Interview / 16.08.2019 / 06:25 / Foto: US-Embassy Berlin / 98 / Seite ausdrucken

“Wenn eine bloße Frage als Druck empfunden wird”

Richard Grenell, Trumps Botschafter in Berlin, ist ein Mann der klaren Worte. Oft zum Missfallen der Politeliten und Journalisten. Er wurde als "diplomatischer Totalausfall" verunglimpft. Politiker verlangten seine Ausweisung. Ein Gespräch über deutsche Befindlichkeit, Dankbarkeit, Waffenhilfe und die Chemie zwischen Merkel und Trump. Von Urs Gehriger und Henryk Broder

Deutsche Medien berichteten heute morgen: "Kurz vor den geplanten Europareisen von Trump verschärfen die USA den Ton in der Debatte und drohen erneut mit einem Teilabzug ihrer Truppen aus Deutschland". Herr Botschafter, was wird von der deutsch-amerikanischen Freundschaft übrigbleiben, wenn Sie die US-Truppen nach Polen verlegt haben?

Der Präsident hat noch keinen Entscheid getroffen. Jeder, der eine Truppenverschiebung bereits als Tatsache darstellt, liegt falsch.

Steht der Entscheid kurz bevor?

Nein. Ich denke, die deutschen und die europäischen Medien haben nicht genau zugehört, was Präsident Trump in Washington gesagt hat, als er mit dem [polnischen] Präsidenten Andrzej Duda zusammentraf. Es geht ihm darum, dass die nationalen Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden. Das ist eine Verpflichtung gegenüber der Nato, eine Verpflichtung, die wir für sehr wichtig halten. Dies hat der Präsident deutlich gemacht, als er sagte: "Deutschland liegt bei einem Prozent. Sie sollten bei zwei Prozent liegen, und sie machen nicht rasch genug vorwärts. Wir haben 52.000 Soldaten in Deutschland stationiert. Wir haben sie schon lange, lange dort. Also würden wir wahrscheinlich eine bestimmte Anzahl von Truppen nach Polen verlegen, wenn wir mit ihnen (Polen) eine Übereinkunft finden." Die Realität ist, dass noch keine Entscheidung getroffen wurde. Einmal mehr schießen hier einige Medien übers Ziel hinaus. 

Verfolgt man die Nachrichten in den USA, erhält man den Eindruck, dass Deutschland und ganz Europa für die Amerikaner immer weniger Bedeutung haben. Ist das richtig?

Nein, das glaube ich nicht. Ich denke, die Europäer sind für die Amerikaner unglaublich wichtig. Einer der Gründe, warum ich diesen Job [als Botschafter in Deutschland] wollte, war, dass die E3 - die Briten, Franzosen und Deutschen - für die Arbeit der Vereinigten Staaten unglaublich wichtig sind. Das habe ich bei den Vereinten Nationen gesehen (Grenell war 2001 bis 2008 Sprecher der US-Delegation bei der UNO, Red.). Ich habe gesehen, dass wir eine E3 brauchen, die, wie ich sagen würde, reflexhaft an der Seite des Westens steht.Wir glauben alle an Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und an den Kapitalismus. Deshalb wollte ich diesen Posten in Deutschland.

Um die Beziehungen wieder auf den richtigen Weg zu bringen?

Nein. Um die Beziehungen zwischen Europa und den USA, zwischen Deutschland und den USA zu vertiefen, damit der Westen gestärkt werden kann. Wir sind sehr davon überzeugt, dass die Amerikaner viel für Europa geopfert haben, weil wir Freunde sind. 

Zweimal in einem Jahrhundert.

Zweimal. Wir haben das getan, weil wir an die Beziehungen glauben. Wir bitten nicht Russland oder China, ihre Armeen aufzubauen. Wir fragen unsere Freunde, die Deutschen. 

Es ist interessant, dass Sie die E3 und nicht die EU als Ganzes erwähnt haben. Ist die EU weniger wichtig? 

Nein. Ich will damit nicht sagen, dass es zwei Kategorien gibt. Aus praktischen Gründen neigen wir bei der UNO, wo ich herkomme, dazu, uns mit der E3 zu organisieren. Vor allem, weil die Franzosen und Briten als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat sitzen. Sich mit der E3 abzusprechen ist schneller und einfacher. 

