Kevin Kühnert und die 1b-Pressearbeit der „Bunten“

Die „Bunte“ hatte den "Star" Kevin Kühnert ganz privat porträtiert, was umgehend beifällige Weiterverbreitung fand. Eine 1a-SPD-Pressearbeit, oder? Auf den zweiten Blick verblasst diese Bestnote allerdings.

Die „Bunte“, als Illustrierte einst eine alt-bundesrepublikanische Institution, die neuerdings offenbar vermehrt auf Kinder als Zielgruppe setzt („Bleibt auf dem Laufenden…“, „Die ganze Geschichte lest ihr…“ –  großgeschriebene Anredepronomina, sogar für ganz kleine Kinder, waren zudem auch einmal üblich, sind aber wohl ebenfalls ein Relikt aus vergangenen Tagen), ist mit Kevin Kühnert, Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, im Fichtelgebirge gewandert.

Natürlich, um ein Gespräch zu führen, das in der Rubrik „Stars“ bzw. „Star-News“ (der Begriff „Star“ ist erkennbar einem Wandel unterworfen) angekündigt wurde.

War es um Kühnert in letzter Zeit zu ruhig geworden? Um einem möglicherweise befürchteten Versinken unter die Wahrnehmungsgrenze entgegenzuwirken, bringt uns die „Bunte“ den Menschen Kevin Kühnert näher. Aufregendes ist zu erfahren, etwa, dass Wandern für ihn „Freiheit“ bedeute und „Entspannung pur“. Als Vorbild sieht sich Kühnert, „bekennender Schwuler“ (Zitat „Bunte“), für „die jungen Menschen“, die erfahren müssen, „dass es völlig okay ist, einen Mann oder eine Frau gleichen Geschlechts zu lieben“ (Zitat Kühnert, es lässt sich aber erschließen, was gemeint ist).

Einen Partner habe er auch, jedoch spiele das „öffentlich keine Rolle. Bei den klischeehaften Gelegenheiten wie Bayreuther Festspiele oder Bundespresseball, bei denen andere ihre Partner präsentieren, gehen wir aber sowieso nicht über den roten Teppich. Schon allein, weil festliche Kleidung erwartet wird. Da sind wir raus."

Die 1a-SPD-Pressearbeit durch die „Bunte“ wurde gern und bemerkenswert breit aufgegriffen und fand umgehend beifällige Weiterverbreitung, auch bei Medien, die für sich in Anspruch nehmen, nicht vorrangig den „Bunte“-Leser im Blick zu haben (so etwa beim Spiegel oder der Welt oder der FAZ).

Wofür soll Kühnert Vorbild sein?

Man kann mitklatschen, allerdings ist es auch möglich, die Gesprächsankündigung mit anderem Blick zu lesen – vielleicht war es ja doch nur 1b-Pressearbeit? Wofür soll Kühnert Vorbild sein? Dass er „bekennender Schwuler“ ist? So etwas war mutig – etwa vor 50 Jahren. Oder in der Zeit davor. Dann war man im zu Ende gehenden 20. Jahrhundert in Deutschland und anderswo definitiv in einer Zeit angelangt, die im besten Sinne begrüßenswert tolerant war. Persönliche Vorlieben bei der Partnerwahl hatten mit dem Vorankommen im Beruf nicht viel zu tun. Wichtige Stichworte hingegen waren Qualifikation und Leistung. Inzwischen ist zu befürchten, dass die Regenbogen-Hammerkeule, der sich überall ausbreitende Einhorn-Doppelwumms genau das Gegenteil dessen bewirken wird, was vorgeblich erreicht werden soll – genervtes Durchatmen ist der noch sehr moderate Anfang.

