Chaim Noll / 07.05.2020 / 10:00 / Foto: Freud / 43 / Seite ausdrucken

Wie sich Natanel erfolgreich in Deutschland assimilierte

Wenn man sich in Israel assimilieren will, muss man Netanyahu kritisieren, das ist hier allgemein üblich und gilt als Voraussetzung, um zu den Intellektuellen gezählt zu werden. Will man sich dagegen in Deutschland integrieren, muss man Angela Merkel schmeicheln. Denn das ist im heutigen Deutschland die Bedingung, um es zu irgendetwas zu bringen.

Nebenbei gesagt: Es war auch in Deutschland nicht immer so. Angela Merkel hat viel dafür getan, damit sich diese Gewohnheit – zunächst nach früheren Katastrophen in Misskredit geraten – unter ihrer Regentschaft erneut erfolgreich durchsetzte. Sie und ihr fein verästelter Apparat von Schmeichlern und Sykophanten haben politische Parteien, ehemals kritische Intellektuelle, Beamte, Medienschreiber, Studenten und Schulkinder soweit erfolgreich eingeschüchtert, dass kaum noch jemand im Land ein offenes Wort zu sagen, geschweige denn zu schreiben wagt.

Natanel Azulay ist einer von einigen tausend jüngeren Israelis, die noch in Berlin leben, trotz sich verschlechternder Bedingungen für Juden unter der bleiernen Kanzlerin. Er ist Schauspieler von Beruf und daran gewöhnt, Rollen zu verinnerlichen. Er scheint ein exzellenter Beobachter zu sein, wenn er so schnell verstanden hat, worauf es dieser Tage in Deutschland ankommt. Gestern veröffentlichte er in der Internetausgabe von Yediot Acheronot, einer führenden israelischen Tageszeitung, einen Gastbeitrag unter dem Titel „Wenn doch Israel von Angela Merkel regiert würde“. Deutschland, schrieb Natanel, wäre überaus erfolgreich in der Eindämmung des Corona-Virus und hätte „seinem Volk neue Hoffnung gegeben“. Doch das läge nicht an Deutschlands guter medizinischer Infrastruktur, nicht daran, dass dieses Land „reicher und stärker wäre“ als andere europäische Staaten, sondern einzig „an der Frau am Steuer, einer der tapfersten, bescheidensten und stärksten Frauen Europas, Angela Merkel.“

Netanel schrieb seinen Artikel gerade jetzt, da Angela Merkels Stern in Israel im Sinken ist. Und ein humoristisch gestimmter Redakteur nahm ihn ins Blatt. Die einst beliebte „Kanzlerit“ – so die Hebraisierung ihres Titels – hat seit ihrer dubiosen Flüchtlingspolitik 2015 in Israel erheblich an Prestige eingebüßt. In einem Land, das jede Illusion im Umgang mit militanten Muslimen teuer bezahlen muss, stieß Merkels Leichtsinn auf weitgehendes Unverständnis. Ein Nachbar fragte mich gerade heraus: „Maybe, she is a little bit stupid?“ Und dann steht immer noch Karl Lagerfelds Wort im Raum, betreffend ihren Verrat an den deutschen Juden.

Die Androhung einer weiteren, fünften Kanzlerschaft

Daher sind die Zuschriften in Yediot zu Netanels Lobeshymne durchweg negativ (abgesehen von einer Leserin, die ins Feld führt, Angela Merkel sei eine Frau – was jedoch kaum als ihr Verdienst geltend gemacht werden kann), sie fordern Netanel auf „öfter raus unter die Leute (in Deutschland) zu gehen“, da er offensichtlich einer „Selbsttäuschung“ unterliege. Israel, schreibt ein anderer, sei weltweit am erfolgreichsten in der Corona-Bekämpfung, während Angela Merkel nur erfolgreich darin sei, Immigranten einzulassen, die ihr Land zerstören. Andere werden persönlich: Netanel solle sich um seinen Job in Berlin kümmern, vielleicht tauge er dazu, doch als politischer Experte sei er unfähig. „The worst article I've ever had the misfortune of inflcting upon my eyes“, schließt ein weiterer, „Merkel has destroyed German culture by importing migrants. That's something to be ashamed of, not proud of.“

Angela Merkel, die manisch an ihrer Macht festhält wie kaum eine Herrscherfigur in der Geschichte, lässt dieser Tage über Getreue die Androhung einer weiteren, fünften Kanzlerschaft lancieren und braucht dringend Fürsprache. Sie ist nicht wirklich beliebt, obwohl ihr die Corona-Krise vorerst in die Hände gespielt und ihre Hofschreiber zu neuen Lobpreisungen angestachelt hat. Doch die täglichen Gesänge in stern und Spiegel reichen nicht, sie wirken wohlfeil und langweilig. Ein junger Israeli als Lobredner hat vielleicht noch einen gewissen Verblüffungseffekt. Er gibt damit auch anderen Einwanderern ein gutes Beispiel, worauf es in Deutschland ankommt und was mit erfolgreicher Integration gemeint ist: Nicht das Land ist wichtig, seine Sprache und seine Menschen, sondern Angela Merkel, „die Frau am Steuer“.

Zum Schreiben hat Netanel eingestandenermaßen ein eher lockeres Verhältnis. „Words do not matter“, schrieb er 2016 in einem anderen Blog, Worte bedeuten nichts. Auch das konnte er von seiner Heldin lernen. Er hat sich wirklich gut in seiner neuen Umgebung eingelebt.

