Fracking ist seit 2017 in Deutschland weitgehend verboten und als Gesprächsthema ein heißes Eisen mit dem man sich eigentlich nur in die Nesseln setzten kann. Selbst Experten wagen kaum darüber zu sprechen. Ulrike Stockmann sprach mit dem Ölfeld-Chemiker Dr. Manfred Akstinat darüber, wie diese Technologie zur Erschließung von Ergasvorräten in Deutschland denunziert und fahrlässig abgeschaft wurde. Die Angst vorm Fracking ist in Deutschland nicht zuletzt deswegen so groß, weil es hierzulande viel weniger Fachleute zum Thema gibt als in den USA.
Herr Dr. Akstinat, Sie wurden bereits 1978 an der TU Clausthal (Institut für Tiefbohrtechnik, Erdöl- und Erdgasgewinnung) promoviert und haben sich über viele Jahre mit der Thematik Ölfeldchemie befasst, also schon zu einem Zeitpunkt, als der Einsatz von Chemikalien für die Ausbeuteerhöhung beim Erdöl und Erdgas noch in den Kinderschuhen steckte. Die Politik möchte wegen des Ukraine-Krieges aktuell am liebsten gar keine Energie mehr aus Russland kaufen, und daher rückt eines Ihrer Fachgebiete, das heikle und kontrovers diskutierte Thema Fracking, nun erneut in den Mittelpunkt. Doch was bedeutet Fracking überhaupt?
Akstinat: Das klassische (= konventionelle) Fracking, auch als „hydraulische Risserzeugung“ bekannt, ist ein technologisches Verfahren der Erdöl-/Erdgasindustrie, das bereits seit über 75 Jahren erfolgreich international angewandt wird. Dabei handelt es sich um das künstliche Aufbrechen von tiefliegenden mineralischen Gesteinsformationen – wie zum Beispiel Sandstein und Tonschiefer, aber auch Granit – unter hohem Druck von mehreren hundert Bar.
Beim Fracking sollen also im natürlich vorliegenden Tiefengestein neue Risse oder Fließkanäle erzeugt werden, um die ausströmenden Mengen an Öl oder Erdgas deutlich zu steigern oder, mit anderen Worten, die sogenannten Förderraten zu erhöhen.
Der Aufbau und die Übertragung des oberirdisch erzeugten hohen Druckes, der je nach den Eigenschaften einer Lagerstätte spezifisch abgestimmt werden muss, erfolgt meist über einen aufwändigen Maschinenpark mit Hochdruckpumpen und über entsprechende Leitungssysteme.
Dabei wird ein Chemikaliengemisch, das aus Verdickungsmitteln, ausgewählten Feststoffen, und zu 98 Prozent aus Wasser besteht – die sogenannte Frac-Flüssigkeit –, unter so hohem Druck in ein natürliches Tiefengestein gepresst, dass es letztendlich – leider unter unkontrollierbarer Rissbildung – aufbricht, also „gefract“ wird. Die in einer Frac-Flüssigkeit mittransportierten druckstabilen Feststoffe, Stützmittel genannt, haben die wichtige Aufgabe, die nach der Druckentlastung neugebildeten Riss-Systeme zu stabilisieren und offenzuhalten, ansonsten würden sich die Risse relativ schnell wieder verschließen.
Nach dem erfolgreichen Aufbrechen der Gesteinsformation wird versucht, möglichst viel der Frac-Flüssigkeiten wieder an die Oberfläche zurückzufördern, das sogenannte Flow-Back. Das gelingt im Allgemeinen nur zu etwa 50 Prozent; der Rest kann meist erst im Verlauf der Förderphase von Öl oder Gas nahezu vollständig zurückgewonnen werden.
Daneben gibt es auch das unkonventionelle Fracking, welches nahezu identisch zum klassischen Verfahren ist. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass dieses Verfahren meist in viel geringerer Tiefe – also viel näher an den Bereichen zur Trinkwassergewinnung – und für gewöhnlich in andersartigen geologischen Formationen angewandt wird. Dabei spricht man geologisch überwiegend von sehr dichten, wenig porösen Ton-, Mergel- und Schiefergesteinen, aber auch von oberflächennahen Kohleflözen.
Inwieweit haben sich die Fracking-Technologien in den letzten Jahrzehnten verändert und weiterentwickelt?
