Hören Sie das auch, seit ein paar Tagen? Also, dass Sie nichts hören? Diese besinnliche, fast schon buddhistische Ruhe? Nur ganz leise, im Hintergrund, da murmelt und plätschert der Lauterbach leise irgendwas von „vierter Welle“ vor sich hin, wo er sonst doch gerne wie eine Sturmflut über uns Bürgerlein hereinbricht?
Was ist’s, was uns diese stille Zeit beschert, in der dieses Land auf Autopilot fliegt? Korrekt: die Koalitionsverhandlungen. Besonders zwischen Grünen und den Lindneralen. Die FDP scheint sich unter dem Schlagsatz: „Es ist besser, irgendwie zu regieren, als sowas da“ damit abgefunden zu haben, sich mit Leuten zu verschwestern, die sie bis zum 25. September als „rechtsextrem“ beleidigt, gedemütigt und als „AFDP“ verleumdet haben. Wie die Ehefrau, die zwar von ihrem Gatten regelmäßig viermal die Woche durchgeprügelt wird, aber auf Nachfrage erklärt, dass er an den anderen drei Tagen ein echt netter und lieber Kerl ist. Dochdoch, lassen Sie sich da nix einreden. War doch alles nur Spaß und war nicht so ernst gemeint. Nach der Verschmelzung der Wahlprogramme der beiden Hobbitparteien dürften so Programmpunkte wie „Tempo 130, aber freiwillig“ oder „CO2-Reduzierung durch digitalen Netzausbau“ oder ähnlicher Schwachsinn herauskommen.
Es ist ja auch nicht so, dass das alles völlig überraschend wäre. Wir Bürger sind es ja gewohnt, nach Schließung der Wahllokale wieder vier Jahre ignoriert zu werden. Selbst, wenn Stimmen, wie in Berlin, gar nicht oder falsch oder mit 150 Prozent Wahlbeteiligung ausgeschätzt wurden und in Thüringen schon wieder nicht neu gewählt wurde. Weil sich die Nomenklatura dort in Amt und Würden derart gut gefällt, dass sie einfach nicht demokratisch abstimmen lassen möchte. Es ist den Bürgern tatsächlich so verdammt egal, dass sie schlicht und absichtlich vergessen werden.
Ich glaube, die Menschen dieses Landes haben sich einfach damit abgefunden, dass im Reichstag eine in sich selbst geschlossene Politikerkaste tagt und sich schamlos an Steuergeldern bereichert und sie sowieso alles nehmen müssen, wie es kommt. Wenn es wenigstens wie in Tschechien wäre, wo es eine klare Trennung zwischen Parlament und Volk gibt: Die Regierung macht, was sie will und die Bevölkerung das, was sie für richtig hält. So kommen beide gut miteinander aus. Aber so ist es ja in Deutschland nicht: Die letzte und die kommende Regierung greifen massiv in das Leben ihrer Arbeitgeber ein, kujonieren und gängeln sie – und wenigstens die Hälfte dieser Bürger macht begeistert mit und frisst alles, was ihr vorgesetzt wird.
Ob Jamaika oder Ampel – die Grünen werden die Agenda bestimmen
Das fängt bei dem sagenhaften Import von „Fachkräften“ und dem „gerade noch wirklich elend knapp verhinderten Reichstagssturm“ an und hört bei der „Evakuierung von hunderttausenden Orts- und Hilfskräften“ oder einer „Maskenpflicht außer an Donnerstagen mit ungeraden Kalendertagen und am 30. Februar“ noch lange nicht auf. Stattdessen wird der Kakao, durch den sie dabei als Begleitkakaophonie musizierenden öffentlich-rechtlichen Stimm-Rindfunks gezogen wird, auch noch begeistert getrunken, so unfair er gehandelt sein mag!
Was wir tatsächlich in den nächsten Jahren sehen werden, ist der Verrat der Liberalen an Bürgertum, Freiheit und dem Vorrang des Individuums vor dem Staatskollektiv. Nicht, weil sie gemein wären, und sie werden das auch nicht absichtlich tun – es ist schlicht eine unabdingbare Voraussetzung für eine stabile Regierung, sollte es zu Jamaika oder Ampel kommen. Denn, egal wie – die Grünen werden die Agenda bestimmen, selbst, wenn sie nur das Gedöns-Ministerium bekommen. Sofern die Union Oppositionspartei wird, wird sie sich in der Hauptsache mit einer Nabelschau befassen, da bei Adenauers zu Hause sehr wenig Neigung besteht, die Fehler der Ära Merkel klar zu benennen und sich zu ihnen zu bekennen. Der Einzige, der so tut, als sei alles mega mit ihm, ist nun einmal Markus Söder, der in der bayerischen Verfassung nicht vorgesehene Ersatzkönig. Dessen Adlatus und Koalitionsadabei Aiwanger zu feige ist, die Koalition platzen zu lassen. Jeder mag Dienstwagen.
Nein, es gibt für uns zahlende Bürgerinnen und Bürger keine Rettung. Zumal die von den Unbedarfteren zur „einzig wahren Oppositionspartei“ hochgejazzte AfD gerade dabei ist, sich schneller in ihre Einzelteile zu zerlegen als ein fallengelassener Todesstern aus Lego-Steinen. Nicht, dass ich das tragisch fände. Eine AfD ohne Weidel und Höcke ist politisches Beckenrandschwimmen, mit ihnen aber Beckenrandtauchen.
Lehnen wir uns also noch ein paar Tage entspannt zurück und lauschen wir dem Plätschern und Glucksen des Lauterbachs. Es wird nicht besser.
(Weitere Resignationen des Autors unter www.politticker.de)
Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.