Manfred Haferburg / 06.03.2020 / 06:19 / 85 / Seite ausdrucken

Im AKW Kola – kein Land für deutsche Gartenzwerge

Ich wurde auf die Halbinsel Kola eingeladen. Eine Dienstreise im Februar hinter den Polarkreis – das klingt interessant und nach Abenteuer. Auch bauchmiezelt eine solche Einladung natürlich den Eingeladenen. Die Russen wissen offenbar einen Atomfuzzi noch zu schätzen – unvergessen sind die Zeiten, als auch in Deutschland den Nukkis die Mädchenherzen zuflogen, bloß weil sie sich als Kernphysiker zu erkennen gaben. Heute reicht für das Glück beim anderen Geschlecht – bei welchem von den 64 auch immer – sich die Schmalzlocke blau zu färben und halbgare Gedanken in eine Kamera zu flöten. 

Außerdem war ich noch nie im Kernkraftwerk Kola. Es wird die Nummer 111 auf der Liste meiner weltweit besuchten Kraftwerke sein. Keine Chance, die Sammlung je komplett zu machen, es gibt über 450 Reaktoren weltweit. Und 50 neue Reaktoren sind im Bau. Deutschland hat leider keine Chance mehr, die Welt vor dem unweigerlich eintretenden Atomtod zu retten, es können nur noch sechs Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Dann ist in Good Old Germany Finito: Ofen aus, wir sind raus, und die Weltbilanz bleibt mit 44 neuen Reaktoren trotzdem positiv für die Kernenergie.

Ich fahre nicht allein. Mein Team, das sind vier Experten aus acht Ländern: Der Katalane Conrad aus Spanien, der Russe Oleg aus der Ukraine, der Amerikaner Ken aus Tokyo und ich, der Deutsche aus Paris. Wir treffen uns im Novotel des Moskauer Flughafens Scheremetjewo „Aleksander Sergejewitsch Puschkin“ und fliegen gemeinsam nach Murmansk. 

Die Kola-Halbinsel liegt im hohen Nordwesten Russlands, gleich östlich der skandinavischen Halbinsel. Die Kola-Halbinsel grenzt gleich an zwei Meere: das Weiße Meer und die Barentssee. Dort gibt es nicht viel mehr als Tundra. Die zwei größten Städte sind Murmansk im Norden und Lowosero ziemlich in der Mitte der Halbinsel Kola. Von Murmansk bis nach St.Petersburg am Ladogasee führt die berühmte Murman-Bahn mit 1.448 km Länge. Sie wurde im 1. Weltkrieg um 1915 gebaut. Heute wird sie gerne von Touristen genutzt. Im Zentrum der Halbinsel Kola, um die Städte Montschegorsk, Kirovsk, Apatity und Kandalakschá, findet man große Mengen an Nickel, Kupfer, Phosphat und Aluminium. Deswegen leben hier Menschen, und weil die da leben, braucht es das Kernkraftwerk Kola, das 60 Prozent des Strombedarfes der Region erzeugen kann. 

Eine Laufzeitverlängerung auf 60 Jahre Betriebszeit

Murmansk ist mit 300.000 Einwohnern die weltweit größte Stadt hinter dem Polarkreis. Murmansk war bis 1991 militärisches Sperrgebiet, denn hier lag wegen des nördlichsten, eisfreien Hafens – bedingt durch den warmen Golfstrom – die russische Nordmeer-Flotte vor Anker. Hier befindet sich der Hauptstützpunkt der Nordflotte Russlands. Im Hafen liegen bis zu 10 Atomeisbrecher. Der ausgediente Atomeisbrecher Lenin ist als Museum zu besichtigen. Man kann riesige, an den Zweiten Weltkrieg erinnernde Monumente bestaunen. Dazu gibt es eine ungebändigte Natur, Sami-Dörfer, Rentiere, Polarnacht und Polartag. Die Barentssee bei Murmansk friert dank des warmen Atlantischen Golfstroms nicht zu, was die Stadt zu einem bedeutenden Hafen für Last- und Fischfang-Schiffe machte. Hier beginnt der nördliche Seeweg, welcher den europäischen Teil des Landes mit den schwer zugänglichen Regionen in Sibirien und dem Fernen Osten verbindet. 