Wir haben keinen Druck ausgeübt

Nachdem es in der Straße von Hormus wiederholt zu Zwischenfällen mit Iran gekommen ist, planen die USA eine Mission zur Sicherung von Handelsschiffen. Sie haben versucht, Druck auf die Deutschen auszuüben, sich an der Mission zu beteiligen. Doch Außenminister Heiko Maas erteilte Ihnen eine Absage. Werden Sie ein "Nein" als Antwort akzeptieren?

Wir haben keinen Druck ausgeübt. Die deutschen Medien haben hier völlig überreagiert. Wir haben bloß gefragt. Wenn eine bloße Frage als Druck empfunden wird, haben wir ein ernsthaftes Problem. Einfach zu fragen, sollte nicht als Druck empfunden werden. Es sei denn, man ist es nicht gewohnt, dass man Fragen stellt.

(Broder) Darf ich als Deutscher Folgendes sagen: Wenn die Deutschen eine Regierung bitten, etwas zu tun, dann ist das Diplomatie. Wenn gewisse Regierungen die Deutschen bitten, etwas zu tun, dann ist das Erpressung.

Ich denke, wir haben eine tiefe Freundschaft, und wir sollten erkennen, dass die Bitte um Unterstützung und Kooperation keine Drohung ist. Zu behaupten, es sei eine Drohung, ist unseriös. 

Wir haben den Eindruck, dass Ihre Anfrage Deutschland in eine peinliche Situation bringt. Es ist kein Geheimnis, dass die deutsche Marine in schlechter Verfassung ist. Derzeit ist sie an zwei Missionen beteiligt, in der Ägäis und vor der Küste Libyens. Damit ist sie an ihre Grenzen gestoßen, wie Militärexperten bestätigen. Die Deutschen scheinen gar keine Schiffe mehr einsatzbereit zu haben, die sie in eine weitere Mission schicken könnten. 

Ja. Lassen Sie es mich so formulieren. Wir bitten sie um ihre Hilfe, weil es der beste Weg ist, fortlaufende Ausreden abzuschwächen. Wenn wir ständig Gründe hören, warum man nicht helfen kann, haben wir manchmal das Gefühl, dass gewisse Leute uns mit "Nein" antworten, egal nach was wir fragen. Wir wollen formell fragen und den Prozess durchlaufen, bei dem die deutsche Regierung, die Mitglieder des Bundestages sowie die deutsche Öffentlichkeit unsere Anfragen hören und uns hoffentlich eine durchdachte Antwort anbieten. Aber heute sind wir an einem Punkt, wo wir nicht einmal ein Wort aussprechen können, ehe uns ein apodiktisches "Nein" um die Ohren schlägt.

Wie eine präventive Antwort?

Ja.

(Gehriger) Deutsche beschweren sich, dass Sie «aufdringlich», "rechthaberisch", "fordernd", "schamlos" seien und dass Sie sich in innenpolitische Angelegenheiten einmischen würden. Das ist genau der Eindruck, den viele Schweizer von den Deutschen haben. Herr Botschafter, sind Sie vielleicht zu deutsch für die Deutschen?

(Lacht) Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein gutes Gespräch, eine gute Debatte liebe. Ich drohe nicht, aber ich stelle sehr direkte Fragen. Ich dachte, das sei unter Freunden selbstverständlich. Aber lassen sie mich anfügen, dass die Medien die vielen, vielen Leute schlicht ausblenden, die auf mich zukommen und sich dafür bedanken, dass ich ehrlich und direkt bin – so wie es unter Freunden sein sollte. 

Es gibt hier eine gesunde Debatte

In einem Interview mit der Tageszeitung «Welt» kündigte der chinesische Star-Künstler Ai Weiwei an, dass er Deutschland verlassen werde. Deutschland sei «keine offene Gesellschaft», sagt er. Es gebe «kaum Raum für offene Debatten, kaum Respekt für abweichende Stimmen.» Deckt sich seine Sicht mit Ihren Erfahrungen? 

