Vera Lengsfeld / 19.06.2018 / 06:29 / 52 / Seite ausdrucken

Wir sind doch nicht blöd!

Was für eine Show! Der angebliche „Asylstreit“ in der Union wurde in allen Medien aufgeregt besprochen. Dabei wurde auf Teufel komm raus spekuliert, statt die Lage ruhig zu analysieren und Licht in die Politiker-Posse zu bringen. Der bayrische Löwe mit den Samtpfötchen hatte wieder einmal gebrüllt, dachte aber erneut nicht daran, zu handeln. Die Wiederherstellung der Gesetzlichkeit an unseren Grenzen hätte Innenminister Seehofer längst still und leise bewerkstelligen können.

Er braucht dazu weder die Kanzlerin noch den Bundestag zu befragen, sondern einfach die mündliche Anweisung seines Vorgängers de Maizière widerrufen, alle, die behaupten, Asyl suchen zu wollen, ins Land zu lassen, auch Menschen ohne Papiere, oder die schon in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt hatten und bereits abgelehnte und abgeschobene Asylbewerber. Kanzlerin Merkel hätte ihn schwerlich seines Amtes entheben können, denn die Begründung, dass einer Ihrer Minister sich erdreiste, zu verfassungsgemäßen Verhältnissen zurückzukehren, wäre zu grotesk gewesen.

Statt auf diese einfache Tatsache hinzuweisen, wurde der von der Kanzlerin erweckte falsche Eindruck, mit Seehofers Asylplan würde sich Deutschland auf einen Alleingang begeben, eifrig verbreitet. Dabei wäre es die Beendigung des nunmehr dreijährigen deutschen Alleingangs gewesen. Aber statt zu handeln, inszenierte Seehofer eine Schmierenkomödie. Er drohte mit dem Widerruf der Anweisung de Maizières, wollte sich aber vorher noch die Zustimmung des CSU-Parteivorstands einholen. Die braucht er zwar noch weniger als das „o.k.“ der Kanzlerin, denn die Zeiten, wo ein Politbüro die Richtlinien der Politik bestimmte, sind seit 1989 vorbei. Aber es machte Effekt.

Ein ungehindertes „Merry-Go-Round“

Verstärkt wurde das Verwirrspiel durch ein „Kompromissangebot“ Merkels, dass ab sofort rechtmäßig abgelehnte und abgeschobene „Asylbewerber“ an der Einreise gehindert werden dürften. Damit ist der Öffentlichkeit en passant vor Augen geführt worden, wie sehr der Rechtsstaat bereits demontiert ist. Für Einwanderer gilt anscheinend weder Recht noch Gesetz. An unseren Grenzen herrscht offensichtlich ein ungehindertes „Merry-Go-Round“.

Wer durch die Vordertür abgeschoben wird, kommt durch die Hintertür wieder herein. Dass es sich nur um ein paar hundert Menschen handelt, die damit ihre Missachtung der deutschen Gesetze demonstrieren, liegt nur daran, dass es kaum Abschiebungen gibt. Auf Anweisung der Kanzlerin werden die Behörden gezwungen, die Gesetzlichkeit zu missachten! Wen wundert’s, dass „Dschermani“ von den Einwanderern nicht ernst genommen wird? Kein Aufschrei, nirgends, stattdessen reden die Medien den Bürgern dieses Landes ein Wochenende lang Angst vor dem Bruch der Regierung und Neuwahlen ein. Als wäre das nicht das Beste gewesen, was den Bürgern hätte passieren können!

Am Montag kam es dann zum erwartbaren Einlenken der CSU. Seehofer gab auf einer Pressekonferenz bekannt, er wolle nunmehr „schrittweise“ vorgehen. Die Kanzlerin solle 14 Tage Zeit haben für eine „europäische Lösung“, um die Zurückweisung von Asylsuchenden, die schon in einem anderen Land einen Antrag gestellt haben, durchführen zu können. Das sieht zwar bereits das Dublin-Abkommen vor, ohne dass es zusätzlicher bilateraler Abkommen bedarf, aber es geht ja darum, so viele Nebelkerzen wie möglich zu werfen, um vom Totalversagen der Merkelschen „Flüchtlingspolitik“ abzulenken.

Kanzler Schröder hat einst getönt, dass er zum Regieren nur Bild und Glotze brauche. Kanzlerin Merkel braucht die vereinte Guck-in-die-Luft-Presse, um diejenigen „die schon länger hier leben“ hinter die Fichte zu führen. In zwei Wochen gibt es Teil Zwei der Polit-Posse. Dann wird Merkel immer noch keine „europäische Lösung haben“, weil sie sich durch ihre Alleingänge längst isoliert hat und es keine nennenswerte Bereitschaft gibt, Merkel aus dem Dilemma, in das sie sich in ihrem Altersstarrsinn immer tiefer verrennt, zu helfen. Aber Merkel wird weiter regieren, bis alles in Scherben fällt – nein, das zu schreiben wäre politisch unkorrekt, also: bis Deutschland destabilisiert ist. Als Die Kanzlerin vor kurzem unsere Nationalelf besuchte, die nur noch Mannschaft heißen darf und in Trikots spielen muss, auf denen die Nationalfarben durch ein tristes Grau ersetzt sind, spottete ein Facebook-Freund: „Verlierer unter sich“. Die „Mannschaft“ hat mit dem Verlieren bereits begonnen. Die Kanzlerin wird ihr folgen.

