Rainer Grell / 02.07.2018 / 16:30 / Foto: Pixabay / 3 / Seite ausdrucken

Gute Presse, schlechte Presse

Ich will hier nicht von „Lückenpresse“ oder „Lügenpresse“ schreiben, sondern lediglich von meinen ganz persönlichen Erfahrungen mit der Presse als Beamter des Landes Baden-Württemberg (vom 1. September 1969 bis 31. Mai 2006) und als Pensionär berichten. In meiner 35-jährigen Dienstzeit im Innenministerium Baden-Württemberg (wo ich neun verschiedene Dienstposten inne hatte) hatte ich dreimal ausgiebigen Kontakt mit der Presse:

1974/75 als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Innere Verwaltungsreform, 1988 als Leiter des Rechtsreferats der Polizeiabteilung im Zusammenhang mit der Volkszählung und 2006 als Leiter des Einbürgerungsreferats wegen des „Muslim-Tests“.

Als Beamter hat man normalerweise keinen direkten Kontakt mit der Presse. „Mit Presse, Funk und Fernsehen verkehren grundsätzlich die Behördenleitung, die Pressereferentin oder der Pressereferent oder andere von der Behördenleitung Beauftragte“ (Nr. 1.2 Absatz 3 der Dienstordnung für die Landesverwaltung Baden-Württemberg). Hin und wieder kommt es allerdings vor, dass die Pressestelle einen Journalisten an den jeweils zuständigen Beamten verweist, diesen also ermächtigt, mit der Presse zu sprechen.

Die dritte Variante, die ich erlebt habe, ist meines Wissens bisher einmalig in der Landesverwaltung Baden-Württemberg. Im Herbst 1973 setzte der damalige Innenminister Karl Schieß eine Arbeitsgruppe Innere Verwaltungsreform ein (an die sich heute kaum noch jemand erinnert) und berief mich zu ihrem Vorsitzenden. Ich war der einzige Teilnehmer aus dem Ministerium. Die übrigen elf (das einzige weibliche Mitglied schied angesichts der Penetranz der Presse nach kurzer Zeit entnervt aus) kamen aus den unterschiedlichen Sparten der Landesverwaltung. Das Besondere an meiner Position: Ich hatte keinen Vorgesetzten, sondern war dem Minister direkt unterstellt. Und: Die Pressearbeit konnte ich selbstständig ohne Einschaltung der Pressestelle erledigen.

Die Erfahrungen, die ich in dieser Zeit mit der Presse (also Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen) gemacht habe, waren durchweg positiv. Ich führe das auf das Thema und auf meine einzigartige Position zurück. In einer Veranstaltung des Tübinger Presse­clubs fragte mich der damalige Vorsitzende Hubert Locher, warum ich eigentlich Beamter geworden sei. Meine Antwort verblüffte ihn sichtlich: Weil es einer der letzten freien Berufe ist. Leider machen nicht allzu viele Kolleginnen und Kollegen von der Freiheit Gebrauch, die ihnen dieser Beruf bietet.

Als Leserbrief zu schade

Ich habe meine Freiheit seinerzeit allerdings insoweit überzogen, als ich meine Position als Vorsitzender der Arbeitsgruppe auch dann noch praktizierte, als ich schon wieder in der Linie arbeitete. So schrieb ich Anfang 1975 „als ehemaliger Vorsitzender der Arbeitsgruppe ‚Innere Verwaltungsreform‘“ einen Leserbrief an die Stuttgarter Zeitung zum Thema Bürokratie und Reform der Verwaltung. Der Journalist Hans Funk meinte jedoch, das sei für einen Leserbrief zu schade, daraus könne man doch einen schönen redaktionellen Artikel machen, und bat mich um ein Interview. Ich stimmte zu – ohne Rücksprache mit der Pressestelle, weil es ja um das Thema der Arbeitsgruppe ging. Der Artikel erschien am 10. Februar 1975 dreispaltig auf Seite 3 unter der Überschrift „Bastelwochen an einem einzigen Brief“. Der letzte Absatz lautete:

„Grundlegende Änderungen, darüber ist sich Rainer Grell bei aller Anerkennung für diese kleinen Schritte [die zuvor geschildert wurden] im klaren, dürfen wohl erst erwartet werden, wenn sich die teuren Topmanager der Verwaltung, zu denen er durchaus auch Abteilungsleiter zählt, nicht mehr mit Sachbearbeiterproblemen herumschlagen, sondern konzeptionelle Arbeit leisten und entsprechende Ergebnisse vorweisen. ‚Wer dann nichts bringt‘, meint Grell, ‚muß sich eben einen anderen Job suchen.“

In meinem Leserbrief hatte ich zum Schluss noch diesen Satz geschrieben, der aber keinen Eingang in den Artikel gefunden hat:

„Es ist allerdings wie verhext: Solange unsere Politiker den Abgeordnetenstuhl drücken, wissen sie ziemlich genau, wie man der Bürokratie zu Leibe rücken sollte; wenn sie aber auf den Ministersessel hinüberwechseln – und nun an der Spitze der Bürokratie stehen – scheinen viele dieses Wissen im Parlament zurückzulassen.“

Trotzdem: Ich war eindeutig zu weit gegangen und musste mich gegenüber dem Personalchef und dem Personalrat schriftlich äußern. Ein Kernsatz meiner Stellungnahme lautete: „Ich wäre bereit zuzugeben, dass es vielleicht taktisch nicht besonders klug war, dieses Interview zu geben, sehe mich jedoch außerstande, mich inhaltlich davon zu distanzieren.“ Der ganze Vorgang wurde ausführlich in der Hauszeitschrift „IM-Intern“ behandelt. Anschließend eröffnete mir der Amtschef des Hauses, dass ich gerade noch an einem Disziplinarverfahren vorbei gekommen sei. Die Presse bekam von diesen Interna allerdings nichts mit. Den Gedanken, Hans Funk einen Hinweis zu geben, schob ich wieder beiseite. Ich war nun mal formal im Unrecht.