1964 entschied die damalige Sowjetregierung, auf der Halbinsel Kola ein Kernkraftwerk zu bauen. 1974 ging der erste Reaktor in Betrieb. Der letzte von vier Reaktoren wurde 1984 ans Netz geschaltet. Seither laufen die Reaktoren vom Typ VVER 440 und sorgen zuverlässig für Strom im hohen Norden. Das Durchschnittsalter des Kraftwerks ist mit 41 Jahren dasselbe wie das Durchschnittsalter der Mannschaft. Es arbeitet schon die zweite Generation von Kernkraftwerkern hier, die Dritte tritt gerade an. Die vier Reaktoren haben eine Laufzeitverlängerung auf 60 Jahre Betriebszeit bekommen. Russland leistet es sich nicht, wertvolle Produktionsmittel aus ideologischen Gründen einfach wegzuwerfen. Um dem hohen Sicherheitsanspruch gerecht zu werden, wird das Kraftwerk akribisch instandgehalten und ständig sicherheitstechnisch nachgerüstet. 

Im kleinen Flughafen Murmansk angekommen, lerne ich erste arktische Temperaturen kennen: es sind minus 20 Grad Celsius und Sonnenschein, kein Lüftchen regt sich. Es liegt ein Meter Schnee, der am Straßenrand auf eineinhalb Meter hochgeschoben ist. Die Straße ist schnurgerade und endlos, eine Tankstelle mit einem Blockhausbuffet kommt erst nach 100 Kilometern in Sicht. Große LKW donnern, weiße Dampffahnen ausstoßend, über die Straße. Wir fahren in einem VW-Kleinbus, dessen Standheizung voll mitläuft. Trotzdem frieren die Seitenfenster zu. Mir kommt unwillkürlich der Gedanke: „Was würde ein Elektroauto hier tun? Der Bedarf an Heizleistung würde die Batterie sofort leernuckeln. Es käme keine 50 Kilometer weit und der Fahrer würde erfrieren. Ich denke daran, was wir Deutschen doch für ein lokales Weltbild pflegen. Wir sind in anderen Gegenden der Welt kein Vorbild, man kennt uns gar nicht. Es fällt uns schwer, uns in die Denkweise von Menschen zu versetzen, die ganz andere Probleme haben als wir. 

Für die 2.200 Mitarbeiter des Kraftwerkes ist es Ehre und Verpflichtung, in einem Kernkraftwerk zu arbeiten, sie sind stolz darauf. 60 Prozent der Mitarbeiter haben einen Fach- oder Hochschulabschluss. In Kola zu arbeiten, heißt aber auch, mit seiner Familie am Ende der Welt in dem 40 Jahre jungen Städtchen Polyarnie Zori zu wohnen – 250 Kilometer von Murmansk und 1.200 km von St. Petersburg entfernt. 

Jagen, angeln, waldwandern, bootfahren

Man lebt in einem eiskalten langen Winter, umgeben von endloser Tundra mit ein paar großen Seen, nur 150 km vom Weißen Meer und der finnischen Grenze entfernt. Mitte Mai bis Mitte Juli ist Polarsommer. Man kann hier jagen, angeln, waldwandern, bootfahren. Es gibt ein paar schöne und einsame Ski-Abfahrten und schier endlosen Langlaufmöglichkeiten. Man muss sich allerdings recht warm anziehen, minus 30°C sind nichts Seltenes. Zum Glück weht hier meist kein Wind, wenn es richtig kalt ist. Kein Land für Windmühlen. Das hat Folgen: Der Strompreis für Verbraucher in Russland beträgt 7 Cent pro Kilowattstunde, beim Weltmeister Deutschland sind es 31 Ct/kWh, mehr als viermal so viel.

Tags darauf versuche ich tapfer, den hotelnahen lokalen Supermarkt zu erreichen. Die Einheimischen fahren hier mit japanischen Allrad-SUVs umher. Ich stapfe durch den Schnee oder balanciere über spiegelglatte Eisflächen, die den Anderen offenbar keinerlei Rutschprobleme bereiten. Mir schon. Vor dem Eingang des Ladens werde ich unvorsichtig und reiße folgerichtig beide Hufe in kühnem Schwung nach oben, um sehr unsanft auf dem Rücken zu landen. Das Eis ist beinhart. Ehe ich mich berappeln kann, haben mich starke russische Arme auf die Füße gestellt und ich werde von den pelzbemützten Matkas gehörig saubergeklopft. Keine Häme, nur freundliche Hilfe und ein paar Scherze. Im Supermarkt ist von den alten Mangelzeiten nichts mehr zu spüren. Es gibt mehr Biersorten, als es zu Sowjetzeiten Produkte gab.

