Volker Seitz / 10.12.2018 / 10:00 / 36 / Seite ausdrucken

UN-Migrationspakt – Risiko und Nebenwirkung

Prinz Asfa-Wossen Asserate, Mitglied des ehemaligen äthiopischen Kaiserhauses schreibt im neuesten FOCUS 50/2018:

"In Europa herrscht bei vielen die Vorstellung, eine möglichst großzügige Migrationspolitik könnte die Probleme der afrikanischen Länder lösen, die ihren jungen Bürgern keine Aussichten auf ein Leben in Würde bieten." 

Der UN-Migrationspakt beschreibe die Migration sogar als Quelle des Wohlstands.. Europäer folgten mit diesem Glauben dem bekannten Muster, Symptome und nicht die Ursachen eines Problems zu behandeln. 

Inzwischen werden zahlreiche Länder der Staatengemeinschaft den UN-Migrationspakt ablehnen, darunter die klassischen Einwanderungsländer Australien und USA, EU-Staaten wie Polen, Österreich, Italien, Slowakei, Dänemark, Ungarn, die tschechische Republik, Bulgarien, Estland oder Schweden aber auch Länder wie Israel, Japan, Südkorea und China. Wissen diese Länder etwas, das wir nicht wissen? 

Zur Beruhigung der überrumpelten Bevölkerung wird gesagt, dass der Vertrag rechtlich nicht bindend sei, dass man ihn also nicht einzuhalten braucht, wenn man dies nicht möchte. Im Vertrag steht allerdings 23 Mal: "Wir verpflichten uns...". Die meisten weitreichenden Verpflichtungen richten sich an die Zielländer der Migration. In den 32 eng beschriebenen Seiten des Pakts werden legale und illegale Migration vermengt. Die  These (Nr. 8 der Präambel des Pakts), dass die Migration allgemein "eine Quelle des Wohlstands , der Innovation und der Entwicklungs" sei, ist zumindest fragwürdig.

Sogwirkung wie die der Willkommenskultur

Es besteht die Gefahr, dass ein "Recht auf Migration" etabliert wird. Der Pakt sieht ein Berichtssystem vor, das die Fortschritte kontrollieren soll. Die vielen inhaltlichen Verpflichtungen liefern ein beredtes Zeugnis über den wahren, bindenden Charakter dieses Pakts. Der UN-Pakt wäre schließlich nicht der erste juristische Text, dem politisch motivierte Anwender ein Eigenleben geben, das weit über das ursprünglich Vereinbarte hinausgeht. Jede derartige internationale Verpflichtung verringert den Spielraum innenpolitischer demokratischer Entscheidungen. Die migrationspolitische Sprecherin der Grünen hat dies bereits gefordert."Die Bundesregierung muss anschließend (nach der Unterzeichnung) sofort mit der Umsetzung beginnen." So wird der Migrationsdruck auf Deutschland anhalten. Überhaupt ist nicht die Rede von der Bevölkerungsvermehrung besonders in Afrika, die als Anschubkraft für die Migration wirkt. 

Stefan Aust, Ex-Spiegel Chef, sagte am 25.11. 2018 in der Welt am Sonntag unter anderem: 

"Der Lockruf des Geldes dürfte nachhaltige Folgen haben: auf die Zahl der Zuwanderer und damit auch auf die Stabilität des Sozialstaates... Die Sogwirkung des Papiers dürfte mindestens so groß sein wie die der Willkommenskultur im Herbst 2015."

Der Bonner Völkerrechtler Prof. Matthias Herdegen sagte ebenfalls in der WamS am 25.11.2018 "Das Papier überdecke die „wesentlichen Krisenmomente in der Migration. Sie erscheint als etwas grundsätzlich Positives, eine Quelle des Wohlstands und der nachhaltigen Entwicklung: „Das ist eine ganz einseitige Bewertung. Von dort ist es natürlich nur ein kleiner Schritt zu dem, was im Pakt nicht steht. Nämlich zu der Annahme, wir bewegen uns hin in Richtung eines Rechts auf Einwanderung. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte spricht ja bereits von einem solchen Recht.“

Der Bundesregierung hat Herdegen zufolge das Bewusstsein für die rechtlichen Wirkungen eines solchen Abkommens jenseits der förmlichen Verbindlichkeit gefehlt: „Jeder Völkerrechtler weiß um diese Bedeutung des Soft Laws bei der Weiterentwicklung, bei der Konkretisierung von Menschenrechten und anderen gerichtlichen Standards.“ Die Bundesregierung habe dieses Potenzial auch als Argument gegen den Pakt überhaupt nicht erkannt, „weil sie die gesamte Brisanz dieses Aspekts nicht ernst genommen hat“. Man sei auf die Debatte nicht vorbereitet gewesen und habe am Ende gesagt, dass der Pakt gut sei, weil er unverbindlich sei: „Wenn ich als Hauptargument für ein von mir ausgehandeltes oder unterzeichnetes Dokument anführe, dieses Dokument sei unverbindlich, ist das doch ein schlechtes Zeugnis. Ich muss doch dafür werben, dass das Dokument inhaltlich gut ist, und nicht damit, dass es unverbindlich ist.“ Herdegen ist übrigens seit 1986 Mitglied der CDU. 

