Peter Grimm / 04.07.2022 / 12:00 / Foto: Christoph Braun / 72 / Seite ausdrucken

Gipfel der Hilflosigkeit

„Wer dann nicht mehr weiter weiß, der gründet einen Arbeitskreis“, reimt der Volksmund. Ein Höhepunkt des Nicht-mehr-weiter-Wissens ist erreicht, wenn man selbigen „Krisengipfel“ nennen muss.

Zu einem solchen hat Bundeskanzler Olaf Scholz heute bekanntlich geladen. Er steht einer Regierung vor, die ihrer Gefolgschaft erfolgreich viele ideologische Lieblingsmahlzeiten serviert, wie zuletzt das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz, nach dem man sich alle Jahre wieder für ein neues Geschlecht entscheiden kann, und das als Fortschritt verkauft. Nur mit der Organisation der Kernaufgaben des Staates, dem sie vorstehen, hapert es erheblich. Ob Energie, Verkehr, Bildung, innere und äußere Sicherheit, ja selbst bei den wichtigsten Schlüsselindustrien und beim Nährstand schafft es Deutschland kaum noch, die nötige Infrastruktur aufrechtzuerhalten, um das bislang gewohnte Lebensniveau der Bürger halbwegs zu gewährleisten.

Stattdessen wurden bis dato etliche ideologische Bastionen eisern verteidigt. Der Atomstrom soll trotz Energiemangels zum Jahresende abgestellt werden. Trotz explodierender Getreidepreise soll kein bisheriges Brachland zusätzlich unter den Pflug eines konventionell arbeitenden Landwirts kommen, um mehr Getreide anbauen zu können. Derweil wird aber das Verbot zentraler Produkte der heimischen Industrie, wie beispielsweise Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor, freudig vorangetrieben.

Zu dem in großen Teilen von der deutschen Politik selbstgemachten Notstand durch Energiewende ohne geklärte Grundlastversorgung und Störung der Wirtschaftskreisläufe durch Corona-Maßnahmen kam nun auch noch der Ukraine-Krieg hinzu, der von den hiesigen politischen Verantwortungsträgern immerhin als vorzeigbare Ursache allen Übels angenommen wurde. Dass er die bereits zuvor angelaufene Krise inklusive einer lange unbekannten Inflation dramatisch verschärft, ist unstrittig. Aber die hiesigen Regierungspolitiker der letzten Jahre für den Krisen-Kurs wollen ihre Verantwortung dafür verständlicherweise gern hinter Putins Krieg verstecken.

Irgendwie wird es schon gehen

Dummerweise sind die realen Probleme mit einer entlastenden Schuldzuschreibung nicht erledigt. Dramatisch steigende Energie- und Erzeugerpreise, Versorgungsengpässe und galoppierende Inflation und vor allem der drohende Ausfall zuverlässiger Energieversorgung, die für wichtige Teile der Wirtschaft existenziell ist, kündigen eine Krise an, wie sie kaum einer der jetzigen Deutschen aus eigenem Erleben kennt oder hierzulande für möglich gehalten hat. Und die Bundesregierung weiß nicht, was sie tun soll.

Seit etlichen Jahren schon kümmerten sich deutsche Regierungen weniger um die praktischen staatlichen Kernaufgaben, sondern lieber um vermeintlich Größeres, wie die Steuerung des Klimas. Was die Umsetzung hochmoralisch begründeter Politik für das Gemeinwesen praktisch bedeutet, war seltener Gegenstand der Diskussion, wie beispielsweise in der sogenannten Flüchtlingskrise ab 2015. Viel mehr als Sätze wie „Wir sind so ein reiches Land“ und „Wir schaffen das“ hielten die meisten deutschen Regierungspolitiker nicht für nötig, um ihre Politik zu begründen. Die Frage, wie man „so ein reiches Land“ wird bzw. bleibt, stellten sich immer weniger politische Verantwortungsträger. Die Erfüllung ideologischer Kriterien, wie der schnellstmögliche Ausstieg aus Atom- und Kohlekraftwerken gleichzeitig, war wichtiger. Die Regierenden schienen beseelt von der Überzeugung: Irgendwie wird es schon gehen, denn es ist ja immer gegangen.