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Leserpost

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Joachim Drescher / 19.06.2018

Frau Lengsfeld, Sie haben so recht. Was tun ? Ich habe Herrn Seehofer in einer Email vorgeschlagen, den Erlass seines Vorgängers zurückzunehmen, aber das wäre zu einfach. Er hätte die Chance , Geschichte zu schreiben, aber man wird sich Ende Juni schon irgendwie einigen. Und der “Mehltau” über D-Land wird nicht angerührt. Man könnte noch das Land verlassen, es ist immerhin eine Option. Schon sehr befremdlich, nicht mehr vom Nationalteam zu sprechen , dazu noch in einem farblosen Trikot.

Martin Landvoigt / 19.06.2018

Wenn Seehofer und die CSU einknickt und in einen faulen Kompromiss einlässt, wird sie sich sorgen müssen, in Bayern über 30 % zu kommen. die 40 % Marke müssten sie bereits sofort aufgeben. Das weiß aber ach Söder und Seehofer. Und da ist dann der Bruch der Unionsfraktion und Bundes-Neuwahlen das kleinere Übel.

Anders Dairie / 19.06.2018

Sehr geehrte Frau Lengsfeld, bereits in 2010 hat die Kanzlerin darüber Bescheid gewusst, dass eine Flüchtlingswelle kommen würde.  Diese Information ist über die Auslandsvertretungen, die Nachrichtendienste über den Innenausschuss des Bundestages ins Kanzleramt gelangt.  Dies zeigen Protokolle, die mir ein Mitglied des Innenausschusses ge- mailt hat.  Der Ausschuss bestand damals u.a. aus den Herren Bosbach, Uhl u.a.  Einer der Berichterstatter war Innenminister Friedrich. Solche Protokolle sind tatsächlich öffentlich zugänglich!  Da sie aus Steuermitteln finanziert werden.  Alle späteren Äusserungen, wie “...sind überrascht worden”  oder “...nun sind sie mal da!”  usw. sind gefakt.  Merkel hatte seit 2010 Bescheid, hat nichts getan und zuletzt Überraschung und Arglosigkeit geheuchelt.  Das Innenausschuss-Mitglied X hatte einen riesen Ärger im Bauch.  Ihm (und mir) war klar, dass bei bewusstem “weiter so” ein Chrash unweigerlich kommen würde.  Es ist wie bei einer Tochter, die die StVO, in bewusster Mißachtung des Gesetzes, nicht akzeptiert.  Es ist erstaunlich, das der Ärger der Bürger als Steuerzahler,  so milde ausfällt.  Die Leute sind offenbar wegen des Gefühls anhaltender Rechtssicherheit und von Wohlstand ganz besoffen.  Die Ernüchterung setzt gerade eben ein.

Michael Witzany / 19.06.2018

Liebe Frau Lengsfeld, ihr Artikel à la bonheur. Ich kann nur hoffen, daß Sie mit Herrn Seehofer ein wenig falsch liegen, aber wie gesagt nur hoffen. Ich befürchte sie liegen richtich. Auf jeden Fall wird die causa Merkel bald erledigt sein. Gleichzeit hoffe ich dies auch für Damen wie Roth und GE und für die Herren Altmeier, Kauder und Laschet von dem unbedeutenden Rest der SPD ganz zu schweigen.

Hans Joachim Mentzel / 19.06.2018

Wahre Worte von Frau Lengsfeld, der Bürger wird belogen! Frau Merkel steht schon seit langen allein mit ihrer verkorksten Flüchtlingspolitik. Das Wort Asyl ist von seiner Bedeutung her durch diese Politik vollkommen zerstört worden. Jeder Deutsche wird scharf am Flughafen kontrolliert, für Ausländer gilt das wohl auch nicht. Man fliegt in das Land, aus dem man ja fliehen musste, welch ein Sarkasmus!

Ivan de Grisogono / 19.06.2018

@ Loewe Vergessen Sie es nicht, aus dieser Partei, damals mit einer schlaueren Spitze als heute, sind schon viele überzeugte und hoffnungsvolle Mitglieder ausgetretten! Damals,  auch wegen pro-Putin Sprüchen! AfD muß noch hart arbeiten, nachzuholen gibt es viel. Wählbar ist die Partei nach wie vor , dank Merkel. Neue Mitglieder achten aber auf zukünftige Parteifreunde!

Heinz Gerhard Schäfer / 19.06.2018

In zwei Wochen wird Deutschland für alle Asylverfahren in der EU zuständig, da alle sog. Flüchtlinge “Ankerpersonen” in Deutschland haben. (Onkel, Tante, alte Dorffreundschaften u.s.w. doch alle schon hier! Auf dem nächsten EU-Gipfel wird solches (Dublin IV) verabschiedet, und alle Staaten einschließlich Merkel finden solches gut! Das Ganze nur, weil unsere Politiker glauben, dass EU-Recht über unserem Grundgesetz steht.

Dr. Fritz Rosenberger / 19.06.2018

Glückwunsch zu diesem glänzenden Artikel, Frau Lengsfeld! Auch wenn Sie skeptisch sind, sollten Sie allerdings die Hoffnung nicht ganz fallen lassen, dass Herr Seehofer mit Rückendeckung durch den CSU-Vorstand und Donald Trump in knapp 2 Wochen Kurs behält.  Wenn nicht, freue ich mich schon auf Ihre nächste Analyse.

Alexander Simler / 19.06.2018

Meines Wissens sieht Dublin III vor, dass die Feststellung ob ein Flüchtling/Migrant bereits in einem europäischen Drittstaat Asyl beantragt hat, im Land vorgenommen werden muss. Man darf also rechtlich betrachtet die Antragssteller nicht an der Grenze abweisen.

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