Wolfgang Röhl / 23.08.2022 / 06:15 / Foto: Hans Weingartz / 92 / Seite ausdrucken

Anti-AKW-Bewegung: #ichhabemitgemacht

Der Blackout, auf den Deutschland zusteuert, hat eine lange Vorgeschichte. Sie beginnt mit der Vorstellung von Hippies und nicht wenigen Normalbürgern, der Strom komme aus der Steckdose. Dieser fromme Wunsch befeuerte den jahrzehntelangen Kampf gegen Atomkraftwerke. Unser Autor erinnert sich, wenn auch ungern, dabei mal mitgetan zu haben.

An diesem Tag zeigte der endende Winter noch mal die Zähne. Die Temperatur lag nur etwas unter null, aber ein biestiger Ostwind machte bibbern, sobald man das Autofenster runterkurbelte. Wir standen auf der A 23 Richtung Norden stundenlang im Stau oder kamen gerade mal im Schritttempo voran. 

Unserer Laune tat das keinen Abbruch. Mit den Insassen anderer Autos, fast alle mit demselben Ziel unterwegs, tauschten wir Infos und Getränke aus. Manchmal fuhr man in einem anderen Wagen ein paar Kilometer weit mit und hob dort die Tassen. Auch der eine oder andere Fahrer knallte sich was Alkoholisches rein. Zwar dröhnten immer wieder Helikopter der Polizei über uns hinweg, aber Kontrollen würde es heute nicht geben. Nicht hier. Wir waren auf dem Weg in die Wilstermarsch, zur Baustelle des Kernkraftwerks Brokdorf. 

(Nutzwertwarnung: Wenn Sie, lieber Leser, im Osten dieses Landes sozialisiert und daher womöglich mit etwas politischem Common sense ausgestattet sind, brauchen Sie nicht weiterzulesen. Die folgenden Erinnerungen dürften nur Wessis älterer Bauart vertraut vorkommen.)

Also, wir sagten natürlich Atomkraftwerk, nicht Kernkraftwerk. Letzterer Begriff war in unseren Ohren reiner Betreibersprech, dazu bestimmt, den Kern der Sache – die unausweichliche Atomkatastrophe – zu verschleiern. AKW oder KKW, das war eine semantische Markierung, wie „Zone“ oder „DDR“ in den Fünfzigern und Sechzigern. Am Gebrauch erkannte man, wo einer stand. 

Waren nicht alle gegen Atomkraft?

Wir waren selbstverständlich gegen Atomkraft. Waren das nicht alle vernünftigen Menschen? Jedenfalls kam es uns so vor. Unendlich schienen die Zuströme zum Protestauflauf gegen den Bau des AKW Brokdorf an diesem 28. Februar 1981. Es sollte tatsächlich die massenhafteste Demo werden, die es bislang in Deutschland gegeben hatte. 

Später würden die Anmelder von 80.000 bis 100.000 Teilnehmern sprechen, die Polizei von immerhin 50.000. In der Wilstermarsch hatten Läden geöffnet, wo Snacks und Limonaden verkauft wurden. Wir nahmen das als affirmatives Signal. Die Bevölkerung stand hinter uns!

Wer „wir“ waren? Nun, in meiner klapperigen Alfa Giulia Nuova Super mit dem herrlich phallischen Schaltknüppel quetschten sich fünf Personen – Freunde und Bekannte von mir. Eine Chefsekretärin, ein Grafiker, ein Fotograf, ein angehender Künstler und ich, freier Journalist. Das ist ein Schreiber, der frei von regelmäßigen Einnahmen ist. Ich arbeitete für eine Reihe von Blättchen und Blättern. Ab und zu auch für den Stern, der am besten zahlte. 

Der Stern wurde in Itzehoe gedruckt, wo die A 23 damals endete. Auch der Stern war gegen Atomkraft. Wer, bitteschön, war denn für Atomkraft, wer benutzte den Begriff „friedliche Nutzung der Kernenergie“? Doch nur die Atomindustrie und ihre Handlanger in der Regierung.

