Antisemitismus als Angst vor und Hass auf Erfolg

Neid und Hass gegen den erfolgreichen jüdischen Staat Israel teilt die islamische Welt mit Extremisten, die dem Westen insgesamt feindselig gegenüberstehen.

Der Judaist Peter Schäfer kennzeichnet die ständige Ambivalenz zwischen der Angst vor den Juden und dem Hass auf die Juden als das unsterbliche Haupt der Hydra des Antisemitismus. Dieser wachsen bekanntlich immer neue Köpfe nach, sobald alte abgeschlagen werden.

Seltsam und einzigartig ist die Vielzahl der Feindschaften, die dem Judentum über seine ganze Geschichte hinweg und heute wieder – allerdings heute nicht mehr aus dem Christentum – entgegengebracht werden. Sowohl Links- als auch Rechtsextremisten, vor allem aber religiöse Extremisten sind bei allen Gegensätzlichkeiten einander in einer Hinsicht verbunden: in der Feindschaft gegenüber dem Judentum. Konkret, gegenüber dem jüdischen Staat Israel, aber auch gegenüber Juden in aller Welt.

Seltsam asymmetrisch die Perspektiven, mit denen dabei etwa die Vertreibung der Juden aus der arabischen Welt, die kaum bekannt zu sein scheint, und die andauernde Empörung über die Vertreibung von Palästinensern aus Israel im Rahmen des Krieges von 1948 gesehen werden, übrigens keine Vertreibung der, sondern von Palästinensern, denn immerhin leben 1,6 Millionen im heutigen Israel – als israelische Staatsbürger.

In den letzten Jahren ist der Antisemitismus trotz dessen zeitweiliger Tabuisierung nach dem Holocaust auch in Europa größer, gefährlicher und offener geworden. In Frankreich verlassen jüdische Mitbürger bereits scharenweise das Land, um in Israel Sicherheit zu suchen. Auch wenn es vereinzelte Reste des alten rechtsextremen Antisemitismus gibt: Schon mit bloßem Auge sichtbar und kaum mehr zu leugnen ist, welchem Kulturmilieu der neue Gefährder-Schub entstammt.

Am eigenen Versagen sollen Israel und die Juden schuld sein

Bei den islamischen Zuwanderern handelt es sich zumeist selbst um Semiten. Dies zeigt schon, dass es – anders als es der Begriff Antisemitismus suggeriert –, nicht wirklich um rassisch-ethnische Unterschiede geht. Auch die Besetzung fremder Territorien kann nicht der wirkliche Grund sein, denn zahllose andere Gebiete in der islamischen Welt sind besetzt oder unterdrückt, aber eben nicht durch Mächte einer anderen Religion: Es gibt zahllose unterdrückte Minderheiten im Orient (nicht zuletzt die Christen) und allein die allgemeine Gleichgültigkeit, mit der das Schicksal der Kurden in vier islamischen Ländern hingenommen wird, zeigt, wie instrumentell die gängigen Erklärungsversuche sind. 

Der antisemitische Hass gründet tiefer. Wie schon die kaufmännischen oder wissenschaftlichen Erfolge der Juden überall Angst, Neid und Hass hervorriefen, treffen wir in der islamischen Welt auf Angst und Hass vor der weit erfolgreicheren jüdischen Kultur und Zivilisation Israels. Jeder Entwicklungsvergleich zwischen Israel und der umliegenden islamischen Welt fällt zugunsten Israels aus. Es ist der aus der westlichen Zivilisation herrührende Erfolg Israels, ohne den es – umgeben von lauter failed states – keinen Tag im Orient bestehen könnte.

Da diese Überlegenheit zumal bei jungen Muslimen auf Faszination zu stoßen droht, muss von den alten Eliten umso mehr die israelische Schuld am eigenen Versagen in den Vordergrund gerückt werden. Dafür erweist sich der eigene kulturell-religiöse Überlegenheitsanspruch als unverzichtbar: Die islamistische Radikalisierung muss daher parallel zu den wissenschaftlich-technischen Erfolgen ansteigen. Auch in der zur Staatsräson erhobene Hetze des Iran gegen den „kleinen Satan“ Israel und gegen den „großen Satan“ USA kommt die zugleich antiisraelische und antiwestliche Stoßrichtung des revolutionären Islams überdeutlich zum Ausdruck.

Die Linke und der Islam: gemeinsam gegen den Westen

Während sich der Antisemitismus im Islam somit leicht erklären lässt, bereitet uns die umgekehrte seltsame Freundschaft der politischen Linken zum Islam in Europa größere Mühen. Der Islam ist weder mit den materialistischen Idealen der alten Linken noch mit der hedonistischen Emanzipation der Grünen oder den diversen Geschlechteridentitäten der Woke-Kultur kompatibel. Im Gegenteil wäre seine Machtübernahme mit dem Ende entsprechender Initiativen identisch. Für die seltsame Freundschaft des in Frankreich so genannten Islamogauchism kann es nur einen Grund geben: Der gemeinsame Feind des links-grünen Moralmilieus und der Islamisten ist der sozial unvollkommene und religiös unreine Westen. Dieser wird in der Tat weder den totalitären Ansprüchen diesseitiger noch jenen jenseitiger Heilslehren gerecht.

