Thilo Schneider / 18.06.2019 / 06:00 / Foto: Pixabay / 69 / Seite ausdrucken

NRW-Ratgeber für Hochzeitskorsos

Die Polizei NRW greift bei Hochzeitskorsos von Youtubern jetzt zu drastischen Mitteln und verteilt einen Flyer. Auf dem stehen Regeln, wie sich Brautpaar nebst Anhang doch bitte verhalten möchten, wenn sie mit ihrer Hochzeitsgesellschaft vom Standesamt zur Hochzeitshalle ziehen. Denn das wissen die Feiernden sonst nicht, weil sie ja anscheinend ein bisschen doof und mit den Gepflogenheiten in ihrem alten und neuen Zweitheimatland nicht so vertraut sind. 

Zuerst gratuliert die Polizei einmal artig, denn so eine Hochzeit zwischen zwei heterosexuellen Menschen ist etwas Großartiges und, glaubt man einschlägigen Medien, gar nicht mehr so häufig wie früher. Wenngleich das Alter der Braut mittlerweile doch auch einmal unter die Volljährigkeitsgrenze fällt oder die Ehe nicht so ganz richtig freiwillig war. Zumindest seitens der Braut. Und weil gerade Sommerferien waren. Aber wer will schon an einem der schönsten Deflorationstage im noch jungen Leben kleinlich sein? 

Danach klärt die Polizei auf: 

„Halten Sie sich an die Verkehrsregeln“. Das ist natürlich ein guter Rat an Menschen, die gerne mal wetteifern, welcher der getunten, geleasten, gemieteten oder geschenkten Boliden den Längsten oder wenigstens den schnellsten und dümmsten Fahrer hat.

„Behindern Sie nicht den Verkehr“. Wichtig speziell für Leute, die das Parken in zweiter Reihe für ein kulturelles Grundrecht halten und verständlicherweise sehr, sehr ungehalten reagieren, wenn sie auf ihre Verkehrsbehinderung angesprochen werden. Das ist ja auch diskriminierend und hat mit Inklusion nicht viel zu tun.  

„Zünden Sie keine Feuerwerkskörper oder Pyrotechnik“ 

„Provozieren Sie keine Staus“. Der wird ja auch nicht provoziert, sondern geschieht ganz automatisch, wenn vierzig Fahrzeuge langsamer fahren müssen, weil sonst der Blumenschmuck und die Fahnen der Lieblingsnation von der Kühlerhaube des Luxusvehikels rutschen. Das ist nicht schön und behindert ansonsten ja auch den Verkehr, wenn den spießigen Mitbenutzern der Autobahn schwarz-rot-goldene Flaggen auf die Windschutzscheibe klatschen. 

„Zünden Sie keine Feuerwerkskörper oder Pyrotechnik“. Eine, wie ich meine, sehr unnütze Ermahnung. Feuerwerk gehört schließlich zu jeder guten Hochzeit und bezieht auch gleich die Nachbarn mit ein und lädt zur Teilhabe ein. Da ist sie wieder: die fehlende mediterrane Lebensfreude. Er ist eben etwas steif, der Nordeuropäer. Außerdem sind Feuerwerke ein Zeichen gelungener Integration und Zeichen überwundener Traumata. Wir sollten vielmehr dankbar sein. 

„Führen Sie keine Waffen mit“. Das ist unsinnig. Eine mitgeführte Waffe ist an- und für sich unproblematisch, wenn sie im Holster stecken bleibt. Sicher, ein Schraubenzieher in einer der offiziellen „Waffenverbotszonen“ ist unschön, und ein Messer kann gefährlich sein, wenn man mehr als seine Zervelatwurst streichen will, aber eigentlich geht ja eher von benutzten Waffen eine Gefahr aus. Erst recht, wenn nicht nur in die Luft geschossen wird. Korrekt wäre also: „Benutzen Sie keine Waffen zu Freudenbekundungen oder gezielten Schüssen“. 

