„Ein Schuss wird die Zeremonie unterbrechen, und ein toter Körper wird zu ihrem Abbruch führen.“ Nach Angaben der Medienbeobachtungsgruppe Palestinian Media Watch (PMW) – die regelmäßig Zeitungs- und Rundfunkberichte sowie politische Reden aus den Palästinensischen Autonomiegebieten auswertet und ins Englische übersetzt – stammt dieser Mordaufruf von Yahya Rabah, einem regelmäßigen Kolumnisten von Al-Hayat Al-Jadida, der offiziellen PA-Tageszeitung, und erschien dort am 18. Januar 2020 in einem Kommentar mit dem Titel „Israel am Abgrund“.
Zu der Gedenkveranstaltung in Jerusalem, zu der der israelische Präsident Reuven Rivlin eingeladen hat, werden Staatsgäste aus mehr als 40 Ländern erwartet, unter ihnen der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Russlands Präsident Wladimir Putin. Die Vereinigten Staaten von Amerika werden durch Vizepräsident Mike Pence und die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, vertreten sein.
Aufruf zum Mord
Die Feier ist der Palästinensischen Autonomiebehörde offenbar ein Dorn im Auge (sie selbst, nimmt, wie sich denken lässt, nicht daran teil; unter den muslimischen Staaten ist Albanien das einzige Land, das einen Vertreter entsendet).
Bevor er zum Mord aufrief, kritisierte Yahya Rabah laut der Übersetzung von PMW die internationale Gemeinschaft dafür, dass sie den „Holocaust der Juden“ „schrecklich“ finde, aber das, was er „den palästinensischen Holocaust durch Israel“ nennt, als „unbedeutend, schön, spektakulär und gut“ hinnehme. Es könne darum, so Rabah, angenommen werden, dass es „Widerstand“ gegen die Gedenkfeier in Jerusalem geben werde. Sein Vorschlag, um die Zeremonie zum Abbruch zu bringen: ein Mord.
Israel, so Rabah, habe „alles abgeschüttelt, vom Völkerrecht über das humanitäre Völkerrecht bis hin zu den Entscheidungen der internationalen Gremien und dem Beginn der Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs“. Er bezieht sich auf eine Erklärung von Anklägerin Fatou Bensouda vom 10. Januar 2020, wonach es Grund gebe, gegen Israel und Angehörige der Hamas und „palästinensischer bewaffneter Gruppen“ Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen einzuleiten. Rabah weiter:
„Der palästinensische Holocaust durch Israel“
„Jetzt plant es auch noch voller Energie eine Zeremonie zum Holocaust im besetzten Jerusalem und ist gewohnt, dass die Welt an dieser Zeremonie teilnimmt. Der Holocaust der Juden ist schrecklich, aber der palästinensische Holocaust durch Israel, der immer noch andauert, ist unbedeutend, schön, spektakulär und gut.
Natürlich werden die Palästinenser diese Gleichung niemals akzeptieren, und es kann davon ausgegangen werden, dass sie sich der abgehaltenen Zeremonie widersetzen werden in Jerusalem selbst, weil Jerusalem ihnen gehört, trotz [US-Präsident Donald] Trump, der es Israel als Teil des schmutzigen Deals des Jahrhunderts gegeben hat. Ein Schuss wird die Zeremonie unterbrechen, und ein toter Körper wird zu ihrem Abbruch führen. Und trotz des Elends der Araber und ihrer Unzufriedenheit mit dem, was geschieht, werden sie, wenn auch nur für einen Moment, fähig sein, nicht den Schritten Israels und Amerikas folgen, die für sie bestimmen, wer ihre Feinde und wer ihre Freunde sind.“
Holocaustrelativierung auf Palästinensisch
Obwohl es Arafats Mentor Amin el-Husseini war, der mit Hitler beim Projekt der Judenvernichtung kollaborierte und sich die Ausmerzung der Juden auch im Mandatsgebiet Palästina wünschte, versucht die Palästinensische Autonomiebehörde regelmäßig, die Juden als „Nazis“ darzustellen und den Holocaust als Propagandawerkzeug für ihre antijüdischen Zwecke zu nutzen.
So zeigte der offizielle Fernsehsender der Palästinensischen Autonomiebehörde 2018 ein Bild, das arabische Opfer aus dem Dorf Al-Dawayima darstellen sollte, das 1948 während des israelischen Unabhängigkeitskriegs von der israelischen Armee eingenommen wurde – in Wahrheit aber handelte es sich um ein Foto von Opfern des Holocaust in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager.
2019 gab die Fatah Juden Mitschuld am Holocaust: Diese hätten es aufgrund ihres „Charakters“ „verdient“ gehabt, getötet zu werden. Eine pseudohistorische Sendung, die die Fatah im Juli 2019 über Facebook verbreitete, schlug denselben Ton an: Juden seien immer „Ausbeuter“ gewesen und hätten sich, um Profit zu machen, mit den Nazis verbündet.
„Auschwitz in jeder Stadt“
Für die Zeitung Al-Hayat Al-Jadida, das Sprachrohr der PA, sind Holocaustvergleiche offenbar ein Grundnahrungsmittel. So bezeichnete ein anderer ihrer Kommentatoren, Omar Hilmi Al-Ghoul, den Staat Israel am 17. August 2019 als den „neuen Holocaustofen des arabisch-palästinensischen Volkes“. Fünf Tage später schrieb er: „Der israelische kolonialistische Staat setzt in allen Teilen des historischen Palästina ohne Ausnahme weiterhin die Politik von Massakern und Holocaust gegen das palästinensische Volk fort.“
Dschibril Radschoub, der Sekretär des Zentralkomitees der Fatah, Vorsitzende des Nationalen Olympischen Komitees der Palästinensischen Autonomiegebiete und des Palästinensischen Fußballbunds, sagte im Juli 2019: „Auschwitz ist hier in Palästina in jeder Stadt.“
Und als Marwan Tubasi, der „Botschafter Palästinas“ in Athen, im Dezember 2019 an einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Massakers von Kalavryta teilnahm – wo die Wehrmacht am 13. Dezember 1943 mehr als 500 Männer und Jungen des Ortes erschossen hatte –, sprach er davon, dass sowohl Griechen als auch Palästinenser in ihrer Geschichte „abscheulichen Massakern“ zum Opfer gefallen seien, die „Nazis und Zionistenbanden“ gegen sie verübt hätten.
Keine Reaktion der EU
Reaktionen vonseiten der EU oder der Regierungen ihrer Mitgliedsländer zeitigen solche Äußerungen nicht. Sollte tatsächlich ein Fatah-Anhänger, der den Mordaufruf in der Zeitung gelesen hat, während der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust in Jerusalem einen Mord verüben, dann wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wie üblich „beide Seiten“ ermahnen.
Oder er wird die Worte wiederholen, die er fand, als am 18. November 2014 zwei mit Hackmessern und Gewehren bewaffnete Araber während des Morgengebets in der Jerusalemer Kehilat-Bnei-Torah-Synagoge buchstäblich ein Blutbad anrichteten. Sieben Minuten lang schrien sie „Allahu Akbar“ und hackten auf Menschen ein. Steinmeier danach: „Ich hoffe, dass das nun auch ein lauter Weckruf ist.“
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Mena-Watch.