Fast so viele Helis wie in „Apocalypse Now“

Ab Itzehoe schlugen wir uns auf ebenfalls verstopften Schleichwegen gen Brokdorf durch. Die letzten Kilometer bis zur Baustelle marschierten wir, während Hubschrauber über uns kreisten. Mehr Helis auf einmal hatte ich bis dahin nur im Kino gesehen, in Coppolas „Apocalypse Now“. Die ganze Demo bestand für die meisten Teilnehmer hauptsächlich aus An- und Abreise. Aber war nicht der Weg das Ziel? Wurde hier nicht ein zivilgesellschaftliches Zeichen gesetzt? Die Tagesschau würde jedenfalls groß berichten.

Alle Teilnehmer erschienen friedfertig. Na, fast alle. In der Nähe des abgeriegelten Bauzauns sah ich hinter einem Schuppen einen Schwarzgekleideten mit Sturmhaube, der sich anscheinend für irgendwas zurechtmachte. Ich bemerkte, dass er ein langes Eisenrohr oder Ähnliches unter seine Jacke schob. Es war das erste Mal bei einer Demo, dass ich einen entschlossenen Gewalttäter wahrnahm. Wie sich bald herausstellte, war er nicht allein gekommen. 

Nachdem die Demo zur Erleichterung der Veranstalter und der Landespolitiker die längste Zeit ohne Krawall verlaufen war, lieferten sich gegen Ende, als das Gros der Demonstranten längst abgezogen war, etwa 3.000 (!) Vermummte teils blutige Kämpfe mit der Polizei. Zwei von ihnen versuchten, einen in den Graben gefallenen Polizisten totzuschlagen, wodurch die hässliche Etappe der Demo doch noch eine gewisse Prominenz erhielt. 

Im Großen und Ganzen jedoch beschrieben die Medien den Event als friedfertig, malten davon ein freundliches Bild. Auch ich nahm ein gutes Gefühl aus Brokdorf mit nach Hause. Ich hatte ein Statement abgeliefert, oder? 

Betriebsfähig, aber nach Merkels Atomausstiegssalto abgeschaltet

Das war in einem Jahr, als mein geschätzter Achse-Kollege Manfred Haferburg als Schichtleiter im AKW Greifswald etwas Nützlicheres lieferte, nämlich Strom. Schon zwei Jahre zuvor hatte Haferburg während der norddeutschen Schneekatastrophe in einer Marathonschicht maßgeblich dafür gesorgt, dass in der DDR nicht sämtliche Lichter ausgingen.

Wie bekannt, wurde Brokdorf trotz jahrelanger Proteste und juristischer Querelen schließlich doch gebaut. Das seit 1972 geplante Werk ging 1986 ans Netz, lieferte hinfort gewaltige Strommengen und wurde, noch für viele Jahre betriebsfähig, als späte Folge von Merkels Atomausstiegssalto Ende letzten Jahres abgeschaltet.

Um die verbreitete Stimmung gegen Atomkraft zu verstehen, die sich seit den frühen Siebzigern breitmachte, muss man das irgendwie frivole Lebensgefühl dieser Zeit Revue laufen lassen. Es handelte sich um die Generation Bei-uns-kommt-der-Strom-aus-der-Steckdose – nebenbei der cleverste Claim, den die Atomkraft-Werbung je ersonnen hat. Kaum jemand sorgte sich um Energieressourcen, obschon der Club of Rome damals „Die Grenzen des Wachstums“ beschwor und jehovazeugenhaft alle möglichen Verknappungen, Peaks und Untergänge weissagte, die nicht eintrafen. 

Schlabberige Latzhosenträger, prekäre Wurzelzwergexistenzen und freudlose Körnermampfer

Auch die Ölkrisen der 1970er blieben im Bewusstsein der meisten Bundesbürger Episoden, die man beherzt ausgeritten hatte. Unvorstellbar, dass Strom einmal knapper werden, gar für ein Weilchen oder länger versiegen könnte. Die Atomangst hingegen war groß. Sie hatte aus den 1950ern, da sie auch von den westdeutschen Kommunisten („Kampf dem Atomtod“) geschürt worden war, in die Siebziger rübergemacht. 