Nachdem der Klassenkampf zwischen Kapital und Arbeit in den Weiten der Globalisierung ungreifbar geworden war, musste die Welt neu nach Tätern und Opfern vermessen werden. Militante Muslime gelten Kulturmarxisten als neues Proletariat, welches sich gegen den westlichen Imperialismus doch erheben möge. In den „postkolonialen Studien“ scheint es nur noch den Westen als möglichen Täter zu geben. Umgekehrt sind die diskriminierten Opfer von aller Verantwortung befreit. In diesem Schema bleiben der arabische Sklavenhandel oder der Kolonialismus der Osmanen über weite Teile Nordafrikas und Südosteuropas unerwähnt. Wenn Aktivistinnen die Verhüllung der Frau als Emanzipation ausgeben, ist ihnen ihre weltanschauliche Feindschaft zum erfolgreichen „Weißen Mann“ wichtiger als die konkreten Freiheiten vieler Frauen.

Ein Europa, aus dem heute Juden als Minderheiten fliehen müssen, hat im Grunde schon kapituliert. Hoffnung bleibt uns allein auf die langfristige Notwendigkeit einer Kooperation technischer Funktionssysteme, mit denen sich neuerdings arabische Staaten im sogenannten Abraham-Abkommen an Israel wenden. Schon David Ben-Gurion hatte die Zukunft Israels in der Zivilisierung des Nahen Ostens gesehen. Die zionistische Ideologie sei vom Glauben durchdrungen, die Rückkehr des jüdischen Volkes mit der Aufgabe zu verbinden, eine freundschaftliche Zusammenarbeit der semitischen Völker zu erreichen, die im Mittelalter die Fackelträger des Fortschrittes und der Wissenschaft gewesen waren.

Bei den weniger Weit- und Einsichtigen kulminiert hingegen der Hass, und zwar gegen die gesamte westliche Zivilisation. Diese ist immer noch erfolgreicher als andere, kann diese aber anders als in den vergangenen Jahrhunderten nicht mehr dominieren. Wie Israel wird der Westen immer mehr in die Rolle einer erfolgreichen Minderheit geraten, der überall Angst, Neid und Hass entgegenschlägt. Die Vielzahl der Formen des Antisemitismus bedeuten zugleich immer Feindschaften gegen den Westen. Insofern wird der Kampf gegen den Antisemitismus eine Nagelprobe darauf sein, ob jedenfalls die Europäer überhaupt noch zur Selbstverteidigung ihrer Kultur und Zivilisation in der Lage sind.

 

Von Heinz Theisen erscheint im November das Buch "Selbstbehauptung. Warum Europa und der Westen sich begrenzen müssen", Olzog Edition im Lau-Verlag.  

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Walter Weimar / 02.09.2021

Warum nur flüchten Islamisten zu uns, warum flüchten nicht mal alle Linken, und grüne Kampfgenossen, zu den Islamisten. Dort können sie sich austoben, die Welt verbessern und sich bekehren lassen oder die dortigen bekehren, die Frauenquote einfordern, die Diktatur des Proletariat errichten und den Osman zur vegetarischen Zone erklären, Lastenfahrräder statt Pickups nutzen. Ob sie den Islam überzeugen oder ihr versagen kopflos ist,  ist mir dann völlig egal. Selbst das Problem der Flüchtlinge wäre gelöst, weil hiesige Auswanderer selbstständig anreisen könnten.

Georg Dobler / 02.09.2021

Neid und Missgunst sind offenbar seit Urzeiten eine menschliche Eigenschaft von der sich nur Wenige frei machen können. Das was sich ab 1933 ereignete hatte sich ja schon lange vorher angebahnt und nach meinen historischen Kenntnissen hängt das mit jüdischen Kaufmännischen Erfolgen zusammen (Ich lasse mich gern belehren wenn ich da falsch liegen sollte). Schon im Mittelalter war der Geldverleih den Juden vorbehalten, andere durften dies gar nicht. Äusserst “hilfreich” ist es, wenn der, dem ich Geld schulde, umgebracht wird. Dies alles betrifft ja nicht nur Israel und andere erfolgreichen Staaten sondern oft das Verhältnis von Nachbar zu Nachbar und so wie man liest werden in letzter Zeit Asiaten in Amerika angegriffen weil man auf deren wirtschaftliche und berufliche Erfolge, die auf Begabungen gepaart mit Fleiss beruhen, neidisch ist. Alles wiederholt sich ständig, Änderungen in der menschlichen Psyche lassen wohl noch eine Weile auf sich warten.

