Henryk M. Broder / 29.09.2018 / 06:20 / Foto: U.S. D.D. / 87 / Seite ausdrucken

Juden unterwandern die AfD

Stellen Sie sich bitte einmal vor, Sie bekommen eine Einladung zu einer Sex-Party am Rande eines Kirchentages. Oder zu einem Spanferkelessen in einer Moschee zum Ausklang des Fastenmonats Ramadan. Noch geiler wäre nur eine Feierstunde zum Todestag von Adolf Hitler in einer Synagoge. Unmöglich, werden Sie sagen, wer denkt sich denn so was aus?

Ja, wer wohl? Es ist das Leben. In diesen irren Tagen muss man auf alles gefasst sein. 

Ich zum Beispiel habe soeben eine Einladung zu der „Gründungsversammlung einer jüdischen Bundesvereinigung innerhalb der AfD“ bekommen. Zuerst dachte ich, das kann nur ein Scherz sein, jemand will mich auf den Arm nehmen. Dann aber überlegte ich: Es gibt einen „Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokraten“ in der SPD, einen „Bund jüdischer Soldaten“ in der Bundeswehr, sogar einen „Bundesverband jüdischer Ärzte“, obwohl es keine spezifisch jüdische Medizin gibt.

Jo mei, was soll’s?

Warum soll es keine jüdische Gruppe in der AfD geben? Nur weil es ein paar bekennende aber nicht praktizierende Antisemiten in der AfD gibt? Jo mei, sagt man dazu in Bayern, was soll’s?

Ich habe keine Ahnung, ob und wie viele Juden der AfD beigetreten sind und warum sie sich jetzt als „Juden in der AfD“ organisieren wollen. Ich finde nur: Unter allen Problemen, mit denen Juden derzeit zu tun haben, sind ein paar AfD-Mitglieder das kleinste. Charlotte Knobloch, die unermüdliche Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in München, hat da allerdings eine andere Haltung: Es sei ihr „unverständlich“, sagt sie, „wie jüdische Menschen ihre Mitgliedschaft in einer solchen Partei vor sich selber rechtfertigen können“. 

Reine Spekulation

Nun, ich hätte da eine Erklärung anzubieten, wobei ich darauf hinweisen möchte, dass es sich um reine Spekulation handelt.

Die „jüdischen Menschen“, deren Verhalten Frau Knobloch „unverständlich“ ist, könnten „U-Boote“ sein, welche die AfD unterwandern wollen. In der SPD ist das eine alte und erfolgreiche Technik, um ganze Ortsvereine zu übernehmen.

Sie könnte auch bei der AfD zum Ziel führen. Insofern wäre das Verhalten der „jüdischen Menschen“ sehr verständlich. Und ein Beleg dafür, dass sie aus der Geschichte gelernt haben. Im Gegensatz zu Frau Knobloch, die immer noch glaubt, mit ihrer „das-darf-es-nicht-geben-Rhetorik“ etwas erreichen zu können.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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Leserpost

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Sara Goldstein / 29.09.2018

Was viele Politiker der Altparteien nicht verstehen ist, dass man Juden nicht als Kollektiv sondern als Individuen betrachten muss. Es gibt da zionistische Juden, antizionistische, orthodoxe, unorthodoxe und viele unterschiedliche Ausprägungen mehr. Soweit mir bekannt ist, ist das Judentum noch immer eine Religion und keine Rasse. Am Ende des Tages entscheidet eben jeder Mensch ganz persönlich für sich, welche Partei die eigenen Interessen am ehesten vertritt, ganz unabhängig davon, was dem Ur-Ur-Großvater angetan wurde. Und wenn man den Umfragen unter Großstadtjuden in Frankreich,England und Deutschland glauben schenkt, so ist das Problem mit Palästina, der Siedlungspolitik, der “Israelkritik” Linker, den paar Antisemiten in der AfD (mir kein einziges Beispiel bekannt, nicht mal der “böse Höcke”, aber bitte…) ein weiter entferntes als der Ali und Mohammed, die um die Ecke wohnen und ihre “Israelkritik” weniger verbal und mehr körperlich zum Ausdruck bringen. Da ist es nur logisch, dass man sich dafür einsetzt, dass zuerst die unmittelbaren Probleme gelöst werden und dann die Welt gerettet wird. Und das unmittelbare und wachsende Problem ist nun mal der wachsende Antisemitismus in Großstädten, das laut pesönlichen Erfahrungen recht eindeutig identifizierbar ist.

