Ab heute, dem 15. November 2021, gilt in Österreich ein Lockdown für Ungeimpfte. Menschen, die nicht geimpft sind, dürfen das Haus dann nur noch aus dringenden Gründen verlassen.
Österreichs Kanzler Alexander Schallenberg kritisiert die in seinen Worten „beschämend niedrige Impfquote“ seines Landes und rechtfertigt die Anordnung damit, so die Impfbereitschaft zu erhöhen. Schallenberg erklärt, die Österreicher müssten sich darauf einstellen, dass der Aufenthalt außerhalb der Wohnung kontrolliert wird und bei Zuwiderhandlung empfindlich hohe Geldstrafen drohen. Die neue Anordnung Österreichs lässt sich so zusammenfassen:
Wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung dadurch gefährdet, dass er sich aus Impfscheu einer geregelten Impfung hartnäckig entzieht, obwohl er impffähig ist, wird mit Lockdown, Impferziehung und einer empfindlichen Geldstrafe bestraft.
(Sollte Ihnen dieser Wortlaut bekannt vorkommen, so lesen Sie weiter, denn sie werden gleich erkennen, woher er Ihnen bekannt vorkommt.)
Eine staatliche Diskrimierung von gesunden Menschen, nur aufgrund ihrer Weigerung, eine körperliche Behandlung an sich vornehmen zu lassen, beunruhigt mich persönlich mehr, als krank zu werden.
Der freie Wille des Menschen gebrochen
Wer nicht geimpft ist, ist dadurch nicht automatisch krank. Ein ungeimpfter Mensch kann lediglich erkranken und dann potenziell für andere Menschen gefährlich werden. Es handelt sich bei der Anordnung aus Österreich somit um einen Präventivschlag, also um eine Offensive in der defensiven Absicht, einer möglichen Gefahr zuvorzukommen.
Mit der neuen Anordnung wird der freie Wille des Menschen gebrochen und seine Möglichkeit zur Solidarität durch ein Überwachen und Strafen ersetzt. Genauso agierte die DDR. Im Strafgesetzbuch der DDR fand sich unter Paragrafen 249 dieser Wortlaut:
„§ 249. Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch asoziales Verhalten.
(1) Wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt, indem er sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit entzieht, obwohl er arbeitsfähig ist, wird mit Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.“
§ 249 StGB der DDR wurde als „Asozialenparagraph“ bezeichnet. Als „Asoziale“ werden heutzutage mancherorts jene Menschen bezeichnet, die sich nicht impfen lassen.
Der Sozialismus war der Versuch, eine gerechtere Welt dadurch zu schaffen, dass dem Menschen die Freiheit genommen wurde und stattdessen der Staat ermächtigt wurde, mit Gewalt gegen die unsolidarischen Zustände vorzugehen. Die Absicht war, mit Gewalt eine gerechte Welt zu schaffen. Wo immer der Sozialismus zur Staatsdoktrin erhoben wurde, war das Ergebnis eine Diktatur.
Gerechtigkeit lässt sich nicht staatlich erzwingen
Heute soll mit staatlicher Gewalt eine gesunde Welt erschaffen werden. In einigen Ländern werden die Regierungen mit Notverordnungen ermächtigt, gegen die vermeintlich gesundheitsgefährdenden und unsolidarischen Zustände vorzugehen. Die Absicht all jener, die Parlamente teilweise ihrer Macht berauben, ist wie beim Sozialismus gut. Es geht schließlich um die Gesundheit.
