Irgendwie wird mensch den Eindruck nicht los, dass die Kluft zwischen Osten und Westen immer größer wird. Könnte daran liegen, dass die Menschen im Osten offenbar sensibler sind für die seit Jahren immer deutlicher zutage tretenden gesellschaftlichen und anderweitigen (Ver-)Änderungen und daher (aufgrund ihrer Erfahrungen) eher dazu bereit, gegen Missstände aufzustehen - während es (anscheinend) einer Mehrheit im Westen (immer) noch (zu) gut geht oder dieser im Laufe der Jahre/Jahrzehnte die Sensibilität für die ungesunde Entwicklung in ihrer Umgebung abhanden gekommen ist. - M.E. wäre die Bezeichnung ‘Tag der Uneinigkeit‘ weitaus zutreffender - wobei mensch diesen mittlerweile tagtäglich ‘zelebrieren’ könnte (dafür ‘feiern’ andere im Lande immer ausgelassener).
Ein wunderbarer Artikel! Dem ist nichts hinzuzufügen. Vielen Dank!
Die friedliche Revolution von 1989 ist inzwischen nun fast das Einzige, auf das ich noch stolz sein kann, ‘denk’ ich an Deutschland in der Nacht’.
Danke für Ihren wunderbaren Artikel Frau Drewes! Aber ich als Ostdeutscher, Jahrgang 1950, bin schon einen Schritt weiter. Für mich ist der 3. Oktober schon lange kein Festtag mehr, das es da nichts zu feiern gibt. Der Sturz des SED-Regimes im Oktober 1989, das ist was, worauf ich stolz bin. Die Einheit war eine, leider damals auch von vielen meiner Landsleute bejubelte Folge davon. Aber leider keine gute oder gelungene. Heute sind wir eingeklemmt zwischen gnadenlosem Neoliberalismus mit immer neuen, subtileren Spielarten der wirtschaftlichen Ausbeutung, der Osten war seit 1990 ein Spielfeld zur Erprobung dieser Ideen, und linksgrünem ...ismus, wo das DDR-Recht mit Paragrafen wie “staatsgefährdende Hetze” fröhliche Urständ feiert. Die DDR 2.0 lässt über die ÖR und die MSM grüßen. So nach dem Motto: Und täglich grüßen die Enkel von Sudel-Ede auf ihren schwarz-rot-grünen Kanälen.
Mein Punkt ist: Wäre ich Tibeter in Tibet, dann wäre ich einfach ein Tibeter. Ganz egal, ob die Tibeter nun ein gutes oder ein schlechtes Volk sind. Ich wäre es nun mal. Und deshalb wäre ich natürlich gegen die Masseneinwanderung von Chinesen nach Tibet. Weil ich als einheimischer Tibeter dann automatisch immer weniger zu sagen hätte und irgendwann nur noch eine geduldete Minderheit bin. Scheinbar (ich weiß es nicht genau?) denken viele “Deutsche”, das spielt heute keine Rolle mehr: “Wir sind alle nur Menschen.” Ich denke aber, dass die meisten Angehörigen anderer Völker das ganz anders sehen. Und wie bei einem abgewiesenen Liebeskranken gibt es dann irgendwann die Ernüchterung. Sie sagen “Wir sind doch alle nur Menschen.” Aber die “Liebesobjekte” sagen: “Nein. Ich bin Türke.” (oder “Italiener” oder “Haussa” oder “Somali” oder “Iraner”. Maximal noch “Ich bin Moslem.”)
Für mich gibt es beim Tag “der deutschen Einheit” nichts mehr zu feiern. Denn nach 1990 ist aus den beiden Staaten kein souveränes Land entstanden. Wir haben ja nicht mal mehr eine eigene Währung, keine Finanzhoheit, keine einsatzfähige Armee oder echte Landesgrenzen. Nicht mal eine handlungsfähige Regierung gibt es. Insofern hätte man sich das ganze Theater mit der Einheit auch sparen können. Aufgrund der realen politischen Spaltung der BRD-Gesellschaft ist vielmehr eine Zwei- oder Mehrstaatenlösung für die ehemaligen deutschen Gebiete das Beste. Um in einem halbwegs demokratischen Rechtsstaat zusammenzuleben, ist ein Mindestmaß an Konsens über Werte und Normen notwendig. Das ist aber nicht mehr gegeben, stattdessen herrschen Gegensätze, die von öffentlicher Seite mit den dümmlich-infantilen Propagandawörtern “Buntheit und Vielfalt” beschönigt werden. Ohne einen Staat mit Namen “Deutschland” wäre vielleicht auch der ewigen moralischen Erpressung mit “unserer Vergangenheit” die Grundlage entzogen, wenn es in Wirklichkeit nur um Bürgschaften für Pleitestaaten, Erhöhung der Beiträge an die EU , Migration aus Bürgerkriegsgebieten geht. Man könnte knallharte Interessenpolitik gegen das eigene Land nicht mit “unsere besondere historische Verantwortung”, “gerade wir als Deutsche” usw. rechtfertigen und moralisch überhöhen, sondern sachlich Politik im Interesse der Bürger der jeweiligen Kleinstaaten machen.
@E. Thielsch: Es war mir wichtig, auch daran zu erinnern, dass wir ohne die Amerikaner die Wiedervereinigung Deutschlands nicht bekommen hätten. Sie waren die treibende Kraft bei der Unterstützung des Freiheitskampfes der Menschen im Osten. Und sie waren in der Tat die einzigen, die fest und unbeirrbar auf Seiten der Deutschen standen. Dafür bin ich dankbar. Wir Deutschen hatten damals in einer geschichtsbewegten Zeit viel Glück.
Wenn ich die politischen Reden zum Tag der Deutschen Einheit höre oder lese, wird mir immer ziemlich mau in Bauch. Manchmal reicht es bis zum Brechreiz. Ich war immer schon und bin auch jetzt noch Westdeutscher. Und ich war in meinen jungen Jahren stolz, Deutscher zu sein. Stolz darauf, dass man es fertig gebracht hat, ein verbrecherisches System wie den Nationalsozialismus, wenn auch mit Hilfe anderer, zu überwinden und in ein demokratisches politisches Gleigewicht zu überführen. Ein Gleichgewicht, in dem sich Regierung und Opposition zwar nichts schenkten, aber einigermaßen fair miteinander umgingen und sich auch abwechselten. Dann kam die Gefahr. Nicht von Rechts. Nein, von Links. Der links/grüne Aufstand der 68er führte in ein mörderisches Chaos durch die RAF. Deutschland war von Links gekapert. Mein Stolz auf Deutschland schwand. Mit dem anfänglichen Kohl und der Wiedervereinigung keimte nochmals Hoffnung auf. Aber auch die schwand immer mehr. Dann kam Merkel - und mein Stolz auf Deutschland ging ganz verloren. Für die Neuimplantierung des DDR-Regimes auf ganz Deutschland, das zur Zeit unter Merkel im Gange ist, haben die Ostdeutschen eine weit sensiblere Antenne als die Westdeutschen. Es ist daher kein Wunder, dass sie entsprechend reagieren. Die scheinheiligen Reden zum Tag der Deutschen Einheit sprechen den tatsächlichen Gegebenheiten einfach nur Hohn. Das spüren auch die Leute. Mal sehen, welche Botschaften sie an den beiden Wahltagen senden werden.
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