Gastautor / 06.03.2020 / 10:00 / Foto: Pixabay / 153 / Seite ausdrucken

Mein Austritt aus der FDP

Von Susanne Kaufmann.

Sehr geehrte Damen und Herren,

entscheidend ist, was hinten rauskommt. Das wusste schon Helmut Kohl. Nun ist Folgendes in Thüringen raus gekommen:

Kemmerich, ein Ministerpräsident der FDP, musste zurücktreten, damit ein Linker (!) Ministerpräsident werden kann, obwohl Rot-Rot-Grün keine Mehrheit hat.

Zum Thema Thüringen sind viele kluge Artikel geschrieben worden, beispielsweise von Maximilian König:

Ein Zitat daraus:

"Die Wahl von Thomas Kemmerich hat die Lüge des demokratischen Konsens offenbart, der vor allem dem linken Spektrum die Macht sichert."

Dem stimme ich völlig zu.

Oder Rainer Zitelmann bei Focus Online.

Enttäuscht war ich von vielen FDP-Prominenten, die in sozialen Medien erst Kemmerich zur Wahl gratuliert haben, dann ihre Glückwünsche gelöscht haben, um etwas später Kemmerichs Rücktritt zu fordern.

Das ist das Verhalten von Umfallern, Wendehälsen und Populisten.

Besonders irritiert hat mich, wie sich die FDP klein gemacht hat und sich im Zuge der Diskussionen wegen der Wahl Kemmerichs mehrmals öffentlich entschuldigt hat.

Es hat mir eine differenzierte, selbstbewusste Stellungnahme gefehlt.

Im Zuge dessen trat der linke Block immer frecher und fordernder auf.

Historisch völlig schräge Vergleiche blieben unkommentiert, damit wird zudem eine schweigende Zustimmung suggeriert.

Insgesamt wurde der Weg bereitet, damit Ramelow endlich zum Ministerpräsidenten gewählt werden kann, die FDP war fleißig mit dabei.

Noch nicht einmal mit "Nein" haben CDU und FDP geschlossen im 3. Wahlgang gestimmt, als nur noch Ramelow antrat. Dann wäre die Wahl von Ramelow wenigstens ein Fall für das Thüringer Verfassungsgericht geworden (wegen mehr Nein- als Ja-Stimmen). Den Stimmen nach hat wahrscheinlich nur eine Person von CDU/FDP mit "Nein" gestimmt, alle anderen haben sich enthalten. Warum? Um nicht zusammen mit der AfD mit "Nein" gestimmt zu haben? Im Ernst?

Was will die FDP den Wählern eigentlich vermitteln?

Wer Rot-Rot-Grün verhindern will, muss AfD wählen?

Alle anderen Parteien – vorneweg die FDP – werden im Sinne einer größtmöglichen Koalition gerne Rot-Rot-Grün zur Mehrheit verhelfen, sollte sie keine haben?

Das Elend schaue ich mir nicht länger von innen an, bestenfalls von außen. Auch möchte ich mit meinem Mitgliedsbeitrag dieses fragwürdige Verhalten nicht finanzieren und mit meinem Austritt ein Zeichen setzen.

Deshalb erkläre ich am 4.3.20, an dem Tag, an dem Ramelow zum Ministerpräsidenten Thüringens gewählt wurde, nachdem Kemmerich zurücktreten musste, meinen Austritt aus der FDP.

Mein Austritt wird ordentlich und fristgemäß zum 31.12.2020 erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen

S. Kaufmann

 

Susanne Kaufmann lebt in Baden-Württemberg und ist 2003 in die FDP eingetreten. Es ist ihr wichtig klarzustellen, dass ihr Austritt mit dem Rücktritt und nicht mit der Wahl Kemmerichs in Verbindung gebracht wird.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Lilo Start / 06.03.2020

Ich hatte der FDP eine unterstützende Stimme zur letzten BT Wahl gegeben. Nach dem Verhalten der FDP zum Fall Thüringen, als auch dem Verhalten zum Fall Hanau, sage ich die, FDP ist für mich unten durch.

Josef Gärtner / 06.03.2020

Die FDP hat also bei dieser Wahl im wahrsten Sinn des Wortes “teilnahmslos” im Saal gesessen und die eigentlich wichtiste Wahl im Land, nämlich die Wahl des Ministerpräsidenten schlicht boykottiert. Was hat diese Partei, für ein Demokratieverständnis, wenn sie hier keinerlei Stellung bezieht und sich einfach so verweigert , - ja noch nicht mal den Mut findet, auf dem Stimmzettel “Enthaltung” anzukreuzen, also so eine Partei braucht man weder in Thüringen noch im Bund. Was will die FDP den Bürgern denn vor der nächsten Wahl jetzt erzählen? Etwa: “Wir versprechen Euch auch bei der kommenden Wahl im Landtag wieder in die Luft zu schauen” ? Was für ein Armutszeugnis. Ach, und Herr Ramelow, speziell für Sie: Was wir hier gerade von der FDP erlebt haben, DASS war wirklich ein Beispiel für “un-demokrtatisch”

Reiner Gerlach / 06.03.2020

Liebe Frau Kaufmann, Sie werden diesen Schritt sicher nicht alleine tun. Aber es ist toll, dass Sie es öffentlich machen. Mehr Charakterlosigkeit kann man sich kaum noch vorstellen, als hier von diesen Laiendarstellern (FDP und CDU!) geboten wurde. Und das Auftreten der Linken haben Sie auch völlig richtig beschrieben: Hennig-Wellsow wirft dem gewählten Ministerpräsidenten die Blumen vor die Füße und Ramelow verweigert Höcke den Handschlag und faselt hinterher etwas von Spaltung der Gesellschaft durch die AfD. Irgendwie fühlt man sich hier im falschen Film. Da passt das Reichen-Erschiessungskommando doch voll und ganz ins Bild.