Weiter erklärt die Polizei, dass sie bei einer „Störung der öffentlichen Ordnung und Straftaten“ konsequent einschreiten wird. Im Einzelnen erwarten die Extremhochzeiter regelrecht drakonische Maßnahmen, von denen ich nicht sicher bin, ob sie mit dem Grundgesetz oder der Haager Landkriegsordnung noch konform gehen. Es sollen konsequent mündliche Verwarnungen erteilt oder sogar Platzverweise ausgesprochen oder Ordnungswidrigkeitenverfahren einleitet werden. In seltenen Sonderfällen soll es sogar zu Punkten in Flensburg kommen. Also, wenn die Polizisten nicht vorher verprügelt werden.   

Polterabende in Schleswig-Holstein 

Neben der Unkenntnis der Hochzeitsgepflogenheiten in Deutschland kann es für – nennen wir sie „ausufernde“ – Feierlichkeiten unter Umständen, wenngleich wirklich sehr unwahrscheinlich, auch einen völlig anderen Grund geben: Es ist den glücklich Feiernden schlichtweg scheißegal, ob sie Nichtfeiernde belästigen, stören, gefährden oder provozieren. Sie interessieren sich einen feuchten Kehricht für die Befindlichkeiten der anderen „Schon-länger-hier-Lebenden“ und ziehen schlicht und ergreifend ihr eigenes Ding durch, zumal sie vor der Exekutive nicht allzu viel Respekt haben und deutsche Polizisten schlicht für Lappen und zahnlose Lauchs halten.

Wie sollte sich auch eine bezopfte Polizeimelanie (21, wollte lieber Krankenschwester werden) gegen einen trainierten 1,90er Hünen mit dem Verstand eines Turkey und dem Körper eines Grizzlys durchsetzen wollen? Kuli ins Auge stechen? Außerdem können sich die Feiernden wohlmeinender und verständnisvoller Richter und einer streichelzarten linken Öffentlichkeit erfreuen, die dieses „Ihr könnt uns alle mal kreuz- und halbmondweise“-Verhalten mit dem Hinweis auf Polterabende in Schleswig-Holstein und Schützenvereine in Bayern und die Umweltverschmutzung durch zerschlagenes Porzellan ins rechte – pardon – linke Licht rücken.   

Aber das ist jetzt wirklich an den Haaren herbeigezogen. Eine Frage hätte ich aber trotzdem noch: Ist die Broschüre auch in anderen Sprachen erhältlich? Japanisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Schwedisch oder Mandarin? Oder gibt es die, zielgruppenbezogen, nur auf Deutsch? In letzterem Falle hätte ich sie mir in einfacher – sehr einfacher – Sprache gewünscht. Aus Gründen.  

Foto: Pixabay

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Leserpost

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P. Wedder / 18.06.2019

Warum wird ständig Rücksicht auf Menschen genommen, die andere im Straßenverkehr wissentlich vorsätzlich gefährden und andere Menschen die Zeit stehlen?  Die meisten dieser Fahrer haben einen Führerschein, d.h. sie sollten sich mit der Straßenverkehrsordnung auskennt. Warum dieser Streichelkurs? Wo bleibt eigentlich die Gleichbehandlung?

C. J. Schwede / 18.06.2019

Warum nicht einfach prüfen, ob jemand der an so einem Hochzeitskorso teilnimmt charakterlich geeignet ist ein Fahrzeug zu führen? Bei Verneinung wird ihm der Führerschein entzogen.

Thomas Walter / 18.06.2019

Diese weltfremden Bahnhofsklatscher und Bärchenwerfer in den Ministerien haben sich mittlerweile völlig von der Realität verabschiedet. Da schreiben sie Broschüren, dass man kleine Mädchen im Schwimmbad und große Mädchen in der Disco nicht befummeln darf und glauben allen Ernstes, dass sich unsere neuen Mitbürger jetzt, da sie es nun wissen, auch daran halten werden. Die öffentliche Sicherheit ist inzwischen auch gewährleistet, weil das Waffengesetz jetzt dahingehend geändert wurde, dass Mann nur noch Messer mit einer Klingenlänge von 6 statt früher in geradezu anarchistischen Zeiten mit 12 cm mit sich führen darf. Es macht sich also jemand besonders strafbar, wenn er mit einem 7 cm langen Messer seinem Gegenüber die Halsschlagader durchschneidet, statt nur mit 5 cm…. Wo gibt es nochmal diese „Respekt“ Armbändchen?

