Es ist ja sowieso die Frage; Warum müssen/wollen alle in der Großstadt wohnen? Aufgabe der Politik wäre es doch hier einmal zu “gestalten”. Genau wie nicht alle auf Sylt Urlaub machen können, ist eben nicht genug Platz in den beliebten Städten. Wer das Wohnen dort nicht bezahlen kann, muss sich halt woanders niederlassen und fahren. Meiner Meinung nach ist die Lebensqualität auf dem Lande ohnehin besser. Hätte ich die existenziellen Möglichkeiten, ich wäre aus der (blöden) rheinischen Großstadt längst gen MeckPomm verschwunden.
Natürlich herrscht auch im Wohnungsbau Sozialismus. Billige Mieten für alle. Dann gibt’s keine Investoren und der Bestand kommt herunter.
Herr Sarrazin, Sie haben ein Problem erkannt, sind es angegangen mit gesundem Menschenverstand, Ihrem Wissen und Können. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen und zeigt auch heute noch, was möglich ist, wenn man denn will! Dass Darsteller, die ausser einem gefestigten Klassenstandpunkt keinerlei Fachwissen oder sonstige Kompetenzen aufweisen können, hier einen anderen Weg als in die Katastrophe gehen könnten ist aber schon etwas viel verlangt! Aber die SPD kann zumindest nicht behaupten, sie hat nicht die nötigen Fachkräfte in ihren Reihen, solange Sie dort noch Mitglied sind.
In den Konzernen, bei den Berliner Lokalpolitiker, die Politiker in der Bundesregierung, angefangen bei der Bundeskanzlerin und in den Parteien, dort insbesondere die elende Listenplätze, Abgeordnete welche der Wähler als Personen nie direkt gewählt hat, dort findet ein umgekehrter Darwinismus statt: Die Evolution und Ausbreitung der Dummen durch natürliche Selektion der Klugen. Und dann kommt einer wie Sarrazin daher, einer gegen die Flutwelle der Blöden um ihn herum in der Regierung. Das längere Zeit ertragen zu können, das schafft keiner.
Ja, auch ohne die Finanz- und Wirtschaftskompetenz von Thilo Sarrazin kann man sich fragen, wer welche Prioritäten in den Diskussionen über Wohnen in Weltmetropolen setzt. Soll der Markt, soll das Eigentumsrecht (der Vermieter) außer Betrieb genommen werden? Gilt es nicht mehr als Kriterium der individuellen Lebensplanung, das man bei der Entscheidung für das legendär “teure Pflaster” auch die Konsequenzen zu übernehmen hat, ohne gleich nach dem Sozialstaat zu rufen? Besonders gefährlich ist die Ambivalenz von Rot-Rot gegenüber Hausbesetzern und die Tatsache, dass “wissenschaftliche” Vordenker der Hausbesetzerszene den Senat zur Wohnungsproblematik beraten dürfen! Das alles kann sich arm-aber-sexy-Berlin scheinbar leisten, weil mit dem nächsten Länderfinanzausgleich die “Solidarität” der verantwortlich wirtschaftenden Geberländer gewohnheitsmäßig missbraucht wird. Der Aspekt einer Reduzierung der Abgaben- und Steuerbelastung und einer Disziplinierung in den ausufernden Ausgaben mit ausschließlich politischer Agenda, einer fälligen Haushaltsreform i.S. des Abbaus von unnötigen Institutionen wird nicht erwogen. Auch sollen und müssen die Bauauflagen kritisch durchforstet werden, die das Bauen in D unvergleichlich teuer gemacht haben. Ohne die Immobilie als Kapitalanlage wäre die Währungs- und Finanzkrise nicht zu retten. Und in Richtung Berliner Senat: Wo in der Welt hat der linke Antikapitalismus das Problem besser/vorbildlich gelöst?
Es ist nicht nur Berlin. Überall fordert und verspricht die Politik billigen Wohnraum, um anschließend - Neubaugebiete nicht, oder erst nach jahrelanger Verzögerung auszuweisen - Stadt- oder landeseigene Grundstücke zu Höchstpreisen zu verkaufen - die Grunderwerbssteuer auf Höchstwerte zu treiben - die Grundsteuer, besonders nach der kommenden Gesetzesänderung, in den Ballungsgebieten ebenfalls auf Rekordwerte hochzusetzen - die baulichen Anforderungen an den sozialen Wohnungsbau per Satzungen auf Niveaus zu treiben, die selbst von den teuren Eigentumswohnungen nebenan nicht erfüllt werden - die Notargebührenordnung lobbygetrieben als leistungsarmes, aber fürstliches Grundeinkommen für Juristen zu erhalten Es gibt sicher noch mehr Punkte, die das Wohnen in den Ballungsräumen teuer machen, diese fielen mit nur spontan ein. Die Politik geht im Grunde davon aus, dass die Menschen, die dort wohnen, gute Einkommen haben und somit abgeschöpft werden können, und dass die anderen, welche vom Staat alimentiert werden, von den ersteren mitversorgt werden. Das ist volle Absicht, nichts anderes.
In Ostberlin, als Hauptstadt der vergangenen DDR, wurden alle möglichen Staats-und Parteiverwaltungen zusammengezogen, alle Ministerien sowieso. Arbeit-geber war demgemäß die DDR. Nach der Wende sind Staat und Wirtschaft zusammenberochen. Der Schock sitzt bei den heute Alten tief und bei den Kindern. Es ist nicht verwunderlich, wenn diese aus ihren Familienerfahrungen immer neu zum “Sozialismus” finden. Marktwirtschaft ist eben ein beschwerlich Ding. Die Beamtenstelle bleibt das risikolose, begehrte Ziel. An diesem Denken richtet sich peu a peu die gesamte Gesellschaft aus. Bis hin zu dem Punkt, wo die Vernunft verschwindet und (das hat Sarrazin nur angedeutet) das Prinzip Selbstbereicherung greift und sich dann hält. Die “Anschluss-Finanzierung” hat privaten Profit gebracht. Auch für neue Machthaber. Eine Geld-Druckmaschine, die Jahrzehnte lief, plötzlich stoppte, und dann neu anlief. Die Farbe ist rot, ganz typisch.
Ach, Herr Sarrazin, was ein Erfolg: Öffentliches Eigentum verscherbelt, Mieterträge gesteigert, sozialen Wohnungsbau ausgebremst. Und als Feindbild die DDR? Haben Sie sich das zerbombte Dresden einmal angesehen? Wer hat das denn wieder aufgebaut? War das der heilige Geist? Und warum sprechen Sie denn nicht über den grössten Immobilienskandal, der während Ihrer Amtszeit sich abspielte, ich meine den Berliner Bankenskandal um Landovsky, das war erst einmal ein lustiges Ausplündern, meine Herren! Und der heilige Thilo mittendrin, das Aufklären lag ihm damals noch nicht so. Originalton damals zur Forderung nach Einrichtung einer öffentlichen Untersuchungskommission: Nein, wir haben doch keine direkte Demokratie!
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