Seit jeher wird in der Kälte der winterlichen Tundra Pelz getragen. Pelz ist bei den Damen auch heute noch in. Es gibt hier nämlich keine Peta-Aktivisten, die Pelzträgerinnen anspucken. Und um sich aus Protest für Tierrechte nackig zu machen, ist es hier nicht warm genug. Die Schapkas und Mäntel passen sehr gut zu der weißen Wunderlandschaft der Tundra und zu den hübschen Gesichtern der Russinnen, die sich viel Mühe mit ihrem Look machen. Allerdings haben die Füchse und Zobel ihren Preis – zum Glück mag meine Holde so etwas in Paris nicht tragen, zu warm. Es gibt die weltberühmten Kamtschatka-Krabben, eingeweckt, das Glas zu 80 Euro. Von den Preisen für den Zuchtkaviar gar nicht zu reden.

Die Woche vergeht wie im Fluge. Von früh bis spät arbeiten, busfahren, ein üppig-russisches Dinner, wach liegen mit Jetlag. Wodka gibt es nur am letzten Abend und mit großer Moderation. Nachts will ich Nordlicht gucken und gehe vors Haus. Die eisige Kälte treibt mich aber sofort zurück ins Warme, noch ehe der Nordhimmel erleuchtet wird. Huuu, das waren fast 30 Minusgrade.

Die Leutchen tragen allesamt ihre Schutzmasken

Der Flieger zurück nach Moskau ist voll besetzt, viele chinesische Familien an Bord. In China gibt es den festen Glauben, dass, wer das Polarlicht mit eigenen Augen gesehen hat, sich über einen schönen Nachwuchs freuen darf. Also kommen chinesische Touristen zum „Nordlicht gucken“. Die Leutchen tragen allesamt ihre Schutzmasken, die meisten allerdings aus Bequemlichkeitsgründen unter der Nase. Als der Flieger abhebt, erhasche ich noch einen Blick auf die endlosen Weiten der Tundra, die unter ihrer dicken Schneebettdecke einen tiefen Winterschlaf hält. Und ich sehe die vielen Hochspannungsleitungen vom Kernkraftwerk in alle Richtungen, die wie Blutadern Leben in diese unwirtliche Kältelandschaft bringen.

Was nehme ich mit von der Halbinsel Kola im hohen Norden? Eine tiefe Bedenklichkeit, gemischt mit etwas Fremdscham für die ewige deutsche Besserwisserei. Ich lerne hier, dass mein Vaterland viel kleiner und unwichtiger ist, als es von sich selbst denkt. Dass die Möchtegern-Vorreiter mit ihrer Anmaßung aus der Ferne keine Ahnung von der Welt haben und eher wie anmaßende Zwerge aussehen. Dass es eine Menge Gründe dafür gibt, dass meine finnischen und schwedischen Kollegen das Wort Besserwisser mit dem deutschen Lehnwort „Besserrwisserr“ in ihre Sprache übersetzen. Und dass man besser selbst mental einigermaßen gesund sein sollte, bevor man meint, dass am eigenen Wesen die ganze Welt genesen könnte. 

 

Manfred Haferburg ist der Autor des autobiografischen Romans „Wohn-Haft“. Als Schichtleiter im Kernkraftwerk kämpft er gegen Macht und Dummheit der Bonzen. Es macht ihn verdächtig, weil er sich der Einheitsbreipartei verweigert. Hexenprobe der Stasi ist eine erfolglose Anwerbung als Spitzel. Bald steht er auf allen schwarzen Listen seines Heimatlandes. Eine Flucht misslingt und eine Odyssee durch die Gefängnisse des „sozialistischen Lagers“ beginnt. Der Mauerfall rettet ihm das Leben und ein neues Leben in Paris wird aufgebaut, während sich in Deutschland die Spitzel im Bundestag breitmachen und die ehemaligen Genossen sich gegenseitig ums SED-Erbe den Schädel einschlagen. Ein Buch, dass den Leser schier atemlos umblättern lässt. (78 Kundenbewertungen, 4,8 von 5 Sternen)

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A. Ostrovsky / 06.03.2020

@Johannes Schuster / 06.03.2020 Ich hätte mir das nie träumen lassen, dass wir beide mal einer Meinung sind. Sieht so aus, als hätten Sie auch schon einiges erlebt, aber wohl auf der anderen Seite der Grenze?

