Claudio Casula / 05.07.2022 / 12:00 / Foto: Sven Teschke / 130 / Seite ausdrucken

Senator für Fettlebe und Fremdverzicht

Mein Wasserprediger und Weinsäufer des Monats ist schon jetzt der Hamburger Senator für Umwelt und Energie. Er will Flüge, Privatauto und Einfamilienhaus abschaffen und kündigt an, demnächst das Warmwasser zu rationieren.

In dem nun auch schon gut 30 Jahre alten Genesis-Lied „Jesus He Knows Me“ geht es um einen bigotten TV-Geistlichen, der den Leuten Moral predigt, während er selbst sich die Taschen mit den Spenden der gutgläubigen Anhänger vollstopft und ein alles andere als gottgefälliges Leben führt. Darin findet sich u.a. diese schöne Zeile:

Well, just do as I say, don't do as I do” (also, macht, was ich euch sage, nicht das, was ich mache).

Die deutsche Ausgabe der TV-Prediger sind die Grünen. Ihr Heilsversprechen ist ein sauberer, gerechter Planet für künftige Generationen, als Sünder haben sie den alten weißen Mann identifiziert, ihre Ablassgelder heißen CO2-Steuer oder Klimaabgabe oder so ähnlich, und als Buße predigen sie den Verzicht.

Mein TV-Prediger des Monats heißt Jens Kerstan und ist Umweltsenator in Hamburg. Just do as I say, don't do as I do könnte in goldenen Lettern über dem Portal seines Hauses prangen. Kerstan ist geradezu der Prototyp des grünen Politikers, allerdings mit Diplom. In eine Reederfamilie hineingeboren, hat er nie finanzielle Sorgen gehabt und schon in jungen Jahren das gemeine Volk weiträumig umfahren, etwa als Rucksacktourist „die klassischen Tourizentren gemieden“.

„Schnurrt im E-Betrieb wie ein junges Kätzchen“

Obwohl er schon im Kabinett Scholz II und Tschentscher I Senator für Umwelt und Energie war, wurde ich erst vor wenigen Tagen auf ihn aufmerksam, als er nämlich den Bürgern der Freien und Hansestadt „in einer akuten Gasmangellage warmes Wasser in einem Notfall nur zu bestimmten Tageszeiten“ in Aussicht stellte.

Wenn es nicht gelinge, ausreichend Gas bei den großen Betrieben einzusparen, könnten Lieferbeschränkungen in einzelnen Stadtteilen die Folge sein. Kerstan, der gern vom Norden als „Energiewende Vorzeige Region“ (nur echt mit zwei Deppenleerzeichen) schwärmt, gehört zu den Verfechtern der „Wärmewende“: Kohle durch „Erneuerbare Energien“ zu ersetzen und „den teuren und klimaschädlichen Zwischenschritt Gaskraftwerke zu vermeiden“, wie er am 13. Dezember 2016 zwitscherte. Deshalb musste das Kohlekraftwerk Moorburg, eines der größten in Europa und eines der modernsten der Welt, nach nur sechs Jahren seinen Betrieb einstellen, und deshalb dürfen sich die Hamburger nun auf vorgegebene Zeiträume für die Verfügbarkeit von Warmwasser freuen.

Wer auf Kerstans Twitter-Account schaut, findet viele Bilder von Fahrrädern und dem kommenden grünen Ökoparadies, aber auch einen strahlenden Umweltsenator, der seinen neuen fahrbaren Untersatz präsentiert: „Mein neuer Dienstwagen (MB C 350e) tankt Ökostrom. Schnurrt im E-Betrieb wie ein junges Kätzchen.“

Noch geiler: Die mehr als 50.000 Euro, die der Benz kostet, berappt der Steuerzahler! Der wiederum sein eigenes Auto abschaffen sollte, denn „das Privatauto in der Stadt passt nicht mehr“, wie Kerstan eben verriet. Selbst schuld, wenn man nicht Senator ist, dann muss man eben Fahrrad, Bus oder U-Bahn fahren. Kerstan hat bereits für Dieselfahrverbote gesorgt und will Hamburg „nachhaltig zu einer Fahrradstadt entwickeln“.

