Ich kann nichts Schlechtes an der Aktion erkennen, im Gegenteil. Die Sache wird ja langsam doch historisch und das bedeutet sie wird dekorativ, so wie 100.000 andere blutige historische Ereignisse. Irgendwann reichts dann eben nur noch zu einem Kostümfilm oder eben wie hier zu einem Theaterstück. Das ist der Lauf der Welt und das ist gut so.
Herr Serdar Somuncu hat offenbar noch nicht ganz zu “Ende” gedacht; anderenfalls hätte er eine Zyklon-B-Kartusche als Requisite-to-go in sein Gesamtwerk einbauen müssen. Vielleicht lässt sich sowas ja noch während der laufenden Spielzeit erledigen: die Chancen, wenigstens beim Echo 2019 noch ordentlich abräumen zu können, stünden allemal hoch. Bis dahin dürfte ein gemeinsames Bierchen mit Farid Bang & Gesinnungsgenossen die Wartezeit verkürzen helfen.
Ich widerspreche. Die Idee ist bei weitem nicht so kritikwürdig, wie sie hier genannt ist. Denn es liegt auf der Hand, dass wohl kein Theaterbesucher ein Hakenkreuz tragen will - es ist nur eine virtuelle Option. Aber der sich dann für den Davidsstern entscheidet, solidarisiert sich damit mit den Juden und Verfolgten. Es grenzt jene aus, die dazu nicht bereit sind. Und da ist es egal, ob die Davidsternträger nun Juden sind oder nur Solidarisierte. Es überwindet die Hürde der Zurückhaltung und erzwingt ein Bekenntnis. Es wird jenem dann auch später leichter fallen, den Davidstern zu tragen und damit ein Zeichen zu setzen, dass seine Solidarität den verfolgten Juden gilt. Das Thema Hitler ist mir vor allem in seiner Obsessivität suspekt und abstoßend. Ich würde das Theaterstück wahrscheinlich darum meiden. Aber der Einfall mit dem Davidstern könnte mich bewegen, dennoch hin zu gehen.
Diese kranke Aktion des Herrn Somuncu zeigt den traurigen Niedergang des deutschen Theaters, der Folge der Machtergreifung der Achtundsechziger-“Bewegung” in der deutschen Kulturscene ist. Wer sich das antut, ist selber schuld. Jedenfalls, solange wir noch frei entscheiden dürfen, ob wir ins Theater gehen oder nicht.
Ich werde eine Hakenkreuzbinde annehmen und während der Vorstellung aus dem Koran vorlesen.
Ich empfinde dies als plumper Versuch, mittels verdecktem Sozialexperiment auf eine ungefragte Frage eine Antwort zu finden. Man darf gespannt sein, was daraus gemacht wird.
Ich frage mich, was der seelige George Tabori dazu gesagt hätte? Ich habe nur einige Interviews mit ihm gesehen und kenne sein Werk nur in Auszügen, er hatte aber einen feinen tiefen Sinn für Humor und Ironie. Die grundsätzliche Idee hinter der Wahl des Publikums ist ja auch gar nicht mal so schlecht. Ein Zuschauer hat hier die Möglichkeit seine “Seele” öffentlich zum Preis einer Eintrittkarte zu verkaufen, wer hingegen den Davidstern wählt, ist eben (reicher) Jude und wird extra zur Kasse gebeten. Leider ist das auch wieder so derb und mit “dem Vorschlaghammer” ziseliert, wie man es von Herrn Somuncu erwarten kann. Sich Hakenkreuz oder Davidstern anheften wird, wie der Artikel feststellt, zum plumpen Event. Auch ich kann mir schwer vorstellen, das sich das jüdische Publikum und/oder das Publikum überhaupt, wohl dabei fühlt, sich #TeamNazi oder #TeamJews anzuschließen. Wie soll/kann man mit diesen Rollen umgehen? Das fühlt sich schon aus der Ferne irgendwie obszön an. Das Ganze ist tatsächlich nicht zu Ende gedacht.
Der Gipfel dieser Pseudo - Bekenntnis - Show ist doch der, dass der Regisseur quasi potentielle Hakenkreuzträger mit einer Freikarte lockt und belohnt und damit eine optische Diffamierung betreiben will. Auf den “spektakulären ” Einfall ist er sicher stolz und hofft, damit in die (Theater - ) Geschichte eingehen zu können. Es wäre natürlich an der Intendanz, dem Übel angemessen Einhalt zu gebieten.
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