Hundert Aufrechte - Französische Wissenschaftler gegen Meinungsterror

Sicherheitsbedenken sind das Gift, an dem die Meinungsfreiheit stirbt. Wegen Sicherheitsbedenken werden Konferenzen und Kongresse annulliert, Reden abgesagt und Bücher nicht verlegt. Dabei geht es nicht um Pakistan, China oder Kuba, nicht um Nordkorea oder die Türkei, sondern um jenes Gebiet, das sich als Hort und Heimat der Meinungsfreiheit betrachtet: den Westen.

Dass linke und grüne Sturmtruppen in Deutschland nicht zögern, mit Gewalt oder Androhung derselben den zivilisierten Meinungsaustausch zu verhindern, zeigte sich gerade im Zusammenhang mit dem geplanten Klimakongress in München. In Stuttgart versucht ein „Bündnis gegen rechts“ eine Podiumsdiskussion im Gästehaus der Universität zu unterbinden. In Köln wurde vor wenigen Monaten eine Veranstaltung mit Vera Lengsfeld erst vom Neptunbad und dann vom Studio Dumont trotz anfänglicher Zusagen storniert, nachdem dort „Aktivisten“ interveniert hatten.

Aber auch in anderen Ländern greift der grün-links-feministisch motivierte Meinungsterror um sich. In Frankreich haben jetzt mehr als hundert Wissenschaftler und Intellektuelle einen Aufruf zum Schutz der Meinungsfreiheit gegen Drohungen und Angriffe linksextremistischer Gruppen im „Figaro“ veröffentlicht. Zu den Unterzeichnern zählen prominente Philosophen und Essayisten wie Pascal Bruckner, Luc Ferry und Alain Finkielkraut, der Historiker Georges Bensoussan, der Wirtschaftswissenschaftler, Anthropologe und Islamforscher Philippe d’Iribarne, seines Zeichens Forschungsdirektor am renommierten Centre National de Recherche Scientifique, oder der Verfassungsrechtler Olivier Gohin.

Viele von ihnen haben in letzter Zeit am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn man vom Mob am Reden gehindert wird. Zum Beispiel wurde ein Vortrag der Philosophin Sylviane Agacinski, Professorin an der École des hautes études en sciences sociales und Ehefrau des ehemaligen französischen Premierministers Lionel Jospin, von der Universität Bordeaux abgesagt, nachdem feministische und „LGBT“-Organisationen angekündigt hatten „alles zu unternehmen“, damit der Auftritt nicht zustandekäme. Agacinski kritisiert nämlich die Konzepte von Leihmutterschaft und künstlicher Befruchtung für alle.

„Die Schutzflehenden“ an der Sorbonne abgesagt

„Jedes Mal, wenn die Universitäten vor den Drohungen zurückweichen, entehren sie sich und verraten ihre Aufgabe. Ihre Rolle besteht nämlich eigentlich darin, einen Raum für kontroverse Ideen zu bieten und das Nachdenken zu fördern – statt eines Raumes, wo intellektueller Konformismus die Oberhand hat“, heißt es in dem von der Rechtswissenschaftlerin und Präsidentin des Centre d’Etudes et de Recherches Universitaire Morgane Daury-Fauveau lancierten Appell.

Im Frühjahr wurde die Aufführung von Aischylos‘ Tragödie „Die Schutzflehenden“ an der Sorbonne abgesagt, weil sich Antirassismus-Agitatoren über die geschwärzten Gesichter der Schauspieler echauffierten. Ebenfalls in Paris konnte ein Seminar des aus Algerien stammenden Buchautors Mohamed Sifaoui nicht stattfinden, weil ihm islamistische Organisationen vorwarfen, „die Muslime zu stigmatisieren“. An der Universität Lille fiel ein Vortrag des Parlamentariers Jean Lassalle wegen Sexismusvorwürfen aus, die von feministischen Kreisen erhoben wurden. Und selbst dem Gegenwind gewohnten Philosophen Alain Finkielkraut versuchte eine politische Kampfgruppe, das Rederecht am berühmten Institut d'études politiques de Paris (genannt Sciences Po) streitig zu machen.

Vor diesem Hintergrund fordern die Unterzeichner des Aufrufs im „Figaro“: „Die Redefreiheit muss von den Universitätspräsidenten garantiert und verteidigt werden (…) Mit ihrem Hausrecht können und müssen sie sicherstellen, daß solche Vorträge und Konferenzen unbehelligt stattfinden, wobei im Zweifelsfall auch die Polizei zu rufen ist.“

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Dr. R. Stiehler / 16.11.2019

Es wäre sinnvoll und überaus nötig, dass sich die deutschen Wissenschaftler diesem Aufruf anschlössen, damit nicht wie 1933 der Pöbel und die Ungebildeten die Oberhand gewinnen.

Frank Volkmar / 16.11.2019

Das was mich an diesem Artikel besonders interessiert, ist die Aussage an sich. In unseren Nachbarländern scheinen sich Dinge in Gesellschaft und Kultur abzuspielen, die hierzulande medial keine Aufmerksamkeit erregen. Gleiches gilt auch zum Beispiel für Nordamerika. Hat man vielleicht Angst davor, das wenn man einfach ungefiltert Informationen weitergibt auffallen würde, das die gleiche Problematik hierzulande auch thematisiert wird und das unter anderem auch von der AfD ?  Das einzige was man hierzulande bringt, sind die Anmerkungen aus dem Kanzleramt, das es “einfach nicht stimmen würde, das der mainstream der Meinungsfreiheit Grenzen setzt”. Vermutlich hat die Kanzlerin persönlich dafür gesorgt, das die Medienbranche in den Genuss einer zusätzlichen Demokratieabgabe von 40 Millionen aus Steuermitteln kommt.

