Vera Lengsfeld / 25.08.2022 / 10:00 / Foto: cartese / 73 / Seite ausdrucken

Wie man sich Hofberichterstatter heranzieht

Bei der heftigen Diskussion um die Maskenfreiheit im Luftwaffenflieger nach Kanada ist ein Punkt nicht angesprochen worden, weil sich die Öffentlichkeit seit den 16 Merkel-Jahren daran gewöhnt hat. Was haben 25 Journalisten im Regierungsflieger zu suchen? Kann man von Leuten, die so dicht beim Kanzler sitzen, die nötige kritische Distanz erwarten? Kaum. 

Der Auftrag der freien Presse in einer Demokratie wird so in einer Umarmung erstickt. Wenn es die große Sehnsucht aufstrebender Reporter ist, auch einmal im Staatsflieger zu sitzen, werden sie sich kaum durch kritische Beiträge dieses Ziel selbst verstellen. 

Ex-Kanzlerin Merkel hat dieses System zwar nicht erfunden, aber zur Perfektion ausgebaut. Während ihre Beliebtheitswerte in der Bevölkerung kontinuierlich sanken, blieb die Jubel-Berichterstattung auf hohem Niveau. Manche Elogen auf ihren Abgang erinnerten in ihrem Kitsch und der Realitätsverweigerung an die Artikel nach Stalins Tod. Während die Journallisten sie als größte Kanzlerin aller Zeiten feierten, nach der sich alle noch lange sehnen werden, wird mit jedem Tag klarer, welch fatal falsche Weichenstellungen in den 16 Merkeljahren zur gegenwärtigen allgemeinen Krise geführt haben.

Kanzler Scholz, ein Merkel-Kopist bis in die Rautenhaltung, versucht auch, was die Presse betrifft, Merkels scheinbares Erfolgsrezept zu übernehmen.

Als großer Staatsmann gefeiert

Tatsächlich ließ sich t-online dazu hinreißen, zu titeln, Scholz wäre in Kanada als großer Staatsmann gefeiert worden. Allerdings findet sich im Artikel nicht viel mehr als eine Lobhudelei des kanadischen Premierministers Justin Trudeau anlässlich eines gemeinsamen Auftritts, der, wie t-online anmerken musste, die anwesenden Deutschen zum Staunen gebracht hat.

Tatsächlich konnte auch die massive Journalisten-Präsenz im Gefolge des Kanzlers nicht verhindern, dass Scholz und sein Wirtschaftsminister Habeck mit fast leeren Händen aus Kanada zurückgekehrt sind. Irgendwann wird uns in den nächsten Jahren „grüner Wasserstoff“ geliefert werden, der zwar CO2-frei produziert, aber so energieintensiv hergestellt wird, dass er das deutsche hausgemachte Energieproblem nicht lösen wird. Deutschland und Kanada streben eine „Energiepartnerschaft der Zukunft“ an. Mehr war anscheinend nicht drin. Also fokussierte sich die Berichterstattung darauf, dass auch beim Rückflug im Kanzler-Flieger das Maskentragen nur „empfohlen“ wurde. 

Bilder gab es keine mehr.

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Leserpost

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Jörg Redemann / 25.08.2022

Solange Politiker fast aller Parteien und die Journaille fortlaufend nur noch die lächerlichen Programmparolen der Grünen nachplappern, kann es mit unserem Land nur noch bergab gehen. Die verqueren ideologisch, pubertären Leitlinien der ehemaligen Atomkraft nein Danke -  Bewegung haben indes ihre Wirkung nicht verfehlt. Wohlstand für alle wird es zukünftig nicht mehr geben.

R. Kuth / 25.08.2022

Bei größeren Autorennen gibt es so etwas auch, da nennt man die Boxenluder,....

Martin Schmidt / 25.08.2022

Ist es so schlau einen Artikel über Hofberichterstattung zu schreiben, wenn die Grenzen offenbar schwimmend sind. Nicht das ich damit Frau Lengsfeld meine aber es gibt nicht wenige die plötzlich entdeckt haben das sie Natoversteher sind. Nicht das sie es nicht besser wüssten aber das sollte wohl ihre Eintrittskarte zurück zu denjenigen sein die ganz offen Hofberichterstattung betreiben. Genutzt hat es ihnen nichts, dafür haben sie viele Leser verloren. Damit haben die gewonnen gegen die man doch eine Stimme setzen wollte.

Hjalmar Kreutzer / 25.08.2022

Zum Friedensnobelpreis oder zur UNO-Mineralsekretärin hat es Merkel trotz 16 Jahren heißen Bemühens ja leider doch nicht gebracht. Als Trostpreis(?) gibt es jetzt den nach einem Subsaharaschwarzafrikaner benamsten Unesco-Friedenspreis. Die weiteren Trostpreise wurden als Goldstücke aus Vorderasien, Arabien und Afrika millionenfach an die einheimische Bevölkerung verteilt. Keiner konnte sagen: „Wir nehmen diese Preise nicht an!“ Ich freue mich auf ein neues 1989, als die ganzen Medienschranzen der SED kleinlaut versprachen, ab jetzt aber immer ganz bestimmt die Wahrheit zu berichten, großes Pionierehrenwort!

Michael Palusch / 25.08.2022

Ein heiße Kandidatin für den vakanten Posten des RBB-Intendanten, die strahlendgrüne Tina Hassel, war auch mit von der Partie. Sie konnte sich vor Verzückung kaum wieder fangen und postete, während in Deutschland die Entbehrungs- und Verzichtsgebetmühle auf Hochtouren läuft, völlig schamlos und in Verkennung der Realität, Bilder von der Champusseligkeit zwischen deutschen Politikern und deutschen Journalisten aus einem kanadischen Luxushotel. Wie wahrscheinlich ist es, dass derjenige, der noch gestern mit einem neckischen “Stößchen” seine Verbundenheit und seine Dankbarkeit für den schönen Gratisausflug inkl. Völlerei der politischen Nomenklatura demonstrierte, diesen künftig in die Hand beißen wird?

Olaf Hüffner / 25.08.2022

Fragen Sie doch mal die Journalisten, ob sie Fliegen für klimaschädlich halten und wenn ja, warum sie dann mitfliegen? Die Verbalakrobatik wäre hörenswert. Im Übrigen stellt sich mir die Frage, wie man Mitarbeiter von t-online (Stroer-Gruppe) als Journalisten bezeichen kann- es handelt sich um allenfalls durchschnittliche Marketingmitarbeiter.

Rudolf George / 25.08.2022

Unsere Medien: vor der Regierung schwänzelnde Chiahuahuas, die sich für bissige Rottweiler halten.

Günter H. Probst / 25.08.2022

Ihre romantische Vorstellung von Presse verbaut Ihnen das Verständnis für die Vorgänge. Da die Journalisten Agitaion und Propaganda betreiben, müssen Sie an den Lippen der Herrschenden ablesen, was gerade angesagt ist, so wie bei rt und P.  Und in so einem Flieger ist man den Lippen so nah, wie die Verfassungsrichter beim Essen mit den Herrschern.

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