Ein Satz wie eine Bombe

In der Polizeiabteilung, in der ich fast sechs Jahre das Rechtsreferat geleitet habe und auch Stellvertreter des Landeskriminaldirektors war, ging es während der Vorbereitung der Volkszählung hoch her. Das Landeskriminalamt richtete eine Nachrichtensammelstelle ein, in der alle Daten über Straftäter und Straftaten gespeichert wurden, die sich in irgendeiner Weise gegen die Volkszählung richteten, die schließlich 1987 stattfand. Nach meiner Erinnerung wurden einige dieser Daten in der Terroristendatei APIS (steht für Arbeitsdatei PIOS Innere Sicherheit, PIOS = Personen, Institutionen, Objekte, Sachen) gespeichert. In diesem Zusammenhang leitete der Pressereferent einen Journalisten von dpa an mich weiter, der wissen wollte, wie das Ministerium die Datensammlung rechtlich begründe und welche Motive dahinter stünden. Zur Begründung zitierte ich aus einem von mir verfassten und dem Ministerialdirektor (Amtschef) unterschriebenen Erlass und verwies auf die Pflicht zur Gefahrenabwehr nach dem Polizeigesetz. Zum Motiv setzte ich den verhängnisvollen Satz in die Welt, dass auch die RAF-Terrorristen „klein angefangen hätten“, und es gelte „den Anfängen zu wehren“.

Dieser Satz schlug in der Medienlandschaft wie eine Bombe ein: Jede Zeitung, die etwas auf sich hielt, berichtete über diese Ungeheuerlichkeit, wobei alle – mit einer Ausnahme – den dpa-Bericht mehr oder weniger wörtlich übernahmen. Ich verhehle nicht, dass dieser Vorgang mich noch heute beschäftigt und mein Urteil über die Presse, das bis dahin überwiegend positiv war, stark beeinflusst hat.

Dr. Klaus Bednarz, den Ulrich Clauß in einem Nachruf in der „Welt“ (vom 16. April 2015 Seite 8) als „knallharten Politjournalisten“ bezeichnet hat, brachte einen Bericht, bei dem jeder Zuschauer annehmen musste, Bednarz habe mit mir gesprochen. Seinem Bericht lag jedoch nichts weiter zugrunde als die dpa-Meldung, die er nach seinem Gusto „aufbereitete“, wie das die „Stimme eines kritischen und engagierten Journalismus“ (Kölner Stadt-Anzeiger) eben so macht. Ich verzichtete auf einen Leserbrief an die Welt, sondern schrieb an Ulrich Clauß u.a. „Wohlgemerkt: Ich bestreite nicht, dass die Presse sich meine Äußerung vornehmen und diese (meinetwegen auch heftig) kritisieren durfte. Selbstverständlich. Aber dass niemand es für nötig befunden hat, mich in dieser Angelegenheit zu kontaktieren, zeigt doch, wie etliche Journalisten in solchen Fällen arbeiten. Und es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn sich diese journalistische Nachlässigkeit ausgerechnet auf diesen Fall beschränkte.“ Eine Antwort habe ich ausnahmsweise (s. dazu unten im 4. Teil) nicht erhalten.

Der einzige, der sich etwas mehr Mühe machte, war Dr. Hanno Kühnert in der „Zeit“ (für die er „ein Glücksfall“ war). Er erwähnte in seinem Artikel zwei Fakten, die zeigten, dass er über die reine dpa-Meldung hinaus recherchiert hatte, nämlich, dass ich einen Kommentar zum Landesdatenschutzgesetz Baden-Württemberg geschrieben und mich auch um das erste Amt des Landesbeauftragten für den Datenschutz beworben hatte (das die einzige weibliche Bewerberin von insgesamt 15, Dr. Ruth Leuze, erhielt). Ich fragte ihn brieflich, warum er mich nicht kontaktiert hätte, erhielt aber keine Antwort. Vermutlich hat ihn meine Bemerkung verärgert, dass ein Gespräch mit mir eventuell seine schöne Story kaputt gemacht hätte.

Gegen rechts war es plötzlich richtig

Das Kuriose an der ganzen Geschichte: Als „der Kampf gegen rechts“ Fahrt aufnahm, bedienten sich die (linken) „Widerstandskämpfer“ genau desselben Mottos, das ich benutzt hatte: „Wehret den Anfängen“. Sie bedienten sich durchaus zu Recht Ovids auf die Liebe bezogenen Ratschlags „Principiis obsta sero medicina paratur“ – Widerstehe den Anfängen, die Heilung kommt sonst zu spät. Oder wie der persische Dichter Saadi es poetischer ausgedrückt hat:

„So kann den Sproß entwurzeln deine Hand,

doch nicht den Baum, der dort ein Leben stand.