Der Gedanke, dass eine Regierung sich auch um die Bedingungen für die Wertschöpfung im Lande zu sorgen hat, schien bei vielen der Menschen in Regierungsverantwortung immer mehr zu verblassen. Es funktionierte ja auch: Die Politik stellte Regelwerke auf und die Gesellschaft organisierte sich danach. So konnte es doch weitergehen. Und wenn es Probleme gab, dann beherrschten deutsche Regierende vor allem zwei Instrumente: Geld und gute Worte.

So wurde hierzulande lange Politik gemacht. Als dann vor gut zwei Jahren viele Staaten angesichts eines neuen Corona-Virus der chinesischen Idee folgten, Ausnahmezustand und Ausgangssperren zu Mitteln der Gesundheitspolitik zu machen, gefielen sich deutsche Politiker im Verhängen immer neuer gängelnder Verbote und Regeln. Dass sie dabei beinahe wie Putschisten die Freiheits- und Grundrechte der Bürger aushebelten, bekümmerte sie scheinbar wenig. Umso mehr würden sie gern etlliche Elemente des Maßnahmenstaats erhalten.

Mit Geld und guten Worten ruhigstellen

Die meisten Bürger und Unternehmen ließen sich mit Geld, viel Geld, ruhigstellen. Schwindelerregende Summen konnten deutsche Politiker plötzlich generieren und mobilisieren. Solange das Geld floss und man dafür auch auskömmlich Waren bekam, blieben die Fragen danach, ob man diese wundersame Geldvermehrung nicht irgendwann mit einer dramatischen Inflation bezahlen würde, leise und verhalten.

Doch jetzt ist sie da und obendrein eine Energiekrise. Jetzt plötzlich muss sich die Regierung zwingend um die staatlichen Kernaufgaben kümmern, weil das Gemeinwesen sonst nachhaltig gegen die Wand gefahren wird. Und das immerhin scheinen die meisten Regierungsmitglieder auch verstanden zu haben. Sie wissen nur nicht, wie sie darauf reagieren sollen. Geld und gute Worte reichen nicht mehr, beides ist im Übermaß verbraucht worden. Aber viele Regierende kennen hierzulande kaum noch etwas anderes, außer vielleicht noch eine ausgefeilte Maßnahmen-Gängelei. Aber auch die ist in dieser Energie-, Finanz- und Wirtschaftskrise wenig zielführend. Was also tun? Vielleicht findet sich ja was in den eingemotteten Werkzeugkisten der Vorfahren.

Und so gibt es heute einen Krisengipfel mit dem Bundeskanzler, einigen Ministern und Vertetern von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften unter dem schönen Etikett „konzertierte Aktion“. Die selbsternannte Fortschrittskoalition konnte sich nicht einmal ein eigenes Label ausdenken, sondern hat einfach auf ein jahrzehntealtes zurückgegriffen. Die Jüngeren merken es gar nicht, und die älteren Eingeborenen der Bundesrepublik stören sich nicht daran, weil sie zumeist ohnehin kaum Erwartungen an diesen Gipfel der Hilflosigkeit haben.

Die erste „konzertierte Aktion“ gab es 1967. Es ging auch damals darum, Lohnsteigerungen möglichst moderat zu halten, um eine ständige Lohn-Preis-Spirale zu vermeiden. Diese blieb erfolglos, die seinerzeitigen wirtschaftlichen Probleme lösten sich in einem Aufschwung auf. Es folgten in Krisenjahren weitere ähnliche Versuche, die gleichfalls erfolglos blieben. Insofern ist auch von dem Krisengipfel heute nichts zu erwarten, außer, dass vielleicht über ein paar neue Maßnahmen und Regularien gesprochen wird. Das heißt, es wird wohl wieder bei Geld und guten Worten bleiben.

Welcher Gipfel wäre denn sinnvoll?

Aber was soll die Bundesregierung auch machen? Währungspolitisch kann nur die Europäische Zentralbank handeln, da ist Deutschland machtlos. Und die tatsächlich möglichen Schritte fallen allesamt aus dem ideologischen Rahmen, dem sich SPD und Grüne verpflichtet fühlen. So wäre statt eines Krisengipfels a la „konzertierte Aktion“ beispielsweise ein Kernkraftwerks-Erhaltungsgipfel, der ganz praktisch daran arbeitet, die Energielücken zu verkleinern, viel sinnvoller. Es steht allerdings zu befürchten, dass die seit Corona im Fach Maßnahmen-Gängelei erfahrenen deutschen Regierungspolitiker lieber in eine Notstands-Planwirtschaft der Rationierungen und Zuteilungen flüchten. Es steht ebenso zu befürchten, dass sie auf Gipfeln wie dem heutigen damit nicht auf den nötigen Widerstand stoßen.