Und diese sorgsam gehegte Angst war es, die den kleinsten gemeinsamen Nenner aller Sekten und Partikel bildete, welche sich schließlich als grüne Partei zusammenschlossen. Was Mao-Jünger und Ökonazis, Esoteriker und Pädophile, Naturverklärer und Technikhasser verband, war der Kampf gegen den „Atomstaat“. So lautete der Titel eines Klassikers der Bewegung aus der Feder des Futurologen Robert Jungk, auch er von den frühen, kommunistisch gesteuerten „Ostermärschen gegen den Atomtod“ mitgeprägt.

Die Ökofreakszene mit ihren schlabberigen Latzhosenträgern, prekären Wurzelzwergexistenzen und freudlosen Körnermampfern stieß den eher hedonistisch gepolten Großteil der Menschen lange ab. Viele Grüne dieser Zeit sahen ja aus wie eine missglückte Photoshop-Kreuzung aus Claudia Roth und Anton Hofreiter. 

Little did we know

In einem einzigen Punkt aber war die Mehrheitsgesellschaft schon immer ganz bei den Grünlingen: in der Ablehnung der Atomkraft. 

Was mich betraf, der sich wohl als einen Sozialliberalen begriff, so kannte ich kaum einen Menschen persönlich, der jemals öffentlich für Atomenergie eingetreten war. So etwas tat man nicht. Damit wäre man raus gewesen aus seinen mühsam erworbenen Freundschaften und Zusammenhängen. Im Mainstream mitzuschwimmen, das ist keineswegs eine Erscheinung der Jetztzeit.  

Auch ich habe mitgemacht. Und mitgelacht über Scherze, die im Milieu der Richtigdenkenden kursierten. Etwa der Reim:

Fällt der Bauer tot vom Traktor, liegt’s am Stader Schrottreaktor.

Oder eine Karikatur aus, glaube ich, der taz. Sie zeigte ein Mädchen, das die Haustür geöffnet hat. Draußen steht ein Wesen mit drei Beinen. Das Mädchen hat den Kopf gewendet und ruft ins Haus:

Mama, komm mal! Es ist Besuch aus Stade da.

Im niedersächsischen Stade produzierte eines der ersten kommerziellen Kernkraftwerke ab 1972 Strom. Die Anlage, 2003 vom Netz genommen, wurde in ihrer Geschichte gelegentlich nachgebessert, war jedoch nie ein „Schrottreaktor“. Kein Mensch wurde durch sie verstrahlt. Aber der Cartoon mit dem dreibeinigen Besuch war einfach ulkig. Hippies konnten sehr ulkig sein. Was die technische Seite der Atomkraft betraf, so galt für uns alle die Zeile aus Bert Kaemferts berühmtestem Lied „Strangers In The Night“: Little did we know.

Mit Vollgas um diverse ideologische Irrenhäuser

Was wir über Kernkraft zu wissen glaubten, entstammte zum Beispiel dem Buch „Friedlich in die Katastrophe“. Es galt eine Zeitlang als „Bibel der Anti-AKW-Bewegung“ und verkaufte sich weit über 130.000-mal. Sein Autor Holger Stroh hatte Fertigungstechnik, Business Administration und Erziehungswissenschaften studiert, galt kurioserweise für eine Weile als Atomkraftexperte und driftete später mit Vollgas um diverse ideologische Irrenhäuser.

Wikipedia verortet ihn gegenwärtig im Lager von „Chemtrails“-Verschwörungstheoretikern, was seine Philippiken gegen Atomkraft erklären könnte. Nach Strohms Meinung stammt Aids aus amerikanischen Forschungslabors; Amerika hätte das Wetter in Nordkorea manipuliert und dadurch eine Hungersnot bewirkt. Ferner betrieben die USA laut Strohm in Berlin eine Reichsregierung, die eigene Pässe ausstellte und dem US-Präsidenten unterstehe, schreibt Wikipedia. Man könnte über die Biografie des Bibelstifters Strohm zur Erkenntnis gelangen, dass jede Religion die Propheten hat, welche zu ihr passen.

Die größte Wirkung für eine breite Ablehnung der atomaren Energieerzeugung entwickelte nach meiner Erinnerung allerdings kein Buch, sondern ein Blockbuster made in Hollywood. „Das China-Syndrom“ aus dem Jahr 1979, eine mit Jane Fonda, Michael Douglas und Jack Lemmon glänzend besetzte, spannend inszenierte Mischung aus Katastrophenfilm und Verschwörungsplotte, handelt von einem Beinahe-GAU in einen kalifornischen AKW. 