Der Pakt ist nicht rechtlich verbindlich, aber politisch

Selbstverständlich werden die Herkunftsländer der Migranten (die oft keine Rechtsstaaten sind) diesen Pakt unterschreiben, aber vermutlich werden diese auch die ersten sein, die auf die fehlende Rechtsverbindlichkeit verweisen, wenn eigene Staatsbürger zurückgenommen werden sollen. Afrikas Autokraten sind Meister darin, westliche Länder gegeneinander auszuspielen. Verhältnisse werden sich durch den Pakt dort nicht wesentlich verändern. Ganz anders in den Zielländern.

Am 8. November 2018 in der FAZ (Staat und Recht) veröffentlichte der Völkerrechtler Christian Tomuschat eine Stellungnahme, die zeigt, dass die Unterschrift unter diesem Vertrag, auch wenn dieser nicht bindend ist, erhebliche rechtliche Folgen haben wird. Professor Tomuschat (11 Jahre Mitglied der UN-Völkerrechtskommission, davon 4 Jahre ihr Vorsitzender): "Für die Ermessensentscheidungen deutscher Verwaltungsgerichte wird die Zustimmung zum Pakt wegweisende Bedeutung haben" und "Der Pakt kann durchaus von nationalen oder europäischen Gerichten herangezogen werden, wenn es um konkrete Rechtstreitigkeiten geht" sagt auch der langjährige ÖVP-Fraktionsvorsitzende Andreas Khol. Der österreichische Politiker hat sich 1969 über Vereinbarungen im Rahmen der UNO habilitiert. Der Pakt ist nicht rechtlich verbindlich, aber politisch. Es wird also nicht lange dauern, bis aus dem nicht bindenden Beitritt zu diesem Vertrag eine bindende Rechtslage wird. Auch der Völkerrechtler Frank Schordorf kritisiert im Spiegel vom 1.12.2018 den Migrationspakt und erklärt, wie eine formal nicht bindende Vereinbarung den Spielraum von Politikern und Richtern beschneiden kann.

Benedict Neff schrieb am 23.11.2018 auf NZZ-Online: "Die Diskussion um den Migrationspakt entlarvte einmal mehr die intellektuelle Bequemlichkeit im Deutschen Bundestag. Viele Parlamentarier glauben, mit einem Anti-AfD-Reflex seien sie für solche Debatten hinreichend gerüstet. Sie täuschen sich. Die einstündige Debatte zum Migrationspakt im Bundestag offenbarte die Argumentationsarmut der Gegner der AfD... Die meisten Redner ließen sich von dem Grundsatz leiten: Wenn ich nicht auf der Seite der AfD stehe, stehe ich auf der richtigen Seite - dementsprechend ist es nicht notwendig, den Gegenstand genauer zu untersuchen."

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Buches „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.

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Gabriele Klein / 10.12.2018

Wozu unterschreibt man überhaupt einen “unverbindlichen” Pakt ? Wenn ich mich nicht “binden” will mach ich keinen Pakt sondern gebe allenfalls eine Absichtserklärung hinsichtlich meiner “Bemühungen” ab. Alles andere ist Lüge .Aber jedes Wort ist , wenn man schweigend ins Gespräch vertieft ist,  um ehrlich zu lügen genau eines zu viel. ....... AUCH diesen Pakt versteht man im Grunde nur vor dem Hintergrund von AGITPROP ....... dafür ist er ein fantastisches Sprungbrett.  Denn, er ist so formuliert, dass man ihn immer ziehen kann um für diese oder jene Schlagzeilen zu sorgen,  Ansonsten dürfen wir ab sofort sicher sein, dass Plünderung, Brandschatzen, Gang Rapes,  Terror,  und Kriegsverbrechen sicher, geregelt und planmäßig verlaufen…....... Sicher sein dürfen wir auch,  dass jene die den Pakt NICHT zeichneten sich aus Europa demnächst verabschieden werden, denn nur so schützen sie sich als Nicht-Zeichner davor dass die Illegalität, nachdem sie im Transitland in Legalität verwandelt wurde auch bei ihnen einwandert mit einem “European Passport….” Der Abschied von Europa wiederum birgt den Anfang für ein Neues Europa vielleicht mit den Briten vorneweg, OHNE den Stempel der DDR und das fände ich sehr begrüßenswert.  Jede Regierung der   europäischen Nachbarn, scheint mir bald besser als die deutsche, vor allem im Zentrum Europas.

