Thilo Schneider / 15.07.2023 / 13:00 / Foto: Pixabay / 25 / Seite ausdrucken

Jahrestag: Die eigentliche Schlacht bei Tannenberg

Heute vor 613 Jahren schlug eine gemeinsame Streitmacht des Königreichs Polen und des Großfürstentums Litauen das Heer des Deutschen Ordens vernichtend. Fast die gesamte Führungsschicht des Ordensheeres wurde dabei ausgelöscht.

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie das Wort „Tannenberg“ hören? Bei den allermeisten dürfte das einfach eine Erhebung mit Nadelbaumbewuchs sein. Bei den Beleseneren klingelt da das Geschichtsglöckchen, und die denken an den Ersten Weltkrieg und den Sieg Hindenburgs und Ludendorffs über die Russen in Ostpreußen. Die wenigsten Deutschen aber wissen, dass die eigentliche „Schlacht bei Tannenberg“ am 15. Juli 1410 geschlagen wurde und im Ergebnis auf Jahrhunderte das Schicksal Nordosteuropas bestimmen sollte. Das kam so:

Man mag es kaum glauben, aber das heutige Litauen war einst in Personalunion mit dem Königreich Polen verbunden und tatsächlich um 1400 eine Mittelmacht im heutigen Baltikum und Weißrussland. Der polnische König Władysław II. Jagiełło und der litauische Großfürst Vytautas regierten ein Gebiet von etwa Polozk im Osten über Wilna und Dobrin bis nach Posen im Westen. Darüber und dazwischen lag das Gebiet des Deutschen Ordens von Schlochau im Westen über Danzig, Königsberg, Riga, Reval bis Narwa in Russland im Osten und bis Dünaburg im Süden. Das ganze Gebiet war durchsetzt mit geistlichen Arealen. 

Und in ungefähr der Mitte dieses Gebiets lag Samaiten, ein ziemlich großer Landstrich, den der Deutsche Orden für sich als Landverbindung zwischen Insterburg und Livland beanspruchte. Der litauische Großfürst Vytautas hatte das Gebiet zwar 1398 unter militärischem Druck dem Deutschen Orden zugesprochen, und der polnische König hatte, wiederum auf Druck der katholischen Kirche, 1404 diesen Zuspruch bestätigt – allein, die Samaiten waren mit der Herrschaft der Ordensritter unzufrieden und revoltierten immer wieder gerne – schließlich auch noch befeuert durch Vytautas, der das Gebiet doch lieber für sich gehabt hätte. Dieser Wunsch wurde wiederum von seinem König Władysław II. Jagiełło unterstützt. 

Die Heere marschieren auf

Im Jahr 1409 kam es schließlich zu einem Volksaufstand in Samaiten, und dem Großmeister des Deutschen Ordens, Ulrich von Jungingen, platzte der Kragen der Ritterrüstung, und er erklärte im August 1409 dem Königreich Polen die Fehde und, weil er gerade dabei war, den Litauern gleich mit dazu. „Die Faxen dicke haben“, würde man heute dazu sagen. 

Vorerst begnügte sich der Deutsche Orden allerdings damit, ein paar berittene Söldner anzuheuern, die durch das Dobriner Land streiften und nebenbei Bromberg unengagiert und erfolglos belagerten. Es war spät im Jahr. Beide Seiten wollten erst die Bauern ernten lassen, und außerdem nahte der Winter. Von Jungingen rief seine Söldner zurück, die Diplomatie kam wieder ins Spiel, und man vereinbarte einen Waffenstillstand bis Juni 1410. Außerdem wurde König Wenzel der IV. von Böhmen als Schlichter angerufen – und der sprach, sehr zum Ärger der Polen und Litauer, Samaiten nun ein drittes Mal dem Deutschen Orden zu. 

