Manfred Knake / 22.05.2021 / 14:00 / 32 / Seite ausdrucken

Niedersachsen plant massiven Ausbau der Windkraft, Kommunen wehren sich

Olaf Lies (SPD) ist der Umweltminister des Landes Niedersachsen, genauer Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz. Davor war er Wirtschaftsminister des Landes. Das Klima will er besonders vehement schützen, mit der Windenergie. Damit unterscheidet er sich nicht wesentlich von seinen Amtskollegen in den anderen Bundesländern. Von ihm soll der Spruch stammen, dass Windenergie Artenschutz und damit auch Klimaschutz sei, will sagen, dass der weitere Ausbau der Windkraft auch dem Artenschutz diene. Das würden betroffene Vögel, Fledermäuse oder Insekten sicherlich anders sehen. Und die Art Homo sapiens, in mehr als tausend Bürgerinitiativen gegen den rotierenden und lärmenden Windwahn in Deutschland organisiert, sieht das wegen nachgewiesener Gesundheitsgefährdung durch die Riesenpropeller ohnehin ganz anders, manchmal sogar von Gerichten unterstützt.

Derzeit sind ca. 1,1 Prozent der Fläche Niedersachsens für Windkraftstandorte ausgewiesen, das klingt nach wenig, ist es aber nicht. Massiert stehen diese Windparks an der Küste, in Ostfriesland und Friesland, dicht an ausgewiesenen europäischen Natura-2000-Schutzgebieten und sogar sehr dicht auch am Großschutzgebiet Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, der als „Weltnaturerbe“ touristisch vermarktet wird. Aber auch andere Landesteile sind dicht „verspargelt“ (siehe Energieatlas Niedersachsen).

Herr Lies – und nicht nur er – meint nun tatsächlich, mit Windenergie könne man das böse CO2 reduzieren und damit Einfluss auf den globalen Temperaturanstieg nehmen, was immer „global“ in diesem Zusammenhang auch bedeuten mag. Windkraftanlagen also als regelbare Thermostaten der Globaltemperatur?

Windkraftflächen fast verdoppeln

Minister Lies geht seit einigen Monaten in die Offensive, für noch mehr Windenergie im Lande. Derzeit drehen sich, wenn der Wind weht, 6.352 Anlagen in Niedersachsen (Onshore, Stand 2020), bundesweit sind es ca. 30.000. Der zur Anhörung ausliegende neue Windenergieerlass des Landes sieht vor, die Windkraftflächen in Niedersachsen bis 2030 auf 2,1 Prozent der Landesfläche zu erhöhen, also fast zu verdoppeln, bis 2050 will Niedersachsen zudem „klimaneutral“ sein. „Darüber hinaus wollen SPD und CDU den Energiebedarf des Landes nun schon bis 2040 statt bis 2050 komplett aus erneuerbaren Energien decken.“

Wie das technisch ohne die notwendige netzstabilisierende Regelenergie aus Kohle- oder Atomkraftwerken, die demnächst abgeschaltet werden, funktionieren soll, haben die Politiker jedoch nicht dargelegt. Die niedersächsischen Umweltverbände NABU und BUND haben sich laut Windenergieerlass (Entwurf) ebenfalls „auf einen beschleunigten Ausbau verständigt" („Runder Tisch zur Zukunft der Windenergie in Niedersachsen“ vom 03.03.2020). 

Widerstand gegen 200-Meter-Mühlenmonster

In nicht wenigen niedersächsischen Kommunen sieht man die ehrgeizigen Ausbauziele des politischen Windkraftlobbyisten Lies jedoch skeptisch. Je näher die Anlagen an die Wohnbebauung kommen – verbindliche Abstandsregelungen in Niedersachsen gibt es nicht – desto größer wird der Widerstand der Anlieger gegen die Mühlenmoster, die jetzt schon Höhen von über 200 Metern erreichen. Die Kommunen weisen über Flächennutzungspläne und Bebauungspläne die Windkraftstandorte aus, verbunden auch mit finanziellen Vorteilen aus den Erträgen der Winkraftanlagen für die abstimmenden Ratsmitglieder (Beispiel hier).

Mit dem neuen Raumordnungsprogramm und der Zielmarke von 2,1 Prozent der Landesfläche für Windenergie will Lies Druck auf die Kommunen ausüben, noch mehr Flächen dafür bereitzustellen. Nun regt sich aber schon vehementer Widerstand der Landkreise in Niedersachsen gegen Lies’ Pläne. In der Oldenburger Nordwest Zeitung (NWZ) vom 19. Mai („Umweltminister Lies contra Kommunen – Niedersachsen macht Tempo beim Ausbau der Windkraft“, Bezahlschranke) äußerte sich der Minister in einem Interview zu seinen Plänen. Demnach sieht er vor, bis 2040 „jedes Jahr 1,5 Gigawatt – also fast 500 Anlagen zu bauen“, das wären in den kommenden neunzehn Jahren noch einmal ca. 9.500 Anlagen allein in Niedersachsen. Ob die Bevölkerung in den Landkreisen das hinnehmen wird, kann jetzt schon mit einem „Nein“ beantwortet werden.  Bereits 2016 gab es in der Samtgemeinde Esens im Landkreis Wittmund eine Bürgerbefragung für oder gegen mehr Windkraftanlagen im Gemeindegebiet, die zum Waterloo für die Windkraftbefürworter wurde.

