Claudio Casula / 02.08.2022 / 14:00 / Foto: Hamid Mir / 71 / Seite ausdrucken

Aiman al-Zawahiri ist tot

Der sprenggläubige Führer der weltweit operierenden Al-Qaida verstarb gestern Morgen in Kabul. Ein Rückblick auf das bewegte Leben des Terrorfürsten.

Aiman Al-Zawahiri, Sohn einer angesehenen und nicht unbegüterten Familie im Nildelta, studierte Medizin in Kairo und arbeitete drei Jahre als Chirurg in der ägyptischen Armee, danach in einem Kairoer Krankenhaus. Später sollte er Operationen ganz anderer Art planen. 1978 heiratete er die Philosophiestudentin Azza Ahmed Nowari im Continental Hotel in Kairo. Da er als sprenggläubiger Muslim ein ernsthafter Mann war, „feierten“ Männer und Frauen getrennt, Fotos wurden nicht gemacht und auch keine Musik gespielt, Alkohol war selbstredend verpönt. Al-Zawahiri war viermal verheiratet (gleichzeitig) und Vater von sechs Kindern.

Bereits im Alter von 15 Jahren soll er während der Schulzeit eine erste geheime Gruppe gegründet haben, die den Sturz der Regierung und die Herrschaft des Islam zum Ziel hatte. Später trat er der Muslimbruderschaft bei, die er aber wegen mangelnder Radikalität („Warmduscher!“) wieder verließ. Als engagierter Regierungskritiker plante Al-Zawahiri lange einen Staatsstreich. Nach der Ermordung Präsident Sadats wurde er festgenommen. Er gestand zwar ein, einige der Attentäter gekannt, jedoch nur mit ihnen Backgammon gespielt und nichts von ihren Attentatsplänen gewusst zu haben. 

Al-Zawahiri engagierte sich in der islamistischen Gruppe al-Dschihad und wurde später ihr Chef. In Afghanistan lernte er Osama bin Laden kennen, woraus sich eine lebenslange Freundschaft entwickelte. Al-Dschihad verübte Anschläge auf den ägyptischen Innenminister und den Premierminister, später auch auf Präsident Mubarak. Al-Zawahiri saß immer mal wieder im Gefängnis, wurde hier und dort ausgewiesen und versuchte auf zahlreichen Reisen, Geld für al-Dschihad aufzutreiben. In seiner Freizeit interessierte er sich sehr für biologische und chemische Waffen. 

Der nette Islamist von nebenan

Als rechte Hand von Osama bin Laden, mit dem er nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eine gemeinsame Videobotschaft aufnahm, erlangte Al-Zawahiri einen gewissen Bekanntheitsgrad. Wie viele Linke im Westen kritisierte der leidenschaftliche Antiamerikaner das Gefangenenlager Guantanamo sowie die Invasionen in Irak und Afghanistan und nahm Stellung zum Streit in Frankreich über das Tragen von Kopftüchern in öffentlichen Gebäuden. Selbstverständlich stand Al-Zawahiri fest an der Seite der Palästinenser, seit er in jungen Jahren den „Dschihad gegen die Juden und Kreuzfahrer“ ausgerufen hatte, wobei mit Letzteren keine Vergnügungsschiffspassagiere gemeint waren.

2005 übernahm er gern die Verantwortung für die Terroranschläge auf Busse und U-Bahnen in London, sechs Jahre später wurde er nach dem tragischen Hinscheiden Osama Bin Ladens dessen Nachfolger als Vorstandsvorsitzender von Al-Qaida, mit dem seine Organisation al-Dschihad längst fusioniert hatte. Als „Emir“ der Organisation sollte er den „Heiligen Krieg“ fortsetzen. Da ihm die Amerikaner immer noch den Tod von 3.000 Menschen am 11. September übelnahmen und ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar auf ihn aussetzten, war Al-Zawahiri zu häufigen Wohnortwechseln gezwungen, jedoch bei allen Nachbarn als „der nette Islamist von nebenan“ bekannt, der immer freundlich im Treppenhaus grüßte.