Den Lauf der Quelle kannst du noch bestimmen,

den Strom vielleicht nicht einmal mehr durchschwimmen!"

Nur, warum gilt das nicht für jede Form von Extremismus? Wer findet, dass das doch schon lange her und heute alles anders sei (falls das tatsächlich jemand glauben sollte), der kann sich von Ulrich Vosgerau eines Besseren belehren lassen. Er schildert in seinem Buch „Die Herrschaft des Unrechts. Die Asylkrise, die Krise des Verfassungsstaates und die Rolle der Massenmedien“ (2018) seine persönliche Erfahrung mit der Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung („unabhängig/überparteilich“) über einen Vortrag zum Thema „Ist unser Asylrecht noch zu halten?“, den der Autor (nach eigenem Bekunden „seit vielen Jahren Mitglied der CDU“) auf Einladung eines Bezirksverbandes der AfD am 4. Juli 2016 hielt.

Es handelte sich um den zweiten Vortrag einer Reihe, die Hamed Abdel-Samad (mit der Vorstellung seines Buches „Mohammed: Eine Abrechnung“) eröffnet hatte. Die Einzelheiten sollte jeder Achse-Leser selbst nachlesen. Vielleicht macht ihn folgendes harsche Verdikt von Vosgerau neugierig: „Es bedarf hier nun keiner ausführlichen verfassungs- wie medienrechtlichen Darlegungen, um zu begründen, daß diese Art von ‚Berichterstattung‘ kaum der Verfassungserwartung des Grundgesetzes an eine Zeitung genügt“ (Seite 137f.).

Der Vorgang beschäftigte nicht nur die Presse, sondern erwartungsgemäß auch den Landtag. Die Fraktion der Grünen unter dem Vorsitz des heutigen Stuttgarter Oberbürgermeisters Fritz Kuhn nahm ihn zum Anlass für einen Dringlichkeitsantrag (Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 9/5285). Sie konnte sich dabei auf eine Beanstandung der Speicherung im Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten für den Datenschutz, Ruth Leuze, stützen. In der Begründung des Antrags heißt es:

„In der Öffentlichkeit stieß die Speicherung von Volkszählungsgegnern in der Staatsfeinde- und Terroristendatei auf nahezu einhellige Ablehnung und harsche Kritik. Selbst Ministerpräsident Späth zweifelte an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens, das unter anderem von Referatsleiter Grell mit der Begründung gerechtfertigt wurde, daß die meisten Terroristen mal mit Kleinigkeiten angefangen hätten.“

Und in der Plenardebatte dieses Antrag ließ es sich der Grünen-Abgeordnete Rezzo Schlauch nicht nehmen, auch diese Formulierung zu zitieren: „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, denn schließlich, so vernahm man es aus dem Innenministerium: Auch Terroristen haben ja einmal klein angefangen.“

„Widerstand, der das imperialistische System angreift“

Ein Redner der CDU, die natürlich das eigentliche Angriffsziel bildete, hob zwei Aufrufe von Volkszählungsgegnern hervor, die zeigen sollten, um was es wirklich ging:

„Wir greifen dieses Projekt an, weil wir ihre kapitalistischen Pläne durchkreuzen wollen, weil wir den Kapitalismus angreifen. Ein bisschen mehr oder weniger Datenschutz kann nicht unser Ziel sein. Wir müssen den Widerstand organisieren, der das imperialistische System auch hier angreift.“

Und:

„Organisiert den Widerstand! Solidarität mit allen kämpfenden Gefangenen! Für Selbstbestimmung und Kollektivität drinnen und draußen! Gegen Isolationshaft und Sonderbehandlung! Zusammenlegung der Gefangenen aus der RAF und aller anderen, die es fordern! Schafft das System ab, bevor es uns abschafft!“ (Landtag von Baden-Württemberg – 9. Wahlperiode – 85. Sitzung – Mittwoch, 3. Februar 1988, Seiten 7092-7098)

Die Debatte endete mit der Feststellung des Landtagsvizepräsidenten: „Der Antrag ist mehrheitlich bei wenigen Enthaltungen abgelehnt.“

Mir selbst klebte seither das Etikett eines „Law-and-Order-Mannes“ an, was mich aber nie gestört hat. Denn schon als Elfjähriger bin ich mit dem Wahlspruch des US-Rangers Flying Jack (eine Groschenheft-Reihe, verfasst von Kurt Selter) am Revers herumgelaufen: „Treu und tapfer für Recht und Gesetz“. 

Kampagne gegen den „Muslim-Test“

Eine bis dahin nie gekannte Pressekampagne löste der von mir verfasste „Muslim-Test“ des baden-württembergischen Innenministeriums aus, eine Verwaltungsvorschrift mit dem sperrigen Titel „Gesprächsleitfaden für die Einbürgerungsbehörden“ „Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)“, die am 1. Januar 2006 in Kraft trat (und von Integrationsministerin Bilkay Öney mit Schreiben vom 29. Juli 2011 aufgehoben wurde). Ich habe darüber auf der Achse vor gut zwei Jahren berichtet.