R. Gremli / 10.12.2018

Grade eben im “heute” kam ein Ausschnitt eines Interviews mit Herdegen. Was er da sagte, ist das pure Gegenteil dessen, was hier im Artikel steht. Es sieht so aus, als wäre das Interview extra so geschnitten worden, damit nichts Kritisches zum Ausdruck kommen konnte. Und das im ZDF!

Gottfried Meier / 10.12.2018

Mich würde interessieren, was man mit diesem Pakt tatsächlich erreichen will. Ich habe das Gefühl, dass dem Volk die Wahrheit verheimlicht wird.

Karla Kuhn / 10.12.2018

Herr Dr. Giesemann, Dienst nach Vorschrift, herrlich.

Dirk Büchner / 10.12.2018

CDU wählt “weiter so!”. An der Wut des deutschen Michels, welche, wie immer, erst dann ausbricht, wenn es zu spät ist, will dann natürlich keiner Schuld gewesen sein. Vorher werden alle kritischen Stimmen abgestellt, indem man sie zu Nazis macht - mit denen muss man nicht diskutieren, denn diese sind unter aller Würde - speziell wenn die aus dem Osten kommen - da ist eh Hopfen und Malz verloren - die haben ja keine Ahnung von der Bereicherung durch unsere Multikultiregenbogendiversen, linksgrünen, mit bewußtseinserweiternden Substanzen zugeknallten Bestimmer, für die sie nur das Stimmvieh darstellen. “Mach dein Kreuz- und halt dein Maul” oder ” es ist den Untertanen nicht gestattet, ihren beschränkten Maßstab der Einsicht an die Taten der Obrigkeit anzulegen”. Nun war das Tal der Ahnungslosen in den 40 Jahren DDR nicht ganz so dunkel, wie gedacht, der Ossi konnte sich ausser den vielen bunten “Notwendigkeiten des westdeutschen Lebens”, welche in diversen Werbesendungen als unverzichtbar angepriesen wurden, auch noch die anderen Seiten des “goldenen Westens” zu Gemüte führen. Was er nicht wollte, das wusste er auch 1990 schon (Rote Flora, Kreuzberg, Frankfurter Bahnhofsviertel, Marxloh, Dortmund Nord oder Leipzig Connewitz sind nur einige Beispiele). Aber er sollte schließlich nicht jammern und flexibel werden - schließlich bekam er ja eine neue Infrastruktur kostenlos (so billig, dass die Länder und Kommunen heute noch daran knabbern - während die Gewinne, die so “großzügig vom Westdeutschen finanziert wurden”, auch umgehend dahin zurückflossen, wo die Gelder dafür herkamen - ein riesiges Konjunkturprogramm West). Also Ossi - dankbar sein und Maul halten! Echt! Ich wäre froh, wenn man sich vom Ossi noch andere Dinge abgeschaut hätte, als “grüner Pfeil, Kindergarten oder SERO- System”. Dann hätte es auch was werden können, mit Wiedervereinigung und starkem Deutschland. Wie´s jetzt ist, sehe ich eher schwarz.

Gottfried Meier / 10.12.2018

Ohne Ironie! Könnte man diesen Vertrag wieder kündigen?

Marcel Seiler / 10.12.2018

Es verdichten sich die Hinweise, dass Frau Merkel Deutschland als Siedlungsgebiet für den Bevölkerungsüberschuss Afrikas ansieht. Sie will damit Deutschland mit ungebildeten Muslimen überfluten. Alle ihre Maßnahmen deuten in diese Richtung: illegale Grenzöffnung, Behinderung europäischen Grenzschutzes, Migrations- und Flüchtlingspakt. Sie tat dies gezielt hinter dem Rücken der deutschen Bevölkerung. Dies der deutschen Bevölkerung klar zu machen ist eines der Hauptaufgaben der Merkel-Opposition im nächsten Jahr.

Lars Mang / 10.12.2018

Chile unterschreibt auch nicht. In Frankreich sollen sich Generäle öffentlich dagegen gestellt haben mit einen offen Brief an Macron.

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