Die WHO überarbeitet aktuell ihre „Internationalen Gesundheitsvorschriften“. Die bislang vorgeschlagenen Änderungen lassen sich leicht zusammenfassen: Einschränkung der Befugnisse der Einzelstaaten, Ausdehnung der Macht der WHO. An einer Stelle soll sogar der Bezug auf die Menschenwürde gestrichen werden.
Vor knapp einem Jahr, nämlich am 24. Februar 2022, fand das erste Treffen des Verhandlungsgremiums INB (Intergovernmental Negotiating Body) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Ausarbeitung eines internationalen Pandemievertrags statt. Dieser Vertrag, der bis 2024 vorliegen soll, würde der WHO im Falle der Ausrufung eines internationalen Gesundheitsnotstandes weitreichende politische Befugnisse einräumen.
Nun kommt noch ein zweites Vertragswerk hinzu, das sich gerade in einem Überarbeitungsprozess befindet, nämlich die Internationalen Gesundheitsvorschriften („International Health Regulations“, kurz: IHR). Am 14. und 15. November 2022 tagte die Arbeitsgruppe zur Änderung der Internationalen Gesundheitsvorschriften („The Working Group on Amendments to the International Health Regulations (2005)“, kurz: WGIHR) zum ersten Mal. Im Anschluss veröffentlichte die WHO drei Dokumente, in denen die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Änderungen im Vergleich zu der derzeit noch gültigen Version von 2005 wörtlich angegeben sind. Dabei agierte Tschechien, das in der zweiten Jahreshälfte 2022 den Vorsitz im EU-Rat innehatte, im Namen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Vom 9. bis 13. Januar dieses Jahres traf sich außerdem der Überprüfungsausschuss für Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften („IHR Review Committee“) zum sechsten Mal in Genf. Zu dem vierten Treffen dieses Ausschusses, das am 15. und 16. Dezember 2022 online stattgefunden hat, gibt es einen von der WHO herausgegebenen Kurzbericht, der samt Teilnehmerliste auf der offiziellen WHO-Webseite einsehbar ist. Schließlich steht vom 21. bis 30. Mai 2023 in Genf die 76. Weltgesundheitsversammlung an, bei der auch ein Fortschrittsbericht des INB zum Pandemievertrag vorgelegt werden soll. Im Folgenden soll ein kritischer Blick auf die vorgeschlagenen Änderungen der International Health Regulations geworfen werden, da sie in Kombination mit dem Pandemievertrag die Weichen für eine stetig wachsende politische Bedeutung der WHO stellen könnten.
„Risiken, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken können“
In Artikel 3 hieß es beispielsweise bislang: „Die Durchführung dieser Verordnungen erfolgt unter uneingeschränkter Achtung der Würde, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten von Personen.“ In der Neufassung wurde daraus: „Die Durchführung dieser Verordnungen erfolgt auf der Basis der Prinzipien von Gleichheit, Inklusion und Kohärenz sowie in Übereinstimmung mit den gemeinsamen, aber auch spezifischen Verantwortlichkeiten der Vertragsstaaten, unter Berücksichtigung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung.“ Der Verweis auf die Menschenwürde wurde also komplett gestrichen. Stellt sich die Frage: Warum?
Auch in Artikel 2 springt ein Änderungsvorschlag ins Auge. Bislang steht dort:
„Zweck und Anwendungsbereich dieser Verordnungen sind die Vorbeugung, der Schutz, die Vorsorge, die Kontrolle und die Reaktion des Gesundheitswesens auf die internationale Ausbreitung von Krankheiten, einschließlich der Bereitschaft und der Widerstandsfähigkeit der Gesundheitssysteme, und zwar in einer Weise, die dem Risiko für die öffentliche Gesundheit angemessen und auf dieses beschränkt ist und die unnötige Eingriffe in den internationalen Verkehr und Handel vermeidet.“
Zukünftig könnte gelten:
„[...] und zwar in einer Weise, die allen Risiken, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken können, angemessen und auf diese beschränkt ist und unnötige Eingriffe in den internationalen Handel, die Erwerbsgrundlagen, die Menschenrechte und den gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsprodukten, Gesundheitstechnologien und Know-how vermeidet.“
Doch was ist mit „allen Risiken, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken können“, gemeint, und wer definiert sie? Gehört beispielsweise der viel beschworene Klimawandel auch zu diesen Risiken?