Den Anfang bildete ein dreistündiges Gespräch mit dem SWR-Journalisten Utku Pazarkaya in meinem Büro im Innenministerium, das am 12. Dezember 2005 in einer sehr knappen Zusammenfassung im Radio gesendet wurde. Die einschlägigen Informationen hatte er offenbar durch den Heidelberger Rechtsanwalt Memet Kiliç erhalten, der (nach meiner Erinnerung) seinerzeit Vorsitzender des Ausländerrats der Stadt Heidelberg war, die die einschlägige Verwaltungsvorschrift wegen einer Gemeinderatssitzung im Dezember auf Wunsch vorab bekommen hatte.  

Es folgte ein mehrstündiges Gespräch in meinem Büro im Januar 2006 mit dem SPIEGEL-Journalisten Jan Fleischhauer, der eine Titelgeschichte über den „Muslim-Test“ bringen wollte. Anschließend wollte er noch mit Necla Kelek in Berlin sprechen, die mich ja beraten hatte. Kurz darauf rief mich ein SPIEGEL-Fotograf wegen eines Fotos an. Da es mir unvertretbar erschien, dass er deswegen aus Hamburg oder Berlin anreiste, lehnte ich ab und bot ihm stattdessen an, bei Bedarf ein paar Fotos zur Auswahl zu schicken. Zu der Titelgeschichte kam es jedoch nicht.

Außerdem hatte ich ein Interview mit Rachel Martin, einer sympathischen Journalistin des US-amerikanischen National Public Radio, sowie ein telefonisches Vorgespräch mit anschließenden schriftlichen Fragen mit dem kanadischen Journalisten Dr. John Turley-Ewert von der Zeitung National Post. Beide stützten sich natürlich auf die Berichterstattung in der deutschen Presse. Die übrige Pressearbeit wurde durch meinen Abteilungsleiter, den Amtschef des Hauses sowie natürlich durch den Minister selbst und die Pressereferentin erledigt.  

30 Fragen, die die Welt erregten

Von Januar bis März 2006 erschienen mehr als 400 Artikel zum „Muslim-Test“, darunter die Meldung: „Der Zentralrat der Muslime erwägt eine Klage gegen den Einwanderungs-Fragebogen in Baden-Württemberg“. Zu der Klage kam es ebenso wenig, wie auch sonst niemand geklagt hat, trotz mehrerer Ankündigungen. Nach Erscheinen meines Buches „Dichtung und Wahrheit: Die Geschichte des „Muslim-Tests“ in Baden-Württemberg. 30 Fragen, die die Welt erregten (nicht nur die islamische)“ bat Fleischhauer mich übrigens um Übersendung des Manuskripts, was ich angesichts des Umfangs von 3,81 MB per E-Mail erledigte. Ein Dankschreiben hielt er offenbar für überflüssig. Hoffen wir, dass ihm das Buch mit seinen Informationen und zahlreichen Fundstellen eine Hilfe bei seiner journalistischen Arbeit war.

In der Berichterstattung trat ich selbst kaum in Erscheinung, mein Name wurde vielleicht drei- oder viermal genannt. Im Mittelpunkt stand die CDU (Innenminister Heribert Rech und Ministerpräsident Günter Oettinger), der man diesen ausländerfeindlichen, rassistischen, islamophoben „Fragebogen“ zum Vorwurf machte. Immerhin war am 2. März 2006 Landtagswahl im Ländle.

Ähnlich wie heute unterschied sich die Haltung der Bürger durchaus von der veröffentlichten Meinung. In meinem Buch über den „Muslim-Test“ schrieb ich dazu (Seite 79f.):

„Kein Thema hat die Bürger in den letzten Jahren so aus der Reserve gelockt wie der ‚Muslim-Test‘. Einschließlich der Schreiben von Verbänden, Kirchen und sonstigen Organisationen haben uns 267 Zuschriften erreicht (Stand 26. April 2006), zusätzlich haben 73 Personen nur den Gesprächsleitfaden angefordert (und erhalten). Von den 267 Zuschriften waren 142 zustimmend (53,2%), 97 ablehnend (36,3%) und der Rest von 28 (10,5%) neutral oder unklar. Das Ergebnis einer Emnid-Umfrage vom 24. Januar 2006 fiel noch günstiger aus: Mehr als drei Viertel (76 Prozent) der Bundesbürger befürworteten Einbürgerungstests; 21 Prozent waren dagegen, der Rest von drei Prozent offenbar unentschlossen.“

Nach meiner Pensionierung am 31. Mai 2006 war das Interesse an meiner Person größer, worüber ich, wie gesagt, bereits berichtet habe.   

Presse als „alternative Staatsgewalt“?

In diesem Zusammenhang sollen lediglich die Macht der Presse und die Ohnmacht des Bürgers interessieren. Ein Rüdiger Soldt durfte mich ungehindert einen württembergischen Pim Fortuyn nennen und mir eine „wilde Mischung aus Zitaten von Jandl, Dostojewski und Ayaan Hirsi Ali“ vorwerfen, was natürlich auf den unbefangenen und unbedarften Leser seine Wirkung nicht verfehlte. Nicole Höfle übte sich in der Kunst des Weglassens, indem sie die Themen, die mir besonders am Herzen lagen und die ich ausführlich angesprochen hatte, einfach nicht erwähnte und mir vorwarf, „Stimmung gegen den Islam“ zu machen. Gegen den FAZ-Artikel habe ich mich durch einen Offenen Brief auf „Politically Incorrect“ gewehrt, weil mir damals kein anderes Forum zur Verfügung stand. Gegen das Höfle-Porträt protestierte ich in einem Schreiben an die Verfasserin und ihren Chef, den heutigen Leiter des Regionalressorts, seinerzeit Leiter der Stadtredaktion. Von diesem bekam ich eine verständnisvolle Antwort, ohne dass sich dadurch in der Sache etwas geändert hätte.