Damit war klar: Es würde ernst werden. Zum Jahreswechsel trafen sich Polen und Litauer in Brest-Litowsk, um einen koordinierten Feldzugsplan zu entwerfen, der in nichts weniger als der Eroberung der Marienburg, dem Hauptsitz des Deutschen Ordens, gipfeln sollte. Unterdessen begann Ulrich von Jungingen ebenfalls seine Ordens- und Gefolgsleute zu sammeln, und nur sein livländischer Landmeister verweigerte ihm – selbstverständlich tief betrübt und unter armwedelnden Entschuldigungen – die Gefolgschaft, weil er, leider leider, einen separaten Waffenstillstand mit Großfürst Vytautas von Litauen geschlossen habe, den er eher ungern zu brechen gedächte. Damit fehlte Jungingen sein livländisches Kontingent. Und er wartete zuerst einmal ab, aus welcher Richtung sein Gegner kommen würde. 

Tatsächlich sammelten sich die Polen südlich von Lodz und marschierten nach Norden. Gleichzeitig versammelte sich eine weitere polnische Streitmacht bei Bromberg. Am 30. Juni schließlich überschritten die Polen auf einer technischen Innovation – einer Pontonbrücke – die Weichsel in Richtung Königsberg und schlugen ein befestigtes Lager bei Biezuns an der ostpreußischen Grenze auf. Das litauische Kontigent vereinigte sich hier mit den Polen. 

Mit dem Nimbus der „Unbesiegbarkeit“

Unterdessen stieß das polnische Kontigent bei Bromberg in die Neumark vor, um dort zu marodieren – und Jungingen zu provozieren. Der hatte mittlerweile sein Heer bei Schwetz gesammelt, nachdem er seinerseits von der Stoßrichtung der polnischen Hauptarmee erfahren hatte, stellte aber trotzdem ein kleineres Kontingent zur Verteidigung von Schwetz ab. Der polnische Plan funktionierte. 

Es war Hochsommer. Man darf zwar annehmen, dass die Ordensritter einen Tross mit sich führten, auf dem sie schwere Waffen und ihre Helme transportierten, trotzdem dürfte der Marsch für die teutonischen Kämpfer in ihren schweren Kettenhemden nicht vergnügungssteuerpflichtig gewesen sein. Neben ihrer Ausrüstung führten die Mannen von Ulrich von Jungingen allerdings noch eine weitere Waffe mit sich: Der Orden war der Jungfrau Maria geweiht. Die etwa 400 schweren Reiter und Ritter von Jungingens Streitmacht sowie einige „Gastritter“, die sich beweisen wollten, galten aufgrund des Nimbus und des Patronats der Heiligen Jungfrau als unbesiegbar. So, wie die Titanic 500 Jahre später als unsinkbar gelten sollte. Der „Rest“ der insgesamt ca. 20.000 Mann – Historiker sind sich uneinig – dürfte aus hastig ausgerüsteter Landbevölkerung ohne tatsächlich taugliche Waffen oder Rüstungen bestanden haben.

Diese Streitmacht wälzte sich unter glühender Sommersonne nach dem 60 Kilometer entfernten Ort Kauernick an dem Flüsschen Drewenz, wo bereits eine Vorausabteilung der Ordensritter eine befestigte Stellung errichtet hatte, um den Polen und Litauern den Weg zu verlegen. König Władysław II. Jagiełło und Großfürst Vytautas trafen dort am 8. Juli mit ihren Truppen ein, waren jedoch klug genug, eine Schlacht nicht anzunehmen und versuchten stattdessen, die Ordensritter östlich zu umgehen. Sie erstürmten die kleinen Städte Soldau und Neidenburg, schließlich am 13. Juli das etwa 20 Kilometer östlich vom Standort der Ordensritter entfernte Gilgenburg. Die dort eingedrungenen Tataren und Litauer plünderten, erschlugen einen Großteil der Bevölkerung und brannten Ort und Burg bis auf die Grundmauern nieder – was bei Häusern aus Holz und Lehm mit Strohdächern kein übermäßig herausforderndes Unterfangen war. 