Staaten sollen sich den internationalen Gesundheitsvorschriften unterordnen
Dazu hat die WHO im Oktober letzten Jahres den neuen gemeinsamen One-Health-Aktionsplan der sogenannten Quadripartite vorgestellt, die aus der WHO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) sowie der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH, gegründet als OIE) besteht. In diesem gemeinsamen Fünfjahresplan werden als mögliche Krisen die Zerstörung von Ökosystemen, der Zusammenbruch von Ernährungssystemen sowie Infektionskrankheiten und Antibiotikaresistenzen angegeben.
Es gehe darum, Gesundheitsbedrohungen besser erkennen und auf sie reagieren zu können und gleichzeitig zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Die Themen „Gesundheit“ und „Nachhaltigkeit“ werden hier also bewusst verknüpft. Wörtlich heißt es im One-Health-Aktionsplan:
„Die Auswirkungen des Klimawandels auf Krankheitserreger und den Gesundheitszustand von Menschen, Haustieren (einschließlich Nutz- und Heimtieren) und wild lebenden Tieren können mehrere mögliche Folgen haben. Es gibt Hinweise darauf, dass die klimabedingten Veränderungen in der natürlichen Umwelt die Futter- und Lebensmittelsicherheit beeinträchtigen sowie die Ausbreitung von Infektionskrankheiten – einschließlich arzneimittelresistenter Infektionen und vektorübertragener Krankheiten.“
Daher gibt auch die für Artikel 4 („Zuständige Autoritäten“) vorgeschlagene Hinzufügung zu denken: „Die Vertragsstaaten sollen Gesetze erlassen oder anpassen, um die nationalen IHR-Kontaktstellen mit den nötigen Befugnissen und Ressourcen auszustatten, damit sie ihre Aufgaben wahrnehmen können [...].“
Mit anderen Worten: Die einzelnen Staaten sollen ihre Maßnahmen im Falle einer Krise, die sich auf die „öffentliche Gesundheit auswirken“ könnte, den Vorgaben der Internationalen Gesundheitsvorschriften unterordnen. Im fünften Artikel („Überwachung“), in dem festgesetzt ist, dass sich jedes Land nach Inkrafttreten des Regelwerks innerhalb von fünf Jahren um Einrichtungen kümmern muss, die erforderlich sind, um „Ereignisse im Einklang mit diesen Regelungen zu erkennen, zu bewerten, zu dokumentieren und zu melden“, ist als Ergänzung vermerkt, dass dieser Prozess durch regelmäßige Überprüfungen („Universal Health Periodic Review“) evaluiert werden soll, wobei die WHO und ihre Regionalbüros bei Bedarf technische Unterstützung und finanzielle Ressourcen bereitstellen. Insgesamt solle die zentrale Rolle der jeweiligen Gesundheitsbehörden gestärkt werden.
