Rainer Bonhorst / 02.06.2019 / 12:00 / Foto: Boris Orel / 21 / Seite ausdrucken

Meine grünen Diesel-Reisen

Nach zwei längeren Reisen mit meinem Mittelklasse-Diesel (immerhin 180 PS) blicke ich mit einigem Stolz auf die Öko-Spur zurück, die ich als Diesel-Rebell hinterlassen habe. Ich fühle mich geradezu grün und sonne mich in der politischen Mode-Farbe der Saison. Und ich hoffe, dass manchem Gesinnungs-Grünen im überdimensionierten Hybrid-Family-SUV wenigstens ein Hauch von Schamröte ins Gesicht fährt.

Also, los geht’s. Reise nach England über Holland, Belgien und Frankreich, wo man auf der Autobahn sowieso nur zwischen 120 und 130 Stundenkilometer fahren darf. Mein Durchschnitts-Verbrauch: 3,8 Liter auf hundert Kilometer. Zuvor in Deutschland waren es, weil die Autobahn voller war, vier Liter. Auch nicht schlecht. Möglich war das, weil ich auch im Land der freien Fahrt für freie Bürger, kaum mehr als 120 Stundenkilometer gefahren bin. Das gleiche auf der Rückreise.

Etwas später ging's von Bayern ins Ruhrgebiet. Wieder nur mit 120 Sachen. Ergebnis: Vier Liter auf hundert Kilometer. 

Zwar musste ich in kauf nehmen, dass immer wieder Hybrid-Raketen (von den rasenden Benzinern ganz zu schweigen) links an mir vorüber flogen. Das war mir wurscht. Denn ich hatte auf der Reise nur ein Ziel: ökologisch-grün zu sein? Quatsch. Sparsamkeit? Unfug. Ich wollte einfach nur entspannt ankommen. Mit 120 auf der Autobahn fährt man, als säße man daheim auf dem Sofa. Und man kommt an, als hätte man die langen Stunden lesend im Lieblingssessel verbracht. Tiefenentspannt. 

An der Raststätte einen Kurzurlaub eingelegt

Mit 180 Stundenkilometern kommt man als Wrack an. Entweder im Wortsinne, was ich keinem gönne, oder als nervöses Wrack, was ich jedem Möchtegern-Schumi von Herzen gönne.

Egal. Ob entspannt oder sparsam: Wer mit seinem Diesel 120 fährt, fährt so grün, grüner geht’s kaum. Sicher, ich hab unterwegs an einer Raststätte ein politisch vorbildliches Elektro-Auto beim Auftanken gesehen. Meine Vermutung: Der Fahrer hat an der Raststätte einen Kurzurlaub eingelegt. Ich war versucht, zu beobachten, wie lange der Ladevorgang dauert. Habe dann aber doch lieber die Zeit genutzt, um nach England zu kommen. Und zurück? Nein, das muss ein anderes E-Mobil gewesen sein.

Vor allem aber: Auch diese Langlader können meine 120-Stundenkilometer-Öko-Bilanz kaum übertreffen. Stickoxyd bei so geringem Verbrauch? Minimal. Und der C02-Ausstoß, der Gottseibeiuns des Klimawandels? Beim Diesel sowieso geringer als beim Benziner. Und zwar so gering, dass sich die Öko-Bilanz der Elektrischen mit ihrer Batterie-Problematik, dahinter verstecken kann. Und die Hybriden? Wenn die sich auf die Autobahn wagen, fahren sie sowieso die meiste Zeit als Benziner. Also eher schmuddelig.

Kurz und gut: Es ist sicher nicht ganz unwichtig, mit welchem Motor man sich fortbewegt. Ebenso entscheidend ist in meinen Augen aber die Fahrweise. Wenig verbrauchen – das ist für mich der Königsweg des ökologischen Fahrens. Der Elektro-Hype steckt so voller ökologischer (und anderer) Tücken, dass ich nicht begreife, wieso plötzlich alle Auto-Chefs diesem Trend nachlaufen. Noch weniger verstehe ich den Eifer, mit dem man den Diesel zur Strecke bringen will, was in Deutschland ja einer technologischen Selbstentleibung gleich kommt. Aber wir Deutschen hatten ja schon immer eine gewisse Lust am Untergang. 