Nein. Ich denke, es gibt hier eine gesunde Debatte, und ich stehe mittendrin. (lacht)

Das ist die gute Nachricht. Welches ist die schlechte Nachricht? 

Schauen Sie, wir scheuen nicht davor zurück, schwierige Themen anzupacken. Es ist keine leichte Entscheidung, mehr Geld für die Verteidigung auszugeben. Mir wurde mehrmals gesagt, ich solle diese Diskussionen nicht öffentlich, sondern ausschließlich im Hinterzimmer abhalten. Wir haben das versucht. Aber wir denken, dass es von Vorteil ist, dieses Thema öffentlich zu diskutieren. Es geht um die Nato. Wir sind der Meinung, dass es in der deutschen Öffentlichkeit eine große Unterstützung dafür gibt. 

Woher wissen Sie das? 

Ich spreche regelmäßig in ganz Deutschland öffentlich, und die Deutschen sagen mir mit überwältigender Mehrheit, dass sie die NATO unterstützen und die Verpflichtung gegenüber der NATO erfüllen wollen.

Sie sprechen mit Leuten aus dem breiten Volk? 

Ja. Deutsche Leute, die bei Veranstaltungen auftauchen. Sie schätzen die NATO absolut. Sie erkennen an, dass der Beitrag zur NATO eine absolute Verpflichtung ist, und sie erkennen an, dass die größte Volkswirtschaft in Europa eine Verantwortung hat, ihren Verpflichtungen nachzukommen. 

Seltsamerweise vermitteln uns die Medien genau den gegenteiligen Eindruck - dass das deutsche Volk gegen einen höheren Beitrag für die NATO ist.

Ich sage Ihnen bloss, welches meine eigenen Erfahrungen sind.

(Broder) Ich zweifle nicht daran, meine Erfahrung ist die gleiche. Aber ich frage mich, warum die deutschen Medien über das Thema auf eine, sagen wir mal höflich, ganz andere Weise berichten. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Ich denke, es ist wirklich wichtig, dass man mit Leuten im ganzen Land spricht.

Ein einseitiges Gespräch ist nie gut

(Broder) Sie waren kaum in Berlin angekommen, da forderte mein ganz besonderer "Freund", Herr Martin Schulz, (früherer SPD-Vorsitzender und ehemaliger Präsident des Europaparlaments, Red.) Sie dazu auf, Ihren Posten sofort wieder verlassen. Was hielten Sie davon? 

Schauen Sie, ich mag Leute, die Dinge diskutieren wollen, aber ich denke, es ist wichtig, tatsächlich zu diskutieren und nicht bloß....

Es ging ihm nicht darum, darüber zu diskutieren.

Richtig, ja. Wir wollen eine Debatte über diese Fragen führen. Ein einseitiges Gespräch ist nie gut.

Im Mai reiste Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Harvard. Dort, auf amerikanischem Boden, hielt sie eine Rede, in der sie Ihren Präsidenten ziemlich offen kritisierte. Sie hatten Gelegenheit, Merkel und Trump gemeinsam hinter verschlossenen Türen zu beobachten. Können Sie uns schildern, was zwischen den beiden geschieht, wenn die Öffentlichkeit nicht zusieht?

Ich habe gesehen, wie sie diskutieren. Sie pflegen eine extrem gesunde Gesprächskultur, es ist ein Hin und Her, und sie gehen ehrlich und total respektvoll miteinander um. Und es macht ziemlichen Spaß zuzusehen, denn sie sind beide leidenschaftlich. 

Auch Frau Merkel?

Beide. Sie haben beide einen feinen Sinn für Humor.

Haben wir richtig gehört? Sie sagen, dass Frau Merkel Sinn für Humor hat? Das wird unsere Schlagzeile sein!

Sie sind sich auch über alle großen Themen einig, vielleicht nicht immer über die Taktik, aber sie sind sich über die Ziele einig. Es ist sehr wichtig, sich daran zu erinnern.