Rolf Lindner / 16.11.2019

Bezeichnend für den Zustand der Meinungsfreiheit in Deutschland ist, dass sich keine überregionale Zeitschrift für die Veröffentlichung eines solchen Aufrufs finden würde. Während sich für die Unterzeichnung des offenen Briefs “There is no climate emergency” im nach Einwohnerzahl kleineren Frankreich immerhin 56 Wissenschaftler gefunden haben, waren es in Deutschland nur 13 Unterzeichner, vorwiegend Ruheständler, die berufliche Einschnitte nicht mehr zu befürchten haben. Ich schließe daraus, dass in Frankreich im Vergleich zu Deutschland in Sachen Meinungsfreiheit noch paradiesische Zustände herrschen.

H. Heinz / 16.11.2019

“grün-links-feministisch….” Richtig, dass Sie das Wort feministisch hinzufügten, verehrter Autor. Ist es doch leider so, dass zunehmend Frauen die Phalanx der Schreier, Haltungsaufrechten, ohnehin die Wahrheit ist weiblich und nur weiblich, vertreten. Gendergaga, Quote etc. mögen noch das ihre dazu beitragen. Immer wieder im Bundestag zu hören, wenn sich insbesondere die Kampfemanzen auf der links-grünen Seite durch ihre Zwischenrufe mächtig ins Zeug legen

Robert Jankowski / 16.11.2019

Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. Als ich den Artikel las, dachte ich sofort an Pink Floyds “Another brick in the wall”. Dort heißt es “We dont need no education, we dont need no thoughts controll”. Das Problem jetzt ist sowohl die mangelnde Education, als auch die Unterdrückung der Gedanken Andersdenkender. Ein Faktum, bei dem sich offensichtlich Islamisten, linksgrüne Antifa und Femistinnen treffen. Die eigene Psychose wird zur Politik gemacht. Wo übrigens bleibt dieser Aufschrei gegen den Meinungsterror in Deutschland?! Aber das würde ja eine sofortige “Nazifizierung” bdeuten und der will man sich hier ja nicht aussetzen!

Chris Groll / 16.11.2019

Es ist schon sehr schlimm um unsere demokratischen Werte und Freiheiten bestellt, wenn die freie Meinung nur noch unter Polizeischutz vertreten werden kann. Leider ist das in ganz Westeuropa und in den USA so. Sehr anschaulich beschrieben in dem Buch„Wahnsinn der Massen“: von Douglas Murray. In Frankreich ist es ja sogar verboten, überhaupt islamkritisches zu schreiben.  Das eine gewalttätige (noch) Minderheit überhaupt so eine Macht hat. Man kann dem “Figaro” dankbar sein, daß diese Zeitungsmacher/Redakteure noch den Mut haben,  diesen Aufruf von mehr als hundert Wissenschaftlern und Intellektuellen zum Schutz der Meinungsfreiheit gegen Drohungen und Angriffe linksextremistischer Gruppen zu veröffentlichen. Leider liest man bei uns so etwas nur in den alternativen Medien und deren Rechweite ist   LEIDER   zu gering.

beat schaller / 16.11.2019

Das ist doch schon mal was! Es kommt zudem noch aus dem richtigen Lager, bei dem man wohl kaum Rechtsextremismus unterstellen dürfte? Allerdings ist auch hier die Zahl der “aufbegehrenden”  eher klein, aber vielleicht ja wachsend?? Hoffen darf man ja noch.  Wenn einer von solchen Zuständen vor 15 Jahren gesprochen hätte, dann wäre das wohl als Fiktion abgetan worden.  b.schaller

Hartmut Laun / 16.11.2019

++ Mit ihrem Hausrecht können und müssen sie sicherstellen, daß solche Vorträge und Konferenzen unbehelligt stattfinden, wobei im Zweifelsfall auch die Polizei zu rufen ist.“++ Eines ist klar, gegen diese linken Sturmtruppen helfen kein gutes Zureden, keine Argumente , kein Zorn, denn ein Hausrecht durchsetzen wie soll die Universitätsleitung das ohne Polizei durchsetzen? Aber holt diese die Polizei, dann ist das Kind schon in den Brunnen gefallen, und wir können am nächsten Tag in den Medien schlechte Bilder von brutalen Zugriffen der Polizei sehen und zugeschnittene Videos auf YouTube, wenn Polizisten Gewalt anwenden müssen um das Hausrecht durchzusetzen. Aber dazu kommt es inzwischen nicht mehr, wenn nur die Drohungen der Linksradikalen schon reichen Veranstaltungen vorher abzusagen, Redner aus Angst nicht erscheinen, interessierte Besucher ihren Besuch unterlassen. Das ist die Variante der Linksradikalen wie wir sie im Islam als Drohung mit der Fatwa kennen, die Bedrohung des so Betroffenen mit sozialer Ausgrenzung, aber auch körperlichen Angriffen lebenslänglich.

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