Afghanistan: Es war nicht alles umsonst

Dieser Beitrag ist Teil einer fortlaufenden Serie von Berichten der feministischen Autorin Phyllis Chesler über die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan und deren Auswirkungen auf die Frauen.

Was gibt es noch über Amerika in Afghanistan oder über Afghanistan selbst zu sagen? Seit mehr als einem Monat sind die Printmedien, die Radiowellen und das Internet voll von Szenen des Schreckens und des Grauens, von den beschämendsten Reden und von politischen, historischen und militärischen Analysen in Hülle und Fülle.

Amerika und Europa hätten sich gar nicht erst dorthin begeben dürfen; oder wir hätten, nachdem wir uns dorthin begeben hatten, bin Laden finden und schnell wieder abreisen sollen. Nachdem wir bin Laden in den Höhlen von Tora Bora nicht gefunden hatten, hätten wir nicht entscheiden sollen, zu bleiben, vielleicht zu lange zu bleiben. Zumindest hätten wir unseren Abzug weitaus strategischer planen, den Flugplatz Bagram offen halten, den Flughafen Kabul befestigen und erst abziehen sollen, wenn auch der letzte amerikanische, europäische und afghanische Verbündete Amerikas und Europas in Sicherheit ist; selbst dann hätten wir eine kleine Streitmacht zurücklassen sollen, um die sich sammelnden terroristischen Kräfte zu überwachen und zurückzuschlagen.

Biden gab Anderen die Schuld für das, was schiefgelaufen ist

Offenbar ist Präsident Biden anderer Meinung. Er ist der Meinung, dass unser Abzug gut verlaufen ist, dass all die unmittelbaren und künftigen Opfer nicht so wichtig sind wie unser Abzug, dass die Evakuierung auf diese schreckliche Art und Weise irgendwie ein Sieg des Pazifismus ist. Kurz gesagt, Biden hat gelogen und Menschen sind gestorben. Und noch mehr werden sterben. Biden gab Anderen die Schuld für das, was schiefgelaufen ist, behauptete aber auch, dass eine klare und gegenwärtige Niederlage in Wirklichkeit ein Triumph sei.

In der Vergangenheit habe ich geschrieben, dass man moralisch nicht verpflichtet ist, etwas zu tun, was nicht getan werden kann, nämlich dazu beizutragen, dass sich der Scham-und-Ehre-Tribalismus und der Islam weiterentwickeln. Afghanistan wurde als das „Grab der Imperien“ bezeichnet, da es nie kolonisiert wurde, außer natürlich durch den sunnitischen arabischen Islam, der die Buddhisten, Hindus und Heiden, die früher dort lebten, massakrierte und der die afghanischen Hazaras weiterhin verfolgt, weil sie schiitische Muslime sind.

Viele behaupten nun, dass die westlichen Illusionen über unsere Fähigkeit, den fundamentalistischen Islam des 7. Jahrhunderts zu modernisieren oder zu mäßigen, nun sterben und in Afghanistan schnell begraben werden.

Aber ist das wirklich wahr?

Im Wesentlichen feudal und stammesorientiert

Ich glaube nicht ganz. Die afghanischen Feministinnen und die afghanischen Männer, die ebenfalls für die Rechte der Frauen gekämpft haben, wurden in der Tat durch westliche Einflüsse verändert – all das wurde durch militärische Truppen vor Ort ermöglicht, und davor, seit den 1960er Jahren, durch Afghanen, die im Westen studierten, nach Hause zurückkehrten und sich bemühten, ihr Land zu modernisieren.

Der Afghane, mit dem ich vor so langer Zeit verheiratet war, kehrte gerade deshalb nach Kabul zurück, um sein Land zu verbessern und ins 20. Jahrhundert zu bringen. Er wurde Minister für Film und Theater, und als Sohn eines wohlhabenden Vaters konnte er etwa zwei Jahrzehnte lang ein recht angenehmes Leben führen, bis er nach dem Einmarsch der Sowjets fliehen musste.