Gert Köppe / 06.03.2020

@Jörg Klöckner: Herr Klöckner, haben Sie schon einmal in Erwägung gezogen zu den Amischen auszuwandern? Deren Lebensweise dürfte doch ganz Ihren Ansichten entsprechen. Dort wird auch jeder technische Fortschritt weitestgehend abgelehnt. Pferdefuhrwerke sind da ganz groß in Mode. Bitte auch Vorsicht vor Küchenmessern und spitzen Scheren. Die könnten ebenfalls ganz schlimme Verletzungen hervorrufen. Schön, das Sie wenigstens eingesehen haben, das E-Autos und deren Akkus weder Unfälle, noch Umweltschäden verursachen könnten, sonst hätten Sie das doch ganz bestimmt erwähnt. Nicht wahr?!

Jörg Klöckner / 06.03.2020

@Johannes Schuster. Hallo Herr Schuster! Ich hatte Ihren Leserbrief persifliert, indem ich Atomkraft durch Motorkraft ersetzte. Aus Ihrem Kommentar sprach nämlich eine Technik- und Fortschrittsfeindlichkeit, sowie eine geradezu abergläubische Angst, die ich nur zu gut aus der Umweltbewegung kenne. Das haben Sie mit Ihrer Antwort bestätigt, wie ich finde. Ich nehme der Einfachheit halber an, dass sie sich dieser Bewegung zugehörig fühlen. Einer Bewegung, die sich anschickt, eine Bevölkerung in der Mitte Europas in stellvertretende Geiselhaft zu nehmen, und an ihr exemplarisch eine Ökodiktatur zu exerzieren. Die “Guten” vollführen dabei ihre “Transformation” mit solcher Gnadenlosigkeit und mit solch einer Härte der “Reinen Lehre”, dass ich nicht mehr im Geringsten an gute oder menschliche Motivationen glaube. Wenn man sich vergegenwärtigt, wie wenig hinter dem “Waldsterben” oder dem “Ende der fossilen Brennstoffe” stand; Welche naive Angst vor der “Höllenkraft” der Atome geisterte… Die Zahlen, die Sie hier nennen, sind absurd, und das könnten Sie wissen. Und glauben Sie im Ernst, die Techniker, Ingenieure und Physiker haben vor, verbrannte Erde zu hinterlassen - wieviel Verschwörungstheorie braucht man für solch eine Ansicht? Sie werden sich entscheiden müssen, ob die Erde wirklich “brennt” - dann müssen sie die Kernkraft ausbauen. Oder das CO2 ist doch nicht so schlimm, dann bleiben die konventionellen Kraftwerke. Beides abschaffen gibt’s im Märchen- aber nicht im Physikbuch. Dann reden Sie der Mangelwirtschaft das Wort, aber der Flachbildschirm könnte auch in einem Krankenhaus stehen. Sie unterschätzen, wie sehr “Überfluss” die Voraussetzung dafür ist, dass Dinge (Produkte, Fähigkeiten, Kenntnisse) vorhanden sind, wenn man sie braucht. Gerade dies sollte die Lehre der jetztigen Pandemie sein. Deutschland wird jedenfalls keinen Impfstoff stellen. Vielleicht hatten unsere Forscher ein schlechtes Gewissen und haben ihre Computer abgestellt um Strom zu sparen.

