Thilo Schneider / 07.10.2021 / 14:00 / Foto: Pixabay / 42 / Seite ausdrucken

Beim Plätschern des Lauterbachs

Hören Sie das auch, seit ein paar Tagen? Also, dass Sie nichts hören? Diese besinnliche, fast schon buddhistische Ruhe? Nur ganz leise, im Hintergrund, da murmelt und plätschert der Lauterbach leise irgendwas von „vierter Welle“ vor sich hin, wo er sonst doch gerne wie eine Sturmflut über uns Bürgerlein hereinbricht? 

Was ist’s, was uns diese stille Zeit beschert, in der dieses Land auf Autopilot fliegt? Korrekt: die Koalitionsverhandlungen. Besonders zwischen Grünen und den Lindneralen. Die FDP scheint sich unter dem Schlagsatz: „Es ist besser, irgendwie zu regieren, als sowas da“ damit abgefunden zu haben, sich mit Leuten zu verschwestern, die sie bis zum 25. September als „rechtsextrem“ beleidigt, gedemütigt und als „AFDP“ verleumdet haben. Wie die Ehefrau, die zwar von ihrem Gatten regelmäßig viermal die Woche durchgeprügelt wird, aber auf Nachfrage erklärt, dass er an den anderen drei Tagen ein echt netter und lieber Kerl ist. Dochdoch, lassen Sie sich da nix einreden. War doch alles nur Spaß und war nicht so ernst gemeint. Nach der Verschmelzung der Wahlprogramme der beiden Hobbitparteien dürften so Programmpunkte wie „Tempo 130, aber freiwillig“ oder „CO2-Reduzierung durch digitalen Netzausbau“ oder ähnlicher Schwachsinn herauskommen.

Es ist ja auch nicht so, dass das alles völlig überraschend wäre. Wir Bürger sind es ja gewohnt, nach Schließung der Wahllokale wieder vier Jahre ignoriert zu werden. Selbst, wenn Stimmen, wie in Berlin, gar nicht oder falsch oder mit 150 Prozent Wahlbeteiligung ausgeschätzt wurden und in Thüringen schon wieder nicht neu gewählt wurde. Weil sich die Nomenklatura dort in Amt und Würden derart gut gefällt, dass sie einfach nicht demokratisch abstimmen lassen möchte. Es ist den Bürgern tatsächlich so verdammt egal, dass sie schlicht und absichtlich vergessen werden.

Ich glaube, die Menschen dieses Landes haben sich einfach damit abgefunden, dass im Reichstag eine in sich selbst geschlossene Politikerkaste tagt und sich schamlos an Steuergeldern bereichert und sie sowieso alles nehmen müssen, wie es kommt. Wenn es wenigstens wie in Tschechien wäre, wo es eine klare Trennung zwischen Parlament und Volk gibt: Die Regierung macht, was sie will und die Bevölkerung das, was sie für richtig hält. So kommen beide gut miteinander aus. Aber so ist es ja in Deutschland nicht: Die letzte und die kommende Regierung greifen massiv in das Leben ihrer Arbeitgeber ein, kujonieren und gängeln sie – und wenigstens die Hälfte dieser Bürger macht begeistert mit und frisst alles, was ihr vorgesetzt wird.

Ob Jamaika oder Ampel – die Grünen werden die Agenda bestimmen

Das fängt bei dem sagenhaften Import von „Fachkräften“ und dem „gerade noch wirklich elend knapp verhinderten Reichstagssturm“ an und hört bei der „Evakuierung von hunderttausenden Orts- und Hilfskräften“ oder einer „Maskenpflicht außer an Donnerstagen mit ungeraden Kalendertagen und am 30. Februar“ noch lange nicht auf. Stattdessen wird der Kakao, durch den sie dabei als Begleitkakaophonie musizierenden öffentlich-rechtlichen Stimm-Rindfunks gezogen wird, auch noch begeistert getrunken, so unfair er gehandelt sein mag!

Was wir tatsächlich in den nächsten Jahren sehen werden, ist der Verrat der Liberalen an Bürgertum, Freiheit und dem Vorrang des Individuums vor dem Staatskollektiv. Nicht, weil sie gemein wären, und sie werden das auch nicht absichtlich tun – es ist schlicht eine unabdingbare Voraussetzung für eine stabile Regierung, sollte es zu Jamaika oder Ampel kommen. Denn, egal wie – die Grünen werden die Agenda bestimmen, selbst, wenn sie nur das Gedöns-Ministerium bekommen. Sofern die Union Oppositionspartei wird, wird sie sich in der Hauptsache mit einer Nabelschau befassen, da bei Adenauers zu Hause sehr wenig Neigung besteht, die Fehler der Ära Merkel klar zu benennen und sich zu ihnen zu bekennen. Der Einzige, der so tut, als sei alles mega mit ihm, ist nun einmal Markus Söder, der in der bayerischen Verfassung nicht vorgesehene Ersatzkönig. Dessen Adlatus und Koalitionsadabei Aiwanger zu feige ist, die Koalition platzen zu lassen. Jeder mag Dienstwagen.

Nein, es gibt für uns zahlende Bürgerinnen und Bürger keine Rettung. Zumal die von den Unbedarfteren zur „einzig wahren Oppositionspartei“ hochgejazzte AfD gerade dabei ist, sich schneller in ihre Einzelteile zu zerlegen als ein fallengelassener Todesstern aus Lego-Steinen. Nicht, dass ich das tragisch fände. Eine AfD ohne Weidel und Höcke ist politisches Beckenrandschwimmen, mit ihnen aber Beckenrandtauchen.