Das Medien-Mantra: Die Atomkraft ist erledigt, für immer

Aufrechte TV-Reporter kommen der Sache auf die Spur, doch die profitgierige Betreiberfirma will den Schrottreaktor wieder hochfahren und schreckt vor Mordanschlägen nicht zurück, um ihre Machenschaften zu vertuschen. Der dramatische Versuch des ebenfalls aufrechten Chefingenieurs, die furchtbare Wahrheit publik zu machen, kostet den Mann das Leben. Am guten Ende können die Journalisten die kapitalistischen Betreiberschurken entlarven, und das übrige Leben geht weiter. Nun freilich nach dem Motto: AKW? Nee!

Die eindeutige Anti-AKW-Mission des Films erhielt noch publizistischen Rückenwind, als knapp zwei Wochen nach dem Kinostart in den USA ein sogenannter Ernster Unfall passierte. Im Kernkraftwerk Three Mile Island kam es – hauptsächlich wegen menschlichen Versagens – zu einer partiellen Kernschmelze. 

Zwar kam dadurch niemand ums Leben, doch Bewohner der umliegenden Orte wie Harrisburg waren schwer gestresst. Vor allem in Deutschland erhielt die Anti-AKW-Bewegung durch den Unfall kräftigen Auftrieb. Von da an musste niemand mehr mit Fakten begründen, warum er gegen Atomenergie war – Haltung zeigen genügte.

So ist es bis heute geblieben. Über neuartige, sicherere, effizientere Generationen von Kernkraftwerken, mit denen auch das Atommüllproblem womöglich lösbar wäre, davon will kaum jemand was wissen. Diskussionen darüber finden höchstens in medialen Nischen statt oder in Kreisen, die den Atomausstieg sowieso von Anbeginn kritisiert haben. Ein großer Teil der Wähler und Stromkunden dagegen glaubt noch immer dem Mantra der meisten Medien, das Thema Atomkraft sei erledigt. Für immer und weltweit. 

Das Ausland schüttelt den Kopf über Deutschlands Energie-Voodoo

Warum dann in vielen Ländern neue AKW geplant oder schon im Bau sind? Lauter Geisterfahrer, die uns da entgegenrasen! 

Alles wird gut. Spiegel-Leser hatten die frohe Botschaft bereits am 14. März 2011 vom Titelblatt des Magazins empfangen: „Das Ende des Atomzeitalters“ sei gekommen, hieß es da, gleich nach Fukushima. Das Stück reflektierte sehr hübsch die Träume grüner Journos. Freilich war es ein bisschen mit der heißen Nadel gestrickt.

Inzwischen werden die Atomkarten neu verteilt. „Jetzt geht das heuchlerische Deutschland in die Knie“ – mit diesem Zitat aus Großbritannien illustriert die FAZ in einem aktuellen Stück das Kopfschütteln des Auslands über Deutschlands Energie-Voodoo.

„Die Hippies haben gewonnen“, schrieb der Autor Michael Miersch vor zehn Jahren in einem Buch. Seine Analyse des siegreichen Feldzugs der Blumenkinder gegen die Gentechnik trifft auf die erfolgreiche Erdrosselung der Kernkraft ebenso zu. Erfolgreich in Deutschland, versteht sich. 

Hippiesierung einer ehemaligen Industrienation

Neulich habe ich wieder auf Brokdorf geschaut, aus anderer Perspektive. Beim Örtchen Freiburg steht eine Bank auf dem Elbdeich, unweit eines Radarturms. Manchmal fahre ich da hoch. Man hat da guten Netzzugang. Kann auf dem iPhone zum Beispiel lesen, was der gewesene Kinderbuchverfasser und amtierende Wirtschaftsminister so alles über Energieversorgung weiß. „Wir haben ein Gasproblem, kein Stromproblem“, zitiert ihn die Website von n-tv. Der Robert! In Energiefragen genau so helle wie seine Parteifreundin Annalena („Das Netz ist der Speicher“).

