Claudio Casula / 18.03.2022 / 10:00 / Foto: Bundesarchiv / 122 / Seite ausdrucken

Kampf den sittenwidrigen Nummernschildern!

Was man hierzulande unter Kampf gegen Rechtsextremismus versteht, treibt immer seltsamere Blüten. Jetzt werden weitere menschenverachtende Autokennzeichen-Kürzel verbannt.

„Je länger das Dritte Reich tot ist“, so stellte der konservative Journalist Johannes Gross einst fest, „umso stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen.“ Da weder Gestapo-Keller, noch KZ-Haft oder Freislers Fallbeil drohen, die alten Nazis tot sind und die neuen ein auch zahlenmäßig recht klägliches Dasein fristen, erschöpft sich der beliebte „Kampf gegen rechts“ vor allem im Zeichensetzen. In einem Land, wo Siegesgöttinnen nach verlorenen Kriegen Friedensengel heißen, stellt man einen KZ-Wachmann zwar erst vor Gericht, wenn er die hundert Lenze erreicht hat, aber besser spät als nie! So hat etwa die Stadt Babenhausen (Kreis Darmstadt-Dieburg) gut 76 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Adolf Hitler die Ehrenbürgerwürde aberkannt – wie zuvor schon zahllose andere Gemeinden, die es nicht wirklich eilig damit hatten.

Wenigstens im Nachhinein will man keinen Zweifel an der richtigen Gesinnung aufkommen lassen. Symbolpolitik ist alles, übrigens schon vor 15 Jahren, als ein bekanntes TV-Gesicht für den Begriff „Autobahn“ aus der Talkshow komplimentiert wurde, und heute mehr denn je. Schließlich leben wir in einer Zeit, in der eine Bäckereikette es für eine gute Idee hält, den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine knallhart mit der Maßnahme zu beantworten, ihren „russischen Zupfkuchen“ künftig nur noch als herkunftslosen „Zupfkuchen“ zu verkaufen.

Da versteht es sich von selbst, dass alles aus der Öffentlichkeit verbannt werden muss, was an das Dritte Reich und seine Protagonisten erinnert, und seien es Initialen oder abwegige Chiffren, die von den aktuellen Wiedergängern des Gröfaz benutzt werden. Schon länger betrifft das auch der Deutschen liebstes Kind, das Auto. Zwar produziert ein Wolfsburger Automobilkonzern seine Fahrzeuge noch immer unter dem schwer vorbelasteten Namen „Volkswagen“, aber wenigstens jene, die sich ans Steuer setzen, müssen ein bisschen Verzicht üben. So hatte zwar 2019 das Straßenverkehrsamt des Kreises Viersen das Kennzeichen HH 1933 zunächst als Wunschkennzeichen vergeben, doch erklärte das Verwaltungsgericht Düsseldorf das Autokennzeichen als „sittenwidrig“, weshalb die Zulassungsbehörde es wieder einziehen durfte. Begründung: Der durchschnittliche Bürger (!) assoziiere die Buchstaben- und Zahlenfolge HH 1933 hinter der Städtekennung mit dem Nationalsozialismus im Dritten Reich (HH für „Heil Hitler“, 1933 für das Jahr der Machtergreifung).

Hamburger fahren ungestraft mit dem HH auf dem Nummernschild herum

Denn: In der Bundesrepublik sind nicht alle Buchstaben- und Zahlenkombinationen erlaubt. So dürfen in fast ganz Deutschland keine Nummernschilder mit „HJ“, „KZ“, „SA“ oder „SS“ von den Zulassungsbehörden vergeben werden, wie schon vor drei Jahren zu lesen war. In Paragraf 8 Absatz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung heißt es nämlich: Die Buchstaben, die Zahlen und die Kombination aus beidem „dürfen nicht gegen die guten Sitten verstoßen.“ Und das sind fast immer solche, die von Rechtsextremen gebraucht werden. „HJ“, „KZ“, „SA“ und „SS“, zum Beispiel.

