Der Gardasee kann es den Medien einfach nicht recht machen, entweder es ist eine ausgetrocknete Mondlandschaft oder vom Überlaufen bedroht. Eines aber bleibt konstant: Er ist der wohl beliebteste See der Deutschen.
„Gardasee so voll wie nie“, titelt die Frankfurter Allgemeine Zeitung, der Gardasee erreiche einen historischen Höchststand, Wasser müsse abgelassen werden . Dass ist nicht deshalb interessant, weil es dort in der Vergangenheit natürlich schon einmal höhere Wasserstände gegeben hat und die systematische Aufzeichnung der Pegelstände des Gardasees gerade mal bis 1950 zurückreicht, der „beliebteste See der Deutschen“ aber vor 1,5 Millionen Jahren entstand.
Doch solche kleinen Unschärfen in reißerischen Überschriften ist man mittlerweile auch von den Qualitätsmedien gewohnt. Interessant ist die Meldung, weil der See vor Jahresfrist angeblich kurz vor dem Austrocknen stand. Damals herrschte „Dürre“ in Italien und hierzulande wurden dramatische Bilder verbreitete von Touristen, die an der Nordspitze der Halbinsel von Sirmione durch trocken gefallene „Mondlandschaften“ irrten. Ich widmete dem historischen Ereignis einen Artikel auf der Achse, den man hier nachlesen kann.
Dass der Gardasee nach Dürresommern im folgenden Winter „vollläuft“, komme „hin und wieder“ vor, heißt es weiter unten in dem FAZ-Qualitätsartikel zuletzt sei dies in den Jahren 2003 und 2007 der Fall gewesen, was allerdings vor einem Jahr offenbar noch nicht bekannt war, jedenfalls wurde nichts darüber geschrieben, wie schnell sich das Blatt wenden kann, weil es wohl nicht ins alarmistische Bild gepasst hätte.
Die Dürre in Deutschland hat sich ausgedörrt
Doch ein bisserl Warnung muss immer noch sein: „Die wirkliche Herausforderung besteht darin, unser Ökosystem in einem Zustand zu erhalten, der eine für die Zukunft notwendige Lebensqualität garantiert“, wird von der FAZ Filippo Gavazzoni zitiert, Vizepräsident des Verbands der Gemeinden des Gardasees. „Dazu müssen wir umsichtig mit unseren Wasserreserven umgehen.“ Für Frühjahr und Sommer 2024 dürften diese Reserven „erst einmal“ ausreichen, beschließt die FAZ ihre hydrologischen Betrachtungen. Der nächste Dürrealarm wird also nicht lange auf sich warten lassen, gefolgt von der nächsten Überschwemmung. Hauptsache Katastrophe.
Ach ja, auch die Dürre in Deutschland hat sich ausgedörrt. Nach den sehr nassen Herbst- und Wintermonaten habe sich die Dürre aufgelöst und sei „deutschlandweit eigentlich kein Problem mehr", sagte der Leiter des Dürremonitors beim Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Andreas Marx, laut der SPD-nahen Sächsischen Zeitung. "Eine Dürre ist ein Extremereignis. Jedes Extremereignis geht irgendwann vorbei."
So weit, so beruhigend. Die „Klimaforscher“ nähmen die aktuelle Situation auch zum Anlass, den Dürremonitor, ein Berechnungsmodell für die Bodenfeuchte, zu überprüfen. „Nach Auflösung der Dürre seien einzelne Fehlerquellen offenbar geworden, wird Marx zitiert. Zum Beispiel habe eine Station in Hannover-Langenhagen die Niederschlagsmenge systematisch als zu niedrig erfasst. Die Folge sei gewesen, dass dort fälschlich weiterhin eine Dürresituation angezeigt worden sei.
Unter anderem hatte die Redaktion von Kachelmannwetter wiederholt auf massive Diskrepanzen zwischen den Darstellungen des Dürremonitors und Messungen etwa des Deutschen Wetterdienstes (DWD) hingewiesen und in diesem Zusammenhang von „Schwachsinn“ gesprochen. Schwachsinn mit Methode offenbar.
Zurück zum Gardasee. Das die Beliebtheit des Sees partout nicht leiden will, bleibt jetzt nur noch die Schlagzeile: Gardasee erstickt am Tourismus.
Georg Etscheit ist Autor und Journalist in München.