Der Fall Kretschmar zeigt es, dass es mit der Meinungsfreiheit in Deutschland wie mit dem Pilzeessen ist. Man kann alle Pilze essen, manche aber nur einmal. (Dann wird man mit der Nazikeule erschlagen.)
Kubicki als Liberalen zu bezeichnen, trifft ja wohl mittlerweile nicht mehr so ganz die Realität. Im Bundestagswahlkampf 2017 hörte man tatsächlich noch kritische Töne von Seiten der FDP gegen die Politik der schwarz-roten Regierung und der Kanzlerin. Es gab von weiter links sogar den Vorwurf, die FDP sei eine AFD light, schließlich war schon damals eine behauptete AFD-Nähe ein beliebtes Wahlkampfargument. Und tatsächlich gab es sicher den Plan, etliche potenzielle bürgerliche AFD-Wähler, die sich durch einige angebräunte Gestalten bei der AFD abgeschreckt fühlten, ins Boot der Liberalen zu holen. Eine Nachwehe dieses teilweise gelungenen Manövers war dann die Absage an Jamaika, aber auf Dauer scheint ein Leben fernab der Regierung und der damit verbundenen Posten mit Rundumversorgung den FDP-Oberen zu unkomfortabel. Also hat man sich von irgendeiner Oppositionsarbeit verabschiedet und beschränkt sich auf Abgrenzung von der AFD, um sich bei potenziellen Koalitionspartnern lieb Kind zu machen. Das führt dann dazu, dass man im Bundestag Anträge der AFD ablehnt, obwohl man vorher fast wortgleiche Anträge gestellt hat oder Kubicki in einem absurden Auftritt gemeinsam mit Claudia Roth einen Niedergang der Sitten im Bundestag beklagt und dies der AFD zuschiebt, als habe er nie mitbekommen, dass selbst absolut sachliche Redebeiträge von AFD-Abgeordneten von ständigem Johlen und Pöbeln seitens der Blockparteien begleitet werden. Kurzum, Kubicki hat sich als lupenreiner Opportunist geoutet, immer ein mögliches Mitregieren der FDP im Auge, und sei es mit den früher so abgelehnten Grünen.
@peter Schmidt: Wird die Situation in D dadurch besser, dass Sie Länder benennen, in denen es schlimmer zugeht? Für mich als Ossi fühlt sich das so an wie in der DDR. Es wird wieder denunziert und zersetzt(eine probate Stasi-Methode, um Leute gesellschaftlich zu ächten), hätte es damals schon Twitter und Facebook gegeben, wäre gelöscht worden, was das Zeug hält, ähnlich wie heute. Wirkliche Meinungsfreiheit sieht anders aus- und man muss sie sich leisten können. Versuchen Sie doch mal, als Angestellter im Öffentlichen Dienst eine vom Mainstream abweichende Meinung öffentlich zu äußern…
Gerade die F.D.P. ist doch ein Beispiel für den von Herrn Kubicki geleugneten Zustand der augenblicklichen Gesellschaft. In geradezu paranoider Art und Weise sind die sog. Liberalen doch ungemein bemüht, in ihren Verlautbarungen ja nicht auch nur einen Millimeter in die Nähe der Partei der “Ausgestoßenen” zu geraten. Die Angst vor dem sozialen und politischen Aus ist geradezu beherrschend. Von Debatten ausserhalb des Meinungskorridores ganz zu schweigen!
Der hochdekorierte Staatsrechtler Josef Isensee drückt das in „Recht als Grenze - Grenze des Rechts“ so aus: „Die demokratische Regierungsmaxime der Bürgernähe (...) könnte grundrechtsbedrohlich werden, wenn sie den rechtsstaatlichen Sicherheitsabstand zu den Freiheitsrechten aufhöbe, wenn Demokratie zur totalen Reglementierung, zur aufdringlichen Beglückung, zur Lebenskonfektionierung nach Mehrheitsgeschmack mißriete - zu jener Tyrannei der Mehrheit, vor der schon Tocqueville gewarnt hat: einer Tyrannei, die nicht wie die vordemokratische Despotie „gewalttätig und begrenzt“, sondern „sanft und unbegrenzt“ wäre und, ohne den Menschen zu quälen, seine Entwürdigung vollzöge.“ (aaO S.26) Klare und durchdachte Worte eines Konservativen, die den einen oder anderen Liberalen beschämen sollten, da er sie offensichtlich nicht kennt.
“Kretsche” war schon früher auf der Platte ein harter Brocken, er ist es wohl geblieben, meine Hochachtung! Die mediale Reaktion zeigt das er absolut recht hat. Allein schon die Bemerkung, dass er damit nur den Rechten in die Karten spielen würde ist infam, erklärt sie doch jeden, der ihm zustimmt automatisch zum Rechten. Und damit halten viele einfach die Schnauze und ziehen den Kopf ein. Nichts anderes hat Kretsche gemeint. Enttäuschend und irritierend sind in letzter Zeit die Äußerungen der FDP, vor allem in Gestalt von Kubicki. Ich vermute, er hat inzwischen still, klamm und heimlich die Partei gewechselt? Liberal und freiheitlich sind seine Äußerungen nicht mehr. Wenn ich mich richtig erinnere hat gerade die FDP ihren letzten Bundestagswahlkampf auch unter der Fahne der Meinungsfreiheit und etwa kontrovers zum NetzDG geführt. Jetzt sind sie “erfolgreich eingenordet”, wie fast alle anderen Bundestagsparteien auch. Schade, wieder ein Wahlalternative weniger.
Liebe Frau Schunke, wie Ortega y Gasset vor fast 100 Jahren schrieb, “... Anders sein ist unanständig. […] Wer nicht ‘wie alle’ ist, wer nicht ‘wie alle’ denkt, läuft Gefahr, ausgeschaltet zu werden.”, ein Ausdruck der säkularen Moderne, auch die Toleranz der Französischen Revolution eines Marquis de Sade galt nur “den Seinen”, was gar Robespierre final erfahren musste. “Die Seinen” wechseln zwar im Laufe der Zeit, aber das Problem ihrer jeweiligen (Gesinnungs-) Diktatur bleibt. Früher konnte man, genügend Geld vorausgesetzt, noch ins benachbarte Ausland entfliehen, heute ist das benachbarte Ausland bereits ziemlich gleichgeschaltet und wird “unwürdige” gleichbehandeln ...
Ein grossartiger Artikel, der mich auch persönlich berührt. Ich habe als Jurist mich 30 Jahre für die Rechte der Sinti und Roma eingesetzt, Gesetzesinitiativen zur Verbesserung der Entschädigung von Holocaust Überlebenden auf den Weg gebracht und durchgesetzt, unzählige Prozesse geführt. Als ich neulich im Telefonat mit meinem Schwager mich islamkritisch zu der Religion der Unterwerfung geäussert habe, beendete das Gespräch mit der Bemerkung:” Du bist ja ein Rechtsradikaler!” Die wahren Faschisten sitzen heute bei den Antifaschisten. Das ist moderne angewandte Dialektik. Kretsche hat instiktiv Recht. Art. 5 GG ist ein Abwehrrecht gegenüber den Staat. Insofern hat er nicht Recht. Aber im Sinne von Tocqueville hat er Recht!!! Kretische in die rechte Ecke zu stellen ist so schwachsinnig wie wenn man den Islam liberal nennen würde. Es war der Mufti von Jerusalem, der Herrn Hitler in den Arsch gekrochen ist, nicht kritische Spitzensportler wie Kretschmer. MfG Oehle
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