Zwei klatschnasse Heere in Matsch und Schlamm

Ulrich von Jungingen war erbost und beschloss, die verbündeten Armeen dann eben in freier Feldschlacht zu schlagen, immerhin war die Jungfrau Maria ja an seiner Seite. Er rannte mit seinem Heer also seinen Gegnern hinterher, begleitet von einem schweren Unwetter, das die Landschaft der Gegend in ein noch sumpfigeres Loch als ohnehin schon verwandelte. Schließlich prallte er mehr zufällig als geplant auf die polnisch-litauischen Truppen. Von einem geordneten Feldzug konnte seitens der Ordensritter jetzt keine Rede mehr sein.    

So standen sich zwei klatschnasse Heere in Matsch und Schlamm am Morgen des 15. Juli 1410 zwischen den Dörfern Grunwald und Tannenberg auf deutscher Seite im Nordwesten und zwischen Ludwigsdorf und Faulen auf polnischer Seite im Südosten auf einer Länge von etwa drei Kilometern gegenüber. Es gibt keine genauen Zahlen, und die Schätzungen der Chronisten und Historiker schwanken zwischen 20.000 und 27.000 Mann für die Ordensritter – Polen und Litauer werden zwischen 26.000 und 39.000 Mann geschätzt, wobei die Ordensritter, wenngleich zahlenmäßig unterlegen, doch besser ausgebildet und ausgerüstet gewesen sein dürften. 

Ulrich von Jungingen stellte seine Streiter in drei Linien auf, korrigierte aber auf zwei Linien, als er sah, was ihm an Masse gegenüberstand. Auf seinem rechten Flügel versammelte er Söldner und seine „Gastritter“, auf dem linken Flügel platzierte er eine Wunderwaffe: seine sündhaft teuren „Steinbüchsen“. Grobe Geschütze, die Steinkugeln verschossen, aber zu dieser Zeit noch oftmals mehr die eigenen Bedienmannschaften als den Feind gefährdeten. Vor seinen Bannern zog er Armbrustschützen in der ersten Linie auf. 

In Kettenhemden und Rüstungen langsam gegart

Gegenüber ließ König Wladyslaw auf seiner linken Seite die Polen unter den Fürsten Maszkowic und Goblinic aufmarschieren, seine rechte Frontlinie besetzte er mit dem bunten Mischmasch des litauischen Großfürsten aus Litauern, Tataren und Ruthenen, die zwar nur leicht gerüstet, dafür aber umso beweglicher – und durch die vorangegangenen Plünderungen auch besser gelaunt und genährt waren. 

Blöd für die Deutschordensritter: Litauer und Polen standen in einem Waldstück, was es Jungingen unmöglich machen würde, seine schwer gepanzerten Ritter frontal angreifen zu lassen und durch seine Gegner wie ein Rammbock einfach hindurchzupflügen. Hinzu kam, dass der Wald Polen und Litauer auch noch vor den Pfeilen und Bolzen von Armbrüsten und Bogenschützen schützte. Es blieb ihm in der Sommersonne, die den Boden (und seine Ritter in ihren Rüstungen) jetzt zum Dampfen brachte, nichts anderes übrig, als defensiv den Angriff seiner Feinde abzuwarten. 

Und Ulrich von Jungingen wartete. Und wartete. Und wartete. Die kräftige Sonne zog höher und höher, seine Ritter wurden in ihren Kettenhemden und Rüstungen langsam gegart, noch ehe der erste Schwertstreich gefallen war. König Wladyslaw auf der anderen Seite verbrachte seine Zeit in zärtlicher Andacht an die Heilige Dreifaltigkeit und betete. Immerhin sollte er ein katholisch-christliches Heer unter dem Schutz der heiligen Mutter Jesu angreifen, im frommen Mittelalter grundsätzlich ein Sakrileg. Mehrere Male wurde er von seinem litauischen Großfürsten Vytautas belästigt und bedrängt, doch endlich anzugreifen, da dessen halbheidnischen Truppen von dem christlichen Religionsbrimborium eher unbeleckt waren und im wahrsten Wortsinn mit den Hufen scharrten. 

