Cora Stephan / 16.03.2023 / 11:00 / Foto: H.Zell / 24 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz: Klageruf aus der Zukunft

„Wir schauen uns also den ganzen Schlamassel an, viel Zeit bleibt uns ja eh nicht mehr. Nur das Haus – darum tut es mir leid. Du weißt ja, wie lange wir restauriert und renoviert haben, wir sentimentalen Hühner, weil wir dachten, damit ein Stück Geschichte zu erhalten.“

Klein-Roda, im März 2025

Lieber Victor,

ich schreibe Dir in einer etwas wehmütigen Stimmung. Sicher, Ungarn ist nicht so weit entfernt wie die USA und Kanada, aber in unserem Alter ist das nicht gerade ein Katzensprung. Dass Du wiederum keine große Lust auf Heimaturlaub hast, ist uns klar. Wir hätten Dir auch nichts zu bieten, was Dir Anlass geben könnte, Deine Entscheidung zu bereuen, wir verstehen nur zu gut, dass Du Deutschland den Rücken gekehrt hast. Du bist nicht der Einzige. Das Land hat Dir und Deinesgleichen nichts mehr zu bieten.

Unsere Industrie wandert aus – und ihr jungen qualifizierten Leute wandert mit. Im übrigen kann man dank Homeoffice auch an weit schöneren Orten als Hessisch-Sibirien arbeiten, seit Corona wisst ihr ja, wie das geht.

Diejenigen, die an eurer Stelle kommen, sind bekanntlich kein Ersatz. Und für die wachsende Zahl an mehr oder minder Bedürftigen zu arbeiten und Steuern zu zahlen, macht erst recht keinen Spaß. Das finden mittlerweile vor allem jene, die selbst einen Migrationshintergrund haben, aber integriert und erfolgreich sind.

Schweigen wir von all den anderen Faktoren, die das Leben hier nervtötend machen, neben den hohen Steuern und den enormen Energiekosten. Die ganze Verbotskultur. Die unerträgliche Stimmung in diesem Land! Die politmediale Klasse kennt nur eine Meinung, Widerspruch wird geradezu rachsüchtig verfolgt. Ach, wem erzähle ich das. Auch uns sind Laune und Lebenslust vergangen.

Die Begründung für jeden Schwachsinn

Dennoch: Wir halten hier die Stellung, wir sind zu alt zum Auswandern. Sollte sich die Lage verändern, sodass Du einen Grund hättest, zurückzukommen, lasse ich es Dich wissen. Aber ich habe die Hoffnung aufgegeben.

Wir werden zu den Letzten gehören, die das Licht ausmachen, wenn man es uns nicht vorher schon ausgeknipst hat. Du weißt ja, dass wir Dir unser Haus vererben wollen. Doch mittlerweile fragt sich, ob das nicht eher eine Bürde denn ein Zugewinn wäre.

Denn wenn es nach der EU und unserer Regierung geht, hat unsere Gasheizung nur noch ein paar Jahre, dann wird sie ebenso verboten sein wie unser Benziner. Weil sie „klimabelastend“ sei, das ist heute die Begründung für jeden Schwachsinn.

Ich fürchte, unser Geld wird nicht reichen für den Einbau einer Wärmepumpe – außerdem müsste dafür das ganze Haus „energieeffizient“ saniert werden. Bislang hat mir noch keiner erklären können, wie man das bei einem alten Fachwerkhaus anstellt. Dein Onkel hält außerdem gar nichts von Wärmepumpen, die brauchen nämlich auch Elektrizität, um zu funktionieren, und die ist bekanntlich nicht nur teuer, sondern wird auch immer knapper.

Nicht etwa, weil es uns an Windkraft mangelte, wir sind umzingelt von den Dingern. Erik hört gottlob so schlecht, dass er das Wummern der Schallwellen gar nicht mitkriegt.

Platz für die Windmühlen gibt es genug: Viele Landwirte haben vom Bauernbashing die Nase voll und sind heilfroh, wenn irgendein windiger Investor ihnen ihre Äcker und Wiesen abkauft. Unsere uns liebende Regierung möchte täglich fünf oder sechs neue aufstellen, was bislang allerdings daran scheitert, dass es weder genug Beton noch genug Fachkräfte dafür gibt. („Ganz zu schweigen von Kupfer, Lithium und Nickel“, ruft Erik. „Und Kobalt, für die Batterien der E-Autos.“)

Die reden uns ein, wir müssten die Welt retten

Wir schauen uns also den ganzen Schlamassel an, viel Zeit bleibt uns ja eh nicht mehr. Nur das Haus – darum tut es mir leid. Du weißt ja, wie lange wir restauriert und renoviert haben, wir sentimentalen Hühner, weil wir dachten, damit ein Stück Geschichte zu erhalten. Ein Stück Kultur! Doch auch das ist in diesem ganzen großen Schmelztiegel namens „Klimarettung“ untergegangen. Kultur, Landschaft, Vergangenheit – das alles zählt nicht mehr. Wir leben in einem geschichtslosen Gebiet, das nur noch als Ausstellungsraum für die Symbole der Klimareligion dient.

Von Umwelt- und Landschaftsschutz ist ja schon längst keine Rede mehr. Oder von Tierschutz. Den Bauern wird vorgeworfen, sich nicht ums Tierwohl zu kümmern. Aber zermatschte Insektenschwärme an den Rotorblättern der Windmühlen, tote Fledermäuse und zerfetzte Vögel – das schert keinen.

