Der Berliner Gemeinderabbiner Yehuda Teichtal war mit seinem Sohn am vergangenen Freitag nach einem Gottesdienst in Charlottenburg unterwegs. Zwei Männer beschimpften ihn auf Arabisch und bespuckten ihn auf offener Straße. Der Verfassungsschutz warnt in einer eigenen Broschüre vor importiertem Antisemitismus aus den arabischen Ländern. Den zu ignorieren, hilft genausowenig wie alle antisemitischen Ausfälle per se dem rechten Spektrum zuzuordnen:
In der Flüchtlingsfrage haben wir es wie mit der Frage des Anstiegs sexuell motivierter Gewalt mit einem Tabu zu tun. Die ohnehin schon kritische Stimmung in der Bevölkerung könnte sich verändern, wenn der Umstand bekannt wird, dass wir auch statistisch nachweisen können, dass die gestiegenen antisemitisch motivierten Straftaten nicht nur auf ein paar tumbe, rechtsradikale Hooligans zurückzuführen sind, sondern auf ein Massenphänomen unter den eingewanderten Arabern.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat bereits 2016 mit einer sachlichen Broschüre empirisch belegte und wissenschaftliche Argumente zusammengetragen. Diese wird weithin ignoriert. Die Ergebnisse sind alarmierend.
Die Spitze des Eisbergs
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Antisemitismus der Schutzsuchenden Muslime sich nicht wesentlich von dessen Verbreitung in den Herkunftsländern unterscheidet, ist relativ groß. Der Verfassungsschutz zitiert deshalb die Anti-Defamation League, die in einer Umfrage die Verbreitung des Antisemitismus in verschiedenen Ländern und Regionen untersucht. Unter der westeuropäischen Bevölkerung zeigen demnach 24 Prozent antisemitische Tendenzen, im nahen Osten und Nordafrika sind es erschreckende 74 Prozent. Der Rest Afrikas schneidet sogar ein Prozent besser ab als Westeuropa.
Auch die antisemitischen Tendenzen in den einzelnen Ländern und Regionen differieren. Im Gaza-Streifen waren es 93 Prozent. Der niedrigste Wert ergibt sich mit 56 Prozent ausgerechnet beim Iran, dessen diktatorisches Regime aktiv gegen Israel kämpft. Aufgrund des Kriegsgeschehens in Syrien wurden dort keine Daten erhoben. Dass weniger als 50 Prozent der Syrer eine antisemitische Einstellung haben, dürfte jedoch kaum der Fall sein. Es scheint also folgerichtig, dass die Mehrheit der so genannten Flüchtlinge eine antisemitische Einstellung haben.
Der Verfassungsschutz hat allein im Jahr 2017 mehr als 100 entsprechende Vorgänge gezählt und spricht in der Broschüre von der Spitze eines Eisbergs. Dafür spricht auch eine Umfrage der Zeit. Nur 28 Prozent der Opfer eines antisemitischen Übergriffs haben diesen überhaupt gemeldet. Das erscheint auch dem Sprecher der Berliner Polizei, der händeringend darum bittet, solche Vorgänge wenigstens zur Anzeige zu bringen, zu gering.
Eine tickende Zeitbombe
Auch im Hinblick auf die Kriminalstatistik ergeben sich einige Zweifel. Nach einer parlamentarischen Anfrage der FDP-Fraktion an den Berliner Senat gab es in Berlin 2018 324 antisemitisch motivierte Straftaten, von denen nur 34 Prozent (111) aufgeklärt wurden. Routinemäßig wurden davon 253 in der Statistik rechtsradikalen Tätern zugeordnet. Warum, weiß auch der Senat nicht zu erklären. Dass alle tatsächlich von Neo-Nazis begangen worden sind, ist offensichtlich unwahrscheinlich.
Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus in Berlin kommt schon für 2017 zu einem anderen Ergebnis. Für Berlin weist sie 947 Vorfälle aus. Und eine Studie, die jüdische Gewaltopfer befragt hat, kommt zu einer Zahl von 81 Prozent mutmaßlicher islamischer Gewalttäter.
Auch wenn diese Zahlen nicht vollständig akkurat sind, ist ein Zusammenhang mit der Zunahme der Schutzsuchenden aus islamischen Ländern nicht von der Hand zu weisen. Der Verfassungsschutz stellt fest, dass es sich bei den antisemitischen islamisch motivierten Taten um spontane Aktionen handelte. Die jeweiligen Menschen handeln nicht mit Vorsatz oder geplant, sondern aufgrund ihrer Einstellung, wenn sie unerwartet mit jüdischem Leben, Juden oder Israelis in Kontakt kommen und sind vorher nie polizeilich in Erscheinung getreten. Mit anderen Worten: Islamisch motivierter Antisemitismus ist eine tickende Zeitbombe.
Die Broschüre weist darauf hin, dass schon Muhammed versucht hat, drei jüdische Stämme zu bekehren. Weil die nicht wollten, gebrauchte er Gewalt und unterwarf sie im Rahmen kriegerischer Auseinandersetzungen. Seither finden sich auch antijüdische Suren im Koran. So hat der Antisemitismus im Islam offensichtlich drei unterschiedliche Ursprünge. Neben dem, der sich schon im Koran findet, den, der sich gegen die Existenz Israels wendet. Und den, der bereits im Zeitalter der Kreuzzüge und der kriegerischen Auseinandersetzungen entstand.
Israelkritik oder schon Antisemitismus?
Einer der bestechenden Vorteile der Broschüre: Ihre trockene Nüchternheit, die keinen Zweifel an ihrer kriminologischen Objektivität zulässt. Und sie liefert so eine einfache Definition zur Unterscheidung von Antisemitismus und legitimer Israelkritik:
Wenn traditionelle Klischees verwendet werden, ewa vom “gierigen Juden, der die Weltherrschaft anstrebt", wenn alle Juden unabhängig von Parteizugehörigkeit, Staatsbürgerschaft und eigener Meinung für die Politik Israels und seiner Regierung gleichermaßen verantwortlich gemacht werden, handelt es sich um Antisemitismus. Und auch, wenn die Politik des Staates Israel mit dem Nationalsozialismus gleichgesetzt wird, ist das keine legitime Israelkritik. Mir scheint entscheidend, dass diese Argumente auch unterschwellig zur Geltung kommen.
Die Attacke auf den Berliner Gemeinderabbiner ist kein Einzelfall, sondern die Spitze eines Eisbergs. Die Broschüre ist kaum als das aufgenommen worden, was sie ist: Als Warnung vor der Gefahr, die vom islamisch motivierten Antisemitismus ausgeht. Und dies betrifft nicht nur die jüdische Community in Deutschland, sondern die gesamte Gesellschaft. Denn sie sieht islamisch motivierten Antisemitismus als Transmissionsriemen für Terrorismus. Und wer eine Gefahr ignoriert, kommt leicht in ihr um.