Wäre es nicht so traurig, dann wäre es fast lustig: Merkel entschuldigt sich! Nun ist es prinzipiell sehr löblich, sich für einen Fehler zu entschuldigen, darauf hatte ich ja auch schon hingewiesen, aber doch nicht dafür! Ihr Fehler und der Fehler ihres Pressesprechers war es zu behaupten, es hätte „Hetzjagden“ (sogar im Plural) in Chemnitz gegeben und sich darüber zu echauffieren.
Die zuständigen Behörden inklusive des Präsidenten des Verfassungsschutzes widersprachen dieser Tatsachenbehauptung ebenso wie der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Michael Kretschmer. Dennoch konnten sich Politiker speziell des linken Spektrums sowie maßgebliche Teile der deutschen Presse gar nicht beruhigen und schrieben sich in einen wahren Hype über die so furchtbar rechten Sachsen, die marodierenden Nazis im Osten. Je weiter sich „das Narrativ“ von der Realität entfernte, desto mehr Eigendynamik nahm es an.
Nun muss man allerdings als Mindeststandard eines freiheitlichen, demokratisch verfassten Rechtsstaats erwarten können, dass die Kanzlerin und ihr Pressesprecher nur Tatsachen als offizielle Wahrheit verkünden, die nachweislich korrekt sind. Schließlich müssen sich Bürger darauf verlassen können, dass die offiziellen Stellen ihnen die Wahrheit sagen.
Ein wenig Amtsdeutsch würde nicht schaden
Diese müssen sich dabei eines eher neutralen, sachlichen Sprachstils bedienen, um nicht ihrerseits schwierige Situationen emotional aufzuladen und damit rationales Handeln zu erschweren. „Amtsdeutsch“ mag als literarische Gattung keinen guten Ruf genießen, hat aber, funktional gesehen, große Vorteile. Sowohl die Kanzlerin als auch ihr Pressesprecher haben grob gegen diese Pflichten verstoßen.
Umgekehrt haben die Vertreter der Sicherheitsbehörden pflichtgemäß gehandelt, als sie den Bürgern die wahren Tatsachen nannten, denn wie sollen Bürger sich vernünftig eine Meinung bilden, wenn man sie belügt? Dass die Wahrheit denen nicht passt, die von der Unwahrheit profitieren, liegt auf der Hand.
Merkel hatte in diesem Moment die – vielleicht sogar historische – Wahl, sich dazu zu bekennen, dass sie eben nicht geprüfte Behauptungen verbreitet und Bürger dieses Landes zu Unrecht verunglimpft hat. Sie hätte Vertrauen zurückgewinnen können. Die Größe und Klugheit hatte sie aber nicht, sie tat, was sie seit langem tut, nämlich dem eher links-liberal-grünen Spektrum in Politik und Presse weiter zu folgen. So wurde aus politischem Kalkül der Kopf des Boten der schlechten Nachricht gefordert. Hauptsache, die Story – der Kampf gegen Rechts – bleibt weiter am Leben, denn sonst müsste man sich den Themen ernsthaft widmen, die man einfach vom Tisch bekommt, indem man sie als „rechts“ oder „rassistisch“ diskreditiert. Das Wesen der Propaganda besteht darin, ein nützliches Narrativ zu finden, mit welchem man die Leute hinters Licht führen und damit seine Macht erhalten kann.
Einfach nur Müll
Was Merkel und ihre Entourage verkennen, ist, dass diese Masche nicht mehr funktioniert, sie hat sich abgenutzt. Sie haben auch längst das Gefühl für das Volk verloren, und genau an diesem Punkt hilft eine Entschuldigung rein gar nichts mehr.
Wenn Merkel jetzt behauptet, sie habe sich zu sehr davon leiten lassen, dass die Funktionsfähigkeit innerhalb des Innenministeriums nicht gestört werde und dabei übersehen, dass es doch irgendwie ein Widerspruch ist, einen Mann wegen angeblichen Fehlverhaltens einerseits seines Postens zu entheben, ihn dann aber anderseits zu befördern, dann ist das einfach nur Müll. Die Funktionsfähigkeit des Ministeriums hat ganz offensichtlich niemanden in der Politiker-Runde interessiert, vielmehr sollte sich das Personal-Karussell drehen, dass einem schwindelig werden konnte. Die Fragen, ob das inhaltlich-fachlich passt oder ob man so mit Mitarbeitern umgeht, wurden nicht gestellt.
Wenn aber weder Merkel noch Nahles merkten, dass man einen Menschen nicht zum Bösewicht stempeln und ihn dennoch befördern kann, dann können sie nicht einmal mehr bis zwei zählen. Sie sind ganz offenbar gefährlich überfordert auf ihren Posten und dazu noch völlig unbelehrbar. Dann hilft aber auch eine Entschuldigung nichts mehr, schon gar nicht, wenn sie so erkennbar als Masche eingesetzt wird.