Michael Blume, „Beauftragter der Landesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben“ in BW, hat vor einer Weile "die wichtigste Rede seines Lebens" gehalten. Sie als konfus, wirr und unausgegoren zu bezeichnen, wäre ein Kompliment.
Das Peter-Prinzip, so benannt nach seinem Urheber, dem amerikanisch-kanadischen Pädagogen, Psychologen und Autor zahlreicher populärwissenschaftlicher Bücher Laurence Johnston Peter, lautet: „In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.“
Bis er oder sie in einer Sackgasse landet, aus der kein Weg hinausführt, es sei denn, der oder die Betreffende legte den Rückwärtsgang ein. Was allerdings so gut wie nie passiert. Karl Lauterbach würde eher eine ALDI-Tüte voller Kröten schlucken als zugeben, dass er als Minister versagt hat und um seine Entlassung bitten. Gleiches gilt für Minderleister wie Lisa Paus, Svenja Schulze und Klara Geywitz, von Kanzler Scholz nicht zu reden.
Sie alle verkörpern das Peter-Prinzip so porentief, wie es in einem Satz von Richard Wagner zum Ausdruck kommt: „Deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen tun.“ Der Weg ist das Ziel. Und wer A sagt, muss auch B sagen.
Im Südwesten der Republik, dort wo die Kehrwoche das friedliche Zusammenleben der Menschen bestimmt, lebt ein Mann, dem es in einer erstaunlich kurzen Zeit gelungen ist, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen. In nur knapp sechs Jahren schaffte er es von einem Nobody in der Verwaltung von Baden-Württemberg zum „Beauftragten der Landesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben“.
Warten auf Nessie
Ich habe schon einige Male über ihn geschrieben und komme mir vor, als würde ich am Rande von Loch Ness sitzen und darauf warten, dass „Nessie“ auftaucht. Alles, was über den Beauftragten der Landesregierung von BW gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben“ gesagt werden musste, ist bereits gesagt worden.
Michael Blume hat vom Antisemitismus gerade so viel oder so wenig Ahnung, wie es braucht, um eine Planstelle im Staatsministerium besetzen zu können. Er hält den Antisemitismus für ein verwaltungstechnisches Problem, dem man mit „Maßnahmen“ beikommen kann, am besten mit einem kompletten Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien. Er redet am liebsten über sich und darüber, was für einen tollen Job er macht, ganz so, als wäre BW nicht eines der am stärksten antisemitisch kontaminierten Länder der Bundesrepublik, Tendenz steigend. Seine Kenntnis der Geschichte und der Wirkungsweisen des ältesten Gerüchts aller Zeiten ist etwa so dünn wie Robert Habecks Know-how ökonomischer Zusammenhänge.
Als ob das alles ihn nicht hinreichend disqualifizieren würde, gibt es da noch ein Urteil des Hamburger Landgerichts, wonach es zulässig ist, Blume einen „antisemitischen Antisemitismus-Beauftragten“ zu nennen. Ein einzigartiges Urteil, das nur noch zu toppen wäre, wenn man den Vorsitzenden eines Abstinenzler-Vereins dabei erwischen würde, wie er sich mit Cola-Korn die Kante gibt. Und noch etwas als Zugabe: Wegen seines Interesses an jungen Asiatinnen darf man ihn, dies wurde ebenso gerichtlich erkannt, auch Sugar Daddy nennen, aber dazu ein andermal mehr.
Was das Problem ist
Den Beauftragten Blume ficht das alles nicht an. Da gilt, was Dieter Bohlen mal ganz allgemein über Begriffsstutzige gesagt hat: „Das Problem ist: Mach einem Bekloppten klar, dass er bekloppt ist.“
Um die Tiefe und Weite dieses Satzes zu erfassen, muss man sich nur die Rede anhören, die Blume am 9. November 2023 im Landtag von BW gehalten hat, „gegen Antisemitismus und fossil finanzierte Kriege“.
Er stellte sie unter der Überschrift „Die wichtigste Rede meines Lebens“ ins Netz, damit keines seiner Worte verloren gehe. Diese nur 14 Minuten lange Rede stellt alles in den Schatten, was seit der „Hunnenrede“ von Kaiser Wilhelm II am 27. Juli 1900 anlässlich der Verabschiedung des Ostasiatischen Expeditionskorps zur Niederschlagung des Boxeraufstandes im Kaiserreich China gesagt und geschrieben wurde. Mehr Größenwahn und Wirklichkeitsverkennung geht nicht.
Man meint, es mit einem Comedian zu tun zu haben, der sich über seine depperten Kollegen lustig macht. Blume erklärt, er habe in der Synagoge von Mannheim „die Vertreter aller maßgeblichen islamischen, alevitischen und türkisch-säkularen Verbände zu einem Solidaritätsbesuch willkommen“ geheißen. Die Aktion habe weit über Mannheim hinaus Wirkung gezeigt: „Ich kann ihnen schon jetzt sagen: Der Terrorplan der Hamas, einen weltweiten Religionskrieg herbei zu bomben, scheitert hier an uns in Baden-Württemberg. Die Menschen stehen zusammen, in ihrer übergroßen Mehrheit.“ Und auch „beim Kampf gegen den Islamismus“ sei Baden-Württemberg „stärker, als es von manchen wahrgenommen“ wird. Allerdings könne man „den Kampf gegen den Islamismus nur dann gewinnen“, wenn man „den Islam kennen und die Muslime und Musliminnen wertschätzen“ würde.