Gesundheit ist gut. So wie Gerechtigkeit gut ist. Wo immer aber die Freiheit des Menschen aufgegeben wurde, um Gerechtigkeit zu erschaffen, errichtete der Sozialismus am Ende eine Diktatur, in der sich die Menschen bespitzelt haben und in allen Ecken die Angst lauerte, zu einem Asozialen erklärt zu werden. In der Verfassung der DDR stand an fünfter Stelle des sechsten Artikels:
„Militaristische und revanchistische Propaganda in jeder Form, Kriegshetze und Bekundung von Glaubens-, Rassen- und Völkerhass werden als Verbrechen geahndet.“
Klingt gut, oder? Wer ist schon ein Freund von Kriegshetze und Rassismus? Es ist doch gut, wenn all das verboten ist, oder? Nun, es war genau dieser Artikel, der es dem Regime ermöglichte, Kritiker des Staats in Knast und Folter zu sperren.
Der Sozialismus ist eine gute Idee, aber Gerechtigkeit lässt sich nicht staatlich erzwingen, erst recht nicht, wenn die Gesellschaft in Angst und Schrecken versetzt wird und der Staat sogar dazu bemächtigt wird, die Grundrechte und die Freiheit des Menschen einzuschränken.
Was sich heute einige Staaten im Namen der Gesundheit herausnehmen, ist übergriffig. Die staatliche Übergriffigkeit im Namen der Gerechtigkeit wird Sozialismus genannt. Es wird Zeit, auch einen Begriff für die staatliche Übergriffigkeit im Namen der Gesundheit zu formulieren. Ich schlage folgenden Begriffe vor: Sanitarismus.
Keinen Grund, seinen Nächsten zu diffamieren
Als der Mensch der Aufklärung aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit hinaus trat und nicht mehr blind weltlichen und geistlichen Führern folgte, sondern sich selbst zum Souverän erklärte, als er anfing, selbstbestimmt mit anderen Menschen zu handeln, da brauchte er schnell Regeln, um ein gerechtes Zusammenleben unter den freien Menschen zu ermöglichen.
Ab dem 18. Jahrhundert wurden viele sozialistische Ideen formuliert. Jedes Land nahm sich einiger dieser durchaus berechtigten Ideen an. Die Vereinigten Staaten von Amerika formulierten den „New Deal“, und in der Bundesrepublik Deutschland wurde die „Soziale Marktwirtschaft“ eingeführt. Wo immer aber die sozialistischen Ideen missbraucht wurden, um Menschen zu unterdrücken, weil sie nicht immer so perfekt sind, wie es die Ideologie verlangt, kam es zu Freiheitsberaubungen, Hausarresten, Ausgangssperren und Menschen, die sich aus Angst gegenseitig bespitzelten und bei der Exekutive verpfiffen.
Ich werde mein Gegenüber nicht zuallererst als potenziellen Ausbeuter und Kriegstreiber betrachten und ihn ächten, wenn er nicht das richtige Parteibuch hat. Ebensowenig werde ich mein Gegenüber als Asozialen und Virenschleuder betrachten, wenn er nicht das richtige Impfbuch hat.
„Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“, heißt es in der Bibel. Das Prinzip der Nächstenliebe ist wunderbar. Jedoch ist es mit der Religion wie beim Sozialismus und beim Sanitarismus. Es wird gefährlich, wenn die Ideologie zum Zwang wird. Nächstenliebe ist großartig. Missionierungen und Inquisition jedoch sind Verbrechen. Egal wie gut und richtig eine Idee auch sein mag, es gibt gewisse Taten, die dadurch nicht gerechtfertigt werden.
Es gibt keinen Grund, seinen Nächsten zu diffamieren, wenn er nicht geimpft ist oder sein will, vor allem dann nicht, wenn man selber geschützt ist, ob nun durch eine Impfung oder durch andere Maßnahmen. Ein Mensch, der sich selber schützt und für sich selbst Verantwortung übernimmt, muss seinen Nächsten zu nichts zwingen. Vor allem aber kann er die Gelassenheit haben, in seinem Nächsten nicht zunächst eine Gefahr für Leib und Leben zu sehen, sondern einen Menschen, der im Zweifel unschuldig, gesund und gut ist.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Gerd Burrmanns Blog Tapfer im Nirgendwo.