Seit den 1970er Jahren habe ich die Fracking-Technologie insbesondere aus dem Blickwinkel der Ölfeldchemie intensiv verfolgt. Die technologischen Grundlagen haben sich seitdem nur wenig verändert. Deutliche Veränderungen erfolgten jedoch in der Bohrtechnik und der Ölfeldchemie.
In der traditionellen senkrechten Bohrtechnik gab es schon immer relativ kleine, gut überschaubare und dokumentierte tiefe Frac-Projekte. Die Erweiterung der vertikalen Bohrtechnik zur modernen Horizontal-Bohrtechnik ermöglicht es heute, extrem große Bereiche in verschiedenen Richtungen von einer einzigen flacheren Zentral-Bohrung aus zu erschließen. Obwohl sich bereits durch das horizontale Bohren die Förderraten deutlich erhöhen lassen, wird hier trotzdem vielfach noch zusätzlich gefract, und das mit einem erhöhten Sicherheits- und Schadensrisiko. Häufig sind noch nicht einmal alle notwendigen geologischen und geomechanischen Daten für die riesigen flacheren Planbereiche vorhanden, denn die Rissbildungen in natürlichen Gesteinsformationen lassen sich leider nicht detailliert vorhersagen. Da überzeugen auch keine Computersimulationen und geschönten Schaubilder der multinationalen Dienstleistungsfirmen. In unterirdische Lagerstätten kann man eben nicht hineinschauen, sondern nur spekulieren!
Als wesentliche Gefährdungsquellen werden im Allgemeinen mögliche Gasdurchbrüche über die künstlich erzeugten Risse aus den gasführenden Lagerstätten bis an die Oberfläche und Verunreinigungen von trinkwasserführenden Schichten durch die eingesetzten Frac-Flüssigkeiten – also Chemikaliengemische – genannt.
Zum ersten Punkt liegen zahlreiche Gutachten und Stellungnahmen von erfahrenen Fachleuten vor, die unkonventionelle Frac-Vorhaben unter 1.000 Meter (also oberhalb einer Tiefe von 1.000 Meter) aus Sicherheitsgründen als sehr, sehr kritisch sehen oder sogar ganz ablehnen – und das ist auch richtig so. Denn je oberflächennäher gefract wird, desto größer sind auch die möglichen Risiken, denn es entfallen ja meist die sicheren Deckgebirge aus mächtigen Tonschichten.
Das Argument der Verunreinigung von Trinkwasservorräten aufgrund von unkonventionellen Fracking-Projekten ist jedoch heute kaum noch haltbar.
Richtig ist, dass sich bis vor etwa 40 Jahren kaum jemand um Umweltschutz kümmerte. Trinkwassergefährdung war einfach kein Thema. Das wachsende Umweltbewusstsein in weiten Teilen der Bevölkerung und die Sensibilität für umweltrelevante Fragen brachten zur Jahrtausendwende erhebliche Umwälzungen in der Ölfeldchemie mit sich.
Während anfangs für Frac-Flüssigkeiten noch nahezu alle Chemikalien geeignet erschienen und auch eingesetzt wurden, erfolgten nach 2000 in vielen Industrieländern strikte Regelungen und Vorschriften im Umweltbereich und zum Trinkwasserschutz:
Die meisten Chemikalien in Frac-Flüssigkeiten mussten ausgetauscht oder durch umweltfreundliche, unbedenklichere Produkte ersetzt werden. Dadurch verteuerte sich das Fracking natürlich erheblich. Heute könnte man Frac-Flüssigkeiten durch Verwendung von Biopolymeren (zum Beispiel Xanthan Gum, wie man es in Speiseeis oder auch Zahncreme einsetzt), harmlosen Katalysatoren (zum Beispiel geringe Konzentrationen von Aluminium-Salzen oder Boraten, wie sie auch in natürlichen Wässern auftreten) und Enzymen (zum Beispiel Amylasen, die Biopolymere wieder in einfache leicht-verdauliche Zucker umwandeln können) so formulieren, dass man sie unbeschadet trinken könnte. Es bestünde daher – meiner Meinung nach – keine akute Gefahr mehr für eine Kontamination von Trinkwasser durch Frac-Flüssigkeiten in Deutschland – sofern man umweltfreundliche Rezepturen einsetzt.
In China, den USA und den meisten westeuropäischen Ländern wird in diesem Bereich generell versucht, strengere Umweltschutzgesetze durchzusetzen, doch diese Durchsetzungskraft ist nicht weltweit vorhanden.