Der Anstieg des Antiamerikanismus ist sehr beunruhigend

Die Amerikaner sind zweimal über den Atlantik gekommen, um Europa vor Tyrannei zu retten. Zehntausende Ihrer Landsleute sind dabei gestorben. Doch heute verbreiten Medien in Westeuropa und vor allem auch in Deutschland beinahe täglich Nachrichten, die über normale Kritik an den USA oder ihrem Präsidenten hinausgehen. Oft wird Amerika geradezu verteufelt. Können Sie verstehen, woher dieser Antiamerikanismus rührt?

Nun, das ist den Amerikanern sicherlich nicht entgangen. Die Amerikaner haben stark den Eindruck, dass sie viel für ein stärkeres Europa geopfert haben, ein Europa, das mit dem Westen verbunden ist. Wenn wir den Anstieg des Antiamerikanismus beobachten, ist das sehr beunruhigend. Gleich dahinter, vielleicht sogar davor, kommt der Antisemitismus. 

Beide hängen miteinander zusammen.

Sie hängen zusammen. Eines der Probleme in der aktuellen Situation ist, dass sich viele Leute nicht darüber bewusst sind, dass wir 50.000 amerikanische Truppen permanent in Deutschland stationiert haben, das ist eine Menge. Und sie kosten viel Geld. Dies wird vom amerikanischen Steuerzahler bezahlt. Das nehmen wir nicht auf die leichte Schulter. Wir tun das, weil wir an Europa glauben. Wir glauben an Deutschland, und wir glauben an die NATO. Deutschland hat eine Exportwirtschaft. Sie hängt stark von sicheren Meeresrouten ab. Die Amerikaner setzen sich federführend dafür ein. Da ist es nicht zu viel verlangt, wenn wir sagen: "Ihr in Deutschland habt einen Staatsüberschuss. Wir haben eine Staatsverschuldung von 22 Billionen Dollar. Könntet Ihr uns helfen?" Aber stattdessen hören wir wütende Stimmen: "Ihr droht uns". Ich denke, das kommt daher, dass sich viele der grossen Opfer nicht bewusst sind, die die Amerikaner gebracht haben und immer noch bringen.

(Broder) Wir Deutschen sind uns der Opfer wohl bewusst, die die Amerikaner gebracht haben. 

Darüber wird normalerweise in der Vergangenheit gesprochen. Viele scheinen auszublenden, dass die deutsche Wirtschaft auch heute von der amerikanischen Armee in Deutschland, von der US-Schutzmacht in der Straße von Hormus, im südchinesischen Meer und weiteren Orten profitiert.

(Broder) Ich beziehe mich auf Marie von Ebner-Eschenbach, eine Zeitgenossin von Freud und eine der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts. Sie sagte: «Das Gefühl schuldiger Dankbarkeit ist eine Last, die nur starke Seelen zu ertragen vermögen.» Mein persönlicher Eindruck ist, dass die Deutschen den Amerikanern nie ganz verzeihen werden, dass sie von den Nazis befreit werden mussten. Ist Ihnen dieser Gedanke schon mal gekommen? 

Ich habe Sie das schon ein paar Mal sagen hören. 

Vielleicht haben die Deutschen einfach vergessen, dass nichts umsonst ist im Leben?

Das Einzige, was ich dazu sagen kann, ist, dass die Amerikaner an Europa glauben. Wir glauben an Deutschland, und wir wollen eine sehr enge, tiefe Beziehung haben. Das bedeutet aber: Man anerkennt, dass die Verteidigungsausgaben gemeinsam gestemmt werden müssen. Und zwar auf dem Niveau, das von der aktuellen Koalition, der SPD und der CDU, vereinbart worden ist. (zwei Prozent des BIP bis spätestens 2024, Red.) 

Trump ist nicht homophob, im Gegenteil

Sie leben offen schwul und setzen sich vehement für eine globalen Durchsetzung zur Entkriminalisierung der Homosexualität ein. Dies ist ein Thema, bei dem Sie, so erwartet man, in ganz Europa breite Unterstützung geniessen. Ist das so?

Ich bekomme sicherlich Unterstützung in ganz Europa, aber nicht immer lautstark von den Regierungen. Der Fokus der Initiative liegt jedoch auf den 71 Ländern weltweit, die Homosexualität kriminalisieren. Präsident Trump hat sehr deutlich gemacht, dass dies falsch ist und dass er weiter dagegen kämpfen wird.

