Die Jerusalem Post berichtete am 19. November 2020, dass die USA die internationale Israel-Boykott-Kampagne BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) als antisemitisch einstufen will. US-Außenminister Mike Pompeo sagte während seines Treffens mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu in Jerusalem weiter:
„Die Zeit ist reif ... Wir wollen uns allen anderen Nationen anschließen, die BDS als das Krebsgeschwür anerkennen, das es ist.“
Pompeo versprach laut der israelischen Tageszeitung Israel HaYom, konkrete Schritte gegen die „globale Anti-Israel BDS-Kampagne“ zu unternehmen, „um die Organisationen zu identifizieren, die sich an hasserfüllten BDS-Handlungen beteiligen, und die Unterstützung der US-Regierung von solchen Gruppen zurückziehen“. Gemäß dem Jewish News Syndicate (eine deutsche Übersetzung findet sich bei Mena-Watch) habe Pompeo angewiesen, „Organisationen zu identifizieren, die sich an der globalen BDS-Kampagne beteiligen oder sie anderweitig unterstützen“.
„Die USA lehnen Boykottkampagnen gegen den Staat Israel ab“
Bereits im Oktober 2020 äußerte David Peyman, der stellvertretende Sonderbeauftragte zur Bekämpfung des Antisemitismus für BDS, Eurasien und Sonderprojekte im US-Außenministerium, gegenüber Benjamin Weinthal in der Jerusalem Post, dass die Position der Vereinigten Staaten gegenüber BDS klar sei:
„Die Vereinigten Staaten lehnen Boykottkampagnen gegen den Staat Israel nachdrücklich ab und arbeiten regelmäßig mit Regierungen und anderen Organisationen zusammen, um sich solchen Aktivitäten zu widersetzen. Die Vereinigten Staaten werden Unternehmen, die sich mit BDS befassen und von der BDS-Bewegung ins Visier genommen werden, genau beobachten und alle verfügbaren rechtlichen und politischen Instrumente nutzen, um solchen Bemühungen entgegenzuwirken.“
Weiterhin sei es Antisemitismus, „wenn Israel dämonisiert oder nach einem Standard beurteilt wird, der auf kein anderes Land der Welt angewendet wird“, so wie es „auch in der BDS-Bewegung aus[gedrückt]“ wird. Peyman referenzierte dabei die Entscheidung des Bundestags zu BDS: „Die Argumentationsmuster und -methoden der BDS-Bewegung sind antisemitisch.“ US-Präsident Donald Trump habe daher auch „BDS als eine antisemitische Bewegung bezeichnet“.
Linke Bundestagsabgeordnete im Beirat eines BDS-nahen Vereins
Laut Weinthals Text habe Peyman von ihm eine Presseanfrage zur BDS-Kampagne erhalten, die sich auch explizit auf die drei linken Bundestagsabgeordneten Christine Buchholz, Omid Nouripour und Aydan Özoguz (von Linkspartei, Grünen beziehungsweise SPD) bezog, die im Beirat des BDS-nahen Vereins Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V. (kurz DPG) sitzen. Die Antwort Peymans ist also auch vor diesem Hintergrund zu deuten und legte bereits im Oktober nahe, wie die US-Regierung deutsche Israel-Boykotteure bewertet.
Die DPG unterstützt die BDS-Kampagne öffentlich, wie es eine DPG-Pressemitteilung vom 23. Mai 2019 bezeugt. Hierin heißt es, dass „die unterdrückte palästinensische Zivilbevölkerung mit ihrer gewaltfreien BDS-Aktion vorrangig die Beendigung der Besatzung und nicht die Zerstörung des Staates Israel anstreb[e]“.
Vom Jerusalem Center for Public Affairs, einem israelischen Forschungsinstitut, wird die DPG daher in einem Kapitelabschnitt über die Wurzeln von BDS und Kampagnen zur Delegitimierung Israels in Deutschland ausführlich erwähnt und darin als linksextrem, islamistisch sowie der Muslimbruderschaft zugehörig qualifiziert.
„Die Mitglieder der DPG gefährden damit das jüdische Leben in Deutschland“
Die BDS-Nähe der DPG ist in deutschsprachigen Medien durch einen Text von Benjamin Weinthal in der Jüdischen Rundschau im August 2020, meinen Artikel bei Audiatur-Online, einen Beitrag von Malca Goldstein-Wolf bei Achgut.com sowie Artikel von Stefan Laurin beim Blog ruhrbarone öffentlich gemacht worden. Ansonsten herrscht im Blätterwald deutscher Leitmedien dazu ein bedrückendes Schweigen.
So hinterfragte Malca Goldstein-Wolf im September 2020 in ihrem Artikel bei Achgut.com, wem „der Beschluss des Deutschen Bundestags [nutzt], in dem er die Boykottbewegung gegen Israel als antisemitisch deklariert“, wenn zeitgleich „drei seiner Mitglieder […] im Beirat der BDS-nahen ‚Deutsch-Palästinensischen-Gesellschaft‘ sitzen“. Goldstein-Wolf konstatierte:
„Wer als Abgeordneter so scheinheilig agiert, der sollte – so denken viele [Freunde und Bekannte aus der jüdischen Community] – von Holocaust-Gedenkveranstaltungen ausgeschlossen werden. Denn diejenigen, die die antisemitische BDS-Bewegung in Zeiten unterstützen, in denen in Deutschland fast täglich Juden angegriffen werden, auch diejenigen, die dies nur tolerieren, tragen dazu bei, zu Hass auf Juden aufzuhetzen. Die Mitglieder der DPG handeln zumindest fahrlässig, wenn nicht absichtlich, und gefährden damit das jüdische Leben in Deutschland.“
„DPG ist eine Organisation, die die Zerstörung des jüdischen Staates fördert“
Arye Sharuz Shalicar, deutsch-persisch-israelischer Politologe sowie Mitarbeiter der israelischen Regierung, schrieb als erste Reaktion auf die Kritik der US-Regierung an der BDS-Bewegung, die indirekt auch die linken Abgeordneten in der DPG adressierte:
„Wenn deutsche Politiker unter einer Decke stecken mit Antisemiten, die ‚Jüdisches‘ boykottieren, dann erinnert das an die dunkelsten Tage der deutschen Geschichte und darf UNTER KEINEN UMSTÄNDEN toleriert werden. Punkt.“
Das Simon Wiesenthal Center machte indes gegenüber Benjamin Weinthal in der Jerusalem Post seine Überlegung öffentlich, „dass es die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft […] in ihre Top-Ten-Liste der schlimmsten Ausbrüche von Antisemitismus und antiisraelischem Verhalten im Jahr 2020 aufnehmen könnte“. Rabbi Abraham Cooper, der stellvertretender Direktor des Simon Wiesenthal Center, begründete dies damit, dass die „Deutsch-Palästinensische Gesellschaft […] eine Organisation [ist], die die Zerstörung des jüdischen Staates fördert“.
Kritik an der DPG kommt auch aus dem Bundestag. Der FDP-Bundestagsabgeordnete und seinerzeit als DPG-Beiratsmitglied amtierende Olaf in der Beek wurde bei ruhrbarone im Februar 2020 gegenüber der DPG deutlich: „Wird sich die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft nicht von der BDS-Kampagne distanzieren, werde ich sie verlassen“. Im Mai 2020 trat in der Beek aus, „da dies nicht geschehen ist“, so die ruhrbarone.