Gestern Morgen trat Aiman Al-Zawahiri auf den Balkon seiner Höhle in Kabul und wurde unversehens von zwei von einer Drohne abgeschossenen Hellfire-Raketen zur Hölle geschickt – beziehungsweise, wie er es sieht, zu 72 knusprigen Huris (Jungfrauen) im Paradies, denen er allerdings in schlechter körperlicher Verfassung begegnen dürfte. Aiman Al-Zawahiri hinterlässt drei Ehefrauen, mehrere Surensöhne sowie ein literarisches Œuvre von vier Werken, darunter „Ritter unter dem Banner des Propheten“, „Treue und Verrat“ und „Der Sündenerlass“, die mit einiger Wahrscheinlichkeit demnächst anlässlich seines Ablebens einfühlsam von Jürgen Todenhöfer besprochen werden dürften.

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Leserpost

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Frank Holdergrün / 02.08.2022

Es bleibt einem das Lachen im Hals stecken, vor allem bei Würg’en Tod’en’höfer. Wie ein jeminitischer, stolzer Mann seine 13 Kinder präsentiert und welche Namen die Kinder ihren Müttern geben, schauen Sie bitte dazu den neuesten Beitrag von Imad Karim: “Und was sagt unsere Schwester Claudia Roth dazu? TF - Ausgabe 04.” So isser halt, der Islam, Frauen sind Eure Äcker, schlicht durchnummerieren, das reicht.

Gerard Doering / 02.08.2022

Schwer für mich vorzustellen dass Biden vorher genaues wusste. Müssen wir doch noch nicht alle Hoffnung fahren lassen? Schickt endlich die Meister der Lügen auf die hintersten Sitze des Bundestages und die Wuchtbrummen an den Herd zurück. KO sind wir doch jetzt eigentlich schon.

Ilona Rothin / 02.08.2022

Super Artikel. Vor allem der Schluß! Ich frage mich allerdings, wo die Freudenausbrüche der Bundesregierung bleiben? Alle top-Gazetten jubeln, von der “Times” bis zur “Washington Post”. Die 19 Terroristen, die 2001 in den USA vier Flugzeuge entführten, den Piloten und Stewardessen mit Teppichmessern die Kehlen durchschnitten, haben alle in Hamburg studiert und dort jahrelang ihren Massenmord ausgeheckt. Al-Zawahiri war ihr Lehrer in den Al -Quaida-Ausbildungscamps in Afghanistan, (s. die brillante Analyse von Lawrence Wright). Die Massenmörder um Mohammed Atta haben in Deutschland wie die Maden gelebt und jetzt, wo ihrem Ausbilder, Al-Zawahiri in Kabul die Raketen um die Ohren flogen, hört man von der Bundesregierung nichts. Wo sind die Glückwünsche der “Betroffenheit-Beauftrageten der Bundesregierung”, Katrin Göring-Eckardt? Wo die Jubelausbrüche unserer “Rechten Gefahren-Fanfare”, Claudia Roth? Wo ist der Applaus der muslimischen Verbände in Deutschland, die bei jedem Kopftuchverbot auf die Barrikaden gehen, aber bei dem Tod des Massenmörders und Moslems, Al-Zawahiri schweigen? Hätte Al-Zawahiri in Deutschland gelebt, wäre er längst mit “paranoider Schizophrenie, ergo schuldunfähig, in der Psychiatrie gelandet.

Karl Mistelberger / 02.08.2022

Bevor ich einen ausgebe denke ich lange darüber nach ob es auch sinnvoll und angemessen ist. Der spektakuläre Abgang von Aiman Al-Zawahiri macht mir die Abwägung leicht. Ich freue mich schon auf die Reaktionen der Beglückten. Eine Überraschung war bei solchen Anlässen immer dabei.

Peter Holschke / 02.08.2022

Da ist wohl jetzt eine Stelle beim CIA als Terrorfürst frei. Kleiner Scherz.

Thomas Müller / 02.08.2022

“zu 72 knusprigen Huris (Jungfrauen)”. Um es mit den Worten des Bauchredners Jeff Dunham zu sagen, der seiner Terrorskelettpuppe Achmed, the dead terrorist entgegnete, als dieser meinte, er sei ein suicide terrorist because of the 72 virgins, waiting in paradise: Are you sure that these virgins are female? In diesem Sinne, freut Euch aufs Paradies, Ihr Islamisten :-).

Carsten Fischer / 02.08.2022

Rest In Pieces.

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