Präsident Trump hat das Anliegen Anfang Juni offiziell zur Chefsache gemacht und verfolgten Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender weltweit seine Unterstützung zugesagt. Sind Sie in dieser Sache die treibende Kraft hinter dem Präsidenten? 

Nein. Es ist wirklich der Präsident selbst, der diese Initiative vorantreibt. Er hat ein starkes Interesse daran.

Trump wird von vielen Deutschen als sehr homophob angesehen.

Nun, das ist absolut lächerlich. Er ist ein grosser Unterstützer (der LGBT-Anliegen). Es gibt schlicht und einfach keinen Beweis, der das Gegenteil belegen würde. 

US-Botschafter in Europa warnen vor dem chinesischen Einfluss und insbesondere vor Geschäften mit Huawei. 

Das ist ein wichtiges Thema für die USA. 

Huawei leite Daten von Privatpersonen an die chinesische Regierung weiter. Aber wie wir vor einiger Zeit von Edward Snowden erfahren haben, haben amerikanische Unternehmen dasselbe im Namen der US-Regierung getan. «Wo ist der Unterschied?», sagen die Leute. «Warum warnen die Amerikaner vor den Chinesen, wenn sie selbst seit langem dasselbe tun?»

Der Punkt ist der, dass wir in den Vereinigten Staaten Unternehmen haben, die sehr selbstbewusst und stolz sind, sich gegen unsere Regierung zu stellen. So wie es Apple nach dem Terroranschlag von San Bernardino in Kalifornien im Jahr 2015 tat, als sie keine Telefondaten über den Attentäter herausgaben. Wenn diese Unternehmen nach China gehen, oder in den Iran, oder irgendwo im Nahen Osten, spielen sie nach den lokalen Regeln. Ich würde argumentieren, dass Unternehmen in China keine Wahl haben. Selbst amerikanische Unternehmen haben keine andere Wahl, als diese Informationen sofort an China weiterzugeben. Es gibt kein ordnungsgemäßes Verfahren oder keine Rechtsstaatlichkeit. Wenn Dir die Entscheidung nicht gefällt, dann sei es so. Es spielt keine Rolle. Du hast keine Möglichkeit, Berufung einzulegen.

Schade, dass München nicht die Hauptstadt ist

[Grenells Assistentin blickt zur UhrZum Schluss paar kurze Fragen. Bitte nennen Sie uns etwas typisch Deutsches, an das Sie sich nie gewöhnen werden? 

[Botschafter denkt nach.] 

Bratwurst vielleicht?

Nein. Die Tatsache, dass hier Gebäude keine Klimaanlage haben....

... Die Befreiung Deutschlands wird nie ganz vollendet sein, solange Deutschland keine Klimaanlagen hat.  (Lachen) 

Ich lerne hier, dass es keine schlechte Sache ist, keine Klimaanlagen zu haben. Wir in den USA lassen zu viele laufen.

Weiter, nennen Sie uns etwas Deutsches, das Sie nicht missen möchten.

Es gibt eine ganze Reihe von Dingen. Das Oktoberfest. Und ganz Bayern. 

Was an Deutschland werden Sie nie verstehen?

Warum die Hauptstadt nicht in München ist. (Lacht) 

Trumps Vorfahren stammten ursprünglich aus Deutschland. Erkennen Sie etwas typisch Deutsches an ihm?

Nein. Er ist ein typischer New Yorker, ganz unabhängig von der ethnischen Abstammung. 

(Broder) Eine letzte Frage: Sie haben erwähnt, dass die Amerikaner im letzten Jahrhundert Europa zweimal gerettet haben. Was mich betrifft, bin ich sehr dankbar dafür, denn die Amerikaner haben meinen Vater befreit. Sonst würde ich nicht hier sitzen. Für den Fall, dass mit Europa wieder etwas schieflaufen sollte: Werden die Amerikaner erneut kommen und die Deutschen ein drittes Mal vor sich selbst retten?