Für Olaf Lies jedoch gehört Windenergie zu unserer Kulturlandschaft, so sein Statement in der NWZ; nur hat er wohl vergessen, dass hier auch Menschen leben.

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Sirius Bellt / 22.05.2021

“Windenergie gehört zu unserer Kulturlandschaft”. Klingt als hätte jemand den “Stein der Doofen” entdeckt. Windkrafträder zerstören unwiederbringlich Flora und Fauna. Für Menschen die in unmittelbarerer Nähe leben müssen sind sie ein einziges Desaster.

K.D.Weber / 22.05.2021

Photovoltaik- und Windkraftanlagen sind sicherlich größere Verursacher von Erderwärmung, Trockenheit und Umweltzerstörung als es die nur in Modellrechnungen verdächtigen Kohlendioxidemissionen überhaupt sein können. Man befindet sich komplett auf dem Irrweg und verursacht irreparabele Schäden für die Folgegenerationen.

E. Albert / 22.05.2021

“Klima schützen mit Windenergie.” Aha. Vielleicht sollte Herr Lies mal lesen, z.B. die Studie “Climatic impacts of wind power” von Lee Miller & David Keith, 2018, lt. der Windräder die Erderwärmung durch die Umwälzung der natürlichen erdnahen Temperaturschichten und die Reduzierung der Windgeschwindigkeiten im Windschatten der Windparks sogar FÖRDERN! Erklärung: Windräder erzeugen aus kinetischer Windenergie Strom und „rauben“ somit der Atmosphäre diese Bewegungsenergie. Dieser Energieentzug kann bei einzelnen Windrädern bis zu 40 % der Windströmung betragen, bei Windparks mit mehreren Anlagen liegt der Wert pro Generator mit 26 % zwar deutlich darunter, da die einzelnen Generatoren sich gegenseitig den Wind abschneiden, aber insgesamt verringert sich die Windgeschwindigkeit dadurch dauerhaft. Der Luftmassenaustausch wird reduziert, die Luftmassen können längere Zeit über einem Gebiet liegen und sich dadurch stärker erwärmen. Kernaussage: Der durch Windparks verursachte globale Temperaturanstieg könnte die durch Maßnahmen der CO2-Senkung erhoffte Umkehrwirkung auf den Klimawandel um über ein Jahrhundert zurückwerfen! Die Energiedichte von Windparks ist zudem gering. Windparks haben nur ca. ein Zehntel der Energiedichte von Solarparks, d. h. sie benötigen deutlich mehr Fläche, um die gleiche Energiemenge zu erzeugen. Der Ressourcenverbrauch der angeblich „sauberen“ Riesen an der Erdoberfläche ist sehr hoch, die Energiedichte gering – und fördert paradoxerweise den Temperaturanstieg! Dann ist da noch die Sache mit dem Infraschall, über den zuletzt sogar welt.de berichtete (Wirtschaft/Schallemission der Windkraft erhöht Gesundheitsrisiko, Daniel Wetzel, 2.5.21) oder die metertiefen Fundamente aus Stahlbeton, die Straßen, die gebaut werden müssen, um die Dinger aufzustellen, das tonnenweise Schreddern von Vögeln und Insekten, die Auswirkungen auf Meerestiere durch die Schwingungen etc., etc. Aber es muss wohl erst ALLES in Trümmern liegen, bis wieder Vernunft einkehrt.

Tobias Kramer / 22.05.2021

NABU, BUND und die Grünen sowieso sind genau das Gegenteil von dem, was sie öffentlich propagieren. Oder um es deutlicher zu schreiben, sie haben sich komplett von Umwelt- und Naturschutz verabschiedet. Seit langem sind NABU und BUND außerdem zu diffusen NGOs verkommen, die wie die Kirchen nur noch der Politik den Mund reden. Solche Pseudoumweltschützer braucht kein Mensch. Kann weg.

Bettina Jung / 22.05.2021

The Minister Lies lies.  Der Name als Programm

Ulla Schneider / 22.05.2021

@Bernhard Freiling. Hallo Herr Freiling, Sie haben richtig gelesen, die G7 Staaten werden die Kohle- und Gaskraftwerke im Bau nicht mehr unterstützen. Ich las es auch-sonst hätten wir beide Demenz. Es verschwand recht schnell, man soll ja die Wählerschaft nicht erschrecken. MfG.

Uta Buhr / 22.05.2021

Volltreffer versenkt, Joh@nnes Schuster! Dem überdrüssig im 7. Absatz Ihres Kommentars von unten müssen Sie unbedingt noch ein “überflüssig” hinzufügen. Frohe Pfingsten.

Robert Korn / 22.05.2021

Leute, wehrt Euch! Wie sowas geht, könnt ihr von der KKW-Nein Bewegung lernen. Macht euch deren Erfahrungen und Methoden zu eigen. Es funktioniert.

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