Wesentliche Kompetenzen an die WHO abgeben
Artikel 6 wird nun möglicherweise die Forderung enthalten, dass Länder im Falle eines Ereignisses innerhalb von 48 Stunden reagieren und die WHO auf dem effizientesten Weg informieren müssen. Aus Artikel 9 könnte allerdings folgender Passus gestrichen werden: „Bevor die WHO auf der Grundlage solcher Berichte Maßnahmen ergreift, konsultiert sie den Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich das Ereignis ereignet haben soll, und versucht, von ihm eine Verifizierung zu erhalten.“
Weiterhin könnte ein Satz in Artikel 12 geändert werden, der bisher wie folgt lautete: „Stellt der Generaldirektor fest, dass es sich bei dem Ereignis um eine gesundheitliche Notlage von internationalem Belang handelt, und sind sich die Vertragsstaaten über diese Feststellung einig, so benachrichtigt der Generaldirektor alle Vertragsstaaten.“ In der neuen Version soll die Einschränkung „und sind sich die Vertragsstaaten über diese Feststellung einig“ entfallen. Ergänzt werden könnte hingegen:
„Wurde festgestellt, dass ein Ereignis die Kriterien für eine internationale gesundheitliche Notlage nicht erfüllt, der Generaldirektor jedoch eine erhöhte internationale Aufmerksamkeit und eine mögliche internationale Reaktion im Bereich der öffentlichen Gesundheit für erforderlich hält, so kann der Generaldirektor auf der Grundlage der eingegangenen Informationen jederzeit beschließen, eine Zwischenwarnung im Bereich der öffentlichen Gesundheit an die Vertragsstaaten auszusprechen, und er kann den Notfallausschuss konsultieren.“
„Plan für die Zuteilung von Gesundheitsprodukten“
Auch wenn die angeführten Änderungen nur Vorschläge sind, weisen sie doch in die selbe Richtung: Die einzelnen Staaten sollen im Fall einer Krise, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken könnte, wesentliche Kompetenzen an die WHO abgeben. Das spiegelt sich auch in einer vorgeschlagenen Ergänzung zu Artikel 13 wider:
„Die Vertragsstaaten erkennen die WHO als leitende und koordinierende Behörde für internationale Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bei internationalen gesundheitlichen Notfällen an und verpflichten sich, die Empfehlungen der WHO bei ihren internationalen Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu befolgen.“
Nicht ganz so rigide klingt folgender Vorschlag:
„Die WHO führt eine Bewertung der Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Gesundheitsprodukten wie Diagnostika, Therapeutika, Impfstoffen, persönlicher Ausrüstung und Schutzausrüstung sowie anderen Hilfsmitteln durch, die für die Reaktion auf Notfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit von internationalem Belang benötigt werden, einschließlich der potenziellen Erhöhung des Angebots infolge des Anstiegs und der Diversifizierung der Produktion; im Falle eines erwarteten Versorgungsengpasses entwickelt die WHO einen Plan für die Zuteilung von Gesundheitsprodukten, um einen gleichberechtigten Zugang für die Bevölkerung aller Vertragsstaaten zu gewährleisten.“
„Informationen über die Reiseroute des Reisenden“
Wer ein paar Stunden Muße hat, kann sich durch ein von der WHO zur Verfügung gestelltes Dokument mit sämtlichen Vorschlägen durcharbeiten. Hier soll noch kurz auf Artikel 18 eingegangen werden, da er es insofern in sich hat, als darin von einer „Gewährleistung von Mechanismen zur Entwicklung und Anwendung einer Gesundheitserklärung für Reisende während einer gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite“ die Rede ist, „um bessere Informationen über die Reiseroute, mögliche Symptome, die sich manifestieren könnten, oder Präventionsmaßnahmen, die eingehalten wurden, wie z.B. die Erleichterung der Rückverfolgung von Kontakten, falls erforderlich, bereitzustellen“.
Auch für Artikel 23 („Gesundheitsmaßnahmen bei Ankunft und Abreise“) findet sich folgende vorgeschlagene Hinzufügung: Erforderlich seien „Informationen über die Reiseroute des Reisenden, um festzustellen, ob vor der Ankunft Reisen in ein betroffenes Gebiet oder in dessen Nähe oder andere mögliche Kontakte mit einer Infektion oder Kontamination stattgefunden haben, sowie Überprüfung der Gesundheitsdokumente des Reisenden, falls diese nach diesen Vorschriften erforderlich sind, einschließlich Dokumenten mit Informationen für einen Labortest in digitalem oder physischem Format und/oder Informationen über eine Impfung gegen eine Krankheit, einschließlich solcher, die auf Ersuchen des Vertragsstaats in digitaler/elektronischer Form bereitgestellt werden“.