Um die Mittagszeit hatte von Jungingen genug vom Warten und schickte, während seine geharnischten Ordensbrüder hinter ihm buchstäblich in einer Wolke aus Schweiß, Urin und Kot brodelten, ganz ritterlich seinen beiden Kontrahenten jeweils ein Schwert, dass sie doch „endlich den Kampf aufnähmen, dem sie für wahr nicht mehr entkommen könnten“. 

Zu früh gefeiert – die Schlacht geht in die Verlängerung

Das ließ sich Großfürst Vytautas nicht zweimal sagen, und während sein polnischer Verbündeter noch inbrünstig seine Gebete sprach, griff er die linke Flanke der Ordensritter mit seiner leichten Reiterei an – dort, wo die „Steinbüchsen“ standen. Die wiederum hatten das Problem, dass ihr Schießpulver wegen des Regens des Vortages noch nass war und die ohnehin nur auf etwa 200 Meter treffsicheren Kanonen nun völlig wirkungs- und sinnlos waren. Bevor die Artilleristen komplett von den Litauern zusammengehauen wurden, startete die Reiterei der Ordensritter einen Gegenangriff, bei dem sich die schweren Reiter unter dem Ordensmarschall von Wallenrode trotz ihrer hohen Betriebstemperatur den leichten Reitern überlegen zeigten und diese zurückdrängten. Und weil sie gerade im Schwung waren, auch weiterverfolgten, wodurch sie die linke Flanke der Ordensritter entblößten. Immerhin aber flohen Tataren, Litauer und Ruthenen vom Schlachtfeld und sammelten sich vorerst nicht neu – die Ordensritter auf ihren erschöpften Pferden aber auch nicht. 

Mittlerweile war König Wladyslaw fertig mit Beten und den Nerven und griff nun mit seiner schweren Reiterei den rechten Flügel der Deutschordensritter unter Kuno von Lichtenstein an. Das Gefecht dort ging unentschieden aus, allerdings eroberten die Deutschritter dabei das polnische Reichspanier, die Hauptfahne des polnischen Königs. 

Aus, vorbei, Abpfiff. Wer die gegnerische Hauptflagge erobert hat, hat gewonnen. Während die Ordensritter überglücklich ihre Siegeshymne „Christ ist erstanden“ absangen, beschlossen die Polen, sich nicht an die allgemein gültigen Spiel- und Kriegsregeln zu halten, griffen die singenden Rittersleut‘ erneut an und holten sich ihr Reichspanier wieder zurück. Die Schlacht ging „in die Verlängerung“.

Der zornige Ulrich von Jungingen versammelte seine Ritterreserve und seine Eliteformation, „das Rennbanner“, um den Polen in die rechte Flanke zu fallen und die Lücke auszunutzen, die die geflohenen Litauer nebst Anhang gerissen hatten. Leider kündigte just in diesem Moment der Attacke seine Kulmer Ritterschaft und machte sich aus dem Matsch und aus dem Staub. Mit weniger Leuten als geplant ritt Jungingen mutig gegen die sich verzweifelt verteidigenden polnischen Linien und wurde, wie viele seiner Ordensbrüder, vom Pferd gezogen und niedergemacht. 

Das Ordensheer löst sich auf

Was nun? Der Heerführer war, wenngleich heldenhaft, ritterlich und tapfer, so doch leider vor seinen Schöpfer getreten, sein Stellvertreter des linken Flügels, Friedrich von Wallenrode, unauffindbar und vermutlich ebenfalls gefallen, auf dem rechten Flügel leistete Kuno von Lichtenstein zwar erbitterten Widerstand gegen die Polen, hatte aber über den Rest des Schlachtfelds keinen Überblick und wurde Stück für Stück eingekesselt. 