A. Ostrovsky / 06.03.2020

Ich habe Respekt vor Menschen, die ihr ganzes Leben in Eis nd Schnee verbringen, deren Alltag so unwirklich ist, dass es ein Atomkraftwerk braucht, damit sie nicht erfrieren oder zitternd zu Fuß die 2000 km nach Süden laufen, um dieser weißen Hölle zu entfliehen. Deren Existenz hat sich soweit von der menschlichen Natur entfernt, dass sie ohne Extreme nicht überleben können. Aber mein Herz ist nicht dort. Es ist nicht bei russischen Ortsnamen, nicht bei endloser weißer Weite, nicht bei den Hochspannungsleitungen, die diese Trostlosigkeit durchziehen und nicht bei den Pelzmänteln. Das als Normalität auszugeben und uns vorzuwerfen, wir wüßten nichts von der Welt, wo doch gerade diese Atomfuzzis vielleicht noch nie einen grünen Baum gesehen haben, noch nie eine in der Sonne gereifte Orange gepflückt haben und noch nie das Rauschen des Meeres oder das Zirpen der Grillen oder den Gesang der Vögel erlebt haben, erscheint mir als abwegig. Dort könnte man ohne zu seufzen tausende Quadratkilometer nach einer Verstrahlung einfach aufgeben, aber hier in in Mitteleuropa nicht. Das ist der Unterschied, den ich sehe. Bin ich deshalb ein Besserwisser, oder sind vielleicht diejenigen die Besserwisser, die mir einreden wollen, ich solle alle meine naturgegebenen Wünsche zugunsten dieser Trostlosigkeit aufgeben? Selbst die Wandermönche der Vorzeit haben um diese Halbinsel einen weiten Bogen gemacht. Es gibt sie und man kann dort wahrscheinlich genauso gut leben, wie auf dem Mars. Ich überlasse es denen, die es dort hin zieht und verwahre mich dagegen, dass man mich deswegen als Gartenzwerg bezeichnet. Das ist der Unterschied zwischen wahrer Toleranz und kleinkariertem Missionarismus.

Peter Wichmann / 06.03.2020

@ Johannes Schuster—- Mit Verlaub, Ihre Kommentare waren schon besser. Viel besser. Wenn ich als Nicht-Experte in Sachen Atomstrom und „Wehrproduktion“ Ihre Argumentation richtig verstehe: Kernkraft ist des Teufels weil: Diese Technologie ist verbunden mit dem völlig unkalkulierbaren Risiko unzähliger Toter und Verletzter und generell dem drohenden Ende? Und deshalb abzulehnen? Und dann - darf ich meinen Augen trauen – folgt das hohe Lied auf die atomstromfreie „Wehrproduktion“: „Die Wehrproduktion zweier Kriege lief ohne Atomstrom - es geht also“.—- Was wurde da wohl produziert? Marschrucksäcke, Henkelmänner, wollene Soldatenunterhosen? Sonst nichts von Belang? Erleichtert atmen wir auf. Wir wissen: Auch die Wehrproduktion des nächsten Krieges wird ohne Atomstrom zu bewerkstelligen sein. – Ging vorher, geht immer noch.—- Es gab, gibt und wird immer geben, was unter dem Stichwort „allgemeines Lebensrisiko“ läuft. Das war einst die Begegnung mit dem Säbelzahntiger oder mit den Erregern der Pest oder des Aussatzes. Oder mit Wegelagerern oder der Schwindsucht. Jetzt sind es Herrn @Klöckners „vierrädrige, verbrennungsmotorbetriebene Stahlkolosse“ und potentiell kernschmelzende Atomkraftwerke. Wenn Sie aber bedenken, was (möglicherweise neben dem Corona-Virus) alles den biochemischen Laboren dieser Welt entschlüpfen könnte oder frei gelassen wird, daß die bisherigen Meteoriteneinschläge nicht die letzten gewesen sein werden oder daß das unter dem Yellowstone Nationalpark befindliche Vulkangebiet schon morgen die gesamte Erde verdunkeln kann (um nur einige der anstehenden Endzeitszenarien zu nennen), dann sehnen Sie sich vielleicht einmal nach einer regional überschaubaren Kernschmelze zurück.—- Die ähnlich lautenden Argumente von Herrn Klöckner übergehe ich, da ich seinen „Straßenmonster(n)“, die „beseelt von einem bösen Geist, der aus höllischer Hitze seine dämonische Kraft schöpft - zu kollektiver Havarie (sich) verschwören“ eh nichts entgegen zu setzten hätte

Ilona Grimm / 06.03.2020

@Hajo Wolf/Johannes Schuster: Im Zusammenhang mit Kernkraft und ihren Gefahren erzähle ich gern folgende Geschichte: Eine mit mir ganz gut bekannte Russland-Deutsche, Jahrgang 1957, ist vor etwas mehr als 20 Jahren mit Ehemann, Kindern, Eltern und Geschwistern aus Kasachstan nach Deutschland gekommen. Sie hat mir erzählt, dass Atomtests in ihrer Gegend Alltag waren; praktisch jeden Tag waren Atompilze am Horizont zu sehen. Die Leute waren also ununterbrochen dem radioaktiven Fallout ausgesetzt. Und trotzdem ist ihr Vater erst vor wenigen Jahren mit 84 gestorben, und ihre Mutter ist jetzt ca. Mitte achtzig. Krebskrankheiten sind in der gesamten Familie bisher nicht aufgetreten. Das finde ich ziemlich bemerkenswert! -//- Ja, das Leben ist lebensgefährlich, vom ersten Atemzug an. Das war es schon in der Steinzeit und im Zeitalter der Pferdefuhrwerke, und zwar aus tausenderlei Gründen. Mir wäre ein Kernkraftwerk in der Nähe sympathischer und weniger bedrohlich als Windrad-Monster oder abends bei Kälte und Kerzenschein meine Bücher lesen zu müssen, weil die Nachbarländer ihren eigenen Strom selber brauchen.