Warum ist Fracking in Deutschland seit 2017 verboten?
Als Vorsichtsmaßnahme und aus Umweltschutzgründen wurde das konventionelle Fracking in Deutschland schon frühzeitig in Wasserschutzgebieten – also Talsperren, Seen und geschützten Flusslandschaften – eingeschränkt oder nicht genehmigt.
Die starke Opposition von Umweltschutzverbänden, selbsternannten Spezialisten und Scharfmachern sowie sehr aktiven Bürgerinitiativen gegen jegliche Art von Frackverfahren und neue Erschließungen von Erdöl- und Erdgaslagerstätten brachten die Erdöl- und Erdgasgesellschaften, Genehmigungsbehörden und Regierung in arge Bedrängnis. Dieser starke Gegenwind und politische Druck traf die Direktbetroffenen meist völlig unvorbereitet – insbesondere im Bereich der Ölfeldchemie.
Obwohl unkonventionelles Fracking bislang noch nicht kommerziell genutzt wurde, führten die vielen hitzigen Diskussionen letztendlich zur vorläufigen Notbremse für das unkonventionelle Fracking in Deutschland, den strengen Anpassungen an das Wasserhaushaltsgesetz vom Februar 2017 beziehungsweise dem „Gesetz zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften und zur Untersagung und Risikominimierung bei Verfahren der Fracking-Technologie“, in Amtsdeutsch abgekürzt NatSchRFrackingÄndG.
Danach ist das Eindringen von Stoffen ins Grundwasser – das betrifft also direkt sämtliche Fracking-Aktivitäten – vorläufig verboten. Nur ganz wenige Forschungsbohrungen sind unter strengen Auflagen möglich.
Wann und ob dieses Verbot aufgehoben werden wird, oblag im Wesentlichen einer sechsköpfigen wissenschaftlichen Expertenkommission der Bundesrepublik.
Diese Expertenkommission setzt sich jedoch aus (anders als im Gesetz vorgesehen) sieben Personen zusammen:
Dr. Lilian Busse (Umweltbundesamt), Dr. Bodo-Carlo Ehling (Landesamt für Geologie und Bergwesen des Landes Sachsen-Anhalt), Prof. Dr. Thomas Himmelsbach (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe), der Vorsitzenden Prof. Dr. Charlotte Krawczyk (Helmholtz-Zentrum Potsdam/Deutsches GeoForschungZentrum), Sabine Rosenbaum (Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein), Angelika Seidemann (Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe des Landes Brandenburg) und dem stellvertretenden Vorsitzenden Prof. Dr. Holger Weiß (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung).
Die Zusammensetzung dieser Expertenkommission ist – meiner Meinung nach – fachlich nicht besonders ausgewogen. Es fehlen komplett Experten der Erdöl-/Erdgasindustrie und aus der Chemie. 2021 hat diese Kommission dem Bundestag und der Öffentlichkeit eine Beschlussvorlage zum Stand der Wissenschaft und Technik unterbreitet, um die Angemessenheit des Verbotes erneut zu überprüfen. Seitdem gab es keine Veränderungen. Es bedarf jetzt einer Gesetzgebung durch den Bundestag und den Bundesrat, da sich die Nutzung des unkonventionellen Frackings jetzt zu einem überwiegend politischen Entscheidungsprozess gewandelt hat.
Da auch geologische, ökologische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und gesundheitliche Aspekte berücksichtigt werden müssen und auch die Entscheidungsorgane der Länder noch mit eingebunden werden sollen, kann kaum mit einer schnellen Aufhebung des Fracking-Verbotes gerechnet werden.
In einer Folge der Zeichentrickserie „Simpsons“ kommt im Rahmen von Fracking-Bohrungen plötzlich Feuer aus dem Wasserhahn der Familie Simpson. Was ist wirklich dran an solchen Ängsten?
Das Geschehen in der Trickfilmserie „Simpsons“ ist nichts Ungewöhnliches und hat eigentlich mit dem fachgerechten Fracking-Verfahren wenig zu tun. Es passt eben sehr gut in die Argumentation und Angstmacherei der Opponenten des Fracking-Verfahrens.