Vosgerau beschreibt sehr anschaulich die hilflose Situation des Normalbürgers, der ins Visier der Presse geraten ist: „Real agieren Massenmedien nicht selten als alternative Staatsgewalt oder jedenfalls politische Gewalt ohne durchgreifende verfassungsrechtliche Bindung. Sie unterscheiden zwischen erlaubten und verbotenen Meinungen oder Äußerungen; sie attribuieren Schuld oder Mitschuld; sie klagen öffentlich an, ohne dem Angeklagten irgendeine Möglichkeit zu seiner Verteidigung zu geben; sie sind immer zugleich Streitpartei und Richter in eigener Sache“ (Seite 190f.). Fazit: „Der Bürger ist gegen Verleumdungen in den Massenmedien viel hilfloser und wehrloser, als er es gegen rechtswidriges Staatshandeln wäre“ (Seite 188).

Karl Steinbuch hat diese Kritik schon 1973 so formuliert: „Bei manchen (zum Glück nicht allen!) Publikationsorganen wird das Mißverhältnis zwischen wachsender Macht und schwindender Moral immer empörender“ (Kurskorrektur Seite 86).

Achse-Autor Thilo Sarrazin kann ebenfalls ein Lied davon singen, wenngleich ihm als Bestseller-Autor natürlich andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Abdruckquote der Leserbriefe

Nach alldem ist es wohl nicht verwunderlich, dass ich ein kritisches Verhältnis zur Presse habe. Mein Abonnement der Stuttgarter Zeitung habe ich am 28. September 2010 mit folgender Begründung gekündigt: „Schon lange missfällt mir Ihre Berichterstattung über alles, was mit Israel zusammenhängt. Der Artikel von Daniel Völpel in der Stuttgarter Zeitung vom 23. September hat mir den Rest gegeben. Ich kündige hiermit mein Abonnement zum 31. Dezember 2010.“ Seit 1. Januar 2011 habe ich „Die Welt“ abonniert. Sie ist zusammen mit der Achse des Guten meine Hauptinformationsquelle. Besonders erfreulich finde ich, dass die „Welt“-Journalisten stets auf meine E-Mails reagieren, wobei sich hin und wieder sogar ein regelrechter Gedankenaustausch entwickelt hat. Korrespondiert habe ich bisher mit Klaus Geiger, Rainer Haubrich, Matthias Heine, Tilman Krause, Marcel Leubecher (als er noch bei der Leserbriefredaktion arbeitete), Martina Meister, Paul Nehf (wegen einer Leserbriefänderung), Ulf Poschardt, Alan Posener, Dirk Schümer, Jacques Schuster, Andrea Seibel, Karsten Seibel, Berthold Seewald, Kathrin Spoerr, Clemens Wergin (ich hoffe, ich habe niemanden vergessen). Sehr zufrieden bin ich auch mit der Abdruckquote meiner Leserbriefe: von 62 im letzten Jahr waren es 22. Gar nicht zufrieden bin ich dagegen mit dem kümmerlichen Platz, den die „Welt“ den Leserbriefen einräumt. Wenn man bedenkt, dass es die Zeitung ohne Leser gar nicht gäbe, wäre eine ganze Seite angemessen. Auf diesen Vorschlag bekam ich von Chefredakteur Ulf Poschardt keine Antwort. Vielleicht dachte er, alles was ich dazu sage, kann gegen mich verwendet werden (nach der berühmten Rechtsmittelbelehrung im US-amerikanischen Ermittlungsverfahren vor Vernehmungen: “You have the right to remain silent. Anything you say can and will be used against you in a court of law” – Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden – das so genannte Miranda warning). Falls er gedacht haben sollte „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“, wäre das für einen Journalisten allerdings eine kuriose Einstellung. Andrea Seibel, die das „Forum“ zu verantworten hat, schrieb mir immerhin: „„Wir versuchen, den Lesern wirklich so viel Platz und Respekt wie möglich einzuräumen.“ O my God! Das ist fast so, als wenn Politiker betonen, dass sie die Sorgen der Bürger „ernst nehmen“.

Achse-Autor Manfred Haferburg hat mein Anliegen (am 9. März 2016) besser beschrieben, als ich dazu in der Lage bin:

„Journalist sein wäre eine reine Freude, wenn da nicht alle diese blöden Leser wären. Man könnte unwidersprochen die Kanzlerin als ‚neoheroisch‘ bezeichnen, Sigmar Gabriel als ‚Neidschürer‘, die AfD als ‚perfide menschenverachtend‘ brandmarken und Seehofer als ‚hinterfotzigen Brutus‘. Man könnte die Wähler als ‚rechte Dumpfbacken‘ titulieren, weil sie ihr Kreuzchen an der falschen Stelle machen. Man könnte ‚nicht hilfreiche‘ Tatsachen zu erwähnen vergessen. Man könnte ‚bürgerverunsichernde‘ Zahlen ein bisschen aufhübschen. Man könnte mit erhobenem Zeigefinger die Leser vom hohen moralischen Ross herunter belehren. Viele Journalisten kämpfen heute zusammen mit der GanzGroKo bis zum moralischen Endsieg für das Gute auf der Welt, oder zumindest das, was sie dafür halten.