Im Laufe der Jahre konnte er sich nie eingestehen, dass sich seine Träume nicht verwirklichen ließen, dass sein Land im Wesentlichen feudal und stammesorientiert war und von Männern wimmelte, deren Geschichte davon handelte, Krieger zu werden, zu töten und für „die Sache“ zu sterben, ganz gleich, ob es sich bei dieser Sache um den Dschihad handelte oder, was wahrscheinlicher war, um das Abschlachten eines rivalisierenden Stammes oder einer ungehorsamen weiblichen Verwandten oder eines männlichen Cousins, der aus der Reihe getanzt war.

Ein wahres Wunder!

Nach jedem Fortschritt ist Afghanistan immer wieder in die Vergangenheit zurückgefallen. So charmant viele Afghanen auch zu sein schienen, so wurde mir doch klar, dass ihnen Korruption und Grausamkeit im Blut lagen und sie eine Vorliebe für Folter hatten (lesen Sie dazu die wunderbaren Memoiren von M. H. Anwar), genau wie anderswo, nur auf afghanische Art.

Und doch – ein wahres Wunder! Die afghanischen Frauen, mit denen wir jetzt arbeiten und die wir retten wollen, sind alle Feministinnen, Humanistinnen, Modernistinnen, und sie wollen das, was sie als westlich inspirierte Menschenrechte bezeichnen würden. All die europäischen und amerikanischen Nichtregierungsorganisationen, die Schulen für Mädchen und Heime für misshandelte Frauen unterstützten; alle, die afghanische Mädchen und Frauen finanzierten und ermutigten, Ärztinnen, Politikerinnen, Lehrerinnen, Journalistinnen, Sportlerinnen, Entertainerinnen, Fotomodels (!) sowie Kosmetikerinnen, Ladenbesitzerinnen, Kinderbetreuerinnen und so weiter zu werden – all das hat funktioniert. Und das sind die feministischen Frauen, die von den Taliban ins Visier genommen wurden und mit denen mein internationales Team in Kontakt stand. Wir hatten das Privileg, diesen Frauen zu helfen.

Auch wenn einige vielleicht immer noch nicht MEINE Ansicht darüber teilen, welche Freiheiten eine Frau verdient, so haben sie doch eine Ansicht, die bedeutet, dass sie potenziell produktive und assimilierte Bürgerinnen im Westen sein werden. Sie sind keine Terroristinnen. Sie sind keine Mitglieder der Taliban – ganz im Gegenteil. Auch wenn einige von ihnen ein Kopftuch tragen möchten, wollen diese Frauen keine Burka tragen, keinen Taliban-Kämpfer heiraten oder für den Rest ihres Lebens in einem Haus bleiben.

Weibliche Flüchtlinge stellen in der Regel nicht die gleichen Probleme dar wie bestimmte männliche Flüchtlinge. Sie belästigen weder Männer noch Frauen sexuell und greifen sie nicht an. Sie vergewaltigen keine ungläubigen Frauen. Einige halten ihre Töchter jedoch weiterhin „auf Linie“ und bestehen auf Gesichtsverschleierung oder zumindest Kopftuch, auf arrangierten Ehen und auf dem Gehorsam der Frauen gegenüber Stammesnormen.

Ich frage mich, ob die politisch korrekten Multikulturalisten im Westen das Recht einer solchen Frau unterstützen werden, sich NICHT zu verschleiern, keinen Hidschab zu tragen und so weiter. Werden sie dies so eifrig tun, wie sie das Recht unterstützen, im Westen unter der Scharia zu leben? Wir werden es bald sehen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei 4W.

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Foto: Phyllis Chesler

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Leserpost

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Steffen Huebner / 17.09.2021

@Claudius Pappe - Die sind doch schon da, die Messer-Künstler, Islam-Wissenschaftler und Haltungs-Journalisten?

g.schilling / 17.09.2021

@Otto Nagel: ““sollen wir jetzt als Ausgleich Millionen “moderne Mädchen und Frauen” zu uns holen,”” Nein, nicht für die Burkamode, sondern für die Heirat mit den Ingenieuren brauchen wir weibliche Zuwanderung. Die deutschen Mädchen sind a) zu wenige und b) schon verbraucht (keine Jungfrau mehr) und c) schon gemessert.