Weiter wird als Vorschlag ausgeführt, dass Dokumente, die Informationen über das Reiseziel des Reisenden enthalten („Passenger Locator Forms“, kurz: PLF) vorzugsweise in digitaler Form vorgelegt werden sollen. Dabei würden bestehende, weit verbreitete Systeme, die auf regionaler oder internationaler Ebene für die Ausstellung und Überprüfung von Dokumenten eingerichtet wurden, berücksichtigt werden. In Anhang 6 wird schließlich vorgeschlagen:
„Wenn ein internationaler Gesundheitsnotstand ausgerufen wurde, sollten für die Zwecke der Ein- und Ausreise internationaler Reisender in einem Szenario der freiwilligen Impfung unter Verwendung von Produkten, die sich noch in der Forschungsphase befinden oder nur in sehr begrenztem Umfang verfügbar sind, Impfbescheinigungen gemäß dem normativen Rahmen des Herkunftslandes als genehmigt gelten, auch in Bezug auf das Format der Bescheinigung und den Impfplan (Art des Impfstoffs und Zeitplan).“ Dabei müssten digitale Zertifikate ein Mittel zur Überprüfung der Authentizität von einer offiziellen Website aus enthalten, zum Beispiel einen QR-Code.
Auch „relevante Interessengruppen“ reden mit
Wie gesagt: Noch sind all diese Formulierungen lediglich Vorschläge, von denen es teilweise auch mehrere, durchaus nicht übereinstimmende Alternativen der verschiedenen Mitgliedstaaten gibt, doch es ist davon auszugehen, dass viele von ihnen in die endgültig verbindliche Version der Internationalen Gesundheitsvorschriften einfließen werden. Schließlich hat der Europäische Rat schon am 3. März 2022 einen Beschluss angenommen, mit dem er die Aufnahme von Verhandlungen über ein internationales Abkommen über Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion (Pandemievertrag) genehmigte.
Die Weltgesundheitsversammlung hat für den Abschluss sowohl des Pandemievertrags als auch der IGV-Reformen eine Frist bis Mai 2024 gesetzt, und nach Artikel 19 beziehungsweise 21 der Verfassung der WHO kann sie durchaus rechtsverbindliche Konventionen und Vorschriften innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs erlassen. Außerdem geht aus einer WHO-Veröffentlichung vom 24. August 2022 hervor, dass bei den INB-Verhandlungen nicht nur Mitgliedstaaten teilnehmen, sondern auch „relevante Interessengruppen“. Die Impfstoffallianz GAVI ist etwa als „Beobachter“ aufgeführt.
Selbstverständlich gibt es auch durchweg positive Einschätzungen des neuen Pandemievertrags und der Überarbeitung der Internationalen Gesundheitsvorschriften. Dabei tut sich beispielsweise die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) hervor, die sich in ihrer Selbstdarstellung als „eine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung“ bezeichnet, die „auf der Grundlage eigener, praxisbezogener Forschung politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik bzw. der internationalen und Europapolitik“ berät.