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Leserpost

netiquette:

Dr Stefan Lehnhoff / 04.07.2022

Sie haben es nicht verstanden: Der Gipfel gehört zur Show. Nicht mehr. Und Ich bestreite sehr wohl, dass der Krieg in der Ukrauine die Situation ( ab welchem Datum Eigentlich ?) dramatisch verschärft hat, wenn überhaupt war es die falsche Reaktion darauf. Und diese Regierung sind keine Beinahe- Putschisten. Sie sind illegal an der Macht und was sie tuen ist ebenfalls illegal. Die sind Putschisten. Und Deutschland hätte sehr wohl die Macht. ZB Target 2 als Kredit aufnehmen, an alle Bürger ausschütten und dann über Nacht die D- Mark einführen. Aber dieses Deutschland SOLL abgewickelt werden. Irgendwann begreifen Sie das- zu spät.

Thorsten Gutmann / 04.07.2022

Ja .......... ich könnte .......... das war’s ..........

Ludwig Luhmann / 04.07.2022

“Der Atomstrom soll trotz Energiemangels zum Jahresende abgestellt werden. Trotz explodierender Getreidepreise, soll kein bisheriges Brachland zusätzlich unter den Pflug eines konventionell arbeitenden Landwirts kommen, um mehr Getreide anbauen zu können. Derweil wird aber das Verbot zentraler Produkte der heimischen Industrie, wie beispielsweise Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor, freudig vorangetrieben. (...)”—- Der Great Reset hat Fahrt aufgenommen. Alles läuft nach Plan! Und wer glaubt, dass die hilflos sind, ist selbst hilflos und dumm dazu!——-> Friede den Hütten!  - Was glaubt der Autor wohl, was “Zero Emissions” und “Zero Growth” bedeuten? Wovon handelt die Agenda 2030? Und was mag “Build Back Better” wohl bedeuten? Was bedeutet es, dass Habeck, Baerbock, Merkel, Schäuble vd Leyen, Lagarde, Spahn, Juncker, Macron, Trudeau und viele, viele andere aktive Mitglieder in der Sekte “World Economic Forum"sind , welches eng mit dem Club of Rome und mit der UNO/WHO kooperiert? Könnte es sein, dass die gemeinsame Sache machen? Dass die kooperieren und Ziele haben, die unser Leben, wie wir es kennen, völlig verändern werden? Dass die vorhaben, gigantische Transformationen an uns zu vollziehen? Und dass die das tun, ohne uns um Erlaubnis zu fragen? Könnte es sein, dass die auch einfach so über Leichen gehen? KÖNNTE DAS SEIN?

R. Reiger / 04.07.2022

@ Die Bundesnetzagentur hat konkretisiert, was bei einem regionalen Gasmangel passiert: Unter den 100 Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert ist einer Studie zufolge erstmals seit mindestens 17 Jahren kein deutsches mehr zu finden. Der Erdölkonzern (!!!!!) Saudi Aramco ist den Berechnungen zufolge mit einem Börsenwert von 2,3 Billionen US-Dollar das teuerste Unternehmen der Welt – noch vor Apple. Deutschland ist im ersten Halbjahr 2022 zum ersten Mal seit Beginn der Erhebung im Jahr 2006 nicht mehr in dieser Rangliste vertreten. Der Börsenwert der lange favorisierten Technologiekonzerne brach dabei gegenüber dem Jahresende 2021 um 28 Prozent ein. Die Öl- und Gasunternehmen (!!!!!) unter den Top 100 steigerten ihren Börsenwert gegen den Trend um 19 Prozent. Deutlich gesunken ist dabei das Gewicht Deutschlands: Zum Jahresende 2007 fanden sich noch sieben deutsche Unternehmen unter den wertvollsten 100, Ende 2021 waren es noch zwei Konzerne, zuletzt schaffte es kein Unternehmen mehr in die Top-Liga. @ Die Bundesnetzagentur hat konkretisiert, was bei einem regionalen Gasmangel passiert.

Heiko Stadler / 04.07.2022

Einfach nur zuhören, wenn Oppositionspolitiker sprechen, wäre die Lösung. Vernunft ist aber pfui. Man gründet lieber einen Arbeitskreis, der vor Wokeness nur so trieft. Damit ist es wie mit 20 Windrädern, wenn kein Wind weht. 20 mal null KW = 0 KW oder 20 mal null Verstand = null Verstand.

