Susanne Baumstark / 25.04.2020 / 06:00 / Foto: nao-cha / 66 / Seite ausdrucken

Man darf die Tagesschau auch mal loben

Es ist schon ein paar Tage her, fairerweise gehört es aber festgehalten, dass die Tagesschau ganz ausnahmsweise einer regierungskritischen Kommentierung gerecht wurde. Man siehe dazu den Kommentar von Oliver Köhr:

„Soso, Frau Merkel kritisiert also Öffnungsdiskussionsorgien … die Kritik daran (ist) gelinde gesagt eine Unverschämtheit; weniger gelinde ist es anmaßend. Die Politik schränkt unsere Grundrechte ein in einem nie dagewesenen Ausmaß – aus guten Gründen, klar – aber da ist es nicht nur völlig normal, sondern sogar notwendig, dass jeden Tag, auch wenn’s die Kanzlerin nervt, darüber diskutiert wird, wie können wir so schnell wie eben vertretbar wieder selbstbestimmt leben, arbeiten, uns organisieren. Jeder Einzelne hat das Recht, jeden Tag zu fragen, können wir nicht etwas mehr lockern, etwas mehr öffnen. Und Angela Merkel hat die Pflicht, jeden Tag zu rechtfertigen, warum das vielleicht nicht geht.“

Der Kommentar geht inhaltlich konform mit der Kritik von FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki: „Das öffentliche Auftreten Merkels bei diesem Thema grenze an ‚Amtsanmaßung‘.“ Ein von Kubicki angefordertes Gutachten vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags bestätige, „dass sich die Bundesregierung in der Coronakrise Kompetenzen angeeignet habe, die die Bundesländer entmachten und damit der föderalen Ordnung widersprechen“.

Dass die Tagesschau an anderer Stelle sogar den Rechtsmediziner am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf Professor Klaus Püschel zu Wort kommen ließ, ist hinsichtlich der Pluralität ebenfalls ungewohnt fortschrittlich. Man muss, wohlgemerkt, nicht selbiger Meinung dieser kritischen Stimmen sein und kann Merkels weitere Strenge in der Sache durchaus richtig finden. Es geht hier vorrangig um den Umgang seitens der Politik mit den Bürgern, die Art der Ansprache ihnen gegenüber und die dahinter stehende Haltung. Debatten mit autoritärem Gestus selbstherrlich abzuwürgen spricht nicht gerade dafür, dass die Bundeskanzlerin die Bürger (die nicht ihrer Meinung sind) achtet und mitnehmen will. Ganz anders hingegen Sebastian Kurz in Österreich, der seine dienende Funktion, weil frei von falschem Stolz, als Staatsmann verinnerlicht hat.

Der deutsche Patient Null

Zu meinen wie Maischberger, man könne gerade Kurz gegenüber mit „Blame-Game“ kommen – von wegen in Ischgl hätten sich, was gar nicht nachgewiesen ist, Tausende von Deutschen infiziert –, zeugt einmal mehr von schlechter Menschenkenntnis. Sein Hinweis auf eine Studie als Teil seiner Antwort auf den subtilen Vorwurf der Fahrlässigkeit, die besage, dass sich das Virus vielmehr von München aus in Europa verbreitet habe, will man unter anderem bei HNA mit den USA in Verbindung bringen: „Kurz‘ These vom Münchner Virus-Herd bezieht sich mutmaßlich auf den US-amerikanischen Virusgenetiker Trevor Bedford.“

Es lohnt sich, an dieser Stelle nochmal diese Doku vom 7.3.2020 nachzulesen: Patient Zero aus Deutschland? „Nicht vergessen werden dürfe, dass der erste Coronavirusfall Europas im Jänner 2020 in Deutschland aufgetreten ist. Ein diesbezüglicher Brief der deutschen Ärzte, die den Fall entdeckt haben, wurde im New England Journal of Medicine veröffentlicht“, berichtete der Corriere della Sera.

Handelskammer Bozen: „Sonderbar, dass die deutschen Ärzte nicht in Deutschland ihre Erkenntnisse veröffentlicht haben, sondern in Großbritannien.“ Siehe auch Libero: „... wurde der 33-jährige Deutsche um den 20. und 21. Januar infiziert, als er einen Kollegen aus Singapur traf.“ Der Tagesspiegel schreibt auch über „Patient 1“ und schweigt oben stehende Infos tot: „Er ist bis heute unbekannt ... Am wahrscheinlichsten ist deshalb im Moment, dass das Virus als eine Art Kollateralschaden der Globalisierung nach Italien und Europa gekommen ist.“

Es macht jedenfalls nicht den Eindruck, dass man sich hierzulande leisten könnte, mit dem Finger auf andere zu zeigen – peinlich genug, dass überhaupt ein entsprechender Drang vorherrscht. Nicht zuletzt auch deswegen, weil im Gegensatz zu Österreich die Bundesregierung ihre Ministergehälter nicht spenden will, um sich in der Corona-Krise solidarisch zu zeigen.  