In diesen Themenfeldern sei die SWP „eine der größten Think-Tanks Europas“. Weiter heißt es:
„Aufgabe der SWP ist es, vor allem den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung zu beraten, ferner richten wir unsere Angebote an politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in für Deutschland wichtigen internationalen Organisationen wie EU, Nato und die Vereinten Nationen. Wir haben ein Liaison-Office in Brüssel, das als Plattform für die Präsentation von Forschungsergebnissen der SWP-Kolleginnen und -Kollegen in der europäischen Hauptstadt dient und zugleich ein Ort der Kooperation und des Dialogs mit Brüsseler Institutionen, vor allem EU und Nato, ist. Wir haben gut 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; darüber hinaus sind regelmäßig Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler, Projekt-Fellows sowie Praktikantinnen und Praktikanten im Haus.“
Mangelnde Bereitschaft der Behörden betroffener Länder
Gut zu wissen, dass Bundestag, Bundesregierung und Entscheidungsträger auf EU-Ebene von der SWP dahingehend beraten werden, den Pandemievertrag und die neuen Internationalen Gesundheitsvorschriften zu unterstützen. Die SWP ist in einem Beitrag vom 9. Dezember 2022 nämlich der Auffassung:
„Das Thema ist insbesondere für Deutschland von strategischer Bedeutung, denn das WHO-Zentrum für Pandemie- und Epidemieaufklärung (WHO Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence, oder kurz: 'Pandemic Hub') befindet sich in Berlin. Da Informationen über Krankheitsausbrüche als globales öffentliches Gut betrachtet werden können, sind internationale Regeln das beste Mittel, um Klarheit über die normative Erwartung an Länder zu schaffen, solche Informationen zeitnah und transparent zu melden.“
Und der Leiter des Pandemie-Hubs in Berlin wird von der SWP mit der Aussage zitiert, dass die größte Herausforderung beim Sammeln und Verarbeiten von Daten politischer Natur sei, nämlich die mangelnde Bereitschaft der Behörden betroffener Länder, diese zu teilen. Der erstrebenswerte Informationsaustausch „könnte sowohl durch einen neuen Pandemievertrag oder ein anderes Rechtsinstrument als auch durch Änderungen der IGV forciert werden. Eine erleichterte und vermehrte Meldung von Ereignissen würde der Funktionsfähigkeit des Pandemiezentrums in Berlin zugute kommen. Dieses könnte dann als echter 'Knotenpunkt' für die Verarbeitung der Daten agieren, die von den WHO-Mitgliedstaaten gemeldet werden. Gleichzeitig könnte der Pandemie-Hub Staaten dann zusätzliche Anreize für die Übermittlung von Informationen bieten, wenn rechtsverbindliche Regeln deren ordnungsgemäße Verwendung sicherstellen und die souveränen Interessen der Staaten respektieren würden.“
Stabiler Finanzierungsstrom
Die Weltbank habe kürzlich einen Mechanismus zur finanziellen Unterstützung entwickelt, der über die WHO hinausreiche, nämlich den „Financial Intermediary Fund (FIF) for Pandemic Prevention, Preparedness and Response“ (kurz: PPR), den Deutschland als Gründungsmitglied mit einem Beitrag von 68,5 Millionen Euro unterstütze. Bislang seien die Beiträge der Weltbank-Mitgliedstaaten zu diesem FIF freiwillig. Ein Pandemievertrag oder IGV, die entsprechende Kooperationsverpflichtungen auferlegen, könnten jedoch künftig einen stabilen Finanzierungsstrom gewährleisten.
Da die Bundesregierung bereits eine wichtige Geberin bei mehreren globalen Gesundheitsinitiativen sei, könnte sie ihre Position nutzen, um mit anderen Ländern längerfristige finanzielle Verpflichtungen auszuhandeln. Deren rechtliche Ausgestaltung könnte der des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCC) und den damit verbundenen Instrumenten und Protokollen ähneln.
Der Autor dieses SWP-Artikels, Dr. Pedro Alejandro Villarreal Lizárraga, war übrigens auch bei der Erstellung des „White Paper 22: One Health“ beteiligt, in dem die Grundidee, dass die Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Zustand der Umwelt eng miteinander verbunden seien, formuliert ist, auf der auch der oben beschriebene One-Health-Aktionsplan der WHO beruht. Dass sich das WHO-Zentrum für Pandemie- und Epidemieaufklärung in Berlin, die Weltbank oder andere Institutionen, die entweder auf Daten und/oder auf finanzielle Zuwendungen von beispielsweise Mitgliedstaaten angewiesen sind, über Regelwerke wie den neuen Pandemievertrag oder die überarbeiteten Internationalen Gesundheitsvorschriften freuen, überrascht nicht wirklich. Doch ob die von diesem Regelwerk betroffenen Bürger die Freude teilen würden, bleibt höchst zweifelhaft.