Unsere Gier nach Öl und Gas
Ebenso wichtig sei aber zu erkennen, „dass unsere eigene Gier nach Öl und Gas immer noch antisemitische Regime mitfinanziert“, dagegen seien „erneuerbare Energien nicht nur Freiheitsenergien, sie sind auch Friedensenergien“. Deswegen müssen „unsere Demokratien unabhängig werden vom fossilen Stoff ihrer Feinde, einschließlich Katar und Wladimir Putin“.
Zum Schluss der wichtigsten Rede seines Lebens warf Blume noch eine Handvoll Scheite in das Friedensfeuer.
„Wir haben eine gemeinsame Zukunft oder wir haben keine. Und deshalb können wir hier und heute gemeinsam allen Antisemiten entgegenrufen: Diesmal werden wir im Miteinander der Religionen und Weltanschauungen, der Geschlechter, Völker und demokratischen Parteien eurem Terror nicht weichen, diesmal werden es Verschwörungsgläubige nicht schaffen, unsere gemeinsame Zukunft als Demokraten und Demokratinnen in Baden-Württemberg zu zerstören. Diesmal nicht. Gott segne Sie!“
Blumes Rede vor dem Landtag von Baden-Württemberg als konfus, wirr und unausgegoren zu bezeichnen, wäre ein Kompliment. Ungesagt blieb, an wen er seinen Appell richtete, wer die „Verschwörungsgläubigen“ sein sollten. Doch nicht etwa die „Muslime und Musliminnen“, die zu wertschätzen er uns nahelegt? Die Abgeordneten des Landtages von Baden-Württemberg dankten es ihm mit einem lang anhaltenden Beifall.
Keine Hamas in BW
Ein Antisemitismusbeauftragter, der, ohne sich zu verschlucken, behauptet, „der Terrorplan der Hamas, einen weltweiten Religionskrieg herbeizubomben“, sei „hier an uns in Baden-Württemberg“ gescheitert, hat entweder eine Maß Ehringsdorfer Ritterbräu zu viel konsumiert oder einen besonders schrägen Sinn für Humor. Oder – tertium datur! – er versteht sich als Global Player. Den Antisemitismus in Baden-Württemberg einzudämmen, ist ihm nicht genug, er will jetzt auch Israel helfen, seine Seele zu bewahren.
„Wenn Israel wieder eine demokratisch gewählte Regierung ohne Rechtsextremisten und ohne widerrechtliche Dienstverweigerer bekommen hat“, so lässt er einen Journalisten wissen, werden sich die Beziehungen zwischen Deutschland, Europa und Israel zum Besseren wenden. Er werde allen Angriffen standhalten, „bis sich Israel endlich wie eine verbündete Demokratie auch gegenüber Deutschen verhält“; Blume verwahrt sich gegen ein „jahrelanges Cybermobbing“, für das er Israel verantwortlich macht, und stellt klar: „Für gleichberechtigte, deutsch-israelische Beziehungen stehe ich – im Geiste des Luxemburger Abkommens zwischen Konrad Adenauer und David Ben Gurion – unerschrocken ein.“ Nicht mehr und nicht weniger. Vom Luxemburger Abkommen zwischen Adenauer und Ben Gurion führt ein direkter Weg zu Michael Blume, der „unerschrocken“ hofft, „dass Israel wieder eine demokratische Regierung mit klarer Brandmauer gegen Extremisten bekommt“.
Antisemitismus a la carte
In seiner selbstgewählten Rolle als Bevollmächtigter für die Pflege der deutsch-israelischen Beziehungen nahm er sich den israelischen Ministerpräsidenten zur Brust. Netanyahu, so Blume gegenüber der dpa, erweise dem Kampf gegen den Antisemitismus einen Bärendienst. „Wir merken deutlich, dass der israelbezogene Antisemitismus stark zunimmt, Rechtsextremisten aus Israel, den USA und Europa, aber auch die Regierung Netanjahu benutzen den Antisemitismus-Vorwurf inflationär und instrumentalisieren ihn – das hilft uns überhaupt nicht, wenn wir Antisemitismus ehrlich bekämpfen wollen.“
Das ist der Klassiker. Die Juden provozieren den Antisemitismus, instrumentalisieren ihn und stellen sich denjenigen in den Weg, die das Problem „ehrlich bekämpfen“ wollen. Menschen wie Michael Blume, Beauftragter gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben, ein Wolf im Schafspelz, der sich die Bewertung als „antisemitischer Antisemitismus-Beauftragter“ ehrlich erarbeitet hat.
Während Blume im Landtag von Baden-Württemberg die wichtigste Rede seines Lebens hielt, saßen auf der Zuschauertribüne einige Repräsentanten der jüdischen Gemeinden von Baden und Württemberg. Sie klatschten verhalten Beifall, sahen aber nicht gerade glücklich aus. Eher so wie Gäste einer Geburtstagsfeier, die es kaum abwarten können, bis Opa zu reden aufhört. Blume dagegen hätte gerne weitergeredet, bis alle begriffen haben, dass sie einen historischen Moment erleben – wie aus dem Peter-Prinzip das Blume-Prinzip wird.
Antisemitismus a la carte, geliefert wie bestellt. Auf der Höhe des Zeitgeistes und der höchsten Stufe der operativen Unfähigkeit.
Henryk M. Broder ist Herausgeber der Achse des Guten (zusammen mit Dirk Maxeiner und Fabian Nicolay)