Sabine Schönfelder / 06.03.2020

T@Kaiser, der größte Teil der australischen Waldbestände besteht aus Eukalyptusbäumen. Er brennt sehr schnell, denn Feuer ist die Voraussetzung, daß sich seine Samenkapseln öffnen. Nach nur wenigen Wochen hat sich der Baum wieder völlig neu ´eingekleidet´. Das ist nichts Neues und vielen bekannt, paßt aber überhaupt nicht in das Narrativ der Ökofaschisten, deren vornehmste Aufgabe und der von ihnen gegründeten NGOs es ist, Hysterie und klimatische Katastrophen zu erfinden und zu verbreiten. Man könnte es auch Lügen nennen.///Herr@Schuster, ALLES ist TOLL, solange es nicht schief geht. Deshalb müssen Ihnen, einem erwachsenen Menschen, doch jetzt nicht alle Gefahren der Welt erörtert werden, nur weil Sie einer modernen gut beherrschbaren Form der Energiegewinnung vernagelt gegenüberstehen. Übrigens, falls Sie sich einmal langweilen sollten und trotzdem ein bißchen sozialen Kontakt suchen, dann können Sie uns gerne die Auswirkungen von Dioxin TCDD, dem sogenannten Sevesogift, auf den menschlichen Körper beschreiben. Ich finde Sie machen das ausgezeichnet!

Tobias Mansen / 06.03.2020

Ganz so märchenhaft wie in dem Artikel dargestellt, ist die Realität auf der Kolahalbinsel nicht. Die Laufzeitverlängerung des AKW war sehr umstritten und es wäre heute nicht so sicher, hätten sich Russlands nordische Nachbarn im Westen nicht erheblich finanziell an dessen Modernisierung beteiligt. Hinzu kommt Atommüll aus verschiedenen Teilen Russlands, der in maroden Lagerstätten oder im Meer entsorgt wurde. In der norwegischen Finnmark wurden in der Vergangenheit schon einmal Jodtabletten verteilt für den Fall der Fälle. Auch die massive Umweltzerstörung durch die Schwerindustrie sei genannt. In der weiteren Umgebung der Nickelhütten in Monchegorsk, Zapolyarniy und Nikel ist die Natur in einem desolaten Zustand. Filteranlagen? Bis heute nicht vorhanden! Lediglich dem Rückgang der Produktion ist es zu verdanken, dass auch die Emissionen zurückgegangen sind. Die SO2-Emissionen sind jedoch immer noch viel zu hoch und die Natur hat sich kaum erholt. Die Lebenserwartung der dort lebenden Menschen liegt weit unter dem russischen Durchschnitt. In den letzten 15 Jahren sind zudem Schwermetallemissionen deutlich gestiegen, was zu Vergiftung von Böden und Flüssen geführt hat. Auch auf norwegischer Seite ist die Natur sichtbar geschädigt. Dass es dort nicht so schlimm ist wie auf russischer Seite, liegt nur daran, dass der Wind in der Gegend um Nikel nur selten nach Westen weht. Knapp 30 Jahre diskutieren beide Länder schon über eine Modernisierung der Nickelhütten, von dem milliardenschweren Konzern Norilsk Nickel kommen jedoch nur leere Versprechungen. Derzeit heißt es wieder einmal, das Werk in Nikel solle bald geschlossen werden. Bitte nicht falsch verstehen. Ich bin durchaus für Atomkraft, wenn Betrieb und Müllentsorgung vernünftig gehandhabt werden. Auch Schwerindustrie muss heute nicht mehr zwangsläufig Naturzerstörung bedeuten wie zur Zeit des Sozialismus. Die Kolahalbinsel ist leider kein gutes Beispiel für nachhaltiges und umweltverträgliches Wirtschaften.

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