Es gab schon immer oberflächliche Verbindungen zu Erdöl- und Gaslagerstätten, die sich über verschiedene natürliche Risse oder Störungen im Gebirge bemerkbar machten. Diese natürlichen Fließwege und -kanäle sind jedoch die große Ausnahme und zudem noch seltener, wenn sie mit Trinkwasserhorizonten in Verbindung stehen. In den öffentlichen Trinkwasserversorgungssystemen mit den entsprechenden Aufbereitungsanlagen kommt so etwas nicht vor. Lediglich im privaten unüberwachten Bereich mit lokalem Brunnen oder eigener Wasserbohrung könnte ein derartiges Phänomen auftreten. Bei der Nutzung von Trinkwasser aus eigenen Bohrungen oder Brunnen sollte daher vorab stets eine fachgerechte Wasseranalyse erfolgen.
Sollte jedoch tatsächlich nach einem unkonventionellen Frackingverfahren plötzlich und unerwartet Erdgas aus einer einzelnen privaten Wasserstelle auftreten, so könnte dieses sicher auf einen massiven Fehler beim Fracking hindeuten und zu unmittelbaren sofortigen Vorsichtsmaßnahmen führen. Erdgas-Luftgemische sind brennbar und können explosiv sein!
Oft wird das Fracking als Streitthema zweier Akteure betrachtet, nämlich der Umweltschützer einerseits und der Erdölgesellschaften andererseits. Doch es gibt noch einen wenig beachteten dritten Akteur, die sogenannten Servicegesellschaften. Können Sie deren Rolle erklären?
Es gibt generell drei Akteure beim Fracking:
Erstens, den Auftraggeber, meist eine Erdöl-/Erdgasgesellschaft oder ein Bohrunternehmen, welche eine erfahrene Dienstleistungsgesellschaft – eine sogenannte Servicefirma – zur Auftragsdurchführung verpflichtet. Der Auftraggeber war in den früheren Jahren im Prinzip nur an dem Endergebnis interessiert und kümmerte sich nicht um umweltrelevante Fragen. Das hat sich jedoch in den letzten 20 Jahren deutlich verändert, da die Umweltschützer jetzt auch den Auftraggeber zur Verantwortung ziehen.
Zweitens, die meist international agierende Servicefirma, die über den notwendigen Maschinenpark, die Vielzahl der Zusatzgeräte, die bereitzustellenden Chemikalien sowie das Fachpersonal mit dem entsprechenden Know-how verfügt. Die Branchenführer in diesem Bereich sind beim Fracking die multinationalen Dienstleistungsfirmen Baker Hughes, Halliburton und Schlumberger. Der Service dieser Dienstleister erstreckt sich meist von der Vorplanung bis zur anschließenden Wiederherstellung des Bohrplatzes nach der Bohrung und schließt auch die Rezeptierung der Frac-Flüssigkeiten mit ein. Da dieses zum Know-how aller Servicefirmen gehört, werden diese Details selten (oder gar nicht) offengelegt. Die als Betriebsgeheimnis behandelte Zusammenstellung der Chemikalien rücken die Servicefirmen meist nur auf massiven Druck von außen heraus!
Drittens, die Umweltschützer, das heißt die entsprechenden Behörden und auch Umweltaktivisten. Alle beobachten und prüfen – sofern möglich – die Aktivitäten am Bohrloch ganz genau.
In den USA wird Fracking in großem Stil betrieben. Warum gehen die US-Amerikaner insgesamt etwas lockerer als die Europäer mit dem Thema Fracking um?
In den USA wird die Gesetzgebung viel, viel lockerer gehandhabt. Unkonventionelles Fracken in Tiefen deutlich unter 500 Meter und in Schutzgebieten wird noch erlaubt. Die Risikobereitschaft ist in den USA deutlich höher und die Sicherheitsbedenken geringer. Umweltschützer haben dort nur geringe Chancen!
Das liegt vielfach an der starken Lobby der Erdöl- und Erdgasgesellschaften sowie Bohr- und Dienstleistungsunternehmen, aber auch der starken wissenschaftlichen Unterstützung durch Hochschulen und Colleges. Während sich zum Beispiel in Deutschland keine Hochschule direkt mit der Ölfeldchemie befasst, gibt es in den USA zahlreiche kompetente Institutionen und Fachleute, die allen Umweltaktivisten fachlich und auf hohem Niveau Paroli bieten können. In Deutschland fehlen leider diese Kompetenzzentren, die hier meistens – im Gegensatz zu den USA – mit Maschinenbauern und Ingenieuren ohne tiefere chemische Kenntnisse dauerhaft besetzt wurden.
