Die Medien, vor allem die Süddeutsche Zeitung, hatten den Widerstand gegen die Monstermühlen in die rechte Ecke gestellt. Das half aber nichts, ein Bürgerentscheid ließ die Wind-Lobbyisten auflaufen. Eine Schlappe auch für Hubert Aiwanger.
Der Wind in Sachen Windkraft scheint sich zu drehen, zumindest in Bayern. Am Sonntag stimmte bei einer Abstimmungsbeteiligung von 75 (!) Prozent eine deutliche Mehrheit von 67,2 Prozent der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Mehring bei Altötting gegen einen riesigen „Windpark“ im Gemeindewald. Es sollte der größte Bayerns werden, mit 40 Windkraftwerken auf einer Fläche von 1.326 Hektar mitten im Staatswald. Der dort erzeugte Strom sollte das ostbayerische „Chemiedreieck“ versorgen mit Weltunternehmen wie Wacker Chemie, die einen enormen Energiebedarf haben. Wobei die Energieausbeute der Windräder in einer „Schwachwindregion“ wie Ostbayern rechnerisch im besten Fall zehn Prozent dieses Bedarfs gedeckt hätte.
Doch daraus wird wohl erst einmal nichts. Zwar sollten nur zehn der 40 Windmonster auf Mehringer Gemeindegebiet gebaut werden, doch nach dem unerwartet großen Erfolg der Bürgerinitiative „Gegenwind Altötting“ sind weitere Bürgerentscheide geplant, etwa in Haiming und in Marktl am Inn, dem Geburtsort des verstorbenen Papstes Benedikt XVI alias Joseph Ratzinger. Sie gehören ebenfalls zu jenen Gemeinden, auf deren Gebiet sich die Windräder drehen sollen – wenn der Wind mal weht.
Nun könnte man den Bürgerentscheid in einem Dorf mit gut 2.200 Einwohnern in einer recht entlegenen Ecke des Freistaates Bayern als regionales, bestenfalls landesweit bedeutsames Ereignis werten. Hätten nicht die Medien, darunter die Süddeutsche Zeitung (SZ) und der Bayerische Rundfunk (BR), zuvor aus allen Rohren geschossen, um die Bürger von einer in ihren Augen falschen Entscheidung abzubringen.
Durchaus eine bundesweite Bedeutung
Die SZ widmete dem Mehringer Bürgerentscheid am vergangenen Samstag sogar eine volle „Seite Drei“-Geschichte, in der Teile der windkraftkritischen Bürgerinitiative in bewährter Manier in die rechte Ecke gerückt wurden. Offensichtlich verfängt diese Propaganda nicht mehr, zumindest nicht bei den betroffenen Bürgern vor Ort, während der Mehringer Gemeinderat der Windkraftlobby und den mit ihr innigst verbandelten Politikern und Medienschaffenden gerne zu Diensten gewesen wäre. Zumindest kündigte der Mehringer Bürgermeister nun an, die Entscheidung respektieren zu wollen. Juristisch verbindlich ist sie zwar nur ein Jahr, doch die politische Bindungswirkung dürfte von längerer Dauer sein.
Somit kann man dem Bürgerentscheid gegen den Windpark durchaus eine bundesweite Bedeutung beimessen, zumal Bayerns Windkraft-närrischer Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und CSU-Ministerpräsident Markus Söder den Windpark bei Altötting gewissermaßen zum Schlüsselprojekt der Energiewende in Bayern stilisiert hatten. Der Altöttinger Landrat Erwin Schneider (CSU), selbst ein vehementer Befürworter des Projektes, sieht Nachwirkungen des Bürgerentscheids weit über Mehring hinaus. In der Tat: Söders und Aiwangers Plan, Bayern mit weiteren tausend Windrädern vor allem im Staatswald und gigantischen neuen Stromtrassen zu beglücken, dürfte immer schwerer zu verwirklichen sein. Jesusmaria: Sie mögen nicht mehr, die Untertanen.
Georg Etscheit ist Autor und Journalist in München.