Thomas Rietzschel / 22.09.2018 / 15:00 / 17 / Seite ausdrucken

Von der Wirklichkeit eingeholt

Dass dereinst wieder die Hakenkreuzfahne gehisst werden könnte, sollte die AfD weiter aufsteigen, womöglich Regierungsgewalt erlangen, mag man ebenso befürchten wie den Einschlag eines Meteoriten auf dem Mainzer Lerchenberg, dem Sendezentrum des ZDF. Beides ist gleichermaßen wahrscheinlich, nicht ernster zu nehmen als die Vorhersage eines Erdbebens, nach dem das Berliner Kanzleramt einsturzgefährdet wäre.

Ängste soll schüren, wer will. Darauf ist nur insofern etwas zu geben, als es das Verludern der politische Sitten offenbart, den Verfall der Demokratie im Kampf der Parteien um die Macht. Da wird gedroht, gemauschelt und gelogen, dass einem nun wahrlich Angst und Bange werden möchte – vor den Pharisäern, nicht vor dem Teufel, den sie an die Wand malen.

Statt auf die Heuchler zu hören und der AfD den Rücken zu kehren, laufen ihr die Bürger in Scharen zu. Nach dem aktuellen „Deutschlandtrend“, den Infratest dimap für das ARD- Morgenmagazin erstellt hat, sind die „Rechtspopulisten“ zur zweitstärksten Partei im Bund aufgerückt. Wären am kommenden Sonntag Wahlen, käme die AfD auf einen Stimmenanteil von 18 Prozent, während sich die SPD mit 17 begnügen müsste; CDU/ CSU könnten mit 28 Prozent rechnen. Der Fluch einer unsachlichen Diffamierung des politischen Gegners.

Unvorhersehbar war das keineswegs. Im Osten lag die AfD bereits eine Woche zuvor auf dem ersten Platz der Wählergunst, mit 25 Prozent einen Punkt vor der CDU. Dass Gaulands Truppen nun auch im Bund weiter vorrücken, spricht weniger für sie als vielmehr für den Realitätsverlust der anderen. Den einstigen Volksparteien geht das Volk von der Fahne. Schwarze wie Rote, auch die Grünen werden von der Wirklichkeit eingeholt, die sie nicht wahrhaben wollten.

Wohin das führt, bleibt abzuwarten, nicht ohne Sorge. Damit aber, indem man die AfD vors Loch schiebt und Angst vor einer Reinkarnation der NSDAP schürt, wird sich die Entwicklung bestimmt nicht umkehren lassen. Es genügt nicht, den Eindruck zu erwecken, als handle es sich bei dem politischen Konkurrenten um einen Rattenfänger, dem die Wähler nachstolpern wie die Kinder im Märchen.

Schon bei den nächsten Landtagswahlen in Bayern und in Hessen könnte die AfD abermals zulegen, nicht zuletzt dank der Einfältigkeit derer, die das Erbe der einstmals großen Parteien in der Splendid Isolation ihrer Ämter aufzehren.

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Axel Kracke / 22.09.2018

„...mag man ebenso befürchten wie den Einschlag eines Meteoriten auf dem Mainzer Lerchenberg,“ Das wiederum würde ich weniger befürchten als vielmehr begrüßen…

Andreas Horn / 22.09.2018

Haben Sie wirklich ein Interesse daran, daß sich die Mitläufer und Apologeten des Demokratieverfalls wieder etablieren? Aus welchem Fundus der “Altparteien” sollen die Menschen kommen, die eine wirkliche Veränderung und Lösung der Probleme aus Überzeugung und gutem Willen bewerkstelligen ? “Mitmachen” wird natürlich der größte Teil wieder, wenn der Wind sich dreht- wie immer!

Wilfried Cremer / 22.09.2018

Österreichische Verhältnisse in der offenen Landschaft. Das wird Gravitationswellen weltweit auslösen.

peter luetgendorf / 22.09.2018

Sehr geehrter Herr Rietzschell, vielen Dank für Ihren Kommentar. Immer wenn ich den Begriff “Rattenfänger” lese, frage ich mich, wer eigentlich diese Ratten sind, die da gefangen werden? “als handle es sich bei dem politischen Konkurrenten um einen Rattenfänger” Sind die Falschwähler die Ratten? Oder die “Protestwähler”, die eh alle verblädet sind? Kann das Theaterstück “Die Ratten” von Gerhart Hauptmann dabei helfen? Gruß

Lutz Herrmann / 22.09.2018

Man kann die AfD leicht wieder unter die 5% Hürde verbannen. Müsste man Euro-Rettung, Energiewende und Grenzöffnung halt eben wieder rückgängig machen. Das will aber offenbar niemand vom Syndikat. Scheint ja echt wichtig zu sein.