Lehnen wir uns also noch ein paar Tage entspannt zurück und lauschen wir dem Plätschern und Glucksen des Lauterbachs. Es wird nicht besser.

(Weitere Resignationen des Autors unter www.politticker.de)   

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

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Steffen Huebner / 07.10.2021

“Die einzigen Kräfte, die wirklich die Verfassung in diesem Land gefährden können, das sind die, die die Hebel der Macht in der Hand haben und das sind die Regierenden. Eine Opposition kann das gar nicht, der Verfassungsschutz müsste, wenn er einen guten Job machen wollte, eigentlich die Regierung beobachten, die in den letzten Jahren wiederholt Recht und Gesetz und Verfassungsrecht gebrochen hat” -  Björn Höcke im MDR- Sommerinterview 2021. (YouTube, 30 min), sehr Anschauungswert.

Irmgard Grünberg / 07.10.2021

Christian Lindner hat gestern aus Anlass der Aufnahme von Sondierungen mit der SPD und den Grünen im Fernsehen seinen Wählern versprochen, die Partei nicht nach links zu rücken und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass “Jamaica” -  (nur eine Front für ihn) - noch immer eine Option ist, obwohl die “Ampel”  -( zwei Fronten für ihn)-  bereits bejubelt wird.  Ich möchte mal glauben, dass das so ist. Die FDP hatte mal den Namen “Umfallpartei”, als sie sich klammheimlich trotz Wahlsieges der Union und lang andauernder Koalition mit dieser mit der SPD verbündete. Ob Lindner riskiert. trotz seines Versprechens an die Wähler wieder “umzufallen”, ist fraglich.

Heribert Glumener / 07.10.2021

Zum Lauterbach: Ich las kürzlich, dass dieser “seltsame Professor” (Zitat, G. Frank) Stress habe, jeden Tag Wein trinke, von grünem Tee auf Kaffee umgestiegen sei, sich einseitig ernähre und kein Yoga mehr treibe. Außerdem suche er eine Gefährtin (w; m, d?). Seine Geschiedene berichtet Arges über ihn. Hoffen wir, dass die Richtige ihn findet, gesund bekocht, beruhigt und einhegt. Soll MdB und Talkshowclown bleiben, aber nicht Gesundheits- oder Forschungsminister werden.

Rene Kall / 07.10.2021

Leider gehört Herr Schneider auch zu denjenigen, die immer wieder dafür sorgen dass sich in diesem Lande nichts ändert. Gerade wir hier schauen doch so gerne auch nach Skandinavien. Warum wohl wurde in Dänemark den Sozis Beine gemacht, dass die eine fuliminante Kehrtwende in ihrer Poltik zum Wohle des Landes hinlegten? Richtig, weil die dänische Volkspartei eine kritische Wahlergebnisgröße wurde, sogar in einer Minderheitregierung mitwirkte. Aber ob die AfD am Ende irgendwo mitregiert ist vollkommen egal. Die Politik muss entscheidend verändert werden. Käme die AfD auch einmal bundesweit über 20% wäre sie eine nicht mehr zu vernachlässigende Größe, kämen hier endlich wieder Dinge in Bewegung. Man sieht ja wohin es führt, wenn man der FDP die Stimme gibt oder doch noch einmal auf die Union hoffte. Am Ende bekommen wir eine Regierung im der die Melonenpartei den Ton angibt.

Sommer E. / 07.10.2021

Wieso wird hier auf Fr .Weidel losgegangen? Ich habe von dieser Person mehr korrekte, inhaltlich richtige Antworten (und auch Fragen) als vom ganzen Bundestag gelesen und gesehen.

Martin Schmitt / 07.10.2021

Ach Herr Schneider, Sie “Aschebercher” - hören Sie endlich mal mit Ihrem AfD-Bashing auf. Thilo Sarrazin hat es mal richtig formuliert: Beim Führungspersonal der AfD ist mehr Sachverstand und Kompetenz vorhanden als bei allen anderen Parteien zusammen. Es ist schwer loszulassen, aber machen Sie sich geistig frei (auch Sie wurden geprägt durch die 68er-Zeiten, und es ist verdammt schwer eine Ideologie aus dem Kopf zu kriegen, aber es geht) - und Sie werden die Wahrheit erkennen, auch über Höcke und Weidel, die sind nämlich gar nicht so böse wie man sagt.

Dr Stefan Lehnhoff / 07.10.2021

Na, da war ich auf die Leserbriefe gespannt. Ich sehe das leidenschaftslos: Die AfD ist sicher nicht meine wahre Oppositionspartei, aber sie ist zweifellos die einzige. Wobei ich selbst Goldmann -Sachs- Weidel und Lockdown-Meuthen schwieriger finde als Nazi—Stimmfarbe-Höcke. Programm und Durchschnittsqualifikarion der Abgeordneten sind jedenfalls um Längen den der anderen Parteien überlegen. Das mäßige ist eben des Schlechten Feind. Aber Parteien sind eh nicht die Antwort- sie sind das Problem !

Ellen Vincent / 07.10.2021

Lieber Herr Schneider, im Moment wünsche ich mir intelligente Köpfe wie Herrn Prof. Dr. Meuthen in die Regierung. Wir schlittern gerade in eine Energie-Vollkatastrophe. Herr Meuthen warnt schon seit langem davor. Seine gestrige Rede im EU-Parlament kann man nur Wort für Wort unterzeichnen. Die Zeichen stehen gerade wirklich nicht gut und jetzt ist nicht der Moment gegen diejenigen auszuteilen, die diese Zustände eigentlich von vorneherein verhindern wollten. Dann bekommt man nämlich eine Ampel. In Kürze ohne Strom.

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