Peng! Pistorius wird Verteidigungsminister

Bundeskanzler Scholz hat den Nachfolger von Christine Lambrecht vorgestellt. Neuer Verteidigungsminister wird der niedersächsische Minister für Inneres und Sport. Wer ist Boris Pistorius?

Mit Spannung wurde erwartet, wer Christine Lambrecht im Amt des Verteidigungsministers nachfolgen würde. Sie hatte am Montag nach einer beispiellosen Pannenserie – respektive, wie sie es sieht, wegen der „monatelangen medialen Fokussierung auf meine Person“ – nach nur gut einem Jahr im Amt das Handtuch geworfen. Tatsächlich hatte sich Lambrecht nicht die Bohne für ihr Ressort interessiert, was in der ohnehin gebeutelten Truppe auch nicht gut ankam.

Nun soll mit dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius nach drei Frauen im Amt wieder ein Mann im Bendlerblock übernehmen. Im Gegensatz zu seinen Vorgängerinnen kennt er die Bundeswehr ein wenig von innen; immerhin leistete er 1980/81 in der Steuben-Kaserne in Achim seinen Wehrdienst ab, ob bei der Heeresflugabwehrtruppe, den Flusspionieren oder der ABC-Abwehrtruppe, konnte noch nicht eruiert werden. Eine Waffe dürfte er aber mit Sicherheit mal in der Hand gehabt haben.

Apropos Pistorius und Waffen: Da war doch mal was?! Tatsächlich – 2019 bekam der niedersächsische Innenminister Schwierigkeiten, im Landeskriminalamt von Niedersachsen erregten schwerwiegende Skandale bundesweites Aufsehen. Es ging um das Verschwinden einer dienstlichen Maschinenpistole, um das Verschwinden (und mysteriöse Wiederauftauchen) sensibler V-Mann-Akten – Achgut berichtete hier, hier und hier – sowie um den offensichtlichen Versuch, diese unschönen Vorgänge zu vertuschen.

Sein Name war Hase

Boris Pistorius gab damals vor, keine Kenntnis über die Vorgänge zu haben, doch stellte sich heraus, dass die Unwissenheit des Ministers über diese Vorgänge daher rührte, dass er ausdrücklich nichts wissen wollte. Wie Dirk Maxeiner damals schrieb:

„Die Ursache für die Nichtweitergabe von Informationen an den Minister liegt in einer von Pistorius selbst an die Behördenleiter der Polizei herausgegebenen mündlichen Weisung, für die es eine ganze Reihe Zeugen gibt.

Gemäß der Weisung sollten politisch möglicherweise kritische Informationen nicht, wie zuvor und auch heute noch andernorts üblich, von den Behördenleitern unmittelbar und gegebenenfalls vertraulich dem Minister zur Kenntnis gebracht werden. Stattdessen sei eine solche Information dem Landespolizeipräsidenten mitzuteilen, der dann darüber entscheidet, ob der Minister einbezogen wird oder nicht.“

Wenn man zu viel weiß, kann’s gefährlich werden, kennt man ja aus diversen Mafia-Filmen.

Oha, ein „Hardliner“?!

Viel schlechter als Christine Lambrecht wird der 62-jährige Pistorius, der auch schon Oberbürgermeister von Osnabrück war, das Verteidigungsministerium nicht führen können. Tatsächlich hatte der niedersächsische Innenminister 2017 – damals noch mit einem Parteichef Martin Schulz – einen Zehn-Punkte-Plan für eine „starke sozialdemokratische Innenpolitik“ präsentiert und sich neben einem Ausbau von Videoüberwachung für mehr Kooperation zwischen Geheimdiensten und Polizeibehörden sowie eine gemeinsame europäische Ermittlungsbehörde nach dem Vorbild des FBI ausgesprochen.

Für den Fall, dass Nancy Faeser in Hessen Ambitionen zeigen sollte, war Pistorius daher auch als möglicher neuer Innenminister im Gespräch. Das Handelsblatt ging eben so weit, zu behaupten, der neue SPD-Mann an der Spitze des Verteidigungsministeriums gelte als „Hardliner“, insofern besteht vielleicht sogar ein wenig Anlass zur Hoffnung, dass es der Truppe demnächst besser geht.

Laut n-tv kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Johann Wadephul, die Entscheidung. Bei der Personalie handle es sich um eine „Besetzung aus der B-Mannschaft“. Damit sei Kanzler Scholz „eine echte Überraschung gelungen. Nur leider keine gute.“

Kleiner Effekt am Rande: Mit der Ernennung von Pistorius wird das Bundeskabinett nicht länger zur Hälfte aus Frauen bestehen (Verhältnis männlich / weiblich vorher 8:8, jetzt 9:7). Um die Parität wiederherzustellen, könnte Olaf Scholz handeln – und Gesundheitsminister Karl Lauterbach durch eine Frau ersetzen. Durch welche, ist eigentlich egal.

Foto: Wolfgang Wilde /Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Uta Buhr / 17.01.2023

Ganz richtig, M@rkmann Ulrich, man kann aber auch einen Besenstiel in dieses und andere Ressorts berufen. Man setzt ihm einen Geßler-Hut auf, und das doofe Volk muss diesen untertänig grüßen. Geht alles in Dummland. Noch einen schönen Abend.

Jörg Redemann / 17.01.2023

Apropos, ließe sich die verloren gegangene Parität nicht einfach durch die jüngst von der Ampel beschlossene neue Gesetzeslage, dass jeder einmal pro Jahr seine Geschlechtszugehörigkeit selbst bestimmen darf, wieder herstellen. Also wie wäre es Frau Lauterbach, Frau Pistorius oder auch Frau Olaf Scholz? Der ohnehin verwirrte Bürger würde es sicherlich mit Fassung tragen, er ist ja seit einem Jahr jeglichen Kummer gewohnt.

Holger Sulz / 17.01.2023

“...und Gesundheitsminister Karl Lauterbach durch eine Frau ersetzen. Durch welche, ist eigentlich egal.” Im Prinzip ja. Wobei es uns Erniedrigten und Beleidigten wohl täte, handelte es sich um eine wirklich Taffe. Seine Exfrau Angela Spelsberg beispielsweise.

Rolf Mainz / 17.01.2023

Na also, auf Pest folgt Cholera, wie schon vermutet. Immer wieder erstaunlich, über welches Reservoir von Low-Performern und Mitläufern die SPD verfügen kann.

Michael Beuger / 17.01.2023

Ist Pistorius nicht auch derjenige gewesen, der vor Jahren Diebesgut in der Schweiz angekauft und darus “legale” Anklagen gestrickt hat? Oder war das ein anderer SPD Held.

Silas Loy / 17.01.2023

Man sollte sich mal darauf verständigen, dass jede administrative dienstliche Weisung ausschliesslich der Schriftform bedarf! Lambrecht musste weg, weil sie offensichtlich bei den Waffenlieferungen an die Ukraine mitgemauert hat. Die Medienkampagne war eindeutig. Schade ist es trotzdem nicht, sie war schon als Justizministerin eine Zumutung. Dringender wäre aber natürlich der Abgang von Lauterbach gewesen, der Kerl ist vollkommen untragbar und auch noch zu belangen.

Talman Rahmenschneider / 17.01.2023

“Durch welche, ist eigentlich egal.” Das ist ein guter.

Ralf Pöhling / 17.01.2023

Pistorius hat das Problem, dass er Dinge durchsetzen muss, die in seiner Partei politisch unerwünscht sind. Helmut Schmidt hatte damals das selbe Problem.

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