Aber da ist dieser Tsunami von unfrohen Leserkommentaren, verfasst von hässlichen bösen ‚Trollen‘ mit ‚dumpfen rechten‘ Ansichten – lästige Leser, die den ganzen Tag nichts Besseres zu tun haben, als ihrer Meinung zu sein und das auch noch aufzuschreiben. Das empfinden Journalisten als geballten ‚Hass und Dummheit‘ in den Foren. Die Redaktion musste schon Hilfskräfte aus linken Studentenkreisen einstellen, bei denen das Mousepad raucht vom Löschen der Kommentare. Was Hass und Dummheit ist und wer Troll ist, das legt die Redaktion fest. Und der § 12 des Pressekodex.“

Erfahrungen mit dem Presserat

Abschließend noch ein paar Bemerkungen zu meinen Erfahrungen mit dem Deutschen Presserat. Zweimal habe ich mich an ihn gewandt.

Am Donnerstag, den 27. Februar 2014, hatte ich einen Leserbrief an die Tageszeitung „Die Welt“ geschrieben. Am Samstag wurde er abgedruckt. In veränderter Form. Die Zeitung behält sich zwar ausdrücklich vor, Briefe zu kürzen. Mein Brief war allerdings nicht nur gekürzt, sondern durch Einfügungen sogar verlängert worden.

Nun ja, dachte ich, immerhin ist dein Gedanke unter die Leute gekommen. Doch wer beschreibt mein Erstaunen, als ich am darauf folgenden Montag die „Welt“ aufschlug und meinen Leserbrief erneut abgedruckt fand. Dieses Mal bis auf zwei Kürzungen unverändert: Im zweiten Satz ist lediglich „allerdings“ entfallen und im nächsten wurden die gekennzeichneten Teile gestrichen „mit dem Polizeifoto eines Mordes (gemeint ist natürlich eines Mordopfers) vergleicht“.

In Richtlinie 2.6 zum Pressekodex des Deutschen Presserates heißt es zum Thema „Leserbriefe“:

(4) Änderungen oder Kürzungen von Zuschriften namentlich bekannter Verfasser ohne deren Einverständnis sind grundsätzlich unzulässig. Kürzungen sind möglich, wenn die Rubrik Leserzuschriften einen ständigen Hinweis enthält, dass sich die Redaktion bei Zuschriften, die für diese Rubrik bestimmt sind, das Recht der sinnwahrenden Kürzung vorbehält. Verbietet der Einsender ausdrücklich Änderungen oder Kürzungen, so hat sich die Redaktion, auch wenn sie sich das Recht der Kürzung vorbehalten hat, daran zu halten oder auf den Abdruck zu verzichten.

Meine Frage an den Deutschen Presserat lautet:

War der Abdruck meines nicht nur gekürzten, sondern gleichzeitig durch Ergänzungen sogar verlängerten Leserbriefes in der Samstagsausgabe der „Welt“ korrekt oder nicht. Die Antwort lautete „nicht korrekt“. Da ich aber nur eine Frage gestellt hatte, sollte ich mich äußern, ob ich eine förmliche Beschwerde einlegen wollte; nur dann sei ein Hinweis, eine Missbilligung oder eine Rüge durch den Presserat möglich. Ein Blick in die Beschwerdeordnung des Presserates ließ mich diese Frage verneinen. Schließlich schätze ich die „Welt“ sehr und wollte mein gutes Verhältnis nicht durch eine solche Entscheidung belasten. Die bloße Antwort auf meine Frage genügte mir schon.

Der zweite Vorgang ist leider einem „Crash“ meines PC zum Opfer gefallen. Ich erinnere mich aber noch an den hilfreichen sinngemäßen Hinweis in der Antwort des Presserates, dass zu enge Restriktionen natürlich den Abdruck eines Leserbriefes verhindern könnten. Denn: „Der Verfasser hat keinen Rechtsanspruch auf Abdruck seiner Zuschrift“ (Richtlinie 2.6 Absatz 2 am Ende).

Zu dem Offenen Brief von Hamed Abdel-Samad an den Großscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo (Ahmad Mohammad al-Tayyeb) in der Welt vom 15. März 2016 schrieb ich diesen Leserbrief:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wer hätte denn diesen offenen Brief schreiben können außer Hamed Abdel-Samad! Kenntnisreich, authentisch, unerschrocken und gleichwohl sachlich. Danke, dass Sie diesem mutigen Mann immer wieder ein Forum bieten. Hoffen wir, dass die Bundesregierung, allen voran die Kanzlerin und der Bundesinnenminister, sowie die Abgeordneten des Deutschen Bundestages etwas mit den Ausführungen von Abdel-Samad anzufangen wissen. Ein Grund zu Optimismus besteht allerdings nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Grell

Die Leserbriefredaktion änderte den ersten Satz wie folgt: „Wer hätte diesen offenen Brief besser schreiben können als Hamed Abdel-Samad?“

Das veranlasste mich zu folgender Mail an Andrea Seibel:

