Her mit den Ingenieurinnen!

Es gibt da diese fixe Idee, dass wir alle glücklicher wären, wenn es mehr Ingenieurinnen und Physikerinnen gäbe. Ein patriarchalisches System aber verwehre Frauen den Zugang in die Welt der Schrauben und Atome und degradiere sie zu Lehrerinnen und Krankenschwestern. Universitäten, die eigentlich strategische Leitlinien für unsere Kultur vorgeben sollten, statt blind dem Zeitgeist zu folgen, springen brav über dieses Stöckchen, das man ihnen hinhält.

Jedes Jahr erreicht mich ein Magazin der Technischen Universität München, das von Mal zu Mal attraktiver wird. Das liegt, nicht zuletzt, an den vermehrten Abbildungen weiblicher Studierender und Forschender.

Nun, es ist nichts Neues, dass Bilder von Frauen für Betrachter beiderlei Geschlechts faszinierend sind. Keine Ausgabe von Cosmo, Vogue oder Playboy ohne ein hübsches Gesicht auf dem Titel. Ich glaube aber, dass die Zunahme von Weiblichkeit in der Broschüre der TUM einem anderen Zweck dient als der Steigerung der Auflage.

Bevor ich das weiter analysiere, lassen Sie mich einschieben, dass ich in zwölf Jahren als Student und Forscher an besagter Institution nur die allerbesten Erfahrungen gemacht habe. Mir ist auch bewusst, dass die TUM noch heute in Deutschland absolut Spitze ist. Deshalb beschäftigt mich diese fragwürdige, von der TUM verbreitete PR.

Die Ausnahme, welche die Regel bestätigt

Fakt ist, dass Naturwissenschaften, Elektrotechnik, Maschinenbau und Informatik die klassischen Kompetenzen der TUM sind. Fakt ist auch, dass nur wenige Frauen ausgeprägte Neigung oder Veranlagung für diese Themen haben.

Würden wir aus all den technischen Errungenschaften, die heute unser Leben so angenehm machen, vom Telefon zum Kühlschrank, vom Flugzeug zum Computer, diejenigen Erfindungen streichen, die von Frauen gemacht wurden, es würde kaum jemand merken. Gut, vielleicht in Sachen Bluetooth und WiFi, wo Hedy Lamarr wichtige Beiträge geliefert hat. Aber sie war eben der Schwarze Schwan, sie war die Ausnahme, welche die Regel bestätigt, dass Technik etwas für Männer ist.

Zu meiner Zeit an der TUM war der Frauenanteil zu Beginn des Studiums etwa zehn Prozent, später, bei den „Post Graduates“, war unter hundert Physikern keine einzige Frau. Allerdings gab es eine begnadete Chemikerin, ohne deren Arbeit viele Experimente nicht möglich gewesen wären.

Also, warum so viel Weiblichkeit in der Broschüre der TUM? Nun, ganz simpel, man will signalisieren, dass die Welt der Zahnräder, Atome und Halbleiter nicht nur für Männer attraktiv ist, sondern ebenso für Frauen, und dass die Türen der TUM für diese weit offen stehen.

Nun, erstere Aussage widerspricht jeglicher Beobachtung. Und dann, warum betonen, dass Frauen willkommen sind? War ihnen der Zugang zur TUM jemals verwehrt?

Kotau vor dem Geßler-Hut der Forschungsministerin

Warum also erst eine falsche und dann eine unnötige Aussage? Die Leitung der TUM will deutlich machen, dass sie sich den aktuellen Geboten der Political Correctness willig unterwirft. Das muss man heute demonstrieren, wenn man bei der Vergabe der Gelder durch die Politik nicht benachteiligt werden möchte; vielleicht ist PC wichtiger als die akademische Leistung. So machen die Professoren und Gelehrten eben Kotau vor dem Geßler-Hut der Forschungsministerin, einer Hotelfachfrau.

Sie sagen, dass sei kein Grund zur Aufregung, das sei doch nicht schlimm, das hätte man doch jetzt überall so? Genau darum ist es ja so schlimm. Warum darf man nicht sagen, dass nur wenige Frauen Interesse und Begabung für Naturwissenschaft und Technik haben?

Wären die Frauen dann unglücklicher? Müsste man ihnen dann das Autofahren verbieten oder das Wahlrecht entziehen? Wären Frauen weniger wert, wenn wir die Wahrheit über sie sagten?

Hier zeigt sich die ganze infame Unlogik, die der PC gegenüber Minoritäten innewohnt. Es ist die fundamentale Annahme, dass „Wenn wir die Wahrheit über euch sagten, dann würdet ihr eure Würde einbüßen.“ Und diese unbewusste Annahme entlarvt wiederum eine Grundhaltung: „Deine Würde ist an Fähigkeiten und Leistungen geknüpft, nicht an dein Menschsein.“ Jedes Element von PC ist verknüpft mit einer Verachtung.