B.Klingemann / 18.06.2019

Sie machen es immer wieder, weil sie es können. Niemand in diesem Land hindert sie daran. Manchmal kommt der “So-etwas-macht-man-nicht-Polizeifinger”. Jetzt werden auch noch massiv Flyer verteilt. Bald schon werden sie kapitulieren - weil sie sich totgelacht haben.

K. Schmidt / 18.06.2019

Und wie sich bei diesem Spektakel wohl die knapp 14-jährige Braut auf der Rückbank des teuern, wie auch immer finanzierten, Autos fühlen muss? Die Braut ohne Willen, die ihrer ersten ehelichen Vergewaltigung von so vielen zugeführt wird! Unter Freudenschüssen der Männer in die Luft, wie es Räuber nach einem gelungenen Coup eben zu tun pflegen!  Es folgt die Vergewaltigung der kindlichen Braut mit lauernden Verwandten vor der Tür, deren Job es ist die Tür bei evtl. Fluchtversuch des Mädchens zuzuhalten, wenn nötig. Anschließend die Zurschaustellung des blutigen Bettlakens. Is nun mal so bei denen! Aber die LEBENSFREUDE dieser Herren! Das verstehen wir tumben, griesgrämigen Deutschen einfach nicht! Fließt kein oder nicht genug Blut des Mädchens scheint die Menschenware beschädigt geliefert worden zu sein! Dann muss die nun verdächtige die Braut mit dem Todesurteil ihres Vaters rechnen. Ich nehme zur Kenntnis: Diesbezüglich schreibt die Polizei keine freundlichen Flyer! Zwangsverheiratung von Kindern und eheliche Vergewaltigungen derselben - was ist das schon? Aber ein Stau auf der Autobahn - da kennt der deutsche Polizist kein Pardon! OT Wieso wird im Lübcke-Video dessen entscheidener Satz nirgends mehr gezeigt? Bevor Lübcke den Deutschen im Saal riet das Land zu verlassen, wenn ihnen seine Politik nicht passe, hatte ihn ein Großvater gefragt (sinngemäß): Ich habe Enkelinnen, die haben Angst durch die Gegend zu gehen, in der das Flüchtlingsheim steht, weil es dort immer wieder Fälle von aggressiver Anmache gegen Frauen und Mädchen gegeben hat. Was soll ich meinen Enkelinnen raten? Darauf Lübcke (sinngemäß): Dann sollen ihre Enkelinnen eben diese Straße(n) meiden und zuhause bleiben, wenn sie das nicht wollen! Nach DIESER Aussage schlug Lübcke Empörung und Wut entgegen! Nicht erst nach seinem zweiten, aus seinem Zusammenhang gerissenen Satz, der in allen Berichten der Mainstreammedien als Auslöser präsentiert wird (“tot, weil er sich für Flüchtlinge einsetzte!”)

Peter Wachter / 18.06.2019

Ach Herr Schneider sie sind ja mal wieder intolerant und unmultikulturell. Wer hat doch gleich gesagt, das Land wird sich ändern und zwar drastisch und sie freut sich drauf. Und es wurde auch gesagt, das jeden Tag das Miteinander neu ausgehandelt werden muss! Der Wähler will es so, da müssen wir alten weißen Männer durch, aber wir schaffen das!

Detlev Eggeling / 18.06.2019

Was für eine unsägliche Unterwerfung! Verbieten, und fertig. Das hat Hier nix zu suchen.

Joerg Haerter / 18.06.2019

Vielleicht mal ein Vorbild an den Kollegen in den USA nehmen? Wer den Kollegen frech kommt, macht es kein zweites Mal. Deutschland verkommt zur Lachnummer, wenn es nicht so traurig wäre. Ich bin immer wieder erstaunt, wie man ein Land innerhalb weniger Jahre so ruinieren kann. Wir lieben uns doch alle! Deutschland hat fertig!

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