Joachim Lucas / 22.09.2018

Die einzige Möglichkeit, dieses verlotterte, volkverachtende Altparteiensystem wenigstens zum Laufen zu bringen, ist die AfD. Dazu braucht sie einen Stimmenanteil, der die anderen zwingt sie einzubinden und ihr politischen Einfluss einräumen. Vorher passiert NICHTS! Diese Leute aus den Übelparteien kommen aus Ihrer autosuggerierten Denkrille nicht mehr heraus. Lieber lassen sie das Land vor die Hunde gehen als ihre Fehler und ihr Versagen einzugestehen. Wenn man das Personal anschaut, das die Stellschrauben des Systems unter ihrem Einfluss hat, wird einem nur noch schlecht. Und Merkel ist der Kopf, die Medien sind ihre Hure. Am von ihnen verursachten Übel dieser Gesellschaft aber ist die AfD schuld. So einfach ist das für sie.

Marc Blenk / 22.09.2018

Lieber Her Rietzschel, ich war etwas überrascht. Denn ich unterliege gefühlsmäßig manchmal noch der Annahme, dass die Propagadamaschine, je mehr sie auf Höchsttouren läuft, irgendwie noch größere Wirkung hervorbrächte. Ich dachte tatsächlich, dass für ein paar Wochen die Volksverhetzung von ganz oben (Merkel und Seibert) samt der gesamten ÖF, die AFD (möglicherweise bis zu den zwei Wahlen) etwas bremsen würde. Ich bin in gewissem Maße der Manipulation aufgesessen. Umso erfreulicher, dass die Bürger reflektieren und sich bei ihnen die Erkenntnis sich breitmacht, dass wir es mit Manipulationsversuchen zu tun haben, welche das Volk verhöhnt! Nun pädagogisieren die mündigen Bürger schon die Volkserzieher, diese nämlich, welche die Bürger beleidigen statt ihre Arbeit zu tun. Es ist immer noch an diesen, daraus Konsequenzen zu ziehen. Nur: Diesmal wird dabei Nachlässigkeit Folgen haben. Die Kriminalisierungsmasche, die Lügen von ‘Hetzjagden’, usw. verlieren immer mehr an Wirkung. In der Ruhe liegt die Kraft. Die Bürger haben die Möglichkeiten an der Wahlurne neu entdeckt. Was aber u.a. der Berliner Polit - Entourage fehlt, ist eine Kultur der Sensibilität. Demut wäre zu hoch gegriffen. Sie sind dermaßen weit weg von den Bürgern, dass sie es soziokulturell, psychologisch und intellektuell schwer haben werden, mal so auf die schnelle wieder auf’s Volk zuzugehen. Wie weiland 89.

Bernhard Freiling / 22.09.2018

Wirklich daran glauben kann ich nicht, halte es aber (mit einer Chance von ca. 20%) für durchaus möglich, daß ein regelrechter Dammbruch erfolgen könnte. Je mehr Menschen sich dazu bekennen, AfD wählen zu wollen, umso mehr werden sich dazu bekennen. ;-) So ungefähr wie bei einer Börsenhausse. Da sagt man auch: “Die Hausse nährt die Hausse”. Bei 5, 10 oder auch noch 15% Afd-Anhängern konnte die Verunglimpfung der AfD seitens aller anderen Parteien und der MSM noch Erfolg haben. 5% Nazis traut der aufweckte Deutsche seinen Landsleuten zu. 15% Nazis und stramme Rechte wohl auch noch. Wie schaut’s bei 20% aus? Bei 25%? Je mehr Zulauf diese Partei erhält umso instabiler und unglaubhafter wird das Narrativ von der AfD als Heimstatt der “Extremisten”. Auch viele derjenigen, die sich bisher von diesem Narrativ haben beeindrucken lassen, werden die Wutausbrüche von Kahrs, Nahles, Schulz,Stegner und wie sie Alle heißen, mitbekommen haben und sich die Frage stellen: “Wer sind hier eigentlich die Extremisten?” Ist der Punkt, an dem der Michel bereit ist aufzuwachen, erreicht?

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