Aufgrund dieses fachlichen Mankos in Deutschland konnten sich Umweltaktivisten und zahlreiche selbsternannte Spezialisten leicht durchsetzen, Ängste in der Bevölkerung schüren und politischen Druck ausüben.
Wegen des Ukraine-Krieges fallen derzeit viele Umwelt-Tabus in Deutschland. Sogar die Grünen befürworten nun die Ausweitung der Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer. Wie sehen Sie die Chancen für eine Renaissance des Frackings?
Dass wegen des Ukraine-Krieges viele Umwelt-Tabus in Deutschland fallen werden, ist nicht erkennbar. Deutschland versucht weiterhin auf hohem Niveau, alle möglichen Umweltstandards und -richtlinien einzuhalten und zu verbessern.
Die Erdöl- und Erdgasgewinnung durch Anwendung moderner Verfahren zu verbessern oder auszuweiten, ist schon immer das Ziel der relevanten lokalen Industrie gewesen. Auch Rohstoffknappheit und steigende Preise fördern zwangsläufig diese Investitionen.
Gleichzeitig regt es den Phantasie-Spielraum mancher Politiker an. Die Befürwortung der Grünen zur Ausweitung der Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer kann lediglich als regierungskonforme Äußerung und als Illusion angesehen werden. Derartige Absichten wären politisch, aber auch aufgrund der geltenden Gesetzeslage heute kaum durchsetzbar.
Eine Renaissance des unkonventionellen Frackings kann es nicht geben, da es bisher in Deutschland noch gar keine kommerzielle Geburt gegeben hat. Das traditionelle konventionelle Fracking – insbesondere im Erdgasbereich – könnte aufgrund der schleppenden deutschen Gesetzgebung in frühestens 3 bis 5 Jahren wiederbelebt werden. Eine merkliche Verbesserung der heimischen Gasförderung von derzeit 5 Prozent auf optimistische 10 Prozent des deutschen Gesamtbedarfs würde mittels unkonventionellen Frackings voraussichtlich erst in 10 Jahren erkennbar – also hoffentlich lange nach dem Ukraine-Krieg!
Könnte Deutschland bei einer Legalisierung der Fracking-Technologie energie-autark werden?
Die Fracking-Technologie kann Deutschland niemals energie-autark machen. Dazu sind die möglichen Ressourcen viel zu gering! Mithilfe des Frackings könnten eventuell etwa 5 Prozent des deutschen Gasbedarfs aus heimischen Lagerstätten zusätzlich gewonnen werden. Im Bereich des Gasbedarfs wird Deutschland immer ein Gaseinfuhr-Land bleiben.
Welche Regionen in Deutschland wären überhaupt betroffen, in welchen Gegenden würde sich das Fracking hierzulande überhaupt lohnen?
Die Regionen, in denen sich das unkonventionelle Fracking lohnen würde, sind nahezu deckungsgleich mit den bereits bekannten Erdöl- und Erdgaslagerstätten. Begrenzte deutsche Potenziale für Schiefergas und Schieferöl wären demnach im Posidonien- und Fischschiefer sowie im Karbongestein zu finden, also im Dreieck Hannover-Bremen-Bad Bentheim, im unteren Rheingraben (das Gebiet liegt im Bereich Speyer, Karlsruhe und Graben-Neudorf), westlich von München sowie im Gebiet Usedom-Rügen.
Ob man das in diesen Regionen wirklich möchte, ist zweifelhaft. Im Vergleich zu den USA wären das alles Kleinstgebiete, deren wirtschaftliche Erschließung fraglich erscheint. Dabei ist auch zu bedenken, dass die Förderraten oft schon nach etwa fünf Jahren deutlich sinken.
Herr Dr. Akstinat, vielen Dank für dieses Gespräch.
Dr.-Ing. Manfred Akstinat ist Ingenieur und Chemiker und veröffentlicht seit 1977 Analysen und Texte zur Ölfeldchemie. Er arbeitete über viele Jahre am Institut für Tiefbohrtechnik, Erdöl- und Erdgasgewinnung der TU Clausthal (ITE) und hielt dort u.a. Vorlesungen zur „Angewandten Chemie in der Erdöl-/Erdgasgewinnung“.