Wer gestern Yasmin Fahimi in der FAZ las, konnte für den Moment annehmen, er habe versehentlich nach dem Neuen Deutschland des vorigen Jahrhunderts gegriffen, wenn nicht gar nach einem Schmierblatt aus noch dunkleren Zeiten. Was die SPD-Generalsekretärin da in der Rubrik „Fremde Federn“ absudelte, war Propaganda der schlimmsten Machart: dumm, verlogen und anmaßend.
Nachdem sie erst unlängst auf n-tv aufgetreten war wie weiland Karl-Eduard von Schnitzler im „Schwarzen Kanal“ und den politischen Gegner, die AfD, als „braune Suppe im spießbürgerlichen Gewand“ angepöbelt hatte, setzte sie nun noch eins drauf. Mit Wolfgang Schäuble nannte sie die Partei „eine Schande für Deutschland“, verunglimpfte ihre Mitglieder als „Demagogen im Schlafrock“ und bezichtigte sie abermals des „tumben Populismus“. Mit „Taschenspielertricks” würden sie „unser Land in den Ruin treiben“.
Fakten, die ihre Sorge hätten belegen können, blieb Frau Fahimi schuldig. Woher hätte sie sie auch nehmen sollen, da die Partei bisher noch gar nicht in der Lage war, „unser Land“ überhaupt irgendwohin zu führen. Auch der Bericht, der in der selben Ausgabe der FAZ wenige Seiten später darüber informierte, dass immer mehr Unternehmer, „namhafte Mittelständer“, sich der neuen Partei annähern, weil sie den wirtschaftlichen Sachverstand ihrer führenden Köpfe schätzen, dürfte die Wut der Genossin kaum dämpfen. Für sie ist die AfD von vornherein ein „Ärgernis“, das es auszumerzen gilt.
Statt mit sachlichen Argumenten aufzuwarten, schürt sie blanken Hass, wie das die geschulten Propagandisten seit jeher tun. Und wie diese versicherte sie dem Leser zum Schluss der Suada, nachdem alle Mistkübel ausgekippt sind, dass es ihr natürlich fern läge. die Besudelten zu „dämonisieren“. Auch die Nationalsozialisten wollten nur über das bedrohliche Wesen der Juden aufklären, als sie ihnen alle denkbaren Verbrechen nachsagten; die Kommunisten diffamierten das Bürgertum, um das Proletariat vor den Raubtieren des Kapitalismus zu warnen: Business as usual in der Propaganda und nicht sonderlich originell, sogar ziemlich dämlich, mit Verlaub Frau Fahimi.
Wie es im Oberstübchen der Dame aussieht, wollen wir uns nach alle dem lieber nicht so genau vorstellen - wahrscheinlich wie bei Hempels unterm Sofa. Jedenfalls scheint sie manches nicht mitzubekommen, wenn sie etwa schreibt: „Mich stört vor allem die Ignoranz, mit der auf die Wahlerfolge der AfD reagiert wird.“ Welche Ignoranz bitte schön? Man müsste Tage der kostbaren Lebenszeit opfern, wollte man alle die Attacken, die Anwürfe, die Kassandra-Rufe nachlesen, alle die Nachrichtensendungen anschauen, in denen rote, grüne, gelbe und schwarze Politiker, lautstark unterstützt von dem Kommentatoren des ersten und des zweiten Staatsfernsehens, nach den Wahlerfolgen der neuen Partei Zeter und Mordio schreien, als sei der Fuchs unter die Hühner gefahren.
Wenn sie im Befehlston erklärt, die AfD „darf … für niemanden als Koalitionspartner in Frage kommen - nicht im Bund, nicht in den Ländern und nicht in den Kommunen“, dann rennt die Genossin Fahimi auf ihrem politischen Gutshof doch nur offene Scheunentore ein. Den Schulterschluss des politischen Establishments, den sie sich im Kampf gegen den Parvenü „wünscht“: „ein breites gesellschaftliches Bündnis, von der SPD und anderen politischen Parteien, über die Gewerkschaften, die Kirchen, Industrie- und Sozialverbände, Stiftungen und NGOs“, diese Volksfront unseligen Angedenkens, gibt es doch längst. Erstens. Und zweitens brauchen wir die AfD auch nicht, um „unser Land“ zu ruinieren. Das hat bereits das Kartell der etablierten Parteien getan. Gemeinschaftlich haben sie die Demokratie bis auf ihre letzten Werte ausgeplündert. Ohne Bedenken kungeln sie die Macht unter sich aus, wenn es sein muss sogar mit der PDS, den abgehalfterten Kommunisten.
Die Verhältnisse sind auf den Kopf gestellt. Das Volk, der Souverän, geht an der Leine der Parteien. Ihre Bonzen merken gar nicht mehr, wie sie sich selbst entlarven. Als sei es das Selbstverständlichste von der Welt, schreibt Ysamin Fahimi: „Natürlich müssen wir uns fragen, ob wir unsere (!) Politik immer verständlich genug erklärt haben.“ Ja du lieber Himmel, vielleicht sollte sich die SPD-Generalsekretärin erst einmal fragen, was die Bürger überhaupt wollen, bevor sie sie in den Dienst ihrer parteilichen Interessen stellt. Wir brauchen keine Politiker, die uns schulen, sondern Volksvertreter, die für unsere Interesse einstehen, die diese oder jene Schichte, das eine oder das andere Milieu repräsentieren. So sind die Spielregeln der repräsentativen Demokratie.
Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass wir eine „Anti-Parteien-Partei“ brauchen, dann hat ihn Frau Fahimi jetzt mit ihrer dummdreisten Einlassung selbst erbracht. Ob das die AfD sein muss, bleibt fürs erste dahingestellt. Ihr Erfolg hat allerdings schon gezeigt, dass es die Bürger, Merkels „Menschen“, leid sind, sich länger noch von den selbst ernannten Vormündern an der Nase herumführen zu lassen. Und die Wut, mit der sie, die bezahlten Politiker, darauf reagieren - Ysamin Fahimi nicht anders der Lügen-erprobte Pharisäer Wolfgang Schäuble - gibt Anlass zu der Vermutung, dass sie allesamt langsam das große Fracksausen bekommen. Die Felle drohen ihnen davon zu schwimmen. Sind sie doch von Rechts wegen nichts anderes als unsere bezahlten Angestellten, Gewächs des politischen Betriebs, die in vielen Fällen Not hätten, ihr täglich Brot draußen im Lande zu verdienen.
Sicher, auch Ysamin Fahimi hat einen Berufsabschluss. Nach immerhin elf Jahren Ausbildung hat sie die Universität als Diplomchemikerin entlassen. Danach ist sie schnell unter den Schirm der Gewerkschaft gekrochen, um schließlich in dem sicheren Hafen des Parteibetriebs der SPD festzumachen. Dass ihr deren Erhalt am Herzen liegt, ist menschlich verständlich, bis zu einem gewissen Grad mag es sogar die panische Reaktion auf das Auftauchen eines politischen Konkurrenten erklären.
Die gute Frau hat eben nicht mehr als ihr Parteibuch auf der hohen Kante. Damit sind freilich schon andere Propagandisten vor ihr grandios gescheitert, die Kommunisten zuletzt.