Das Ordensheer löste sich langsam auf. Wladyslaw führte jetzt sein Fußvolk in den Kampf, viele Litauer und Ruthenen nebst Tataren, die eigentlich nur noch einmal zum Plündern hatten vorbeischauen wollen, schlossen sich an und verschoben das Kräfteverhältnis weiter zugunsten der Polen. Die nun die Reste des Ordensheeres, die noch nicht geflohen waren, umschlossen und niedermachten. Die zaghaften Versuche einzelner Banner der Ordensritter, sich zu sammeln und wenigstens ihren Tross zu retten, wurden von den nachdrängenden Polen im Keim erstickt. Es war vorbei. 

Die Zeitgenossen berichten von 50.000 bis 100.000 Verwundeten, Gefangenen und Toten, die angeblich das Schlachtfeld gesäumt hätten, tatsächlich dürfte dies bei den damaligen Kräfteverhältnissen nichts als schlichte polnisch-litauische Propaganda gewesen sein, um den ja wirklichen Triumph noch einmal kolossal zu überhöhen. Unter dem Strich aber gab es kein Ordensritterheer mehr. Alles, was noch wenigstens hinken konnte, zog sich in Richtung Marienburg, den Hauptsitz des Ordens, zurück, fast die gesamte Führungsschicht war ausgelöscht worden. Das polnisch-litauische Heer lagerte noch drei Tage neben dem Schlachtfeld, um sich an den Toten zu bedienen und Beute zu machen. Am 19. Juli zog Wladyslaws Heer schließlich ebenfalls in Richtung des etwa 70 Kilometer entfernten Marienburg ab, kassierte zwischendurch noch einige Burgen und befestigte und unbefestigte Städte und tauchte am 26. Juli vor dem Hauptziel des Feldzugs auf. 

Die einstige „Ostmission“ des Deutschen Ordens ist gescheitert

Jetzt kamen die Steinbüchsen endlich zum Einsatz, die Polen beschossen die Burg, nicht ohne dass ihnen selbst eine der Steinbüchsen um die Ohren flog. Inzwischen hatte sich der livländische Landmeister noch einmal umentschieden und schickte nun ein Entsatzheer Richtung Marienburg, dessen polnische Belagerer daraufhin – aber nicht nur deswegen – die Belagerung am 19. September abbrachen. Hunger, Typhus, Ungeziefer und ausbleibender Sold hatten den Großfürsten Vytautas schon vorher entnervt abziehen lassen. Im Angesicht des Anmarschs von weiteren kleinen Ersatzheeren und dem Angriff des ungarischen Königs Sigismund auf Südpolen machte sich nun auch Wladyslaw mit einer deutlich dezimierten Truppe auf den Rückweg. Wie schon ein Jahr zuvor: Es war spät im Jahr und der „Winter was coming“. 

Im Ersten Frieden von Thorn musste der Deutsche Orden schließlich weite Gebiete an Polen und Litauer abtreten und eine Reparation in Höhe von 100.000 Schock böhmischer Groschen zahlen. Die einst als unbesiegbar geltenden Ordensritter waren sowohl finanziell als auch in ihrer Reputation ruiniert, die einstige „Ostmission“ des Deutschen Ordens gescheitert. Es sollte zwar noch 50 Jahre dauern, bis der Deutsche Hochmeister dem polnischen König den Lehenseid schwören musste und zum polnischen Vasallen degradiert wurde, aber Preußen und später Deutschland reichte aufgrund dieser einen verlorenen Schlacht im Osten nie mehr weiter als bis zur Memel. 

Die beiden Schwerter, die von Jungingen Wladyslaw und Vytautas überreicht hatte, wurden in den folgenden Jahrhunderten so etwas wie kleine Nationalsymbole der Polen. Auf Gräbern polnischer Soldaten aus den Weltkriegen lassen sie sich ebenso finden wie auf dem polnischen Militärorden, dem „Grunwald-Kreuz“. Die „Schlacht von Grunwald“, wie sie die Polen nennen, wurde zum identitätsstiftenden polnischen Nationalmythos. Daher ist es kein Zufall, dass Hindenburg seinen Sieg über die Russen 1914 in Ostpreußen als geschichtliche Revanche für „Tannenberg“ verstanden wissen wollte und diesen ebenfalls als „Schlacht von Tannenberg“ bezeichnen ließ. Deswegen ist die „Schlacht von Tannenberg“ in Deutschland im ohnehin eher schwach ausgeprägten historischen Gedächtnis auch eine ganz andere Schlacht als die „Schlacht von Tannenberg“ im polnischen Nationalbewusstsein. Aber dazu ein anderes Mal. 

