter: „Und ich glaube, dass wir eine große Pflicht haben, Verantwortung, dass wir Leben retten, wo immer es möglich ist. Und ich möchte Ihnen von ganzem Herzen danken, dass Sie das in Ihrer Arbeit tun und dass Sie sich so einsetzen.“ Gab es nicht vor kurzer Zeit noch heftige Debatten darüber, ob der Holocaust überhaupt Gegenstand eines historischen Vergleichs sein darf? Instrumentalisierung scheint kein Problem zu sein. Häftlinge in NS-Arbeitslagern, Häftlinge in NS-Vernichtungslagern, „Mittelmeer-Flüchtlinge" der Gegenwart – für Herrn Diener alles eins.

Bei der EKD scheint das völlig in Ordnung zu sein. Deren Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm, der mit den „Seenotrettern“ vertrauter ist als seine Vorredner und sie entsprechend duzt, kommt als Letzter zu Wort, eine inhaltliche Steigerung dürfte auch kaum noch möglich sein. An die „Seenotretter“: „Für Euern Einsatz möchte ich Euch den Segen Gottes mit auf den Weg geben.“ Dann erfolgt tatsächlich der bischöfliche Segen via Bildschirm. Wer es erträgt, sollte es mehrfach ansehen, damit es sich einprägt. Denn das alles ist nicht nur völlig absurd, sondern trägt erheblich dazu bei, weiter den Boden für handfesten Folgenreichtum zu bereiten.

Foto: Benjamin B. Hampton historyofmovies via Wikimedia Commons

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Gabriele Kremmel / 02.12.2019

Oh ja, die auf dem Mittelmeer Hilfe suchen, um nach Europa zu kommen werden sie dank SeaEye und Co. finden; und da die Suchenden das wissen, machen sie sich auch in untauglichen Schlauchbooten ohne ausreichend Sprit und Proviant auf den Weg. Leider kann die SeaEye nicht alle retten, doch Christsein fordert halt auch Opfer, gell Herr Bedford-Strohm.

Ilona Grimm / 02.12.2019

Linke sind absolut humorfreie Gestalten, die ihre Misanthropie (dem eigenen Volk gegenüber) durch Guttümelei tarnen kein Linker ist zu Ironie fähig. Bei dem Gesang bleibt wirklich kein Auge trocken, ich lache mich schief. Aber es beeindruckt mich auch, mit welcher Hingabe die Männer bei der todernsten Sache sind. In fünf Jahren schämen sie sich hoffentlich für diesen unsäglichen Mist. -//- Wer sich nie und nimmer schämen wird, ist allerdings die Sankta EKD. Dafür schäme ich mich umso mehr fremd. „Rettung“ von Menschen, die sich auf seeuntauglichen Schlauchbooten mutwillig in Gefahr begeben, mit der NS-Verfolgung von Juden und Schindlers Rettungsaktion zu vergleichen, erfordert ein unfassbares Maß an Übelkeit erregender Scheinheiligkeit. Herr Diener ist dafür ebenso bekannt wie B-S und die anderen. Mir graut’s vor euch, ihr Kirchenfürsten und Apparatschiks. -//- Seit ich die drei Bände „Wie der Teufel die Welt beherrscht“ nicht mehr aus der Hand legen kann und wieder und wieder blättere und Stellen anstreiche, begreife ich immer besser, wie die Kommunistische Internationale mit Macht vorangetrieben wird. (Siehe dazu auch „Die Medienkrake SPD“ auf sciencefiles.org vom 11.02.2019.) Der teuflische Kommunismus hat die Kirchen wie die übrige Gesellschaft fest im Griff.

Hans Reinhardt / 02.12.2019

Da können die “Vier lustigen Fünf” singen bis sie bewusstlos werden und die Kirchenfürsten sich im Sabber ihrer Scheinheiligkeit wälzen, ich sehe es auch weiterhin ganz pragmatisch: jeder, der es nicht über das Mittelmeer schafft, vertickt hier keine Drogen, vergewaltigt keine Frauen und sticht auch niemanden ab. Und damit lässt sich gut leben.