So weit, so nachvollziehbar. Wenn auch nicht wirklich konsequent: In Hamburg etwa sind zwar alle „Kennzeichen in Bezug auf den Nationalsozialismus oder rassistisches oder fremdenfeindliches Gedankengut“ verboten, allerdings lautet das Kfz-Kennzeichen der Hansestadt HH, was von Neonazis schon länger als Code für „Heil Hitler“ benutzt wird – in Rheinland-Pfalz wiederum in Kombination mit 88 („Heil Hitler“ in Ziffern) oder 18 (Adolf Hitler) nicht zugelassen. Und jetzt wird es langsam völlig schräg: Im Freistaat Bayern ist zusätzlich „HH 28“ verboten (28 steht für die in Deutschland verbotene Organisation „Blood & Honour“), in Brandenburg auch die „14“ (angeblich eine Abkürzung der Parole des amerikanischen Neonazi-Führers David Lane: „Wir müssen den Erhalt unserer Rasse sichern und eine Zukunft für weiße Kinder“).

Gipfel der Absurdität: Die Behörden in Dithmarschen und Steinburg (Schleswig-Holstein) geben keine Kennzeichen mit „IZ-AN“ raus – das Wort Nazi rückwärts gelesen. Tja, Sie lachen. Und ganz aktuell meldet die FAZ, dass in Hessen (I put the Hess in Hessen), jedenfalls im Kreis Gießen, auch die Buchstabenkürzel BH und WP unzulässig sind. Hä? Wer glaubt, BH stünde für Büstenhalter, ist schief gewickelt, das heißt nämlich jetzt „Blood and Honour“, und WP steht für „White Pride“. Das ist rassistisch, während Gay Pride was Tolles ist.

Verdächtige Buchstaben und Ziffern 

Ausgeheckt hat das Ganze – wie sollte es anders sein – ein Grüner, der Verkehrsdezernent Christian Zuckermann, der sich schon nach nicht mal fünf Monaten im Amt anschickt, Bahnbrechendes zu leisten. Rechtsextremismus und menschenverachtende Ideologien hätten in unserer Gesellschaft keinen Platz, sagt der Zeichensetzende, und diesem schlimmen Phänomen müsse „auf allen Ebenen“ entgegengetreten werden.

Das wirft nun mehrere Fragen auf: Was gehört noch alles auf die Streichliste? Dürfen Landesregierung, Landtag und Polizei in Schleswig Holstein weiter mit dem Kürzel SH herumfahren, was doch zwingend „Sieg Heil“ bedeuten muss? Warum ist es Kraftfahrern in Jena erlaubt, die Kombination J-MF („Jawohl, mein Führer!“) im Nummernschild zu führen? DE (Dessau) trotz „Deutschland erwache“? EB (Eilenburg) trotz Eva Braun? B (Berlin) trotz Blondi? Setzt sich ein Aschaffenburger (AB) nicht dem Verdacht aus, dem Massenmörder Anders Breivik zu huldigen? Gut, dass BH – wir erinnern uns: „Blood and Honour“ – schon auf den Index gesetzt wurde. Nimm das, Björn Höcke!

Außerdem: Welche bösen Zahlen mag es noch geben, von denen Otto Normalbenzinverbraucher nichts ahnt? 12 geht schon mal gar nicht (Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft), ebenso wenig wie 44 (Hitlers Schuhgröße laut seinem Leibarzt Dr. Morell) oder 165 (Körpergröße von Joseph Goebbels in cm) – und was passiert, wenn sich Neonazis neue Abkürzungen oder Zahlenchiffres ausdenken? Das ist ja geradezu eine Steilvorlage für die braunen Buben, das Juste Milieu vor sich herzutreiben, das mit dem Anpassen und Verbieten gar nicht mehr hinterherkommt! 