Ich werde keine Hypothese aufstellen. Ich bin zuversichtlich, dass Sie hier in Deutschland ein großartiges System haben, dass ein öffentlicher Dialog wirklich wichtig ist. Wir sind sehr stark davon überzeugt, dass die Deutschen unsere Freunde sind und dass wir Europa brauchen. Wir brauchen ein starkes Europa. Gemeinsam schaffen wir das. 

Richard Grenell,1966 in Jenison/Michigan geboren, ist ein Quereinsteiger. Er arbeitete unter anderem als Kommentator für den Sender Fox News, bevor er von Präsident George W. Bush jun. 2001 zum Sprecher des US-Botschafters bei den UN ernannt wurde. Nach sieben Jahren im Amt kehrte er freiberuflich in den Journalismus zurück. Seit Mai 2018 ist er Botschafter in Berlin

Die englische Fassung dieses Interviews finden Sie hier

Foto: US-Embassy Berlin

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Leserpost

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Okko Frerichs / 16.08.2019

Achse und Tichy haben in den letzten Jahren eine erstaunliche Entwicklung gezeigt: vom kaum beachteten Politblog zur „Stimme der deutschen Opposition“ war es ein weiter Weg. Die USA und andere Verbündete sollten noch mehr erkennen, wer ihre wahren Freunde in Deutschland sind. Sie sind leider weder im Bundeskanzleramt noch bei den Grünen zu finden. Broder for President!

Lutz Strohbach / 16.08.2019

Ich weiß nicht, was ich von diesem “Interview” halten soll! Das hätte so in jeder Tageszeitung erscheinen können, keinerlei kritische Nachfragen von Herrn Broder oder Herrn Gehrke - einfach enttäuschend!!! Von einem freien Medium wie “Achgut” erwarte ich kritische Fragen z. B. zu einer NATO-Osterweiterung wider früherer Absprachen! Wer heute noch glaubt, dass amerikanische Truppen zum Schutz des jeweiligen Landes stationiert sind (bestimmt gegen die bösen Russen!), statt nur und ausschließlich amerikanische Interessen und Einfluss zu sichern, glaubt wahrscheinlich auch noch an den Weihnachtsmann!

Andreas Günther / 16.08.2019

Insgesamt ein gutes Interview, wäre da nicht die störende und überflüssige Bemerkung “Zweimal in einem Jahrhundert.” Demjenigen, der diesen Satz ausgesprochen hat, empfehle ich ein kleines Geschichtsstudium über Vorgeschichte und Verlauf des ersten Weltkrieges. Und zum zweiten Weltkrieg möge er doch einmal Publikationen wie “Der Krieg, der viele Väter hatte” zur Kenntnis nehmen. Dass dem Ganzen dann irgendwie ein Ende gesetzt werden musste, ist ja richtig, aber differenziert zu betrachtende Sachverhalte auf die Worte “Holocaust” oder “Auschwitz” zu reduzieren ist - freundlich gesprochen - etwas unglücklich. Dieses Narrativ ist den Deutschen über Jahrzehnte hinweg eingeprügelt worden und jetzt wundert man sich, dass dieses Land so wenig Selbstachtung hat. Vielleicht sind mit den Opfern der Amerikaner aber auch nicht die Bombardierungen, sondern die Luftbrücke Berlin und andere Hilfen der Nachkriegszeit gemeint. Antiamerikanisch bin ich nie gewesen, aber seit den Kriegen im Irak, Libyen, Syrien doch arg im Zweifel, ob die Rolle des Weltpolizisten den USA moralisch zusteht.

pol. Hans Emik-Wurst / 16.08.2019

Was bin ich froh, dass Washington D.C. rund elf Flugstunden von Berlin entfernt ist! Was bin ich froh, dass London unsere amerikanischen Freunde um Hilfe bat, um nicht zu unterliegen! Was bin ich froh, dass die größten Komödianten unsere Geschichte geschrieben haben! Laut Grundgesetz zahlen deutsche Behörden für US-Truppen, FR-Truppen und UK-Truppen. Seit 1918 steckt der Karren im Dreck.

Th. Roschè / 16.08.2019

Mal gucken ob das Interview auch von den deutschen Medien übernommen wird . ( lach ) Von mir Daumen hoch !