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Susanne Baumstarks Blog Luftwurzel.

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Leserpost

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Frances Johnson / 25.04.2020

Viertens: Drosten sagte gestern, dass sehr viele Individuen Resistenzen von Grippen mit anderen Viren haben könnten. Ja, so ist das. Holt sich jemand im Herbst eine Grippeimpfung ab, wird ihm gesagt, dass sie auf dem Vorjahr aufbaut und eine Grippe mit einem anderen Stamm glimpflicher ablaufen kann. Nun muss aber die Frage gestellt werden, ob die Harmlosigkeit des Verlaufs in D daran liegen kann, dass die Deutschen impfunfreundlich sind, also echte Antikörper durch durchgemachte Grippe aufgebaut haben. Hierzu muss man schauen, wie gläubig im Vergleich dazu Spanier, Italiener oder Briten sind und ob sie sich den Herbstschuss öfter geben. Ich weiß nicht mehr, ob Söder nur naiv ist oder böse. Eine Impfpflicht ist unsinnig. Oder zukünftige BK werden inzwischen von Bill Gates gemacht, dann Gute Nacht.

Frances Johnson / 25.04.2020

Drittens: Patient Zero in Europa gibt es also nicht wirklich. Es findet eine zeitgleiche Ausbreitung und zeitgleiche Bereitschaft zum Testen statt. Das Hauptproblem sind Senioren, in Italien die Hälfte über achtzig, ein Viertel über siebzig. Die beiden Kardinalfehler der europäischen Staaten: 1. Den Flugverkehr mit Asien nicht im Januar vollständig unterbinden, 2. Kein Schutzmaterial zur Verfügung haben und gar noch exportieren. Hier stellt sich die Frage nach Absicht, um GAVI und digitale Überwachung zu installieren. Ob es stimmt, dass Gates außer der WHO und John Hopkins auch das RKI mit finanziert, sollen andere verifizieren. Zu Impfkampagnen seiner Stiftung mit Nebenwirkungen und zu seinem Image in Indien, Kenia, Südafrika, Kongo und den Philippinen gibt es ausreichend Material. Größere Beteiligungen an 12 Pharmafirmen. Wenn alles stimmt, was über den Herrn zu lesen ist, gehört er vor ein internationales Gericht und nicht der Bürger kollektiv in Hausarrest.

Ricardo Sanchis / 25.04.2020

Loben, weil sie ihren job ausnahmsweise mal machen?

Frances Johnson / 25.04.2020

Zweitens: Südtirol dürfte sich das entweder bei der WM im Biathlon eingekauft haben oder von Milanesen und Bergameschi, die zwischen Weihnachten und Karneval dort und in der Brenta sowie im Aostatal Ski fahren. Da ich der Meinung bin, dass der Ursprung der Erkrankung schon im November in Wuhan liegt, dürfte die Infektion schon um Weihnachten unerkannt herumgereist sein mit Leuten, die dachten, sie hätten halt so eine Grippe. Offenbar besteht zum Beispiel in St.Ulrich eine signifikante Durchseuchung, die einen Hinweis darauf gibt. Plötzlich explodiert sie, weil sie mit dem nichtsahnenden Peronal, gesund oder leichte Erkältung, in Alersheime und Krankenhäuder eindringt, wo sich das Virus zu einem veritablen Hospitalismus-Problem entwickelt, vermutlich noch verschärft durch MRSA.  Zurück zu Steve Walsh, Chamonix/Brighton: Der Mann hätte überhaupt nicht gemerkt, dass er einen anderen Grippeerzeuger in sich trägt, wenn nicht zwischenzeitlich in China, Singapur und Hongkong, wo man seit SARS 1 und der Vogelgrippe hellhöriger ist, inzwischen Epidemien entstanden wären. Er war nur leicht krank und schnell wieder gesund und ging nur zum Testen, weil er vorher in Singapur gewesen war.

Andreas Spata / 25.04.2020

“Frau Merkel, Sie sind nicht Ludwig XIV ! !......”, mit diesen Worten fasste Sebastian Münzenmaier bei der Bundestagsaussprache zu Corona am Donnerstag seine Kritik, direkt an Frau Merkel gerichtet,  zusammen. Die kurze, sehenswerte Rede (youtube 5:03 ist für mich eine Zusammenfassung der “Coronakrise”. Letztlich gibt die Rede auch das wieder was vor S. Münzenmaier auch schon ex Innenminister Otto Schilly beklagt hat Zitat:„Früher haben Monarchen Flüchtlinge aufgenommen, auch die britische Königin hat das mal getan. Sie konnte das, aber wir haben eine rechtsstaatlich organisierte Demokratie. Wer zu uns kommt, entscheidet nach meinem Verständnis nicht die Kanzlerin.“ Weichgespülter formuliert es Kubicki. Im Kern ist es Merkels alternativloser Regierungsstil der Deutschlands Problem ist. Titel der Rede: Geben sie den Menschen ihre FREIHEIT zurück!