Karl-Heinz Vonderstein / 02.12.2019

Ich glaub, die Kirchen in Deutschland haben immer noch ein schlechtes Gewissen wegen der Zeit im Dritten Reich und ihrer Anbiederung und Unterwerfung an Hitler und weil sie jahrhundertelang an vorderster Front gegen Juden hetzten.Jetzt wollen sie das wieder gut machen und wollen die Speerspitze sein im Kampf gegen Rechts und Antisemitismus und sich für Menschlichkeit, Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft öffentlichkeitswirksam stark machen.Wohl auch, weil ihnen die Schäfchen weglaufen und sie meinen, das käme gut an.

Wolfgang Nirada / 02.12.2019

Wie heute auf der “Achse” zu lesen war wurde am Sonntag eine christliche Kirche in Burkina Faso überfallen. 14 Menschen darunter Kinder und der Pastor einfach so abgeschlachtet. Von wem ist streng geheim und würde evtl die deutschen Gutmenschlein nur verunsichern. Na dann trällert mal schön solange es noch geht… Die Schlächter sind evtl schon an Bord…

Florian Bode / 02.12.2019

Erwiesenermaßen gab es das Universum und die Erde, bevor die Menschheit erschien. Mutmaßlich wird unsere Spezies verschwunden sein, bevor das Universum untergeht. Gab es vor den Menschen einen Gott und was hat er gemacht? Wird es nach ihnen einen geben und wird er sich langweilen? Hat er es nötig solche Schleimer als seine irdischen Gebrauchtwagenverkäufer zu beschäftigen?

Hannes Fricke / 02.12.2019

Danke, danke, danke, liebe “Seenot”-Retter für Tausende von Drogendealern, Schlägern, Räubern, Frauenverächtern, Faulenzern, Messerfachkräften. Was für ein bewunderswertes Werk, “Flüchtlinge” aus dem jeweils selbst herbeigeführten “Elend” zu erlösen und die mit diesen Leuten verbundenen unlösbaren Probleme dann einfach den Bürgern dieses Landes vor die Tür zu knallen. Ihr seid Helden, ihr dürft euch “Bessermenschen” nennen. Wir aber dürfen uns dann mit Wohnungsnot, Kriminalität, Schmutzkonkurrenz und steigenden Steuern und Sozialabgaben herumschlagen. Danke auch an die Kirchenbonzen, für die jeder neu herbeigeschaffte Bedürftige Anlass ist, beim Steuerzahler um Geld und Personal zu schnorren und damit das Netzwerk eigener Kraft und Herrlichkeit zu erweitern. Welch eine außergewöhnliche Selbstlosigkeit!

Roland Jungnitsch / 02.12.2019

Man muß das einfach verstehen, hier geht es um einen Riesenhaufen an Moneten, die von unserem Staat, also unseren Steuergeldern, an die Kirchen verteilt werden für ihre grenzenlos altruistische Flüchtlingsfürsorge. Jahrzehntelang hatten sich die Deutschen immer mehr von den Kirchen abgewandt weil offensichtlich wurde, welche größtenteils weltfremden Blinzen mit einem grünen Nagel im Kopf dort die Führung übernommen haben, wie z.B. die berühmt-berüchtigte Trunkenheitsfahrerin. Dadurch entgingen den Kirchen natürlich die einstmals immensen Einnahmen durch die staatlich angeordnete Kirchensteuer und Schmalhans wurde zeitweise Küchenmeister. Nun aber sprudelt das Steuergeld wieder ordentlich im Klingelbeutel, weil man ja für seine Flüchtlingsfürsorge großzügig vom Staat mit Geldmitteln versorgt wird, und nicht zu knapp. Um die Geschichte am Laufen zu halten braucht man natürlich eine Menge naiver und weltfremder Hilfswillis, die auf diese stussige Flüchtlingspropaganda der Kirchen hereinfallen und sie lautstark verbreitet und unterstützt. Schaut man sich die Zielgruppe für diese Flüchtlings-Propaganda-Aktionen an kann man nur sagen, daß diese Propagandamittel perfekt zugeschnitten wurden und alles, was an Niveau darüber hinaus aufkäme, würde diese nützlichen Naivlinge nur überfordern!

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