Alexander Schilling / 06.03.2020

Sehr geehrte Frau Kaufmann, zwei weitere Details sollten nicht vergessen werden. 1. Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung gehört geächtet, egal gegen wen sie sich richtet, egal von wem sie ausgeht. Dieser jahrzehntelang (exceptis excipiendis) parteiübergreifend beobachtete Konsens scheint heutzutage nurmehr verbaler Natur zu sein—doch gehört nicht hierher, wer nicht alles hinter vorgehaltener Hand wohl ein “geschieht denen recht” durch die Mundwinkel zischt, wenn die Opfer “Kollateralschäden” aus dem so genannten “Kampfs gegen Rechts” sind. Ihre ehemalige Partei F.D.P. hat sich infolge des shitstorms im Anschluss an die Kemmerich-Wahl öffentlich nach dem unsäglichen “Floriani-Prinzip” entrüstet (“Heiliger Sankt Florian - verschon’ mein Haus, zünd’ andre an”), da sie sich zu Unrecht angegriffen fühlte: Die F.D.P. verurteilte—soweit mir erinnerlich—keineswegs politisch motivierte Gewalt im “Kampf gegen Rechts” an sich, sondern politisch motivierte Gewalt im “Kampf gegen Rechts”, sofern sie gegen F.D.P.-Mitglieder gerichtet war—während alle noch eifrig damit beschäftigt waren, diesen “Kampf gegen Rechts”, unter billigenden Inkaufnahme aller Nebenerscheinungen, mit aller Vehemenz zu führen? Auch noch, als er drohte, sich in vollem Umfang gegen Sie selbst zu wenden? Auch noch, als Ihnen (nach den einschlägigen Erfahrungen) klar werden musste, was das für die Opfer dieses “Kampfes” bedeutet?—Welche Lehren hat Ihre ehemalige Partei daraus vor der für die Zukunft gezogen?—Sehen Sie!  Zum anderen, in gebotener Kürze: Die F.D.P. hat vor wenigen Tagen DRINNEN, im Plenum des Thüringer Landtags, vorweggenommen, dass sie sich bereits DRAUSSEN befindet: Nicht mit “Ja” zu stimmen, nicht mit “Nein” zu stimmen, ja, sich nicht einmal der Stimme zu enthalten, sondern gleich ganz die Möglichkeit der Abstimmung auszuschlagen—ist eben das “Votum”, das Sie durch Ihren Austritt abbilden, und das auch der Wähler auch bei der nächsten Wahl honorieren wird.

Kostas Aslanidis / 06.03.2020

Jahrzehnelang haben CDU/CSU, FDP, SPD, die Kommunisten der DDR bekaempft und traeumen vom Kommunismus. Was sind das fuer Leute in diesen Parteien. Wenn DDR Verhaeltnisse gewuenscht werden, warum wurde die Mauer abgerissen

Alois Fuchs / 06.03.2020

“Wer Rot-Rot-Grün verhindern will, muss AfD wählen?” - Richtig erkannt, Frau Kaufmann! Man könnte allenfalls noch - der Vollständigkeit halber - ergänzen: Wer Rot-rot-grün-gelb-schwarz verhindern will ... (der Rest kann bleiben).

Ulrich Bohl / 06.03.2020

Das Geschreie hinterher war das Schlimme an der Wahl. Die Wahl selbst war auf demokratischem Wege erfolgt. Eine Partei die sich dafür entschuldigt, dass eines ihrer Mitglieder zum Ministerpräsidenten gewählt wurde braucht niemand. Im Übrigen ist es erwähnenswert was Vera Lengsfeld über die Wahl Ramelows schreibt. „Kurz vor der angesetzten Wiederwahl von Bodo Ramelow als Ministerpräsident von Thüringen kam                                                                                       heraus, dass er seinerzeit seine Wahl einer AfD-Stimme zu verdanken hatte. Abgeordnete der SPD                                                                                             hatten Kontakt zum AfD-Abgeordneten Oskar Helmerich aufgenommen, der mit seinem Fraktionschef                                                                                           Björn Höcke zerstritten war und ihn gefragt, ob er Ramelow wählen könne. Helmerich stimmte zu und                                                                                   verschaffte Ramelow die eine Stimme, die er für die absolute Mehrheit brauchte.” Der ganze Beitrag ist im Netz unter „Ramelow – Ministerpräsident von AfDs Gnaden” zufinden.

Gerhard Bühler / 06.03.2020

Genauso ging mir das vor einigen Jahren mit der CDU - mit der gleichen Konsequenz. Es ist mir schleierhaft, wieso die Altparteien noch über die Ursachen von Mitgliederschwund und Wählerverlusten nachdenken müssen.

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