Claudio Casula / 10.08.2022 / 11:00 / Foto: Kolforn / 118 / Seite ausdrucken

Witten: Freibadsaison endet bei 30 Grad

Das Komplettversagen der Energiepolitik müssen die Bürger ausbaden. Auch im nordrhein-westfälischen Witten, aber nicht öffentlich: Das städtische Freibad schließt mitten im Hochsommer.

Die Sonne scheint im Durchschnitt hierzulande rund 1.650 Stunden im Jahr. Das sind etwa 70 Tage und die Zahl der Gelegenheiten, draußen schwimmen oder baden zu gehen, damit naturgemäß begrenzt, auch in Zeiten der „Klimakatastrophe“. Umso mehr freuen sich vor allem die Kinder auf die Freibadsaison, die um Anfang Mai herum beginnt und bis Mitte September gehen kann.

In letzter Zeit trübten allerdings Widrigkeiten verschiedener Art das öffentliche Badevergnügen. In Berlin zum Beispiel durch eine Klientel, die statt Sonnencreme und Lektüre schon mal Messer und Pfefferspray mitbringt, aber auch gern mit bloßen Händen Raufhändel in größeren Gruppen betreibt. Seither laufen dort Polizisten Streife, ein Anblick, den man aus eigenen Kindertagen eher nicht kennt. Dann spielte das Land wegen eines Atemwegsvirus verrückt. 2020 wurden die Freibäder geschlossen, aus Angst, die Besucher könnten sich in den Duschen und Umkleideräumen anstecken. Im Sommer 2021 wurden sie wieder geöffnet, jedoch mit allerlei Auflagen: Jeder zweite Startblock war gesperrt, auch die Rutschen. Im Laufe der Saison wurde dann die 3G-Regel angewendet.

Jetzt macht die von der Politik verschuldete Energiekrise den Badegästen das Leben noch schwerer. Um Energie zu sparen und „Putin zu schaden“, beheizt etwa die Stadt Detmold ihre Freibäder nicht mehr. In Friedrichshafen am Bodensee schließt man drei Freibäder aus demselben Grund. In Gundelsheim wurde die Wassertemperatur abgesenkt und den Besuchern empfohlen, dann „eben etwas schneller zu schwimmen“. Und die Industrie- und Handelskammer Berlin stellt den Betrieb von Schwimmbädern gänzlich infrage. Sie fordert: „Ihr müsst jetzt in den See springen, um Gas zu sparen.“

„Wenn es heiß wird“, hat Dieter Nuhr mal in Anspielung auf die Grillsaison gesagt, „zündet der Deutsche ein Feuer an“. Oder er schließt Freibäder.

In der 95.000-Einwohner-Stadt Witten im Südosten des Ruhrgebiets gibt es im Stadtteil Annen ein Freibad, das an Spitzentagen von 3.000 bis 4.000 Menschen aufgesucht wird, angelockt von großen Liegeflächen, 50-Meter-Schwimmerbecken, Sprungbecken, Nichtschwimmerbecken mit Rutsche und Babyplanschbecken. Behindertengerecht ausgebaut, zusätzlich stehen auf dem insgesamt 32.000 m² großen Gelände Liegen, ein großer Sandspielplatz mit Klettergerüst, ein Matschplatz mit Wasserpumpe, ein Beach-Volleyball-Feld, ein Fußballfeld und mehrere Tischtennisplatten zur Verfügung. Und das Ganze kostet nur äußerst schlanke 3,70 Euro für den ganzen Tag, Kinder zahlen sogar nur 2,30 Euro Eintritt. Die Stadtwerke, die das Bad betreiben, jammern oft darüber, dass das Freibad ein Verlustgeschäft sei. Ein veritables Rätsel!

„Schon jetzt Gas einsparen“

Wie auch immer: Nach Totalausfall 2020 und eingeschränktem Vergnügen 2021 wurde die diesjährige Saison, die sonst um den Muttertag beginnt, verspätet eröffnet, weil ein Ersatzteil für eine Pumpe oder Filteranlage nicht rechtzeitig geliefert wurde. Außerdem wurde die Beckentemperatur abgesenkt: von 26 auf 24 Grad, im Nichtschwimmerbecken, das vor allem von Kindern frequentiert wird, sogar auf sportliche 21 Grad. Immerhin sorgen die sommerlichen Temperaturen dafür, dass die Badegäste trotzdem kommen.

Allerdings nicht mehr lange: Die Stadtwerke Witten haben beschlossen, die Saison radikal abzukürzen. Endete sie früher um den 10. September herum (wenn sie nicht wegen besonders schönen Wetters noch um zehn Tage verlängert wurde), ist heuer am 14. August Schluss, mitten in der Hochsaison, fast vier Wochen früher als sonst. Während für nächste Woche Temperaturen um die 30 Grad erwartet werden. Laut Andreas Schumski, Geschäftsführer der Stadtwerke, bedaure man die frühzeitige Schließung sehr. Allerdings bestehe hier das größte Einsparpotenzial. „Das Bad verbraucht täglich so viel Gas wie ein Single-Haushalt im ganzen Jahr“, behauptet Schumski. Und diese Energie benötige Witten für die kommende Heizperiode. Die Rede ist von 5.000 Kilowattstunden. Stadtwerkesprecher Kukla meint, es gehe nicht darum, „Geld zu sparen oder Kosten zu drücken“, was angesichts der läppischen Summen, um die es geht, sogar einleuchtend erscheint. Wichtig sei, so Kukla, einzig und allein, „schon jetzt Gas einzusparen“. Regelmäßige Freibadgänger munkeln allerdings schon länger, dass die Stadtwerke eine elegante Lösung suchen, um sich des Verlustbringers Freibad entledigen zu können. Oder es geht mal wieder darum, ein Zeichen zu setzen. Viel dürfte das Abschalten der Leuchtschrift am Kundencenter der Stadtwerke neben dem Rathaus nämlich auch nicht bringen.