Die reden uns ein, wir müssten die Welt retten. Aber manchmal denke ich, es kommt ihnen vor allem darauf an, Deutschland zu zerstören. In einer Art drittem Weltkrieg. Aber das darf ich nicht sagen, meint Erik, das ist nicht korrekt. Also politisch.

Es tut mir leid, dass ich nichts Besseres zu vermelden habe. Ich denke, Du hast alles richtig gemacht. Komm erst zurück, wenn hier endgültig alles kaputt ist, dann wird jeder für den Wiederaufbau gebraucht. Vielleicht gibt es dafür dann sogar Geld von der EU.

Lass es Dir gut gehen! Genieß den Job und die Sonnenuntergänge am Balaton! Und fühl Dich umarmt von Deiner Dich liebenden

Tante Klara

 

Cora Stephan, geb. 1951, ist Publizistin und Schriftstellerin. Sie veröffentlichte Beiträge in zahlreichen Medien, darunter beim NDR. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Soeben ist ihr neuer Roman „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“ erschienen.

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T. Schneegaß / 16.03.2023

Ein wünderschöner, zu Herzen gehender Text, Frau Stephan. Ungarn war für uns jetzt 3 Jahre Exil- und Zufluchtsort, in dem wir viele Monate “coronafrei” unser Rentnerleben leben konnten und der Diebstahl an Lebenszeit somit geringer ausfiel, als von den Verbrechern für uns vorgesehen. Und auch jetzt ist jeder, immer noch regelmäßige Aufenthalt in unserer zweiten Heimat, eine wunderbare Auszeit vom Wahnsinn. Ab wann wir uns die Rückreisen sparen, wird sich demnächst entscheiden.

Heiko Stadler / 16.03.2023

Was mit dem liebevoll restaurierten Fachwerkhaus passiert, lässt sich leicht erraten. Im vorigen Jahr habe ich mal den Ort besucht, an dem ich aufgewachsen bin. Damals wohnten dort Professorenfamilien und hochrangige Siemens-Mitarbeiter mit ihren Familien in schönen Villen. Heute sind die Villen abgerissen und durch Plattenbauten ersetzt. Wo früher 20 hoch qualifizierte Leute lebten, leben heute etwa 200 bunte Bereicherungen und verbrauchen fünf mal so viel Energie, natürlich dem Klima zuliebe. Wenn Ideologen von Klimarettung sprechen, dann meinen sie damit Abriss, Umweltzerstörung, Ressourcen- und Energieverschwendung und Vernichtung von Wohlstand. .... Nein, die EU vergibt kein Gels für den Wiederaufbau. Erst wenn die EU rückstandsfrei in die Tonne getreten ist und sich das NIE WIEDER in die Köpfe der Menschen eingebrannt hat, kann Europa wieder leben.

Dietrich Herrmann / 16.03.2023

Liebe Frau Stephan, Sie sind 3 Jahre jünger als ich, und da ist es herzerfrischend zu sehen, wie Sie intellektuell anscheinend dien gleichen Lebensweg hatten, wie ich nebst Frau. Danke für all Ihre Artikel hier!  Ich bin allerdings auch schon nach Österreich gezogen. Und obwohl man bei einigen politischen Dingen bemerkt, dass Österreich den deutschen Unfug mit relativ kurzem Zögern dann doch irgendwie übernimmt, sind die Auswirkungen doch nicht ganz so prekär.  Die hiesigen Grünen sind ebenso vollkommen von der Rolle, um es mal so zu sagen. Ich wollte schon mal vorschlagen, anstelle der Gipfelkreuze doch Windräder auf die hohen Berge der Alpen zu stellen. Aber dafür wird man hier wohl keine Mehrheit finden… ;-)  Werte Frau Stephan - weiter so!

Nico Schmidt / 16.03.2023

Sehr geehrte Frau Stephan, da haben Sie leider Recht…... MfG Nico Schmidt

Claudius Pappe / 16.03.2023

Vorsicht beim Grillen und Strom sparen : ” Die Richter des Landgerichts München I gaben dem Kläger recht. So muss der Nachbar es unterlassen, auf seiner “Terrasse an zwei aufeinanderfolgenden Tagen am Wochenende (Samstag und Sonntag) oder an zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen und insgesamt mehr als viermal im Monat zu grillen.” Verstößt der Beklagte gegen das Urteil und grillt häufiger, muss er mit einem Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro rechnen. Auch eine Haftstrafe von bis zu sechs Monaten sei möglich. Allerdings nur, wenn der Beklagte die Strafe nicht begleichen kann. ” gefunden auf t-online….....................aber mit einem Grillmesser durch die Stadt laufen und…..............................kostet keine 250 000 Euro

Rollo Tomasi / 16.03.2023

Die traurige Gnade der frühen Geburt .

M Posern / 16.03.2023

Mir läuft es kalt den Rücken runter. Leider sehr treffend.  Umerziehung, Enteignung, Verbote, Menschenfeindlichkeit. Wieso kommt mir das - historisch gesehen - nur so bekannt vor?

S. Andersson / 16.03.2023

Keine Bange, die momentan frei drehenden Traumtänzer und nix versteher sind dem nächst Opfer ihrer Spinnereien. Ich werden diesen Leuten dann sicher nicht helfen. Denen kann ich dann nur raten bei Amazon das Seil ohne Bewertung zu kaufen… müsste dann ja die beste Qualität sein

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