Dieser Text ist den wenigen noch existierenden Deutschen Ordensrittern, speziell Georg F., gewidmet.

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, 224 Seiten, 22 Euro.

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Wolfgang Richter / 15.07.2023

@ Manni Meier - “Königsberg und Marieburg seien schon ewig deutsche Städte gewesen”  - Das zieht sich doch halt durch die Geschichte der Welt von Anbeginn. Irgendwann war immer mal eine andere Spezies vor Ort, wurde abgelöst, wurde abgelöst etc.. Das ist der Lauf der Welt. Und irgendwann wurde (und wird) der Sieger zum Verlierer und ersetzt. So ist der Lauf der Welt. Was die genannten Städte angeht, war das Areal mal von den Pruzzen besiedelt. Ob das Polen waren, wage ich zu bezweifeln. Zu Zeiten der Kreuzzüge gen Jerusalem kamen dann “christliche Ritter” auf die Idee, auch gen Osten zwangszumissionieren und eroberten das später als West-/Ostpreußen (von den Pruzzen abgeleitet) genannte Gebiet, zeitweise ind er Ausdehnung bis vor St. Petersburg. Zur Sicherung der Herrschaft wurden überall aus “Backstein” Burgen angelegt, die größte die “Marienburg”. Wer mal ins Baltikum fahren sollte, allein als Themenhintergrund die Burgen und zugehörigen Städte als Reiseroute zu planen, ist schon interessant. Mit “Tannenberg” war dann die Vormacht der “Kreuzritter” vorbei. Später wurde bekanntlich dann, nachdem das Königreich Polen-Litauen zerbröselt war, Polen unter Rußland, Preußen und Österreich aufgeteilt, was mit dem Ende des WK I revidiert wurde, was wiederum die Polen nutzten, gegen Rußland direkt erst mal einen Krieg zu führen und unter Ausnutzung der Wirren der “Oktoberrevolution” und darauf begründeter Wehrlosigkeit nach außen, einiges an Land zu besetzen. Was wiederum dann 1939 revidiert wurde - etc etc.. Und heute haben die Polen wieder ein Auge geworfen, jetzt auf den Raum Lviv / ehem. Lemberg, sollte die Ukraine infolge des aktuellen Krieges “zerbröseln.” Halt der Lauf der Welt. Einer verliert, mindestens einer macht seinen Reibach. Und wenn dann einer der Kommentatoren zum “Deutschen Orden” was von “Schwerstverbrecherorganisation” schreibt, alles Definitionssache und Beurteilung auch hier aus der Sicht der Sieger, alt.  Atheisten.

Xaver Huber / 15.07.2023

Wenn es Herr Schneider drängt, seinem Artikel ein wenig schmeichelhaftes Urteil auszustellen, dann schafft er dies durch den Verweis auf das angebliche Attribut “unsinkbar” der Titanic. Dieses entstammt der damaligen Journaille. Ähnlichkeiten mit der Gegenwart sind der rein zufälligen Natur geschuldet, sprich den unverändert geltenden Gründen der Aufmerksamkeitsökonomie.