Harald Unger / 02.09.2021

Aus dem exakt selben Grund, weshalb die Linke, d.h. die CCP, die Muslime Chinas in KZ, Zwangsarbeit und Sterilisation hält, wird der Westen islamisiert. - - - Persönlich würde ich es vorziehen, die globale Koalition der Linken mit dem Islam, weniger aus psychologischer Sicht - sondern politisch zu begründen. Aus beider elementaren, ideologischen Schnittmenge. Womit der Islam der geborene, kongeniale Partner des real existierenden Herrschafts-Marxismus des NFA Neuen-Feudal-Absolutismus ist. Dem Islam ist die bürgerliche Gesellschaft, organisiert in vertikal getrennten, demokratischen Nationalstaaten, von Grund auf fremd. Das Kalifat/Imamat ist global und horizontal. Es kennt keine Nationen. Nur Stämme. Der marxistische NFA ist in dieser Gegenwart erfolgreich dabei, die bürgerlichen Gesellschaften des Westens zu schleifen. Und seine, ebenfalls horizontale “One World Global Governance” über “No Borders - No Nations” zu errichten. Die gleiche Mechanik wie in Kalifat oder Imamat. Das Mittel der Linken, sicherzustellen, daß sich nie wieder bürgerliche Gesellschaften im Westen entwickeln können, ist die Islamisierung. - - - Aktuell steht der Westen kurz vor dem Polsprung zum horizontalen, alles verzehrenden Totalitarismus des NFA, angeführt von den strategischen Partnern Sundar Pichai und Xi Kingpin, stellvertretend für die absolute Herrschaft der Allesbesitzer über ein unterschiedsloses Rest unten. Für dessen Einhegung in barbarische, mafiöse Strukturen, man den Islam als geborenen, kongenialen Partner einsetzt. Nur eben nicht im Zentrum der Welt, wo die Gottkaiser der CCP die Geschicke der Menschheit anordnen und überwachen.

Rainer Niersberger / 02.09.2021

Ueberwiegend zutreffend mit einer kleinen Korrektur : Bei etwas oberflächlicher Betrachtung koennte man einen entscheidenden Unterschied zwischen der islamischen “Morallehre” und dem gruenen Hedonismus erkennen. Abgesehen davon, dass das Interesse der maennlichen Muslime fuer “kleine Mädchen” nicht allzuweit von den Schwaermereinen einiger Gruener, allen voran Herrn Cohn - Bandit, entfernt ist, hierzulande Paedophilie genannt, gibt es bei den Gruenen ebenso wie bei “gelebten Islam” zu differenzieren. Bei den Gruenen gibt es Formen des anerkannten Hedonismus und vor allem eine privilegierte Schicht, Elite genannt, die Alles darf. Beschränkungen gelten fuer die Schicht darunter und fuer weisse Maenner dieser Schicht.  Der praktizierte Islam enthält durchaus gewisse “Oeffnungsklauseln” , insbesondere fuer die Oberschicht und vor allem bei den Schiiten auch einige, von der hohen Geistlichkeit eingeraeumten, Umgehungspraktiken. Es geht nicht um den Hedonismus als solchen, sondern um die Frage, wer darf ggf nach Erlaubnis der Machthaber was. Ansonsten gibt es in den beiden Ideologien durchaus einige interessante Gemeinsamkeiten, wozu auch die Ablehnung dessen gehoert, was als westlich bezeichnet wird. Man kann in der gruenen Ideologie ebenso religiöse Elemente erkennen wie im Islam weltliche. Rigide und totalitaer fuer die Ungertanen sind sie beide und “echte” Wissenschaft und Ratio sind nicht zufaellig aeusserst unbeliebt.  Ich schätze wie Houellebequ, dass sich beide Ideologien und ihre Vertreter sehr gut arrangieren, wenn es darauf ankommt, auch wenn es den aktuell noch wichtigen gemeinsamen Feind, die Aufklärung, buergerl.Freiheit, weltl. Recht und Demokratie nicht mehr geben sollte, was   nicht mehr allzulange dauern wird. Der Prozess laeuft, von Innen und von Aussen.

Robert Krischik / 02.09.2021

Nun, von Europa erwarte ich nicht viel. Ich frage mich gerade, ob die kommende schon die letzte Bundestagswahl sein wird, in der keine islamistische Partei antreten wird.

Klaus Keller / 02.09.2021

Wie können dem Neid und dem Hass vielleicht auch entgehen, indem wir nicht mehr zur erfolgreichen Minderheit gehören. Dafür bekommen wir möglicher Weise aber nicht das Mitleid der anderen sondern nur ihre Verachtung. - Der Artikel klingt ein wenig so als ob wir das Judentum schützen müssten damit es uns nicht selber an den Kragen geht. Das bedeutet in einer anderen Situation könnte es nützlich sein wenn wir uns anders entscheiden. - Die Frage nach der Überlegenheit lässt sich ggf mit dem Stichwort Bildung beantworten. Es ist schon ein Unterschied ob man sich am Freitag, Sonntag oder Montag Vorträge anhört oder Leitartikel liest oder lieber selber denkt und eine Debattenkultur entwickelt. Letztere schaffen wir gerade ab.

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