@M. Haumann: Ihre “kleine Kritik nach ganz oben” in allen Ehren, aber der “gute Gott” hat noch viel himmelschreienderes Unrecht zugelassen und bei größten Katastrophen nicht eingegriffen, sodass er nur eine Entschuldigung hat: Es gibt ihn nicht.
Ich bilde mir ein, über Mißtrauen zu verfügen. Ich kann das auch Vorsicht nennen. Und mit diesem Charakterzug habe ich mein Leben bisher 58 Jahre lang ganz gut meistern können.
Eine letzte Assoziation: „Vielleicht wäre sie noch am Leben, wenn sie aus dem Mißtrauen heraus gelebt hätte. Aber wäre das das bessere Leben gewesen?” Als Ernst Jünger erfuhr, daß sein Sohn gefallen war, sagte er kriegsbegeistert: “Er hat es dem Vater gleichtun wollen, ihn jedoch direkt beim ersten Mal unendlich übertroffen.” Oder die Anweisung der japanischen Einsatzleitung an ihre Kamikaze auch dann nicht zurückzukommen, falls dies möglich sei. Es geht hier immer um einen irrationalen Gemeinschaftswert, der den Märtyrertod als Ich-Erweiterung ermöglicht und ekstasierende Wirkung verleiht. Diese (auto-)desktruktive Tiefendimension in der gesamtgesellschaftlichen Debatte um “Menschlichkeit” wurde selten in so reiner Form vorgeführt.
Die Verschlagenheit steht ihm in`s Gesicht geschrieben, auf dem Tempelberg nahm der Rückgratlose sein Kreuz ab, nun begrinst er wiedereinmal die deutshen Befindlichkeiten ... Ach, käme doch Kinski`s Erlöser, er würde eine Peitsche nehmen “und ihm in die Fresse gehauen!” haben. Zu der frommen Äußerung des B-S fällt mir nur der Ausbruch von Klaus Kinski ein ... -> “Halt deine Schnauze!” ... wie treffend !
Gutmenschen und Bauchgefühl? Ach, hätten Sie doch bloß eines. Nein, Gutmenschen sind Kopfmenschen, die verzweifelt versuchen, Gefühl und Empathie mit dem Kopf zu simulieren. Deshalb sind sie auch so gefährlich. Das Fehlen oder Abklemmen dieses Bauchgefühls (Instinkt) wird dann der Welt, aber noch viel schlimmer, sich selbst als vermeintlich höhere, moralische Existenz verkauft (Stichwort Fleisches(s)lust). Ich muß da immer an diese eine, kurze Szene aus “Beim Sterben ist jeder der Erste” denken, als der Anführer der Gruppe Lewis, ein progressiver, systemkritischer Umweltfreund, der in diesem Film mit seinem Kanutrip seine Freunde ins Verderben reißt, kurz im Wald verschwindet und die anderen über ihn reden: Ed: “Lewis kennt die Wälder. Er kennt sie genau!” Drew: “Eben nicht. Er hat sie studiert, aber er fühlt sie nicht. Genau das ist sein Problem. Er möchte mit der Natur eins sein, aber das schafft er nicht.”
Wenn ich mir die Vitae der Ermordeten ansehe, bin ich mir nicht sicher, ob sie die Äußerungen Bedford Strohms nicht ausdrücklich begrüßt hätte, vielleicht hat er tatsächlich in ihrem Sinne gesprochen. Zudem würde es mich freuen, hier auf der Achse auch einen gut recherchierten Beitrag über all die ungewöhnlichen Umstände dieses Verbrechens zu lesen.
Da sieht man nur wieder einmal, wie gefährlich Religion ist. Natürlich können Religionen theoretisch an sich nichts dafür, dass sie häufig als Vertreter die grössten ... anziehen und es heisst als Entschuldigung immer wieder, das sei gar nicht die Religion, sondern nur deren falsche Umsetzung. Daraus kann man als aufgeklärter Mensch nur einen Schluss ziehen: Wenn überhaupt Religion, dann eben nur noch im Privaten. Staaten sollte auf alle Fälle keine Religion unterstützen und strikt säkular sein, denn Religionen, und besonders monotheistische, sind wie Zeitbomben; ausserdem diskriminieren alle die Hälfte der Menschheit. Und Manifestationen von was auch immer für einer Religion in der Öffentlichkeit gehören untersagt. Jeder kann glauben, was er will - für sich. Andere damit zu belästigen gehört untersagt. Was will man schon von solchen Kirchenleuten erwarten? Die Kirchen/ Glaubensideologien haben sich schon immer schlecht benommen, sobald sie zu viel Macht haben, haben sich auf die Seite der Mächtigsten geschlagen, um selbst mehr Macht zu erreichen, oder sie sind ganz und gar in schwarze Löcher abgerutscht, wie dieser eigenartige Mann und andere, egal mit welcher religiösen Ideologie Behaftete.
Dem kann man eigentlich nichts hinzufügen. Das schlimme ist, dass selbst solche Sätze nur wenig Menschen zum nachdenken bringt und solche Leute wie Bedford-Strom und Marx weiter behaupten dürfen Christen zu sein.
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