Ralf Pöhling / 15.07.2023

Hochinteressanter Exkurs in die Geschichte. Da sollte man was raus lernen. Aber nur, indem man die puren militärischen Fakten von den hier dargestellten Playern trennt und gezielt auswertet. Kriegsgeschichte darf man nur anhand der Umstände und Reaktionen bewerten, jedoch nicht an den beteiligen Playern, da diese mit jedem neuen Konflikt wechseln. Wer hier einzig auf die beteiligten Player schaut, dem entgehen nicht nur die wirklich wichtigen Informationen, er festigt höchstens alte Vorurteile. Und das wäre in der jetzigen Situation genau verkehrt. Kriege haben einen militärisch-strategischen und einen politischen Aspekt. Der politische Aspekt ist zweitrangig, weil immer im Kontext der damaligen Zeit verhaftet. Der militärisch-strategische Aspekt hingegen bleibt immer aktuell. Und zwar selbst dann, wenn die Waffen von heute andere sind, als die von damals.

Xaver Huber / 15.07.2023

Störend fällt die negative Konnotation zu den deutschen Ordenrittern auf. Entgegen der Insinuation waren sie keine Ursupatoren, sondern nahmen ab 1225 auf ausdrückliches Ersuchen Herzogs Konrad von Masowien, eine Art Seniorherzog von Polen, den Kampf gegen die heidnischen Prußen auf. Für diese militärische Hilfe erhielten sie eroberten Gebiete. \\\ Das Jahr 1226 gilt als Gründung des Ordensstaates auf dem Gebiet der Prußen, der spätestens 1234 durch die Bulle von Rieti mit dem Heiligen Römischen Reich in Verbindung stand, jedoch kein Teil von ihm war. Die Katholische Kirche war hierbei nur marginal beteiligt. Nicht zuletzt der wirtschaftliche Erfolg dieses Ordensstaates führte zur Rivalität zu dem östlich benachbarten Großfürstentum Litauen sowie des südlichen Königreich Polens, was letztlich zur besagten Schlacht führte, die als Beginn des Niedergangs des Deutschordens gilt. Dieser zog sich jedoch noch Jahrzehnte hin, wobei “Dreizehnjähriger Krieg” (1454 bis 1466) und Reiterkrieg (1519 bis 1521) von der Wehrhaftigkeit des Ordens zeugen…

Roland Völlmer / 15.07.2023

Sehr gut geschrieben. Schlachten sind immer, also auch heute noch, chaotisch. Aber die wenigsten Menschen haben das miterlebt oder in der Schule gelernt. Und so gilt immer noch dieses ostpreußische Lied: Sag mir wo die Blumen sind.

Josef Gärtner / 15.07.2023

Ist das eigentlich mit den Reparationsforderungen für damals schon ausdiskutiert?

Thomin Weller / 15.07.2023

Das Heer des Deutschen Ordens wird wieder aufgebaut. GFP 6.7.23 Einflusskampf im Baltikum //Die Bundesregierung bereitet den nächsten Schritt beim Ausbau der deutschen Militärpräsenz im Baltikum vor und kündigt die dauerhafte Stationierung einer Brigade in Litauen an. Dazu sollen, wie ein Regierungssprecher in Berlin bestätigt, die im Rahmen der „enhanced Forward Presence“ (eFP) und der „enhanced Vigilance Activities“ (eVA) der NATO bereits in Litauen stationierten deutschenTruppen „in einem noch zu bestimmenden Zeitrahmen“ zusammengeführt und zu einer „kampfstarken Brigade“ aufgestockt werden. Letztlich will Berlin rund 4.000 deutsche Soldaten – gegebenenfalls mit ihren Familien – dauerhaft in den baltischen Staat verlegen. Um die faktische Einrichtung eines deutschen Militärstützpunkts an der NATO-Ostflanke möglich zu machen, müsse Litauen allerdings die nötige Infrastruktur – etwa Kasernen – aufbauen, heißt es in Berlin; Vilnius habe dies zugesichert.// Es tobt ein Religionskrieg, das vierte Reich wird aufgebaut und erweitert. Der Klerofaschismus ist schon lange wieder da, die Bundeswehr nun ein göttliche Angriffsarmee.

Gerd Maar / 15.07.2023

Wer weiß heute schon noch dass Königlich Preußen polnisch war?

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