Kühnert, dessen Partner laut eigener Aussage „öffentlich keine Rolle“ spielt, scheint die Angelegenheit aber wichtig genug zu sein, um die „Bunte“ mit der Schlagzeile „Ich habe einen Partner“ für das Interview werben zu lassen. Er ist nicht der einzige, der seine privaten Vorlieben lautstark betont, sowohl mit der ersten als auch der zweiten „offen bisexuellen“ Bundestagsabgeordneten etwa ist er da in guter Gesellschaft. Und nicht nur dort. Sonstige Qualifikationen für die jeweiligen Positionen? Beispielsweise erlernte Berufe? Studienabschlüsse? Anderweitige Arbeiten außerhalb der Parteiapparete? Nun, eher schwierig…  Ist dieser Mangel in unserer Zeit kompensierbar mit thematisierten sexuellen Präferenzen? Die „Bunte“ leistet mit dem Interview einen gehörigen Beitrag dazu, diesen – offensichtlichen – Trend voranzutreiben. Und alle willigen Nachdrucker ebenfalls.

Und noch etwas: Kühnert und Partner meiden Bayreuth und Presseball – „allein weil festliche Kleidung erwartet wird. Da sind wir raus." Was will uns der Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands damit sagen? Dass ihm weder Stil noch Kultur eigen ist? Die „Bunte“ hat seine Aussage gedruckt. 1c-Pressearbeit?

Foto: Raimond Spekking CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Henry Winter / 23.10.2022

Wir wollen heute ins Fichtelgebirge aufbrechen, sicher das der da weg ist?

Ludwig Luhmann / 23.10.2022

@Dietrich Herrmann / 23.10.2022 - “Sagen wir mal, der Kevin sollte auch möglichst nicht zu einem ersten Spatenstich eingeladen werden !  Spaten? Was ist das denn, könnte er fragen.”—- Spaten muss es nicht kennen. Aber es kennt Stich. Und Cream Pie kennt es auch. Damit kommt man immer hoch. Knickknack, Sie wissen schon.

Klaus Keller / 23.10.2022

So etwas war mutig – etwa vor 50 Jahren. Oder in der Zeit davor. 1983 konnte man mit der Unterstellung viel Durcheinander anrichten: Zitat aus Wikipedia: Stasi-Mitarbeiter Oberst Joachim Krase (MAD) spielte Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner die Desinformation zu, dass Kießling homosexuell sei, und damit nach Vorschriftenlage ein Sicherheitsrisiko sei. Vage Ermittlungen der Kölner Kriminalpolizei schienen diesen Verdacht zu bestätigen. Daher wurde Kießling am 23. Dezember 1983 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Die Behauptungen erwiesen sich in der Aufarbeitung der Affäre als haltlos und wurden zurückgenommen. Kießling wurde ab 1. Februar 1984 wieder eingestellt und am 26. März 1984 mit dem Großen Zapfenstreich in den ehrenhaften Ruhestand versetzt. Zum 30. Jubiläum der Bundeswehr 1985 war er als einziger General nicht eingeladen. Zu Wörner: Von 1982 bis 1988 war er unter Bundeskanzler Helmut Kohl Bundesminister der Verteidigung. Von 1988 bis 1994 war er bisher einziger deutscher NATO-Generalsekretär und Vorsitzender des Nordatlantikrats. .... Mit einem Stasioffizier beim MAD im Gepäck!!!!! PS Von G. Kießling gibt es das empfehlenswerte Buch: Neutralität ist kein Verrat, Entwurf einer europäischen Friedensordnung aus dem Jahr 1989.

Heiko Stadler / 23.10.2022

Es ist beruhigend zu erfahren, dass der Kevin schwul ist, denn auf die Weitergabe seiner Gene kann die Welt dankend verzichten.

Ludwig Luhmann / 23.10.2022

Schade, dass ich Homophobiker:In bin. Ich kann nichts dafür. Ganz ehrlich. Ich bin krank.

Heike Olmes / 23.10.2022

Jedes Wort über diesen “Mann” ist eines zu viel.

Dietrich Herrmann / 23.10.2022

Sagen wir mal, der Kevin sollte auch möglichst nicht zu einem ersten Spatenstich eingeladen werden !  Spaten? Was ist das denn, könnte er fragen.

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