Es ist wohl auch Verzweiflung mit im Spiel. Im Land der freien Fahrt für freie Bürger ist es nun mal ein hoffnungsloses Unterfangen, die Leute davon zu überzeugen, dass zurückhaltendes Fahren der Umwelt mehr bringen kann als all die fridays für future. Nicht nur auf der Autobahn, sondern auch in der Stadt. Wer das Gaspedal bis zum Anschlag durchtritt, wenn die Ampel grün wird, den rettet auch der Hybrid nicht vor einer miesen Ökobilanz. Und wer seine Kinder mit dem fetten SUV in höchster Eile zur Schule transportiert, kann tausendmal grün wählen: Er oder sie hilft nicht mit, die bekanntlich unmittelbar bevorstehende Apokalypse abzuwenden.

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Leserpost

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RE.Rath / 02.06.2019

Herr Bonhorst, ich stimme Ihnen vollumfänglich zu. Ich war kürzlich von Hamburg an die holländische Grenze mit meinem Mercedes S-Klasse, Diesel, Baujahr 2008 unterwegs. Da ich ausreichend Zeit für die Fahrt eingeplant hatte, konnte ich die Sache geruhsam, das heißt zwischen 130 und 140 km/Std, angehen. Der Diesel-Verbrauch betrug 7,4 Liter/100km. Glaubhaft, da der gesamte Durchschnittsverbrauch bei 9,8 Litern/100km liegt. Meine Jahreskilometerleistung mit dem Fahrzeug beträgt etwa 8000km. Mir kann kein Mensch vorrechnen, dass ich ein Umweltsünder bin. Ehe ich mit meinem Auto soweit die Umwelt belaste, wie ich es täte, wenn ich den Bau eines E-Automobils in Auftrag gäbe, kann ich mit meinem Auto wohl bis zu seinem technischen oder meinem erwartbaren Ende fahren. Wenn die Umwelt zu retten, was ich bezweifle, den deutschen Weltrettern wirklich ein Anliegen ist, dann sollten Sie für den Bau von Atomkraftwerken der neuen Generation werben. Mehr umweltschädliche Ausdünstungen lassen sich durch keine andere Technik einsparen - und könnte ohne Anfeindungen meinen Diesel weiter nutzen.

Georg Dobler / 02.06.2019

Herr Bonhorst, danke. Ich liebe Sie (platonisch).

Wolfgang Häusler / 02.06.2019

Umweltbewusstsein (die Apokalypse droht - deshalb “Man-müsste-könnte-sollte”) und umweltbewusst leben, dazwischen tun sich bisweilen Gräben auf. Ein Arbeitskollege von mir , grün mit dem Maule und Eigentümer eines E-Briketts (BMW I1), überlässt dieses dann doch lieber seiner Frau, und heizt dafür mit dem Firmenwagen wie eine gesengte Sau. Wie bei jeder Religion, geht es um den Seelenfrieden. Ein besonders reines Herzen kann jener haben, der sich aus der Umverteilung finanzieren lässt. Schliesslich versaut er ja nicht selber.

Marcel Seiler / 02.06.2019

Ich bin schon lange für Tempobegrenzungen auf Autobahnen (etwa bei 130 km/h). Dafür werde ich im Internet regelmäßig zerrissen. Es ist doch irre: ein Volk, das sich überall drangsalieren lässt, pocht bei einer wirklich sinnvollen Begrenzung auf FREIHEIT, etwas, das ihm ansonsten so völlig egal ist. Männer, die sich überall unterdrücken lassen, wollen wohl selbst endlich etwas runterdrücken: das Gaspedal. Und essen sie Salat, weil ihre Freundin das für richtig hält.

Gerhard Döring / 02.06.2019

Die können nicht anders fahren, Sie sind einfach verrückt. Eine Ampel kann ewig rot sein das macht sie nur nervös. Wenn dann grün kommt verhalten die sich genau wie beim Formel eins, es scheint zwanghaft zu sein, nur um ein paar Meter weiter wieder voll in die Eisen zu gehen. Neuerdings kann man nicht einmal normal anfahren, sobald grün erscheint, wird hinter einem gehupt. Selbst Frauen machen das. So was habe ich noch in keinem anderen Land erlebt, jedenfalls nicht in Spanien wo viel mehr Rücksicht aufeinander genommen wird. Manchmal gönne ich diesem, auch im Straßenverkehr, verblödeten Volk wirklich diese unermesslich dumme Politik. Sollte es dazu kommen, dass Elektroautos auf unseren Straßen in größeren Zahlern präsent sein werden, dann Gnade Gott. Diese beschleunigen ja rasant und es wird einen noch schlimmeren Kleinkrieg auf der Straße geben. Gott gebe den Deutschen und Ihren ungebetenen Gästen endlich Hirn.

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