Jenseits des mächtigen Flusses steht die weiße Reaktorkuppel des AKW Brokdorf, flankiert von einer endlosen Phalanx aus hochsubventionierten Zappelstromerzeugungstürmen. Gemäß der im Herbst 2010 vom Bundestag beschlossenen Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke hätte Brokdorf rechnerisch bis 2036 laufen können. Politisch ausgeknipst wurde der stabile Stromgroßlieferant im März 2011, endgültig abgeschaltet am 31. Dezember 2021. Was da am Elbstrom auf die Abwrackung wartet, ist das Symbol der Hippiesierung einer ehemaligen Industrienation.

Ja verdammt, #ichhabemitgemacht. Brokdorf 1981, das war ein Medienereignis, einer der vielen kleinen Schritte auf dem langen Marsch zum grünen Narrenschiff. Ich gab bei dem Gedanken meiner Kawa die Sporen und fuhr runter vom Deich. Dinge gibt es, über die man besser nicht nachsinnt. „Viel zu grauenvoll, als daß man klage“ (Hugo von Hoffmannsthal).

Foto: Hans Weingartz CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Jörg Krüger / 23.08.2022

Also ,ich habe mich 1982 als Schütze Arsch im letzten Glied bei erhöhter Alarmbereitschaft auf einen Einmarsch in Polen vorbereiten dürfen. So unterschiedlich können Probleme sein.

Margit Broetz / 23.08.2022

Zunächst unterscheidet der Autor korrekt zwischen “Atomkraftwerk” und “Kernkraftwerk” um dann später undifferenziert zur “Atomkraft” zurückzukommen. —-  Einen weiteren Grund für die Demonstrationen erwähnt der Autor nicht: Damals gab es gute Gründe zu unterstellen, viele Betreiber der “friedlichen Nutzung der Kernenergie” taten das, um sich die militärische Option der Kernenergie offen zu halten, das war für mich in den 1980ern das entscheidende. Und mit Petra Kelly und Gerd Bastian gab es Gründe, der neugegründeten Partei die Stimme zu geben. Die übrigens damals ganz ähnlich diffamiert wurde wie sie heute selbst eine andere Alternative diffamieren. Gleichwohl verbuche ich mein “Kreuzlein” heute als Jugendsünde; ach, was wußten wir damals alles nicht. —- @Archi W Bechlenberg: Ihrem letzten Satz applaudiere ich. Aber denken Sie im Ernst, es hätte etwas geändert, hätten die damaligen Rot- oder Grünwähler ihr Kreuz bei Gelb oder Schwarz gemacht? Das war schon damals eine Einheitspartei. Willy Brandt konnte vielleicht noch was wuppen (blauer Himmel über der Ruhr, von wegen Grüne erfinden den Umweltschutz), und ein wenig auch Helmut Schmidt. Aber schon damals galt: “Würden Wahlen etwas ändern, wären sie verboten.” Beispiel: Wer wollte denn die Gastarbeiter? In Wahrheit gebraucht wurden sie nie. Besonders aber die aus der Türkei wollte keiner haben (Deutschland entlastete die Türkei, nicht umgekehrt, siehe z.B. “Die Kunst des Missverstehens”, Necla Kelek, FAZ 29.10.2011). Bonner Politiker versuchten sich mit Händen und Füßen zu wehren, aber die NATO hat sich durchgesetzt. Also im Prinzip war’s damals wie heute.

S. Wietzke / 23.08.2022

Das sich die Jugend in ihrem naiven Idealismus besonders einfach instrumentalisieren lässt ist weder neu, noch das grundlegende Problem. Das Problem beginnt dann wenn die “Jungend” nicht erwachsen wird sondern den Rest ihres Lebens in dieser infantilen Haltung verbleibt. Es ist ja schon viel wahres dran an dem Spruch: “Wer mit 20 nicht links ist, der hat kein Herz und wer mit 40 noch links ist, der hat kein Hirn.” Dummerweise stellen die Hirnlosen im Westen inzwischen die absolute Mehrheit.

