Im Zusammenhang mit diesem Beitrag von Rainer Grell möchte ich als Ergänzung gerne auf ein Interview aufmerksam machen, das offenbar im Nachrichtentsunami untergegangen ist. Ich selbst bin nur durch Zufall darauf gestoßen. Es ist es wert, zitiert zu werden, denn die Äußerungen stammen von einem Mann, der stets für Integrität stand und steht und der nie durch Polemik oder radikale Äußerungen aufgefallen ist.
Gemeint ist der ehemalige Staatsrechtler, Bundesverteidigungsminister, Berliner Justizsenator und CDU-Politiker Rupert Scholz. Er gab der Jungen Freiheit ein bemerkenswertes Interview. In diesem wirft er der Bundesregierung vor, seit Jahren Verfassungsbruch zu begehen und bezweifelt grundsätzlich, dass die Integration gelingen könne. Im Interview sagte er unter anderem:
„Ich selbst habe 1993 die Änderung des Asylrechts mitgestaltet, das seitdem besagt, daß wer aus einem sicheren Drittland kommt, bei uns kein Asylrecht hat. So steht es nicht irgendwo, sondern in Artikel 16a des Grundgesetzes! Dieser Artikel wurde nicht nur 2015 massiv gebrochen – er wird es seitdem noch immer! Und damit auch das Dubliner Übereinkommen, das das gleiche besagt.“
Weiter führt er aus:
„Der entscheidende Verfassungsbruch lag darin, daß die Bundesregierung seinerzeit unkontrolliert die Grenzen Deutschlands für ebenso unkontrollierte Einwanderung geöffnet hat.“
Er folgert daraus messerscharf:
„Wer in dieser Weise auf eigene Staatsgrenzen verzichtet, der verzichtet in der weiteren Konsequenz auf die Identität des ganzen Staates.“
„Das Grundgesetz ist kein weltweiter Wertmaßstab“
Scholz weist das Argument, wonach die Öffnung der Grenzen durch Artikel 1 des Grundgesetzes, „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, gedeckt sei, entschieden zurück und nennt es klar eine „Irreführung“. Er attestiert der Bundesregierung den schwersten Verfassungsbruch, den wir in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland je erlebt hätten. Diese Verfassungskrise halte, ebenso wie die Flüchtlingskrise, bis heute an.
Scholz weist in diesem Zusammenhang eindrücklich drauf hin, „das Grundgesetz ist eine nationale Verfassung, die für die Bundesrepublik Deutschland gilt und nicht für Menschen, die sich außerhalb Deutschlands in ihrer Würde verletzt sehen. Das Grundgesetz ist kein weltweiter Wertmaßstab“.
Er befürchte zudem, dass die Integration der Flüchtlinge nicht gelänge. „Dafür ist die Zahl der Einwanderer schon zu groß.“ Er verweist dabei auf Frankreich, „wo die Integration weitgehend misslungen ist. Und das obwohl dort das Kultur- und Sprachproblem viel kleiner ist, da viele Einwanderer aus den ehemaligen Kolonien kommen, bereits französisch sprechen und mit französischer Kultur etwas vertraut sind. Im Gegensatz zu jenen, die zu uns gekommen sind und bei Ankunft nichts von Land und Sprache wissen.“ Wo das alles hinführt, wisse er nicht.
Scholz kritisiert Umgang mit der AfD
Mit diesen Äußerungen positioniert sich Scholz in einen diametralen Gegensatz zum Bundespräsidenten a.D. Christian Wulff, der kürzlich mit seiner Aussage Aufmerksamkeit erregte, die Massenzuwanderung seit 2015 werde einmal als „Glücksfall“ für Deutschland begriffen werden – vergleichbar mit der Deutschen Einheit 1990.
Auf die Frage der „Jungen Freiheit“, ob Scholz in der AfD eine Gefahr oder eine Verteidigerin der Demokratie sehe, hat er geantwortet: „Auf jeden Fall ist die AfD die einzige Partei, die hier die Dinge klar beim Namen nennt. Das sollte den anderen doch zu denken geben.“ Er rügt den Umgang der anderen Parteien mit der AfD, die stattdessen von Populismus und Rassismus sprächen. Er könne nur davor warnen, diese Themen weiter mit Tabus zu belegen. Das werde auf Dauer nicht gutgehen, so Scholz.
Wegen der allgemeinen Hysterie, die sich gerade im Zusammenhang mit von der Bundesregierung abweichenden Meinungen breitmacht, muss ausdrücklich drauf hingewiesen werden, dass Rupert Scholz wirklich nicht zum Prügelknaben taugt. Er war und ist weder rassistisch, nationalistisch, ja nicht einmal populistisch. Vielmehr steht er für eine Geradlinigkeit, die man heute kaum noch antrifft. Er konnte unbequeme Haltungen vertreten und stand dazu.
Sollte die CDU jetzt auf ihn einprügeln wollen, so schlägt dies voll auf die Partei zurück. Der Union als Ganzes sollte es schwer zu denken geben, wenn sie heute am liebsten jeden mundtot machen würde, der Positionen vertritt, für die die CDU/CSU lange ganz selbstverständlich einstand und für die sie von vielen Bürgern einmal gewählt worden ist. Diese Menschen, die den Unionsparteien einmal vertrauten, jetzt mit Rechtsradikalen und Rechtsextremen in eine Ecke zu stellen, ist an Widerwärtigkeit kaum noch zu überbieten und macht viele fassungslos.