Patricia Steinkirchner / 17.09.2021

Natürlich war es nicht “umsonst” und ist es weiterhin nicht. Unsummen sind geflossen und werden fließen. Afghanistan interessiert mich nicht, ich finde das alles abstoßend. Es ist einzig und allein Sache der Leute dort, wie sie leben wollen. Warum sollte Deutschland sie aufnehmen? Das erschließt sich mir beim besten Willen nicht. Sog. Fachkräfte werden dort dringend gebraucht.

Klaus Keller / 17.09.2021

Natürlich war es nicht umsonst. Ich würde sogar sagen das es ziemlich teuer war.

Otto Nagel / 17.09.2021

Jetzt bin ich etwas durcheinander !  Nachdem dieses Land mehrere Millionen “Männer” , meist Raketenfachleute und Chirurgen mit muslimischen Lebenshintergrund zu uns geholt haben, sollen wir jetzt als Ausgleich Millionen “moderne Mädchen und Frauen” zu uns holen, die hier ihr Recht auf Burka und Gesichtsschleier durchsetzen wollen, meist Studierende , was mit Sozial… oder Geschwätz, Hauptsache modern ? Obwohl, das mit dem Gesichtslappen funktioniert doch prächtig ! Na ja, für die Zukunft bin ich nicht mehr geeignet.

giesemann gerhard / 17.09.2021

Umsonst war in der Tat gar nichts, was dort und anderswo versucht und betrieben wurde - und noch wird. Allenfalls vergebens, denn das hat jede Menge Geld und Ressourcen verschlungen. Ich will mich abwenden von einer Welt, die mit intensivem Eifer ständig ihre Probleme schafft und verschärft. Die jungen Mädchen, kaum gebärfähig, tun mir unendlich Leid, die Weiber, ihre Mütter, die das ganze Elend unterstützen und fördern nicht. Wenn ich könnte, so täte ich ihnen die Mädchen weg nehmen. Wir brauchen eine weltweite Organisation oder Bewegung, die das denen ständig sagt, sie somit unmöglich macht, die Weiber wie die Kerle. Das könnte die UNO sein - leider ist die UNO aber von den Hyperfertilen zu einem unfähigen Sauhaufen gemacht worden. So werden die jungen Mädchen weiter leiden, unter den Augen von unicef und somit der ganzen Welt. Aber SAGEN können wir es, wir sagen ihnen, dass wir ihre Verbrechen kennen, dass wir wissen: Es sind 650 Millionen Mädchen, die von Kinderehen* und Frühschwängerung betroffen sind, Wer aber Leute, die das sagen kriminalisiert, wer das “Volksverhetzung” nach § 130 StGB nennt, der ist der Hehler dieses Verbrechens - das größte, das mir bekannt ist derzeit. Mit allen Folgen, die sich daraus ergeben, zwangsläufig. *“unicef prangert Kinderehen an” im ww-net. Es schert sich bloß keine/r drum.

Walter Weimar / 17.09.2021

Afghanistan, hier kann ich auf den Film von Imad Karim verweisen, welcher einen guten Einblick zu dem aghanischen Volk zeigt. Früher hat man immer gehört, keiner soll sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmischen. Daran hat sich nichts geändert. Das aghanische Volk hat das Recht wie im Mittelalter zu leben. Zustimmung 90% aller Afghanen.

Harald Unger / 17.09.2021

In den vergangenen 20 Jahren hat sich afghanische Bevölkerung vervierfacht. Jetzt kommt Nordamerika und Westeuropa, vor allem deren Mädchen und Frauen, in den Genuß, zum Ziel deren Neigungen zu werden. Hei, wird das ein tägliches Aushandeln. Dank Gender, auf den Toiletten und in den Umkleiden, um so bequemer. - - - Auf der politischen Ebene wird Obama III, also die Biden-Junta, die erfolgreiche Methode, bereits Al-Shabaab und Hamas in den US-Congress gebracht zu haben, wiederholen. Indem man, wie zuvor bei den Somaliern und Arabern, Ansiedlungs-Hotspots einrichtet, wo die Vertreter dann auf dem Ticket der Democrats gewählt werden. Ob allerdings die Taliban mit einer Frau in den US-Congress einziehen, wird man sehen. - - - Was hier zur Anwendung kommt, ist ein Mix aus Saul Alinsky und Cloward-Piven Strategy. Der kurze Prozeß mit der Epoche des Bürgerlichen Zeitalters.

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