Werner Pfetzing / 29.09.2018

Warum soll es keine Juden in der AfD geben ?  Ist sie doch die einzige islamkritische Partei.  Und konservativ-radikale Moslems sind nun einmal die größten Feinde der Juden.

Julian Schneider / 29.09.2018

Ich werde nie verstehen, warum Juden sich in Deutschland an Linksgründenkende (ausgewiesene Antisemiten), Moslems (ausgewiesene Judenhasser) und parteilich an CDU/SPD/Grüne (versteckte, aber nicht weniger gefährliche Antisemiten) anschmiegen. Stattdessen aber Ekel empfinden, vor der einzigen Partei, nämlich der AfD, die sich in der Tat für Israels Bedürfnisse einsetzt und im Grunde Null Probleme mit Juden hat. Ich würde mich wirklich über einen Artikel von Herrn Broder freuen, der dies thematisiert und erklärt. Auch dass in USA die meisten Juden offenbar die Demokraten wählen, obwohl die eher Palästinenser, Hammas und Co. unterstützen statt Israel. Aber Trump hassen, obwohl er Israel hilft (Botschaft nach Jerusalem, Ächtung des Iran). Meine Bitte ist absolut ernst gemeint.

Christoph Kaiser / 29.09.2018

Es werden jene Juden sein, die sich hier wahrscheinlich einiges sicherer fühlen, wenn die AFD einige Irrtümer (nenne ich das mal) rückgängig macht…...

Ilonka Müller-Getahun / 29.09.2018

Wenn jüdische Menschen meinen sie müssten das machen, ok. Ich persönlich finde es nicht gut. Weder Christen, noch Katholiken, noch Protestanen, noch Moslems, noch Buddhisten, Hindus oder sonstige Glaubensgruppen (sorry wenn ich eine vergessen habe), sollten sich auf diese Weise separieren.Ich treten doch nicht in eine Partei ein, weil ich einer bestimmten Religion abgehörte, sondern weil sie meinen politischen u gesellschaftlichen Vorstellungen am Nächsten kommt. Was Frau Knobloch betrifft , so wundere ich mich oft über ihre Äusserungen.Aber sie ist gefangen in ihrer Biographie und deshalb habe ich Verständnis.

Michael Jansen / 29.09.2018

Klar gibt es Antisemiten in der AFD, schön dazu die Formulierung, die zwischen bekennenden und praktizierenden Antisemiten unterscheidet. Verkappte Antisemiten gibt es in allen politischen Lagern, man beachte nur z.B. die häufigen Verweise auf Macrons Tätigkeit bei der Rothschild-Bank, als sei dies verwerflicher als eine Arbeit etwa für Credit Agricole oder BNP Paribas. Andere kritisieren auffällig oft die Politik Israels, verharmlosen oder verschweigen aber fröhlich palästinensischen Terror. Dann gibt es natürlich noch die offen auftretenden Antisemiten, die unter irgendwelchen politischen Vorwänden bei Demos mitmarschieren, bei denen Israelflaggen verbrannt und zur Vernichtung Israels (also Ermordung aller dort lebenden Juden!) aufgerufen wird. Dazu kommen noch diejenigen, diesmal aus der Spitzenpolitik, die einerseits dem Iran indirekt dazu verhelfen wollen, weiter an seinem zur Zerstörung Israels bestimmten Nuklearprogramm zu arbeiten, und außerdem mehr als eine Million muslimischer Migranten ins Land holen, denen die Judenfeindschaft durch ihre Religion und heimische Sozialisation in die Wiege gelegt wurde. Die hier Aufgezählten sind in allen Parteien unseres klassischen politischen Spektrums beheimatet, die zwar ein Riesengeschrei wegen des rechten deutschen Antisemitismus machen und dies aus parteitaktischen Gründen der AFD anhängen wollen, dabei ist es doch gerade die AFD, die gegen die oben genannten Phänomene Stellung bezieht. Aber so fallen unsere offiziellen “Eliten” auf ihre eigene Propaganda herein, nach der sie sich selber automatisch alle für aufrechte Kämpfer gegen den Antisemitismus halten und andererseits die Gleichung AFD = Nazis = Antisemiten aufmachen. Und das alles in Wahrheit nur, weil sie die unliebsame politische Konkurrenz loswerden wollen.