Hermann Meller / 16.08.2019

Verzeihen Sie, ich schätze die Achse und namentlich die beiden Interviewer sehr, aber mir platzt der Kragen, wenn ich Geschichtsklitterei lese wie diese: “Die Amerikaner sind zweimal über den Atlantik gekommen, um Europa vor Tyrannei zu retten.” Die USA sind 1917 in den Krieg eingetreten, um den Ausfall ihrer Forderungen aus Rüstungslieferungen an die Entente zu verhindern, und der Eintritt in den Zweiten Weltkrieg (seit 1940 planvoll betrieben, auch wenn der Gröfaz dann den USA die Kriegserklärung abgenommen hat) diente der Zementierung der Weltmachtstellung der USA. Die USA haben im letzten Jahrhundert Dutzende Tyrannen gestützt, wenn es ihnen machtpolitisch in den Kram gepaßt hat. Die Taliban sind ein Geschöpf der USA. Mir kommen schier die Tränen, wenn Herr Grenell erklärt: “Wir sind sehr davon überzeugt, daß die Amerikaner viel für Europa geopfert haben, weil wir Freunde sind.” Was immer die USA in Europa getan haben, haben sie im eigenen geopolitischen Interesse getan. Es mag gute Gründe geben, an einem Bündnis mit den USA festzuhalten (ich bezweifle das), aber doch bitte nicht das Märchen vom altruistischen Schutzpatron aus Übersee.

Franck Royale / 16.08.2019

Die Aussage “Wir glauben alle an Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und an den Kapitalismus.” trifft für Deutschland, und zu weiten Teilen auch für die Parteien der Bundesregierung, insbesondere für die SPD, so nicht mehr zu. Vielleicht bleiben noch “Menschenrechte” übrig - aber das auch nur entkoppelt von entsprechenden Verpflichtungen bzgl. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

HaJo Wolf / 16.08.2019

Lieber Herr Broder, ich schätze ja die meisten Ihrer Beiträge sehr, aber bitte ziehen Sie die rosarote USA-Brille aus. Ich bin kein USA-Feind, aber schaue mit realistischem Blick. Die USA (ich spreche bewusst nicht von “den Amerikanern”, wie Grenell es geschickt macht und damit impliziert, dass das ganze Volk hinter ihm steht), die USA haben im Laufe ihrer 243jährigen Geschichte gerade mal 17 Jahre keinen Krieg geführt, viele selbst vom Zaun gebrochen mit falschen “Beweisen”. Die USA haben keine Freunde, sie haben nützliche Verbündete. Keinen der Kriege führten/führen die USA aus Gründen der Menschenfreundlichkeit, sondern ausschließlich aus wirtschaftlichen und Machterhalts-/erweiterungsgründen. Als die USA 1917 in den Krieg in Europa eingriffen, taten sie das im sicheren Wissen, dass Deutschland dann nicht siegen, England aber in jedem Falle seine Vorherrschaft in der Welt verlieren würde; keinesfalls wollten sie eine neue Weltmacht in Europa, sondern selbst die Führungsrolle übernehmen, was sie als Ergebnis des Krieges auch taten. Als Hitler im Dezember 41 den USA den Krieg erklärte, hatten diese schon über ein Jahr die Briten finanziell und mit Sachleistungen unterstützt (z.B. 1940 50 Zerstörer). Im August 41 teilten Churchill und Roosevelt (beides erklärte Deutsch-Hasser) die Welt neu auf (Atlantik Charta), erkennbar auf eine Niederlage und Zerschlagung Deutschlands ausgerichtet. Schon im September 41 durfte die US-Marine deutsche U-Boote beschießen. Die USA haben keine Freunde, die USA führen Kriege nur und ausschließlich, wenn ihre eigenen Interessen bedroht sind sowie um Macht zu erhalten und zu erweitern. Es bedarf nicht 50.000 Soldaten, um Deutschland zu schützen, vor wem? Es bedarf überhaupt keiner Soldaten, denn die Großmächte verfügen längst über Waffensysteme, die den Einsatz von Menschen vor Ort überflüssig machen. Deutschland war und ist für die USA nur ein potentielles Schlachtfeld, Land und Leute interessieren die US-Politik nicht.

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