Johannes Schuster / 25.04.2020

@Hans-Peter Dollhopf: Das ist ein ausnehmend überlegener Beitrag von Ihnen. Er zeigt am Selbst, woher die Summe der Probleme aller Selbst rührt. Die Analyse an sich selbst ist ein hartes Brot und die Wenigsten sind bereit das zu zerkauen. Und wenn einer die Mutter in der Analyse heranzieht, ist er weit, sehr weit und genau in dieser frühkindlich erworbenen Moral sind die Probleme der Phyle auch verankert. Die Wenigstens halten es aus, sich an diesen Kasten zu wagen. Die Erwartung der Eltern als Gefängnis des Ichs. Erich Fromm ist das beste Beispiel, daß man auch einer orthodoxen Welt als brillanter Geist hervorgehen kann - aber man zahlt für diese Brillanz einen Preis und der ist hoch. Die Religion ist wie ein Stausee, man kann in ihm baden und man kann sich erfrischen, es ranken sich um den See und das Erlebte an und in ihm ganze Bände, der Boden des Sees wird brackig und schlammig und man weiß nie, wie das Tal ohne den See ausgesehen hätte. Aber das Baden will man auch nicht missen. Und irgendwann hört man auf über den Freiheitsbegriff sinnlose Debatten mit sich zu führen. Man kann nicht den See und das Tal genossen haben. Wobei ich beim Protestantismus bis heute die Religion hinter der Moral nicht sehe.  Gott ist bei Luther nur eine Reitpeitsche ewiger Belehrung über Gott. Gott auf die Erde holt die Lehre nicht, erst recht nicht, wenn man den Sinn hinter ihr mit Moral erstickt. Das dürfte auch das Problem der Kanzlerin sein, ihre erworbenen Muster, moralisch zu sein als Sozialistin und vor Luther. Aber das ist immer alles nur “gut vom Menschen” ohne jeden Wert über den Moment hinaus. Und dieses Dosenfutter der Moral, das verbreitet und serviert sie. Das wars dann aber auch. Danke nochmal für Ihren Beitrag !

Frances Johnson / 25.04.2020

Leider halte Ich das für sehr weit hergeholt. Es gibt im Prinzip mehrere Patienten Zero in Europa. Alles passierte zu etwa demselben Zeitpunkz - das Virus wurde aus Wuhan u. Singapur mitgegebracht. Erster französischer Fall 24.1.: Steve Walsh in einem Chalet in den französischen Alpen, kam von Singapur. Dieser trug als sog. super-spreader den Keim nach Brighton Sussex.  Hier bleibe ich mal kurz stehen: Hüttenpersonal bleibt selten die ganze Saison auf einer Hütte, vor allem, falls die Konditionen schlecht sind. SARS-CoV-2 kann mit Hüttenpersonal umgezogen sein. Zeitgleich der deutsche Fall durch chinesische Kollegin, anwesend 19.-22. Januar, Webasto, Gauting. Dieses hehört zu Starnberg, nicht München. Mann war offenbar gleich danach auffällig und wurde konsequent isoliert. Italien gleicher Zeitpunkt: Paar eingereist am 23.1. nach Milano, Fahrt durch Italien, vermutlich über Codogno!!! nach Parma, am 31.1. positiv getestet in Rom. Das Problem ist, dass die Kontakte nach Asien nicht sofort gekappt wurden. Wir haben hier drei Einreisen um am Ende der dritten Januarwoche, die definitiv CV-positiv waren: 1. Walsh, Chamonix/Brighton, 2. Chinesin Gauting, 3. Chinesen aus Wuhan Milano/Parma/Florenz/Rom. 4. Außerdem den Patienten aus Hongkong, der am 20.1. die Diamond Princess bordete. Alles zeitgleich. Es explodierte förmlich Ende Januar. Die Reaktionen der diversen Staaten waren nicht angemessen. Hätte man die Kontakte nach Asien für vier Wochen gekappt, wäre vielleicht eine Pandemie ausgebliebe.n. Ischgls Befund dürfte von Hüttenpersonal oder Dienstleistern transportiert worden sein und erst vier Wochen später von Touristen.

Jürgen Fischer / 25.04.2020

Ich wüsste nicht, was man an der Tagesschau loben sollte. So eine einzige “kritische” Meldung geht doch im Übermaß der sonstigen, untertänig-treudoofen Hofberichterstattung unter. Und diejenigen, die die “Kritik” bemerken und aufnehmen sollten, kapieren es eh nicht. Wie schon Marie von Ebner-Eschenbach schrieb: »Ihr jubelt über die Macht der Presse - graut euch nie vor ihrer Tyrannei?«

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