Was für den Herrn Reederssohn gilt, gilt nicht für den Pöbel

Was auch nicht mehr in die Stadt passt: Einfamilienhäuser. „Ich wohne zwar auch in einem Einfamilienhaus, das kann aber letztlich nicht die Zukunft der Stadt sein“. Denn was für den Herrn Reederssohn gilt, gilt nicht für den Pöbel. Wie beim Fliegen: Inlandsflüge will er am liebsten ganz verbieten, und er fordert eine europaweite CO2- und Kerosinsteuer, um Fliegen für die Plebs teurer zu machen.  

Er selbst düst gern dreimal im Jahr nach Mallorca (macht 761 Kilo CO2 pro Flug), wo die feine Familie ein Anwesen besitzt, denn: „Mir ist schon wichtig, dass man auch weltoffen bleibt.“ Sein schlechtes Gewissen wegen des ökologischen Fußabdrucks hält sich daher „in Grenzen“. Und kann er was dafür, dass Mallorca zwar gern als 17. Bundesland bezeichnet wird, aber eben doch in Spanien liegt und eine Reise dorthin mithin keinen Inlandsflug darstellt? 

Wir fassen zusammen: Jens Kerstan lebt weiter gut und gern, während auf das gemeine Volk diese Zukunft wartet: Mietskaserne statt Eigenheim, Fahrrad statt Auto, Bottrop statt Mallorca, Steckrüben statt Fleisch und Duschen nur zwischen 16.00 und 18.00 Uhr. Wenn’s gerade geht.

Wie zu lesen war, weiß der grüne Senator für Umwelt und Energie einen guten Single Malt Whisky zu schätzen. Das gilt auch für den Autor dieser Zeilen. Wenn ich erst mal in meiner Hamburger Wohnung bibbernd auf Warmwasser warte und mir keinen 16 Jahre alten Lagavulin zum Aufwärmen mehr leisten kann, wird Herr Kerstan vielleicht einen für mich mittrinken, auf Mallorca, wo er sich in Zeiten des Mangels und der kalten Heizungen immer wieder für ein paar Wochen aufwärmen kann. Und der Gedanke, dass die Idioten daheim einen wie ihn immer wieder wählen, wird ihn leise kichern lassen. 

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H.Milde / 05.07.2022

Das scheint ja wohl auch so ein spezielles “hanseatisches Gewächs” zu sein, so eines wie Langstrecken Luis´chen? Die kennen sich bestimmt, vllt.  in der HH-Senatorenschaft, oder gemeinsame Entdeckungsreisen mit dem Aeroplan? Hat seine Reeder-Familie damals mit den nationalen Sozialisten, heute würde man wohl Woke & Grüne Gutmenschen sagen, auch so glänzende Geschäfte gemacht? Und hat nicht damals auch ein nationaler Sozialist, der gern, gut und anständige 12jahre gelebt hat, die ersten Tierschutz-gesetze und Naturschutzgebiete initiiert, also soz. ein Vorgänger der GRÜNEN?

Alexander Peter / 05.07.2022

Das Interview Kerstans in der Hamburger Tagespresse ließ den Leser einigermaßen ratlos zurück. Sind Kerstans Bekenntnisse (Fleisch essen, fliegen etc.) noch Ehrlichkeit oder offenbart sich dahinter blanker Zynismus? Dazu kam noch die sehr freundliche Selbsteinschätzung seiner Tätigkeit als “Umweltsenator”. Nachdem das Energieunternehmen “Vattenfall” nicht nur jahrelang mit allerlei Auflagen bei der Errichtung und Inbetriebnahme des Kohlekraftwerkes Moorburg von den “Grünen” und ihren Vorfeldorganisationen (wie etwa einer “Fischtreppe” in der Elbe) gepiekt wurde, gab dieses die Schließung entnervt bekannt unter dem Beifall Kerstans. Natürlich erhielt der Betreiber Steuergeld für das Betriebsende. Kerstan damals: brauchen das Kraftwerk nicht.  Alternativen? Nennt er nicht. Oder doch: Gürtel enger schnallen (also nicht seinen) Es sagt viel aus über den Zustand einer Gesellschaft, wenn sie solche Aussagen eines Senators nahezu unwidersprochen hinnimmt. Der Weg der einfachen Bürger “wird kein leichter sein”.  