Die Frauenbeauftragten

Die offizielle Erklärung für den Mangel an Ingenieurinnen auf dieser Welt ist, laut TUM, die folgende: Trotz Ihrer akademischen Eignung ziehen sie ein Studium von Maschinenbau oder Elektrotechnik nicht in Betracht, weil es Männersache sei.

Um ihnen das auszureden, gibt es an der TUM jetzt nicht nur eine „Hochschulfrauenbeauftragte“, sondern auch eine Reihe von „Fakultätsfrauenbeauftragten“. Ihre Aufgabe ist es, den jungen Damen, die von Schrauben und Lötkolben träumen, die Angst vor der TUM zu nehmen. In Wirklichkeit sollen sie natürlich die Frauenquote in den Fakultäten hochschrauben, um die Gunst der Forschungsministerin zu sichern.

Was für ein Nonsens. Sollen wir wirklich glauben, dass eine Frau, die darauf brennt, eines Tages eine bessere Zylinderkopfdichtung zu entwickeln oder einen störungssicheren Hochspannungsschalter, dass die zu schüchtern wäre, um sich für das Studium einzuschreiben?

Wer in seinem Leben hin und wieder mit Frauen zu tun hat, der weiß, dass diese auch ohne fremde Hilfe in der Lage sind, ihre Ziele zu verfolgen – so wie ein Torpedo ein feindliches Schiff. Die erwähnte Hedy Lamarr hat übrigens eine Fernsteuerung für Torpedos erfunden, welche durch „frequency hopping“ vor Störung durch gegnerische Funksignale geschützt war. Ich vermute, sie hat das ohne Beistand einer Hochschulfakultätsfrauenbeauftragten hinbekommen.

Es ist kläglich wenn Direktoren einer Hochschule, wenn Eliten, die in intellektueller und ethischer Hinsicht Vorbilder sein sollten, solch einer fixen Idee folgen. Einem Trend, der von einer Politikeria getrieben wird, die in akademischer Hinsicht eher durch fragwürdige Doktorarbeiten von sich reden macht als durch schöpferische Spitzenleistungen.

Haben sich damals Studentinnen nicht in die TUM getraut?

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will hier auf keinen Fall Taktlosigkeit propagieren. Aber Takt ist das Gegenteil von PC. Er entspringt dem Herzen, der wahren Achtung vor dem und der Anderen und dem ehrlichen Wunsch, nicht zu verletzen. Takt hat nichts mit politisch motivierten Vorschriften zu tun. Im Gegenteil, je mehr Gesetze in den Umgang von Mensch zu Mensch eingreifen, desto schwächer wird das spontane Mitgefühl und das, was früher als „Anstand“ bezeichnet wurde.

Waren die Menschen unglücklicher, als es Political Correctness noch nicht gab? Haben sich damals Studentinnen nicht in die TUM getraut? Wurden sie gemobbt? Das Gegenteil war der Fall! Ich bin Zeuge.

Auch wenn PC tatsächlich menschliche Ziele verfolgen sollte, wenn es tatsächlich darum ginge, Minderheiten vor Verachtung zu schützen: Eine gute Absicht, die auf einer Lüge aufbaut, wird giftige Früchte tragen. Die wahre Motivation hinter PC ist ohnehin eine ganz andere: die Unterdrückung derer, denen die Lügen aufgezwungen werden.

Der englische Autor und Psychiater Theodore Dalrymple fasste es so zusammen:

Wenn Menschen, denen die offensichtlichsten Lügen erzählt werden, gezwungen werden zu schweigen, oder noch schlimmer, wenn sie gezwungen werden, die Lügen selbst zu wiederholen, verlieren sie ein für allemal ihr Gefühl der Redlichkeit. Offensichtlichen Lügen zuzustimmen, bedeutet in gewisser Weise, selbst böse zu werden. Das Ansehen eines Menschen wird dadurch erodiert und sogar zerstört.

Eine Gesellschaft entmannter Lügner ist leicht zu kontrollieren. Ich denke, wenn Sie Political Correctness untersuchen, dann hat diese den gleichen Effekt, und das ist auch so beabsichtigt.

 

Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors www.think-again.org  Weitere Texte des Autors Im Buch „Grün und Dumm“ bei Amazon

Foto: Bibliothèque nationale de France Agence de presse Meurisse via Wikimedia Commons

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Leserpost

netiquette:

Alois Fuchs / 15.09.2020

Mit Verlaub Herr Hofmann-Reinecke, mir reicht eine Physikerin (wenn es denn stimmt) an führender Position vollauf. Nein, eigentlich ist mir die eine schon zu viel.