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Belo Zibé / 07.05.2020

Wenn Netanel in Berlin unter die Leute geht, wird er sich vermutlich in seinem ,von Tabuzonen umgegebenen, Milieu bewegen ,deren wiederholte Verletzung erfahrungsgemäss zur rigorosen Expulsion und damit zum künstlerischen und sozialen Tod führt.

Andreas Rühl / 07.05.2020

Das Lobgehudel für Merkel und das Trump-Bashing wegen Corona haben eines gemeinsam: Beide sind für die Bekämpfung von Seuchen und die konkreten Maßnahmen nicht zuständig. Beide haben auch in etwa gleich reagiert - erst gezögert und dann versucht, “das Ruder an sich zu reißen”. Beide sind notabene an der Verfassung ihres Landes gescheitert und mussten mehr mit den wirklich Zuständigen “kämpfen” als “gegen Corona”. Soweit sich Fallzahlen überhaupt vergleichen lassen, läuft es in den USA (aufs ganze Land gesehen) kaum anders als bei uns. Es scheint fast so, als wäre das Virus an Trump und Merkel gar nicht interessiert. Um so erstaunlicher, dass ein und dieselbe Bilanz, ein und dieselbe Unzuständigkeit, ein und dasselbe Verhalten vor und während der ersten Phase der Virusausbreitung zu völlig anderen Werturteilen führt, ja zum genau entgegengesetzten Beurteilungen: Hier Merkel, die erfolgreiche Kämpferin gegen Corona, da der Loser Trump. Was das bedeutet ist klar: Das Vertrauen, das Spiegel, Zeit und co. noch erwarten können, erreicht schon bald die Null Grad Kelvinzone. Und zwar nicht nur, was den Kommentarbereich angeht (wobei ohnehin journalistische Standarts offenbar nichts mehr gelten), sondern auch den Nachrichtensektor: Nur dadurch, dass gezielt Falschmeldungen und Lückennachrichten verbreitet werden, kann man dem Leser diesen Unfug überhaupt unter die Nägel reiben. Es gibt keinerlei Seriösität mehr im deutschen Journalismus. Es ist insgesamt unglaubwürdig geworden. Auch der Journalismus ist damit insgesamt Merkel zum Opfer gefallen. Es wird Jahrzehnte dauern, bis der Schaden, wenn überhaupt, wieder behoben sein wird.

Andreas Bayer / 07.05.2020

May be, she is a little bit stupid. Exactly! Und egal,wie peinlich das ist: Hauptsache: Frau! Und sie denkt so toll vom Ende her. (Nun, wer nicht von zwölf bis Mittag denkt, sondern umgekehrt, tut dies auch.) Und um als Intellektueller in Deutschland ernst genommen zu werden, sollten Sie zusätzlich zu Ihrer Merkelliebe noch ein paar Kilo Trumpverachtung mit sich herumschleppen. Aber was rege mich schon wieder auf…..

Dorothea Friedrich / 07.05.2020

Eine Regierungschefin, die keine Gelegenheit auslässt, ihr eigenes Volk schlecht zu machen (angebliche Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz), das Grundgesetz beiseite fegt (illegale Einwanderung), europäische Verträge bricht (Maastricht), sich in demokratische Wahlen einmischt (Kemmerich), usw. usf. ist nur eines: Fehl am Platze.

Robert Schleif / 07.05.2020

Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich Frau Merkel noch einmal zur Wahl stellt und natürlich wieder einen überragenden Erfolg einfährt. Besser könnte der Nation und der Welt nicht die Degeneration, Verblödung und Unmündigkeit der Deutschen vorgeführt werden! Spätestens 2017 hätte man diese Person demokratisch in die Wüste schicken müssen - doch man hat sie im Gegenteil wieder inthronisiert und damit alle ihre bisher angerichteten Verbrechen nachträglich legitimiert und gutgeheißen. Da kann halt niemand mehr helfen. Und warum sollte Frau Merkel selbst uns ihre fünfte Kanzlerschaft ersparen? Das wäre allein die Aufgabe der Zivilgesellschaft! Oder warten wir schon wieder auf eine Befreiung durch Alliierte?

Wilfried Cremer / 07.05.2020

Mal abgesehen vom Politischen: Netanjahu hat in seiner Art etwas Missionarisches. Mir gefällt das. Ich kann aber auch verstehen, dass das nicht jedermanns Sache ist.

Thomas Weidner / 07.05.2020

“Will man sich dagegen in Deutschland integrieren, muss man Angela Merkel schmeicheln”. Werter Herr Noll - es mag Menschen geben, die ihre Nase nicht in das Hinterteil anderer Leute stecken wollen! Das Stickwort heißt dabei “Selbstachtung”. Es soll Frauen und Männer geben, die den Spiegel (nicht die Zeitung, den reflektierenden) nicht nur zum Schminken bzw. zum Rasieren benutzen, sondern auch als Anlaß zum Reflektieren. Und was die Intellektuellen-Kreise betrifft: Das ist ein sehr kontroverses Thema….

Frank Holdergrün / 07.05.2020

Wenn Merkel Israel regieren würde, wären die Palästinenser samt Hisbollah schon längst eingewandert. Dieser Jüngling soll froh sein, dass in Israel wirkliche Demokratie herrscht und Merkel nur Deutschland zerstören kann.

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