RMPetersen / 04.07.2022

Das haben die Wählenden doch alles so gewollt - zwar nicht im Detail, aber in dieser Richtung. Und die CDU, nach wie vor eine Merkel-CDU, schwimmt weiter mit in den grünen Träumen ...äh ...  auf dem grünen Pfad der Tugend.. Was kann man in einer Parteiendemokratie machen, wenn diese Parteien mehrheitlich gewählt worden sind? Darf ich als GG-Befürworter durch kritische Worte über die Ergebnisse der demokratischen politischen Meinungsbildung die rechtmässige Regierung destabilisieren? NEIN. Ich erkläre öffentlich: Diese defätistischen, wehrkraftzersetzenden, kritischen etc Anmerkungen über unsere rechtmässige Regierung finde ich nicht gut, und ich würde unter diese Äusserungen nie ein “Like” setzen, wenn dies hier ginge.  Es besteht kein Anlass, lieber Verfassungs-/Regierungsschützer im VS oder in den Abteilungen gegen politische Straftaten bei der Polizei, bei mir eine Hausdurchsuchtung vorzunehmen und Handy sowie Laptop zu beschlagnahmen. Ich bin auf eurer Seite. Die Regierung ist nicht hilflos, der Kanzler weiss genau, was er tut und was zu tun ist. Wenn er erst die Wunderwaffen einsetzt, ist alles gut.

Franz Michael / 04.07.2022

Da möchte ich den Inhalten eine Erweiterung und Unterscheidung einbringen. Ein Staat und nebst Büger benötigen um überhaupt zu existieren, ein existentielle Grundversorgung. Energie und Lebensmittel. Wenn diese nicht gewährleistet sind, geht es bedrohlich an die Existenz eines jeden Bürger und auch Wirtschaft. Das ist-war die größte hoheitliche Kernaufgabe des “Staates”. Nachlesbar in der Maslowsche Bedürfnishierarchie. In Wiki wurde mal wieder eine Verzerrung eingebaut! Die Energieversorgung war eine hoheitliche Aufgabe, aus dem Grund können Steuern erhoben und Gesetze erlassen werden. Die Steuern wollen Politiker wie eine politisch, schwerkrimminelle Räuberbande kassieren und gesellschaftlich nichts dafür leisten. Das erfülllt wohl den Straftatbestand §§ 244 Absatz 1 Nr. 2, 244a Absatz 1 StGB u.a.. Das Wort Existenz bedeutet mehr, wieviele Haushalten werden durch “Energiearmut” bedroht, in wievielen Haushalten wurden Sperren verhängt? “Wer von seiner Arbeit nicht leben kann, sei nicht mehr verpflichtet, irgendeines Menschen Eigentum anzuerkennen.”—“Wenn die Gleichheit vor dem Gesetz die Ungleichheit unter dem Gesetz ignoriert, schütze sie die Reichen vor den Armen, mehr nicht.” Apropos unbedingt den aktuellen Zählerstand notieren, fotografieren. Seit dem 1.7. fällt die EEG-Umlage (4,7 Ct/kWh) weg. Dieser Staat, Regierung bedroht alle Menschen lebensbedrohlich.

S. Andersson / 04.07.2022

Ich hau mich wech…... was soll das sein?? Experten & ReGIERung wissen nicht was die machen sollen und solche sitzen im den Ämtern? Die Lohn-Preis-Spirale muss sich gerade für die unteren und mittler Einkommen ganz schnell drehen. Überflüssige Maßnahmen und Gängeleien sind sofort zu stoppen. Grundrechte wieder herstellen ohne wenn & aber. Die Kriegshetze, ich kann das leider nicht anders bezeichnen, muss gegen Diplomatische Verhandlungen getauscht werden. EU .... kann besser weg. Bauern sollten nicht mit dümmlichsten Vorschriften belastet werden…. etc .... etc…. die Liste an Dummheiten ist über die Jahre lang geworden, dennoch sollten alle “Experten” die Liste kennen. Und wenn dann noch mal der Spruch kommt: “.... wir machen das einfach und bevor die meisten es gemerkt haben .... kann es nicht mehr geändert werden….” so oder so ähnlich. Das allein ist schon Rücktrittsgrund genug. Wie war das—-> zum Wohle des Deutschen Volkes!!!!

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