Rolf Mainz / 15.09.2020

Böse Zungen behaupten ja, dass Frauen - wenn diese es überhaupt auf eine berufliche Karriere anlegen - eben geschickter in der Berufswahl agieren als Männer. Statt sich ellenlang mit drögen Formeln herumzuschlagen und als Belohnung dafür ein Berufsleben lang “Zylinderkopfdichtungen zu konstruieren”, ist es doch viel angenehmer, z.B. ein vergleichsweise kommodes Lehramtstudium (man vergleiche allein die Semesterwochenstunden!) zu ergreifen, anschliessend in die Beamtenexistenz zu gleiten und jene dann nach angenehmer Wochenarbeitszeit und attraktiven Ferienzeiten mit der sicheren (Früh-)Pensionierung zu krönen. Oder aber in nicht-technische Bereiche wie Werbung, Kommunikation oder PR zu gehen, wo frau das Hobby (“Kommunikation” eben) zum Beruf machen kann. Dies unter guter Bezahlung und schönen Dienstreisen an angenehme Örtlichkeiten zwecks Begleitung von Dreharbeiten für Image-Filmchen usw. Übertrieben? Etwas, hier und da, vielleicht. Aber die Tendenz stimmt sicher. Frau quält sich nicht gern - ein gesunder Standpunkt, klar, der sie ja u.a. mit statistisch höherer Lebenserwartung belohnt. Nur: die Männer (das “Patriarchat” in der Terminologie jener, welche die Schattenseiten matriarchalischer Gesellschaften nicht kennen) trifft da keine Schuld.

Ulrike Rotter / 15.09.2020

Es ist die gleiche Grütze wie beim Migrantenthema - dem Objekt der Begierde (hier Frauen, dort Migranten - ist aber im Prinzip beliebig austauschbar) wird eine Opferrolle zugeschustert, die es weder innehatte und über die es sich kaum jemals beschwert hatte - es sei denn, man / frau /Migrant usw. wurde vorher entsprechend gebrieft oder ist ohnehin ein Uboot, welches eine Agenda verfolgt. Diesem Opfer wird überdies auch noch abgesprochen, seine Interessen selbst wahrnehmen und vertreten zu können, weshalb es unbedingt einen Helfer /Beauftragten / eine Mami braucht, der dieses Opfer an die Hand nimmt und gegen die böse Umwelt verteidigt. Nur zwei nüchterne Fakten zur angeblich ach so furchtbaren Benachteiligung der Frau in der Berufswelt: der sogenannte Gender Pay Gap beträgt nach Bereinigung (herausrechnen von Teilzeitarbeit, Erziehungszeiten etc. ) zwischen den Geschlechtern in etwa 2 Prozent. Gibt man Kindern neutrales Spielzeug in die Hand, werden Mädchen tendenziell (!!) dieses Spielzeug als Puppen, Jungs jedoch als Werkzeug oder Waffen nutzen. Aber an nüchternen Fakten waren Ideologen noch nie interessiert.

Claudius Pappe / 15.09.2020

Ende der 70 er studierte ich Elektrotechnik. Frauenanteil: 0 %. Migrantenanteil: 1 %, der allerdings ( Türke) im laufe des ersten Semesters nicht mehr gesehen war. Später im Berufsleben hatte ich mal 2 Kolleginnen. Hielten maximal 1 Jahr durch. In der Chemie sieht es etwas besser aus. Im ÖD ( Chem. Labore ) sind die Stellen zu 80 % von Frauen besetzt- hier werden die Stellen vorwiegend an Frauen vergeben, Männer werden diskriminiert.

Sebastian Weyrauch / 15.09.2020

Es kann eben nicht sein, was nicht sein darf. Würde man nicht nur politisch gewolltes sondern auch die individuellen Vorraussetzungen für ein anspruchsvolles MINT Studium rational betrachten, stellte man fest, dass es im relevanten Bereich der Hochbegabung signifikant mehr Männer als Frauen gibt. Eine Geschlechterparität bedeutet hier automatisch entweder einen großen Teil des intellektuellen Potentials auszuschließen oder die Anforderungen an Dir Ausbildung deutlich zu senken. - Beides Wege, die nicht im gesellschaftlichen Interesse liegen sollten.

Uwe T. Jacobs / 15.09.2020

Political correctness is fascism pretends to be manners. George Carlin.

Rainer Nicolaisen / 15.09.2020

PC ist doch nichts als ein Offenbarungseid, ausgestoßen von geistigen Schwachmaten auf ihrem permanenten Totenbett. Sie stinkt wie ihre Urheber.

Katrin Wenckebach / 15.09.2020

Lieber Herr Hofmann-Reineke, vielen Dank für Ihren treffenden Artikel. Damit sprechen Sie sicher nicht nur mir aus der Seele. Ja, es gibt sie, die Ingenieurinnen. Ich bin eine davon, sogar noch mit Dipl., aber wir haben schlicht keine Zeit, uns mit dem ganzen Gleichstellungsblödsinn zu beschäftigen. Wer arbeitet und “nebenbei” noch Familie hat, kommt vor lauter Kopfschütteln schon seit geraumer Zeit nicht in den Schlaf. Und das ist ja leider nicht die einizige Baustelle im Land. BItte bleiben Sie am Ball. Herzliche Grüße

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