Thorsten Kirchhoff / 05.07.2022

Ich kannte dieses Wesen bisher nicht. Er wurde mir erst in einer Tagesschau Sendung vom 02.07.20220 grenzdebil grinsend vorgestellt. Was dann folgte, war ästhetisch und intellektuell schwer zu ertragen. Das gesamte Interview klebte irgendeine Speisereste-Sorte an seiner Lippe. Was aus dem Munde gesprochen wurde, war nicht weniger verstörend. Dauern faselte er von der Möglichkeit der Industrie den Strom “abzuklemmen”. Dabei ging ihm das Wort “abklemmen” so geschmeidig über seine Speiserestelippen, dass man sich als Steuerzahler fragt, ob sich diese Sorte Politiker auch mal selbst zuhören, zusehen oder wenigstens Ihre Freunde Sie auf Ihre Überheblichkeit hinweisen. Anscheinend leider nicht.

Dr. med. Jesko Matthes / 05.07.2022

Hahahaha, köstlich, der Typ!

armin_ulrich / 05.07.2022

Das Video zum “30 Jahre alten Genesis-Lied „Jesus He Knows Me“” lohnt sich anzusehen. Es ist wirklich gut gemacht. Die christlichen Fundamentast:Innen trieften geradezu. Oder heißt es “troffen geradezu”?

Rüdiger Paulsen / 05.07.2022

Deppenleerzeichen - haha. Das werde ich mir merken.

Ferdinant Katz / 05.07.2022

Wie ich in solchen Situationen stets zu sagen pflege. Es muss jeden Tag ein Dutzend Kerstans geben, die dem Pöbel ungefiltert vorleben wie sehr dieses ganze Gehabe um Öko, Klima und Verzicht eine durchweg verlogene Show ist und wie man tagtäglich seine eigenen Worte Lügen straft. Der Aufschlag, wird kommen- er kam in der DDR und zerstörte wie der Hausschwamm langsam aber stetig die Mär vom Arbeiter und Bauernparadies. Es naht also der Zeitpunkt , an dem die Kerstans der Republik sich zu dem Äquivalent von “Sie haben kein Brot, sollen sie doch Kuchen essen” versteigt und dem Volk das berüchtigte Kind entsteigt mit “Der Kaiser ist nackt!” Ab diesem Zeitpunkt fällt das Kartenhaus aus Narrativen und mühsam geschaffenen Halb-Mythen in sich zusammen. Bin schon gespannt, wie der bibbernde Bürger reagiert wenn ihn aus dem mollig warmen Studio die wohlgenährten Gesichter mit segensreichen Heilsbotschaften beglücken. Ich hoffe, ihr guten Menschen von der hohen Moral und Verantwortung könnt euer Gewissen am Ende essen, wenn es nicht gerade warm geben oder leuchten muss…denn das ist was euch bleibt, euer verdammtes Gewissen!

Ralf.Michael / 05.07.2022

Als Erstes wird man Ihm sein schnurrendes E-Kätzchen wegnehmen und es darf dann wie alle Anderen zu Fuss laufen, Nix Extrawurst ! Fahrrad ? Wird nicht genehmigt ! Alle 10 Jahre 1 Paar Haverl-Schuhe mit Plastik-Sohle, Rinder gibt es ja dann keine mehr…...

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