A. Ostrovsky / 23.08.2022

Mein kleiner Macchiavelli sagt: Wenn Du deine Opposition, die faktisch absolut begründet ist und deren Fakten Du nicht ausräumen kannst, ins Lächerliche ziehen willst, dann stelle dich an die Spitze dieser Oppasition, aber mit Comedians, Clowns und Verrückten. Wenn einige davon auch noch gewalttätig sind, um so besser. Wenn Herr Röhl immer noch nicht verstanden hat, wie es zur 68-er Bewegung gekommen ist und später zur grünen Bewegung und deren Unterwanderung durch absolut ekelhafte Pädophile, dann wird er es wahrscheinlich auch nicht mehr schaffen. Der einzige Sinn jeder “woken” Bewegung ist es, ein begründetes gesellschaftliches Interesse zu ruinieren. Das ist beim Schwarzen Block so, bei der Antifa, die die schwarze Flagge vor der roten hat, das ist bei der Anti-KKW-Bewegung so, das ist bei Widerständen gegen Kriegshetzerei, gegen Waffenexporte und gegen die Abschaffung der Grundrechte so. Wenn Dir eine Demonstration gegen Grundrechtseinschränkungen nicht passt, organisiere in der Parallelstraße eine Handvoll Typen, die mit der Reichskriegsflagge umherziehen. Wenn du die Rostocker nicht fragen willst, ob du in ihrer Stadt Muslime ansiedeln darfst, organisiere einfach ein paar Gehirnamputierte, die ein Wohnheim für vietnamesische Vertragsarbeiter mit Molotof-Coktails angreifen. Wenn du dabei in Rostock selbst gar niemanden finden kannst, weil die seit vielen Jahren mit den Vietnamesen nur gute Erfahrungen gesammelt haben, denke immer daran, dass die ehemalige Grenze nicht weit ist und dass man die Leute aus Lübeck oder Winsen an der Luhe nicht wirklich an der Sprache von den Rostockern unterscheiden kann, vor allem in den Nachrichten nicht, wenn die Zuschauer gar keine Rostocker sind.

Karl-Heinz Boehnke / 23.08.2022

Da der Ostblock nach dem 2. Weltkrieg der Nato militärisch unterlegen war, wurde der Westen geheimdienstlich unterwandert. Für den KGB war das in der BRD besonders einfach, da seine Helfer aus der DDR fast frei und zahlreich handeln konnten. Die Revolution der 60er war die Auflehnung gegen die Eltern, möglichst alles anders zu machen, als das, was diese bisher stets von den Altvorderen übernahmen. Es ist leicht gesagt, die Eltern hätten eben nicht genug aufgepaßt, ja geradezu versagt. Aber sie hatten hart zu arbeiten und mußten sich auch auf die Gesellschaftsführer in Schule und Medien verlassen. Jedoch wurde diese Arbeitsteilung wie zuvor und wie gewöhnlich verraten. Der grandiose Schlußpunkt war dann die Abschaltung der Energieversorgung durch Merkel, jetzt jedoch nicht verdeckt, sondern als ausgewiesene DDR-Funktionärin, unter hinnehmendem Beifall der kraftlosen und feigen Kinder der damals verführten.

Gerd Maar / 23.08.2022

Das war damals halt gesellschaftlicher Konsens, den die Deutschen so gerne pflegen bis ihre Welt der Vorstellung mit der Wirklichkeit zusammenprallt.

A. Ostrovsky / 23.08.2022

In ganz Europa und Amerika wird die Technologie, die sich mit Atomkernen und speziell deren Spaltung befasst, egal ob zur Energiegewinnung oder um Menschen und Tiere umzubringen, mit der Vorsilbe “Kern-” bezeichnet, auch insgesondere im gesamten früheren Ostblock und im französischen und im englischen Sprachraum. Die Antinuklearbewegung Frankreichs heißt beispielsweise “Sortir du nucléaire”. Die “Atom-” Probleme sind tatsächlich eine sinnlose Erfindung der deutschen 68-er, die damit zuerst einmal dokumentierten, dass sie nicht verstehen, dass es sich dabei um Vorgänge in Atom-KERNEN handelt. Aber das sind doch nicht die einzigen Unsinnigkeiten, die auf die (west-)deutschen 68-er zurückgehen. Immerhin haben sie auch eine Bildungskatastrophe zu verantworten, die nun direkt gar nichts mit mangelndem Sinn für Naturgesetze zu tun haben. Die Irrlehren im sozialen und psychologischen Bereich waren doch noch schlimmer und zerstörerischer, als das weitgehende Ignorieren der Naturwissenschaften. Ich will es mal konkret machen: Ich kann meinen Namen nicht tanzen. Nun lebe ich in der Angst, ich könnte deshalb ein schlechter Mensch sein. Nein, ernsthaft. Das ist nicht meine Angst, weil ich KEIN 68-er bin und auch keiner war.