Möglicherweise weichen nun manche der Freibadbesucher ab Mitte des Monats auf die Ruhr aus, ein Fließgewässer, in dem das Baden bis 2017 gänzlich verboten war, wobei neben der Wasserqualität – die sich durchaus deutlich verbessert hat – Strömungsverhältnisse und die Beschaffenheit des Grundes eine wichtige Rolle spielten. Inzwischen gibt es eine offizielle Badestelle in Bochum-Dahlhausen, allerdings ist sie unbeaufsichtigt, und das Baden erfolgt auf eigene Gefahr und ist ausdrücklich nur für Schwimmer geeignet. 

Kinder, die ohnehin harte zweieinhalb Jahre hinter sich haben, sind einmal mehr die Leidtragenden. Bald beginnt in NRW wieder die Schule, ab Oktober sollen sie nach dem Willen von Karl Lauterbach ab Klasse 5 wieder Maske im Unterricht tragen. Und gegen die Kälte in den Klassenzimmern helfen ja laut einer Ex-Bundeskanzlerin Kniebeugen und In-die-Hände-Klatschen.

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Thomas Szabó / 10.08.2022

Haltet Lauterbach von den Kindern fern ! ! !

Martin Schmitt / 10.08.2022

Man kann es derzeit auf alle Krisen und Mißstände in Deutschland beziehen, man möchte es auch gar nicht mehr aussprechen - aber es ist leider so: “wie gewählt, so geliefert”. Von Idioten kann man immer nur idiotische Entscheidungen erwarten und nichts anderes, und wenn man Idioten(-Parteien) wählt, na dann ist es eben so. Es war glaub ich der tschechische Präsident der es 2015 mal indirekt ausgesprochen hat wer in Deutschland regiert: Idioten.

Christoph Kugler / 10.08.2022

Ich setze mich hier wahrscheinlich etwas in die Nesseln, aber sei es drum. Vorweg, der Tenor zum Anti-Putin-Quatsch ist natuerlich richtig. Was aber die Temperaturen betrifft: Wir hatten als Kinder (DDR, Sechziger und Siebziger) schon Freibaeder, so etwas wie Heizung gab es damals allerdings nicht. Das Wasser kam aus einem Brunnen. Wenn neu eingelassen wurde, war die Temperatur ca. 13 Grad. Das war schon frisch, wir sind aber trotzdem reingegangen. Wenn es 18 wurden, fanden wir es dann echt wohlig. Ueber 20 war Luxus. Ein paar leichte Abhaertungserfahrungen sind gar nicht so uebel in diesem verweichlichten Land. Was die Nonsenspolitik nicht besser macht.

Thorsten Beyer / 10.08.2022

In dieser Republik der politischen Blödheit muss doch der Bürger alles schuld sein, bezahlen und erdudlen. Ist doch eh klar, weil wer sollte es denn sonst gewesen sein? Unsere Politiker wissen bekanntlich nicht was sie tun und sind bzw halten sich für begrenzt zurechnungsfähig. Hinzu kommen diverse Erinnerungslücken, Verhaltensauffälligkeiten und sonstige Störungen, die unser politisches Spitzen(!)Personal so mit sich herumträgt… Im Grunde regieren uns heute geistige Invaliden, die unser Leben in diesem Land zu einem dauernden Akt der Hilfe werden lassen: Hilfe für einen Staat, der nichts mehr im Griff hat (Infrastruktur, Verkehr, Bildung, Versorgung, Energie,Nothilfe…) , der aber immer neue zu alimentierende Minderheiten entdeckt… Hilfe, das Klima zu retten, wie es dem Größenwahn unserer Führer in Politik, Medien und Wissenschaft entspricht… Hilfe dabei, andere zur sinnfreien Konformität zu zwingen (Maske, Spritzen etc)... und man fragt sich: wo hilft dieses kranke kaputte Deutschland eigentlich noch mir, wo ist dieses Land noch für mich da? ... Die Antwort ist allseits bekannt: Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir keiner.

Christian Geller / 10.08.2022

Nicht zu vergessen, die Stadt spart den obligatorischen Sicherheitsdienst, wenn es beim täglichen Aushandeln des Zusammenlebens wieder einmal etwas hapert. Eigentlich eine Win-Win Situation….

Carsten Bertram / 10.08.2022

Der Vorteil ist, niemand von Politik und Medien muß noch über die Vorfälle mit den Neubürgern sprechen oder sich über Sicherheitskonzepte Gedanken machen. Problem erledigt, Kosten gespart, Putin ist schuld. Was sind das doch für erbärmiche Figuren. Ich bin froh, das meine Kinder eine Seenplatte vor der Nase haben. Alle anderen tun mir leid.

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