Sehr verehrte Frau Seibel,

„Der schon wieder“, schoss Ihnen vermutlich durch den Kopf, als Sie den Absender dieser Mail lasen. Durchaus verständlich. Aber warum der schon wieder? Am 20. Januar schrieben Sie mir: „Es ist in der Tat nur das Kürzen erlaubt, aber nicht sprachliche Veränderung.“ Entweder ist das in Ihrer Leserbriefredaktion nicht bekannt oder es ist diesem oder jener ganz einfach egal. Ich schrieb: „Wer hätte denn diesen offenen Brief schreiben können außer Hamed Abdel-Samad!“ Die Leserbriefredaktion machte daraus (in der heutigen Ausgabe): „Wer hätte diesen offenen Brief besser schreiben können als Hamed Abdel-Samad?“ Das ist nicht nur eine sprachliche Veränderung, sondern auch eine inhaltliche. Selbst wenn ich dem/der Verantwortlichen zugutehielte, dass er/sie den Unterschied gar nicht bemerkt hat, machte das die Sache nicht besser, sondern (jedenfalls in meinen Augen) schlimmer. Ich wäre sehr daran interessiert zu erfahren, was sich der/die Betreffende dabei gedacht hat. Denn irgendetwas gedacht muss er/sie sich ja wohl haben.

In unverhohlener Verärgerung

Rainer Grell

Hierauf antwortete mir der zuständige Leserbriefredakteur:

Sehr geehrter Herr Grell,

vielen Dank für Ihre E-Mail. In diesem Fall bin ich für die Formulierung verantwortlich - und möchte mich hiermit entschuldigen. Da Sie eine Erklärung meiner Gedankengänge wünschen, so wollte ich die Aussage hinter Ihrer rhetorischen Frage klarer herausstellen – da mir, als ich sie las, sofort einige andere Namen und Personen in den Sinn kamen, die auch durchaus ihre Berechtigung gehabt hätten, dem Scheich einen offenen Brief zu schreiben.

Allerdings haben Sie vollkommen Recht, dass das Wort "besser" wohl der Interpretation zu viel war. Eigentlich, so vermute ich jetzt, wollten Sie damit ausdrücken, dass wohl keiner geeigneter gewesen wäre, den Brief zu schreiben, als Hamed Abdel-Samad. Wie auch immer, Ihre Verärgerung kann ich nachvollziehen und möchte mich nochmals dafür entschuldigen.

Mit freundlichen Grüßen

Paul Nehf

Das nenne ich Stil! Meine Antwort lautete:

Sehr geehrter Herr Nehf,

vielen Dank für Ihre prompte Reaktion. Um es offen zu sagen: Sie haben sich mehr Gedanken gemacht, als ich vermutet hatte. Ich nehme Ihre Entschuldigung deshalb an. Zumal ich erkenne, dass Sie meine Intention, wenn auch erst im Nachhinein, richtig verstanden haben. Sie könnten sich Ihre Arbeit allerdings wesentlich erleichtern, wenn Sie sich ggf. auf unvermeidliche Kürzungen beschränkten und auf sprachliche oder gar inhaltliche Änderungen ganz verzichteten. Sie würden damit auch vermeiden, mit der Richtlinie 2.6 zum Pressekodex des Deutschen Presserats in Konflikt zu geraten, wo es zum Thema Leserbriefe heißt: „(4) Änderungen oder Kürzungen von Zuschriften namentlich bekannter Verfasser ohne deren Einverständnis sind grundsätzlich unzulässig. Kürzungen sind möglich [richtig wäre „zulässig“], wenn die Rubrik Leserzuschriften einen ständigen Hinweis enthält, dass sich die Redaktion bei Zuschriften, die für diese Rubrik bestimmt sind, das Recht der sinnwahrenden Kürzung vorbehält.“ Änderungen sind also in keinem Fall erlaubt.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Grell

Gleichwohl schreibe ich unverdrossen Leserbriefe (in diesem Jahr bisher 26, wovon 10 abgedruckt wurden). Ich sehe darin eine kleine, nicht völlig nutzlose Möglichkeit, an der öffentlichen Diskussion von Problemen teilzunehmen, die alle Bürgerinnen und Bürger betreffen. In einer größeren Diskussionsrunde wurde ich mal gefragt, warum ich nicht in eine Partei einträte und mich dann in ein kommunales Gremium wählen ließe. Dort könne ich doch wesentlich wirkungsvoller politische Entscheidungen beeinflussen. Meine Antwort lautete, dass ich es mit meinen Ansichten in keiner Partei weit bringen und es demzufolge auf keine Kandidatenliste schaffen würde.

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Horst Jungsbluth / 02.07.2018