Thomas Schmied / 29.09.2018

Finde es immer besser, die betroffenen Menschen für sich selbst sprechen zu lassen. Sie werden ihre Gründe haben, eine Partei zu unterstützen und brauchen keine Belehrungen von “Zentralräten” oder sonstwem. Finde es, wie der Autor, eigentlich auch überflüssig, dass es besondere Verbände irgendwelcher Gruppen “innerhalb” von anderen Gruppen oder Verbänden gibt. Da ist viel blödsinnige politische Instrumentalisierung und auch Heuchelei im Spiel. Hier wird permanent eine Sonderrolle von Juden zementiert, was ich genau für den falschen Weg halte. Trotzdem teile ich die in diesem Text durchsickernde Grundannahme nicht, dass von der AfD ein besonderes Antisemitismus-Problem im Vergleich zu den anderen Parteien ausgeht. Natürlich ist „Juden in der AfD“ auch Reaktion auf solche Grundannahmen. Wenn es Vorbehalte gegen Juden gibt, es wird sie wohl geben, wie es sie leider überall gibt, dann wird solchen Tendenzen begegnet werden, wie es in der Vergangenheit bereits geschehen ist. Welche politische Überzeugung muß eine Jude eigentlich haben? Die Frage allein ist schon blödsinnig.

Petra Wilhelmi / 29.09.2018

Werter Herr Broder, was wollen Sie uns mit dem Artikel sagen? Ich weiß es nicht. Wollen Sie nicht, dass Menschen sich zu Vereinigungen zusammenfinden? Das machen eben Menschen oft. Es ist irrelevant, wie man selbst zu Vereinigungen, welche auch immer, stehen mag. Wollen Sie sagen, dass Juden falsch in der AfD sind? Spielen Sie auf irgendwelche Antisemiten in der AfD an? Dann tun Sie das bei den anderen Parteien bitte ebenso. Eine gewissen Prozentzahl von Deutschen ist nun mal antisemitisch, das ist verkraftbar. Was hat das alles mit der SPD und einer Unterwanderung zu tun? Und sollen Juden keine Vereinigungen gründen dürfen, weil sie Juden sind? Fußballfans spielen auch keinen Fußball, als Anspielung auf Vereinigungen jüdischer Ärzte.  Soll das lustig sein? Satirisch etwa? Nun gut, heutige Satire ist für mich eh unverständlich, weil Satire eigentlich anders geht. Übrigens, ich finde es gut, dass sich jüdische Bürger in der AfD zusammenfinden und dort eine Vereinigung bilden. So wird es Linksgrün immer schwerer fallen, der AfD Antisemitismus vorzuwerfen.  In anderen Parteien bilden sich auch Interessengruppen. Na und? Auf die Arbeit der Vereinigungen wird es ankommen, auf deren Strahlkraft. Inwieweit die sichtbar wird, werden wir erst nach einiger Zeit wissen können. Dann können wir gern wieder darüber sprechen.

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