Und passen Sie bloß auf, welches Wunschkennzeichen Sie beantragen. Heißen Sie, sagen wir, Hans Altmann und hätten gern ein HA im Kennzeichen, könnten Sie sich schon rechter Umtriebe verdächtig machen. HA ist Adolf Hitler, nur rückwärts gelesen.
 

Foto: Bundesarchiv CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia

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Leserpost

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B. Zorell / 18.03.2022

Ja mit irgendwas müssen diese “grün favorisierenden” Leute sich eine Sonderstellung ergattern. Da können ihnen die anderen nicht das Wasser reichen. Daß sie dabei jenes nachahmen, das die von ihnen “Verdammten” vormachten, geht nicht in die “Leere”, die sie ganz oben spazierentragen.

Dr. Mephisto von Rehmstack / 18.03.2022

@Jürgen Krebs: also ich habe noch 1967 in unserem Dreigang Opel auf der Sandbank fahren gelernt: Kennzeichen HH-SS 498, mein Gott, wie ahnungslos wir waren. Das ist das Schönen an den Grünen: immer emsig ihre eigene intellektuellen Abgründe auch allen Gesunden zu unterstellen.

Magdalena Hofmeister / 18.03.2022

Wir haben es wohl mit stinknormaler gesellschaftlicher Degeneration zu tun. Die Evolution legt gerade den Rückwärtsgang ein. Ideologielobotomierte, selbstverliebte und hysterische Dunning-Krugers regieren über eine ängstliche Hammelherde, die sich den ganzen Scheißdreck gefallen lassen, so lange es Gras zu Fressen gibt. Das natürliche Ende davon wird sein, dass wir wieder in Affenlauten kommunizieren, denn wirklich jeder Satz, jedes Wort und, wie wir sehen, auch Buchstabenkombinationen können jederzeit in den woken, fanatisierten Köpfchen schreckliche Assoziationen auslösen und müssen darum aus der Welt. Erst wenn alle nur noch “uh-uh” machen und sich verwundert am Hintern kraulen, wird für sie die ersehnte emotionale Ruhe und das intellektuelle Gleichgewicht einkehren.

B. Zorell / 18.03.2022

Hiessen die nicht “Oberkrainer”, jene die Herr Mosch dirigierte. Es gibt Oberkrain, Innerkrain, Unterkrain und - oh Gott - Weißkrain. Alles Regionen in Slowenien. Gott sei Dank, sind die Slowenen nicht so verpeilt wie die “Elite” in Deutschland.

Rudi Langner / 18.03.2022

Was ist denn mit Anton Hofreiter = AH = Adolf Hitler?? War vielleicht der Vater ein Rechter ?? Es tun sich Abgründe auf.

K.Wilhelm / 18.03.2022

18 ist nicht AH , sondern hebräisches Zeichen oder Zahlenwert für Leben, - also, wie soll ich das verstehen ? AH und 18 ? geht wohl kaum. Auf meiner uralten Schrottkarre Kennzeichen xx-IL541 ( Israel und ihr Zahlenwert ) , auf der Karre meines Kumpels xx-T611 ( Tora=5Bücher Moses und deren Zahlenwert 611) und kein Islamist hats gemerkt. Meine Leute kennen Kabbalah und wir haben beim Spaziergang u.a. auf Parkplätzen und beim Autofahren viele lustige Aha- (nicht AH) Erlebnisse, Übrigens Allah ist gemäß arabischer Zählweise 66 und Allah hat 100 Namen.

Peter Meyer / 18.03.2022

Wir sollten uns dafür einsetzen, ALLE, ausnahmslos alle, Nazigesetze nicht mehr zu befolgen. Das fängt für mich beim Einkommensteuergesetz und beim Gewerbesteuergesetz an, geht über die Grundbuchordnung bis zum Abkommen mit dem IWF.

Alexander Mazurek / 18.03.2022

In “Wenn Helden fliegen” wird einer der israelischen Helden “Himmler” genannt. Nazi? Noch nie war die Menschheit so dämlich wie im 21. Jh.

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