Joerg Machan / 23.08.2022

Eine Sonne mit Inschrift: “Atomkraft, nein Danke” hat mich schon immer irritiert. Wussten die denn nicht, dass die Sonne ihre Energie atomar erzeugt? Die Sonne ist der Beweis, dass atomar erzeugte Energie funktioniert. Sie muss nur weit genug entfernt sein. Hippies habe ich zum ersten Mal durch Woodstock wahrgenommen und seitdem immer für unpolitisch gehalten, was ich als angenehm empfunden habe. Natürlich schreibt Dylan politisch motivierte Texte und Songs, aber er ist für mich musikalisch wertvoller als z.B. Grönemeyer.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Wolfgang Röhl / 19.04.2024 / 06:00 / 72

Künstliche Intelligenz vs natürliche Dummheit: Wer siegt?

Mainstream-Journalisten fürchten, dass ihre Jobs durch KI entbehrlich werden. Zu Recht. Die herrschende Meinungseinfalt können auch Maschinen bewerkstelligen. Doch ein paar Journos werden an Medienbord…/ mehr

Wolfgang Röhl / 03.03.2024 / 10:00 / 68

Ist Peak Woke schon erreicht?

Zeitgeist-Buster Alexander Wendt (Foto oben) untersucht, wie es zum Aufstieg der Moralbourgeoisie und ihrer Glaubenssätze kommen konnte. Und ob der Scheitel der Erwecktenschwemme mittlerweile überschritten ist. Wer…/ mehr

Wolfgang Röhl / 08.02.2024 / 06:00 / 119

Anständigenaufstände: Zwischen Sebnitz und Potsdam

Kampagnen von Medien und Parteien gab es schon immer. Gerne gegen Rechts. Aber manche Kreuzzüge entpuppten sich rasch als haltlose Flops. Eine Blütenlese im Dschungel der Empörungskulturen. „Eine…/ mehr

Wolfgang Röhl / 26.01.2024 / 06:15 / 53

Der „Putin-Schleimer“ und andere lupenreine Experten

Ein von der ARD gepriesener „Russland-Experte“ hat von dort viel Geld kassiert. Auch bei anderen Themen und Medien werden lupenreine Lobbyisten als „unabhängige Fachleute“ präsentiert.…/ mehr

Wolfgang Röhl / 17.12.2023 / 10:00 / 56

„Mikroaggression“: 50 Jahre Bullshit-Bingo

Während auf Straßen und in Schulen reale Gewalt explodiert, gehen akademische Linksradikale mit einem verstaubten Gewaltkonstrukt auf Weißen-Bashing. Mittels sogenannter Mikroaggressionen würden angeblich Marginalisierte ausgegrenzt,…/ mehr

Wolfgang Röhl / 02.12.2023 / 06:15 / 81

Den Schuss nicht gehört. Deutschland im Krimiwahn

Ohne Krimi geht der Deutsche nie ins Bett. Verrückt: Je stärker die reale Kriminalität steigt, desto lieber lassen sich Menschen von fiktiven Krimistoffen oder Podcasts…/ mehr

Wolfgang Röhl / 30.10.2023 / 06:00 / 61

Umfrage: Glanz und Elend der deutschen Journos

Endlich durch eine Studie bewiesen: Journalisten sind viel besser als ihr Ruf. Sie vermitteln das Geschehen unparteiisch anhand verlässlicher Quellen, befähigen Menschen zur Meinungsbildung, beleuchten…/ mehr

Wolfgang Röhl / 09.10.2023 / 06:00 / 49

Fernsehen: Wenn die Weltrettung zum Flop wird

Der Bundesverdienstkreuzträger, Planetensanierer und Corona-Fanatiker Dirk Steffens verwurstet bei RTL die einstige Edelmarke GEO zu einem albernen Öko-Brei. Die gute Nachricht: Seine Show geht geradewegs den Quotenbach…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com