Ich kann diesem sehr interessanten und ausführlichen Beitrag nur zustimmen und würde gerne mit drei ergänzenden Anmerkungen das Vorgebrachte erhärten. Nach der bekämpften Volkszählung 1987 wurde im damaligen Westberlin ab 1988 nach einer puren statistischen Bereinigung!!! eine kriminelle Wohnungsnotkampagne wie ein Theaterstück inszeniert, das von dem kommunistischen Blättchen “Die Wahrheit” (gefolgt von der TAZ) gestartet wurde und mit ähnlichen Aktionen dazu dienen sollte, bei der Wahl den CDU/AL-Senat durch den von der SED gewünschten SPD/AL-Senat abzulösen, was dann auch gelang. Dieser Senat machte sich sofort an die Arbeit, um nach einem Strategiepapier mit gefälschten Vorschriften!!! und unzutreffenden Gründen unter unter schlimmstem Missbrauch der Verwaltungsvorschriften unbescholtene Bürger wie Verbrecher zu jagen, während man diese zwecks Einschüchterung der Bürger unbehelligt schalten und walten ließ. Oppositionsführer Diepgen (CDU) erkannte das zwar und sprach im Abgeordnetenhaus von einer Diktatur und “der schlimmsten Gleichschaltung seit ........... von Politik, Ämtern, Justiz und sogar der Wissenschaften”, handelte aber aus unerfindlichen Gründen nicht. Die ebenfalls “gleichgeschalteten” Medien hatte er dabei in der Eile wohl vergessen. Als die Schöneberger CDU-Abgeordnete Buchholz (CDU)  von Bürgern gefragt wurde, warum angesichts der verheerenden Verhältnisse in Berlin so gehandelt wird, antwortete sie, dass sie (also “die Abgeordneten) gar nichts tun könnten, da die Medien die Politik bestimmten.” Auf meinen Einwand, dass sie gerade eine Bankrotterklärung für unser gesamtes politisches System abgegeben habe, reagierte sie nicht. Internetkommentare von mir werden vom “Tagesspiegel” nicht mehr angenommen, von der “Welt” meistens auch nicht und bei der FAZ, wo ich eigentlich die größten Erfolge hatte, kann ich trotz Anmeldung nicht mehr kommentieren, weil ich sofort weitergeleitet werde. Nur die “Zeit” und “Focus” halten mich noch tapfer aus.

Rudi Knoth / 02.07.2018

Nun der Punkt mit der “vierten Gewalt” finde ich interessant. Es gibt den Satz “alle Gewalt geht vom Volke aus”. Geht denn die “vierte Gewalt” “vom Volke aus”? Oder ist es nicht so, dass bei der privaten Presse die Verleger das Sagen haben und das Volk nur durch die Auflage “mitregieren” darf? Dasselbe gilt im Prinzip auch für die öffentlich-rechtlichen Medien. Der Rundfunkrat wird im Gegensatz zum Parlament nicht vom Volk gewählt. Nun gut das ist eine harsche Kritik. Aber bei den Medien gibt es meiner Meinung nach keine wirkliche Kontrolle etwa durch die anderen drei Gewalten.

Judith Hirsch / 02.07.2018

Sorry, aber die WELT lobend zu erwähnen, erscheint mir anachronistisch. Heute ist dort in der Online-Ausgabe der Artikel einer jungen Feministin zu finden, der darüber frohlockt wie “grandios Merkel Männer dazu bringt sich selbst zu zerlegen”. Das ist Männerhass pur und wenn die WELT solchen Hasspredigern wie Frau Lühmann ein Forum gibt, andere menschenverachtend herabzuwürdigen, bin ich nur froh, dass ich mein Abo dort gekündigt habe.

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Rainer Grell / 20.12.2020 / 13:00 / 19

Meine Buch-Klassiker für Weihnachten

Erinnern Sie sich noch an Ulrich Roski (gest. 2003), diesen wunderbaren Liedermacher und Kabarettisten aus dem Wedding, der sich in seinem Lied „Schenken macht Freude“…/ mehr

Rainer Grell / 19.11.2020 / 11:00 / 10

Vorbild Kamel

Schon Dädalus, eine Figur der griechischen Mythologie, hatte die Idee: Für sich und seinen Sohn Ikarus konstruierte er einen Flugapparat nach dem Vorbild der Vögel…/ mehr

Rainer Grell / 26.09.2020 / 06:15 / 97

Demokratie auf Tauchstation?

Die Corona-Pandemie war die Stunde der Exekutive. Niemand hat das deutlicher zum Ausdruck gebracht als die Stuttgarter CDU-Abgeordnete Karin Maag, als sie in der Bundestags-Debatte am…/ mehr

Rainer Grell / 06.09.2020 / 16:30 / 7

Homeoffice – da war doch was…

Vor 25 Jahren schrieb ich einen Artikel über „Telearbeitsplätze in der Landesverwaltung Baden-Württemberg: Bilanz eines gescheiterten Projekts“. Falls Sie mir nicht glauben: Hier ist der Beweis.…/ mehr

Rainer Grell / 04.09.2020 / 06:00 / 67

Israelfreundin Angela Merkel?

Angela Merkel hat als Bundeskanzlerin so ziemlich alle Ehrungen erfahren, die jüdische Organisationen und der Staat Israel zu vergeben haben: Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden…/ mehr

Rainer Grell / 29.07.2020 / 16:00 / 18

Pädophilie-Skandale: Greift die ganze Härte des Gesetzes?

Vor zehn Jahren nahm mit der Aufdeckung des Missbrauchsskandals am Canisius-Kolleg, einem vom Jesuitenorden getragenen, privaten und staatlich anerkannten katholischen Gymnasium in Berlin-Tiergarten, eine Debatte ihren Fortgang,…/ mehr

Rainer Grell / 27.07.2020 / 16:00 / 17

Schleyer und der Sultan

Jetzt, wo alle am Umbenennen sind, darf ich nicht abseits stehen. Ich möchte mir nicht von meinen Kindern und Enkeln posthum vorwerfen lassen, wo war…/ mehr

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